Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 28.04.2015, Az.: L 11 AS 255/13
Anspruch eines Rechtsanwalts auf Aufnahme in eine Liste von Schuldnerberatungsstellen; Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung; Auslegung der Begriffe "Einrichtungen und Dienste"; Geeignetheit eines Rechtsanwalts zur Schuldnerberatung; Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Schuldnerberatung als kommunale Eingliederungsleistung; Kein Anspruch auf Abschluss einer Leistungsvereinbarung nach § 17 SGB II
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 28.04.2015
- Aktenzeichen
- L 11 AS 255/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 18089
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2015:0428.L11AS255.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 29.01.2013 - AZ: S 74 AS 3182/12
Rechtsgrundlagen
- § 16a SGB II
- § 17 SGB II
- § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO
- § 16a Nr. 2 SGB II
- § 17 Abs. 1 S. 1 SGB II
- § 17 Abs. 2 S. 1 SGB II
Fundstelle
- ZfSH/SGB 2015, 528-533
Redaktioneller Leitsatz
1. Aus dem Umstand, dass es sich bei einem Rechtsanwalt rein begrifflich nicht um eine "Beratungsstelle" handelt, folgt nicht, dass er als Leistungserbringer im Rahmen der Schuldnerberatung nicht in Frage käme.
2. Die Tätigkeit eines Anwalts im Rahmen der Schuldnerberatung erfüllt das Merkmal des "Dienstes". Dienste sind im Gegensatz zu Einrichtungen in erster Linie auf die ambulante Leistungserbringung ausgelegt.
3. Die Begriffe "Einrichtungen und Dienste" sind weit auszulegen und umfassen damit im Ergebnis alle persönlichen und sächlichen Mittel, die auf eine gewisse Dauer angelegt und organisatorisch strukturiert sind.
4. Nach Auffassung des Senats ist ein Rechtsanwalt auch ohne die Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" oder eine Beratungsausbildung im Umfang von 100 Stunden grundsätzlich geeignet für die Tätigkeit eines Schuldnerberaters.
5. Bei der Ermessensausübung spielen Bedarfsgesichtspunkte grundsätzlich keine Rolle.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 29. Januar 2013 wie folgt abgeändert: Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2012 verurteilt, über das Begehren des Klägers auf Abschluss einer Vereinbarung über die Erbringung von Schuldnerberatungsleistungen nach § 16a SGB II unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Kläger und Beklagte tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 5.000 Euro festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger einen Anspruch auf Abschluss einer Leistungserbringervereinbarung mit der Beklagten und auf Aufnahme in die Liste der Schuldnerberatungsstellen nach § 16a Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat. Die Beklagte wendet sich gegen den stattgebenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 29. Januar 2013.
Der Kläger ist als Rechtsanwalt in Hannover niedergelassen. Am 4. Oktober 2011 teilte er der Beklagten mit, dass er von einer Liste über Schuldnerberatungsstellen, die bei der Beklagten geführt werde, Kenntnis erlangt habe. Neben den allgemein anerkannten Beratungsstellen befinde sich auch ein Kollege auf dieser Liste. Der Kläger beantragte unter Hinweis darauf, dass er seit dem Jahr 2003 Schuldnerberatungen durchführe, den Fachanwaltskurs für Insolvenzrecht mit Erfolg absolviert habe und laufend Schuldenbereinigungsverfahren und Hilfestellungen im Insolvenzverfahren durchführe, seine Aufnahme in die Liste der Schuldnerberatungsstellen. Die Beklagte wies den Antrag mit der Begründung ab, dass sie nach der von ihr erstellten Arbeitshilfe Kooperationsvereinbarungen über die Leistung Schuldnerberatung nach § 16 a SGB II grundsätzlich nur mit gemeinnützigen Stellen schließe. Außerdem sei die Anerkennung als Insolvenzberatungsstelle beim Niedersächsischen Landessozialamt erforderlich. Der Umstand, dass sich eine andere Anwaltskanzlei auf dieser Liste befinde, beruhe auf einem einmaligen Versehen. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2012 zurück.
Gegen den ihm am 21. Juli 2012 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 27. Juli 2012 Klage erhoben. Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 11. September 2012 hat das SG die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2013 unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Februar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2012 verpflichtet, den Kläger in die Liste der anerkannten Schuldnerberatungsstellen nach § 16a SGB II aufzunehmen. Es lägen die Voraussetzungen für eine Ermessensreduktion auf Null vor. Nach Nummer 5 der von der Beklagten als Verwaltungsvorschrift erstellten Arbeitshilfe könnten Juristinnen oder Juristen, die entweder eine mehrjährige Erfahrung in der Schuldnerberatung hätten oder eine Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" aufwiesen, in die Liste aufgenommen werden. Der Kläger habe als Anwalt sowohl durch den abgeleisteten Fachanwaltslehrgang Insolvenzrecht die theoretischen Kenntnisse für die Schuldnerberatung als auch durch seine langjährige Tätigkeit das soziale Einfühlungsvermögen. Da der Kläger als Rechtsanwalt gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung (InsO) einen Eröffnungsantrag für das Insolvenzverfahren stellen dürfe, bestehe keine Notwendigkeit für ihn, als Insolvenzberatungsstelle anerkannt zu werden. Ein Rechtsanwalt sei vornehmlich ein Organ der Rechtspflege und damit immer auch gemeinnützig tätig. Da Schuldnerberatungsstellen regelmäßig ein Entgelt für ihre Tätigkeit verlangten, könne das Gericht keinen Gemeinnützigkeitsvorsprung gegenüber der Anwaltschaft erkennen.
Gegen den der Beklagten am 11. Februar 2013 zugestellten Gerichtsbescheid wendet diese sich mit ihrer am 28. Februar 2013 eingelegten Berufung. Nur gemeinnützige Einrichtungen erfüllten die besonderen Anforderungen, die an die Schuldnerberatung nach § 16a SGB II zu stellen seien. Es gehe dabei um eine individuell auf die Belange des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zugeschnittene soziale Schuldnerberatung mit einer starken psychosozialen Komponente. Dabei müsse nicht zwingend eine Entschuldung erreicht oder auch nur angestrebt werden. Die Insolvenzberatung, bei der der Schuldner die Gelegenheit erhalte, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien, stelle dabei nur einen Baustein von mehreren dar. Die soziale Schuldnerberatung habe einen anderen Schwerpunkt. Es habe sich immer wieder gezeigt, dass die Wirkung von Schuldnerberatungen zur Stabilisierung der Wohn- und Lebenssituation und zum Abbau von Vermittlungshemmnissen beitrage und damit den Eingliederungsprozess erwerbsloser Personen erleichtere. Insbesondere die Perspektive, dass die Schuldnerberatung vor allem auch die psychosoziale Stabilisierung der Betroffenen sicherzustellen habe, sei Gegenstand der Vereinbarungen und der gültigen Arbeitshilfe. Diesen komplexen Anforderungen an die Schuldnerberatung würden die Schuldnerberatungsstellen der gemeinnützigen Träger aufgrund ihrer sozialen Ausrichtung in besonderer Weise gerecht. Indem das SG ausschließlich auf die Qualifikation des Klägers als Jurist abstelle, lasse es den Gesamtkontext der Arbeitshilfe völlig außer Acht. Der Kläger sei gerade nicht als angestellter Jurist in einer Schuldnerberatungsstelle tätig, sondern wolle Schuldnerberatung in seiner Eigenschaft als selbständiger Rechtsanwalt anbieten. Bereits vom Sprachgebrauch her falle eine Rechtsanwaltskanzlei nicht unter den Begriff "Beratungsstelle". Ein Rechtsanwalt sei ein unabhängiges Organ der Rechtspflege und übe einen freien Beruf aus. Seine Aufgabe sei die Beratung und Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten. Aufgabe von gemeinnützigen Einrichtungen im Rahmen der freien Wohlfahrtspflege sei hingegen die Gewährung von Hilfen bei sozialer oder gesundheitlicher Not bzw. Gefährdung. Die Tätigkeit gemeinnütziger Einrichtungen sei anders als die eines Rechtsanwaltes nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet. Der Umstand, dass der Kläger den Fachanwaltskurs Insolvenzrecht erfolgreich absolviert habe und laufend Schuldenbereinigungsverfahren sowie Hilfestellungen im Insolvenzverfahren durchführe, belege keine ausreichende Qualifikation. Die Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" liege nicht vor. Eine mehrjährige Erfahrung in der Schuldnerberatung sei weder substantiiert vorgetragen noch belegt worden. Der Fachanwaltskurs zum Insolvenzrecht vermittle gemäß § 14 Fachanwaltsordnung keine Kenntnisse, die zur Durchführung sozialer Schuldnerberatung qualifizierten. Im Übrigen habe die Beklagte die Kooperationsvereinbarungen über die Erbringung von Schuldnerberatung nach § 16a SGB II gegenüber sämtlichen Einrichtungen bzw. deren Trägern mit Ablauf des 31. Dezembers 2013 gekündigt. Hintergrund sei die Überarbeitung des Verfahrens zu der Eingliederungsleistung Schuldnerberatung. Ab dem 1. Januar 2014 bestehe eine neue Verfahrensregelung.
Die Beklagte hat diese Verfahrensregelung zu den Akten gereicht. Sie regelt unter Ziffer 3 die Anforderungen an Träger für den Abschluss einer Vereinbarung über die Leistungserbringung auf dem Gebiet der Schuldnerberatung. Danach muss die Schuldnerberatungsstelle einen Träger im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 Niedersächsisches Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung (Nds. AGInsO) besitzen und die Anerkennung als Insolvenzberatungsstelle. Außerdem wird die Vorlage einer fachlichen Konzeption zur sozialen Schuldnerberatung gefordert. Die Leistungserbringung erfolge durch qualifizierte Schuldnerberaterinnen oder -berater, wobei dies unter anderem Juristinnen oder Juristen - mit mehrjähriger Erfahrung in der Schuldnerberatung und zusätzlicher Beratungsausbildung im Umfang von mindestens 100 Unterrichtsstunden oder - mehrjähriger Erfahrung in der Schuldnerberatung und der Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" sein können.
Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 29. Januar 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Die Beklagte habe nicht dargelegt, aus welchen Gründen der Kläger zur Erbringung einer Schuldnerberatung nicht fähig sein sollte. Eine entsprechende Prüfung sei nicht erfolgt. Eine Schuldnerberatung könne nie unter Gewinnerzielungsaspekten erfolgen. Die Beklagte vermenge auch die Erfordernisse für einen Insolvenzantrag - geeignete Stelle - mit den Anforderungen für die Erbringung von Schuldnerberatung. Letzteres sei in jedem Fall erforderlich und erfordere stets mehr als eine reine Verwaltung der Verbindlichkeiten des Mandanten. Der Insolvenzantrag biete sich nur als letzte Konsequenz an. Auch hier vermenge die Beklagte den Sinn und Zweck einer Schuldnerberatung mit dem eines Insolvenzverfahrens. Ein Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung werde durch den Kläger nicht durchgeführt. Hierfür würden andere Spezialisten benötigt. Seit 2003 sei er in der Schuldnerberatung tätig. Es bedürfe auch keiner gesonderten Prüfung für die Durchführung von Schuldnerberatungen. Auch angesichts der neuen Verfahrensregelung der Beklagten sei er bereit, eine entsprechende Vereinbarung mit der Beklagten abzuschließen. Er erfülle die Anforderungen nach Ziffer 3 der Vereinbarung. Allerdings erschließe sich ihm nicht, was die Beklagte mit der Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" meine. Eine derartige Zusatzqualifikation sei nach seiner Kenntnis nicht geschützt. Der Kläger hat Nachweise über seine Tätigkeit auf dem Gebiet der Schuldnerberatung und eine Konzeption der von ihm im Rahmen des § 16a SGB II angestrebten Schuldnerberatung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte und zulässige Berufung ist zum Teil begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist aufzuheben, soweit er die Beklagte zur Aufnahme des Klägers in die Liste der anerkannten Beratungsstellen verpflichtet. Stattdessen hat der Kläger einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein mit der vorgelegten Konzeption untermauertes Angebot auf Abschluss einer Leistungserbringervereinbarung bzw. für den Fall, dass die Beklagte dies Angebot für nicht hinreichend konkret hält, auf ein Angebot der Beklagten selbst.
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung mit der Beklagten über die Leistungserbringung auf dem Gebiet der Schuldnerberatung hat und er dementsprechend in die von der Beklagten geführte Liste der Schuldnerberatungsstellen aufzunehmen ist. Zwar war der vom Kläger ausdrücklich in der Klageschrift formulierte Antrag lediglich auf die Aufnahme in die Liste der Schuldnerberatungsstellen gerichtet. Das Gericht ist aber nach § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) an die Fassung der Anträge nicht gebunden und entscheidet über die erhobenen Ansprüche. Dabei ergibt sich, dass der Kläger gerade auch den Abschluss einer Leistungserbringervereinbarung mit der Beklagten verfolgt, denn diese war immer wieder Gegenstand des im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren mit der Beklagten geführten Schriftwechsels und Gegenstand der angefochtenen Entscheidung der Beklagten. Der Kläger hat im Schreiben vom 6. Dezember 2013 und auch im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28. April 2015 zum Ausdruck gebracht, dass er die vertragliche Vereinbarung anstrebt und er hat eine entsprechende Konzeption vorgelegt. Damit umfasst sein Antrag auf Aufnahme in die Liste zweifelsfrei auch den vorherigen Abschluss der entsprechenden vertraglichen Vereinbarung.
Mit Schreiben vom 25. Januar 2012 und 22. Februar 2012 und dem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2012 hat die Beklagte es abgelehnt, mit dem Kläger eine Kooperationsvereinbarung abzuschließen und ihn in die von ihr geführte Liste der Schuldnerberatungsstellen aufzunehmen. Damit liegt ein anfechtbarer Verwaltungsakt vor, auf dessen Aufhebung der Kläger hinwirken muss, was im Wege der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu erfolgen hat. Das eigentliche Begehren des Klägers richtet sich darüber hinaus auf den Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung mit der Beklagten über die Leistungserbringung auf dem Gebiet der Schuldnerberatung und auf Aufnahme in die entsprechende Liste der Beklagten. Dies Begehren ist auf ein tatsächliches Handeln der Beklagten gerichtet, nicht auf den Erlass eines Verwaltungsaktes. Die zutreffende Klageart ist insoweit die Leistungsklage (vgl. Münder in: Sozialgesetzbuch II, Lehr- und Praxiskommentar, 5. Auflage 2013, § 17 Rn. 47), so dass im Ergebnis eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage vorliegt.
2. Das Begehren des Klägers ist insoweit begründet, als er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten über sein Begehren auf Abschluss einer Leistungserbringervereinbarung auf dem Gebiet der Schuldnerberatung hat, indem die Beklagte über das mit der vorgelegten Konzeption konkretisierte Angebot des Klägers entscheidet bzw. für den Fall, dass sie dies Angebot ablehnt, dem Kläger ihrerseits ein Angebot unterbreitet. Dieser Anspruch folgt aus § 17 SGB II i. V. m. § 16a SGB II. Hingegen besteht kein gebundener Anspruch auf Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung.
Der Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung mit der Beklagten besteht deswegen, weil der Kläger als natürliche Person grundsätzlich Leistungserbringer sein kann und auch geeignet für die Erbringung von Schuldnerberatungsleistungen ist.
§ 16a SGB II sieht vor, dass zur Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit unter anderem die Schuldnerberatung als Leistung erbracht werden kann. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB II sollen die zuständigen Träger der Leistungen nach dem SGB II eigene Einrichtungen und Dienste nicht neu schaffen, soweit "geeignete Einrichtungen und Dienste Dritter" vorhanden sind, ausgebaut oder in Kürze geschaffen werden können. In Anwendung dieses Grundsatzes greift die Beklagte in Bezug auf die Schuldnerberatung auf die Dienste Dritter zurück. Auch der Kläger bietet einen solchen geeigneten Dienst an.
a) Dagegen spricht nicht der Umstand, dass der Kläger als Rechtsanwalt einen freien Beruf mit Gewinnorientierung ausübt. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass es der Tätigkeit des Klägers an der Gemeinnützigkeit fehle, widerspricht dies der gesetzlichen Konzeption. Sie umfasst, indem sie den neutralen Begriff des "Dritten" verwendet, nicht nur gemeinnützige Leistungserbringer, sondern auch gewerbliche (Rixen/Weißenberger in: Eicher, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 17 Rn. 2; Münder, aaO. Rn. 5, 23; Groth in: Hohm, SGB II, Gemeinschaftskommentar zum SGB II, § 17 Rn. 17; Luthe in: Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kommentar, § 17 Rn. 11). Eine Privilegierung gemeinnütziger Leistungserbringer besteht nur insoweit, als die Leistungsträger des SGB II nach § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB II die Träger der freien Wohlfahrtspflege in ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende angemessen unterstützen sollen. Eine grundsätzliche Beschränkung auf gemeinnützige Träger bei der Auswahl von Leistungserbringern besteht hingegen nicht.
b) Auch aus dem Umstand, dass es sich bei einem Rechtsanwalt rein begrifflich nicht um eine "Beratungsstelle" handelt, folgt nicht, dass er als Leistungserbringer im Rahmen der Schuldnerberatung nicht in Frage käme. § 16a SGB II spricht lediglich von der Ermessensleistung der Schuldnerberatung, ohne den Leistungserbringer zu erwähnen. § 17 Abs. 1 SGB II regelt die Subsidiarität eigener "Einrichtungen und Dienste" des Leistungsträgers, soweit geeignete "Einrichtungen und Dienste Dritter" vorhanden sind. Die Tätigkeit eines Anwalts im Rahmen der Schuldnerberatung erfüllt das Merkmal des "Dienstes". Dienste sind im Gegensatz zu Einrichtungen in erster Linie auf die ambulante Leistungserbringung ausgelegt (Groth aaO., Rn. 15). Die Begriffe "Einrichtungen und Dienste" sind weit auszulegen und umfassen damit im Ergebnis alle persönlichen und sächlichen Mittel, die auf eine gewisse Dauer angelegt und organisatorisch strukturiert sind (Estelmann in: SGB II, Kommentar zum Sozialgesetzbuch II, § 17 Rn. 7). Der Umstand, dass der Kläger als Einzelperson tätig ist, schließt die Annahme einer organisatorischen Struktur seiner Tätigkeit nicht aus (für die Tätigkeit privater Schuldenberater im Ergebnis ebenso: Groth, aaO., Rn 17). Abgesehen davon hat die Beklagte nicht dargelegt, dass es für die soziale Schuldnerberatung grundsätzlich erforderlich ist, eine Personenmehrheit in einer Beratungsstelle vorzuhalten. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass grundsätzlich auch eine Einzelperson geeignet sein kann, die soziale Schuldnerberatung durchzuführen. Die Verfahrensregelung der Beklagten enthält auch keinen Hinweis darauf, dass die Schuldnerberatung durch mehrere Personen durchgeführt werden muss.
c) Da der Kläger als natürliche Person nach alledem grundsätzlich Leistungserbringer sein kann, kommt es maßgeblich auf seine Geeignetheit für die Tätigkeit der Schuldnerberatung an.
Die Beklagte vertritt insoweit den Standpunkt, dass nur gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen, die gleichzeitig die Anerkennung als Insolvenzberatungsstelle durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Familie gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Nds. AGInsO hätten, die besonderen Anforderungen an eine soziale Schuldnerberatung nach § 16a Nr. 2 SGB II erfüllen.
Dieser Einschätzung vermag der Senat nicht zu folgen. Das Nds. AGInsO regelt insbesondere, wer geeignet ist für die Ausstellung von Bescheinigungen nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die Vorschrift betrifft das Verbraucherinsolvenzverfahren. Mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss der Schuldner eine Bescheinigung vorlegen, aus der sich ergibt, dass eine außergerichtliche Einigung mit Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag versucht worden ist. Diese Bescheinigung muss von einer "geeigneten" Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt werden. Als geeignete Personen gelten dabei nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Nds. AG InsO unter anderem Mitglieder von Rechtsanwaltskammern, also auch der Kläger. Eine weitergehende Qualifikation im Bereich der Schuldnerberatung wird nicht gefordert. Schuldnerberatungsstellen mit privatrechtlichen Trägern, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke verfolgen, sind nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Nds AGInsO auf Antrag als geeignet anzuerkennen, sofern mindestens eine in der Schuldnerberatung tätige Person über eine bestimmte, dort näher bezeichnete Ausbildung oder eine vergleichbare Ausbildung verfügt und nach Nr. 4 der Vorschrift mindestens eine Person mit ausreichender praktischer Erfahrung in der Schuldnerberatung von in der Regel drei Jahren tätig ist.
Da Rechtsanwälte eine Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO per se ausstellen dürfen, ohne überhaupt auf eine Anerkennung "als geeignet" angewiesen zu sein, können sie diese Anerkennung gar nicht erlangen. Gleichwohl können sie durchaus Erfahrungen in der sozialen Schuldnerberatung aufweisen, allerdings ohne dass es im Rahmen des § 305 InsO darauf ankäme.
Einzuräumen ist, dass die Beklagte in gewissem Maße von einer Nachprüfung der beruflichen Qualifikation und der Erfahrung in der Schuldnerberatung entlastet wird, wenn sie an die Anerkennung durch das Niedersächsische Landesamt für Soziales anknüpft, da die Prüfung dann bereits dort vorgenommen wurde. Dies kann aber nicht gegen die Eignung anderer Dritter vorgebracht werden, wenn diese sich einer entsprechenden Nachprüfung gar nicht unterziehen müssen, weil sie bereits aufgrund ihres Berufes - wie der Kläger - gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 Nds AGInsO als geeignet gelten, die Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO auszustellen.
Eine bessere Geeignetheit für die Schuldnerberatung lässt sich jedenfalls gegenüber den in § 2 Abs. 1 Nr. 2 Nds. AGInsO genannten Personengruppen auch nicht allgemein aus der Gemeinnützigkeit herleiten. Wenn die Beklagte darauf hinweist, dass gemeinnützige Stellen mehr Erfahrung in der Beratung von nach dem SGB II Leistungsberechtigten haben, so mag dies zutreffen. Insoweit steht es ihr frei, dem Kriterium der Erfahrung in der sozialen Schuldnerberatung weiteren Personengruppen gegenüber anderweitig - wie in der Verfahrensregelung geschehen - Geltung zu verschaffen. Dagegen kann dem Kläger nicht allein wegen der fehlenden Gemeinnützigkeit seine Geeignetheit zur Schuldnerberatung abgesprochen werden.
Im Übrigen würde die Annahme einer besseren Eignung gemeinnütziger Träger der gesetzlichen Wertung in § 17 SGB II widersprechen, die gerade auch den Einsatz privatrechtlicher, nicht gemeinnütziger Leistungserbringer gestattet und damit bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben die Rolle von Markt und Wettbewerb stärken will (vgl. Münder, aaO., Rn. 1).
Im Ergebnis spricht daher der Umstand, dass es sich bei dem Kläger nicht um eine nach § 3 Nds. AGInsO anerkannte Stelle handelt, nicht gegen seine Geeignetheit.
Andererseits reicht der Umstand, dass er als Rechtsanwalt ohne den Nachweis von Erfahrungen in der Schuldnerberatung berechtigt ist, die Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO auszustellen, für sich genommen nicht aus, um seine Geeignetheit anzunehmen. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass eine Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO nur einen von mehreren Aspekten abdeckt, die bei der von ihr angestrebten "sozialen" Schuldnerberatung eine Rolle spielen. Mit der Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO wird lediglich bestätigt, dass innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist, eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans herbeizuführen. Die von der Beklagten in ihrer Verfahrensregelung vorgesehenen Inhalte der Schuldnerberatung gehen hierüber hinaus, indem sie unter Ziffer 4.2. vorsehen, dass unter anderem versucht werden soll, mit dem Leistungsberechtigten die Ursachen der Verschuldung zu klären und insgesamt eine Bestandsaufnahme durchzuführen, die auch das Selbsthilfepotenzial umfasst. Die rein rechtlichen Aspekte der Schuldnerberatung, die in der Verfahrensregelung insbesondere für die "Komplettberatung" unter den Punkten 1 und 3 vorgesehen sind, stellen in der Tat nur einen von mehreren Leistungsinhalten dar. Dabei kann es dahinstehen, ob die Beklagte die psychosoziale Beratung, die von ihr unter Ziffer 2 im Rahmen der Komplettberatung definiert wird, zum Maßstab für die Qualifikation potentieller Leistungserbringer für die Schuldnerberatung machen darf. In § 16a SGB II ist die "psychosoziale Betreuung" schließlich als eigenständige Leistung vorgesehen. Jedenfalls ist aber es zutreffend, dass eine soziale Schuldnerberatung eine psychosoziale Komponente aufweist (vgl. Luthe, aaO., § 16a Rn. 24; Kothe in: Gagel, SGB II/SGB III, Grundsicherung/Arbeitsförderung, § 16a Rn. 12), weswegen die Beklagte zumindest mehrjährige Erfahrungen in der Schuldnerberatung zulässigerweise zur Voraussetzung der Leistungserbringung erheben darf. Auch abgesehen von der psychosozialen Komponente ist es ein legitimes Anliegen im Sinne der in § 17 SGB II vorgesehenen Qualitätssicherung, wenn die Beklagte darauf achtet, eine Schuldnerberatung nur von erfahrenen Personen vornehmen zu lassen. Dafür sprechen die herausragende Bedeutung, die die Wiedereingliederung in Arbeit für die Leistungsberechtigten und die Allgemeinheit hat sowie der Umstand, dass die Beklagte ihre Leistungen mit öffentlichen Mitteln finanziert. Hinzu kommt, dass es ein anerkanntes Berufsbild des Schuldnerberaters nicht gibt. Angesichts dessen ist die Beklagte berechtigt, in bestimmten Grenzen ihrerseits den Kreis der potentiellen Leistungserbringer durch Qualifikationsmerkmale zu bestimmen.
Der Kläger seinerseits hat nach der Überzeugung des Senats mehrjährige Erfahrungen in der sozialen Schuldnerberatung vorzuweisen und belegt. Die von ihm vorgelegte Liste enthält neben Firmeninsolvenzen, Privatinsolvenzen und Schuldenbereinigungsverfahren allein namentlich 42 Verbraucherinsolvenzverfahren. Den Umstand, dass diese Verfahren durchweg ein Aktenzeichen aus dem Jahr 2011 aufweisen, hat der Kläger nachvollziehbar mit seinem Eintritt in die Kanzlei und der Notwendigkeit der Vergabe neuer Aktenzeichen für seine alten Verfahren erklärt. Daher sind die genannten gerichtlichen Aktenzeichen auch deutlich älter. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28. April 2015 auch geschildert, wie der erste Termin einer Schuldnerberatung abläuft und dass dieser mit einem zeitlichen Rahmen von etwa eineinhalb Stunden anzusetzen ist. Damit weist der Kläger die von der Beklagten erforderten mehrjährigen Erfahrungen in der Schuldnerberatung auf.
Allerdings hat der Kläger weder die für Juristinnen und Juristen unter Ziffer 3 der Verfahrensregelung geforderte Beratungsausbildung im Umfang von mindestens 100 Unterrichtsstunden noch die Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" vorzuweisen, welche die Beklagte in ihrer Verfahrensregelung fordert. Dies ist nach Auffassung des Senats aber auch nicht erforderlich. Die Beklagte listet in ihrer Verfahrensregelung auf Seite 3 f. mehrere Qualifikationsgruppen auf. Nur für Juristinnen/Juristen und Inhaber/Inhaberinnen eines kaufmännischen Hochschulabschlusses oder einer abgeschlossenen Ausbildung zum Bankkaufmann/Bankkauffrau wird neben der mehrjährigen Erfahrung in der Schuldnerberatung obligatorisch entweder eine Beratungsausbildung im Umfang von mindestens 100 Unterrichtsstunden oder die Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" gefordert. Demgegenüber soll es für die Qualifikation "Bachelor of Arts - Soziale Arbeit oder Dipl. Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter oder Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen" und für die Qualifikation "Pädagoginnen/Pädagogen/Erziehungswissenschaften mit Diplom, Magister- (nur Hauptfach) oder Bachelorarabschluss" ausreichen, wenn diese entweder eine mehrjährige Erfahrung in der Schuldnerberatung oder die Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" aufweisen. Diese Regelung stellt eine Verschärfung der Anforderungen gegenüber der früheren "Arbeitshilfe" der Beklagten dar, nach welcher es auch für Inhaber/Inhaberinnen kaufmännischer Berufsabschlüsse und Juristen/Juristinnen ausreichte, wenn sie entweder über mehrjährige Erfahrung in der Schuldnerberatung verfügten oder die Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" hatten. Gleichzeitig findet sich nunmehr der Hinweis, dass der Einsatz von Personal "bei vergleichbarer Qualifikation" ausschließlich nach Zustimmung der Beklagten erfolgen kann. Damit relativiert die Beklagte die Anforderungsverschärfung.
Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte noch näher erläutert, dass sie eine qualitativ hochwertige soziale Schuldnerberatung anstrebt und dabei neben der Berufserfahrung auf zwei weitere Varianten der Qualifikation abstellt, nämlich die Zusatzqualifikation Schuldnerberatung oder die Ableistung einer 100-stündigen Beratungsausbildung. Dies geschehe, um sicherzustellen, dass auch die psychosoziale Komponente bei der sozialen Schuldnerberatung mit abgedeckt werde.
Nach Auffassung des Senats ist der Kläger auch ohne die Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" oder eine Beratungsausbildung im Umfang von 100 Stunden grundsätzlich geeignet für die Tätigkeit eines Schuldnerberaters. Angesichts der Tatsache, dass das Berufsbild des Schuldnerberaters nicht gesetzlich geschützt ist, ist es nachvollziehbar, wenn die Beklagte im Interesse der Qualität der Leistungserbringung bestimmte Anforderungen an die Qualifikation eines Schuldnerberaters stellt. Es wäre aber eine Überhöhung der Anforderungen, wenn man von einem Rechtsanwalt, der über mehrjährige Erfahrung in der Schuldnerberatung verfügt, zusätzlich noch die Ableistung von 100 Unterrichtsstunden oder eine Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" fordern würde. Dies gilt auch angesichts des von der Beklagten vorgelegten Entwurfes der "Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände", welcher das Berufsbild eines Schuldnerberaters skizziert. Hierbei handelt es sich lediglich um einen Entwurf, der keine Rechtswirkungen für die Frage der Qualifikationsanforderungen entfaltet. Vielmehr kann nach der geltenden Rechtslage angenommen werden, dass ein Rechtsanwalt mit Erfahrung in der Schuldnerberatung auch die psychosoziale Komponente der Beratung erfüllt und damit die persönliche Eignung gegeben ist. Umgekehrt verzichtet die Beklagte beispielsweise bei Pädagogen, die über mehrjährige Erfahrung in der Schuldnerberatung verfügen, auf den Nachweis von rechtlichen Kenntnissen, die aber bei der Schuldnerberatung zweifellos ebenso bedeutsam sein dürften wie psychosoziale Aspekte.
Der Kläger ist damit von seinen persönlichen Voraussetzungen her grundsätzlich geeignet für die Erbringung von Schuldnerberatungsleistungen.
Abgesehen davon neigt der Senat - ohne dass dies im vorliegenden Verfahren entschieden werden müsste - zu der Auffassung, dass die Beklagte weitergehende konkrete Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung der Schuldnerberatung als Eingliederungsleistung eher an der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung mit dem Leistungserbringer als an dessen persönlicher Qualifikation verankern sollte. Die Beklagte dürfte berechtigt sein, die Leistung "Schuldnerberatung" inhaltlich so zu konkretisieren, dass sie den von der Beklagten geschilderten besonderen Bedürfnissen der SGB II-Leistungsempfänger gerecht wird. Daran anschließen könnte sich die Kontrolle, ob die vertraglichen Verpflichtungen auch eingehalten werden.
3. Da der Kläger entsprechend der Verfahrensregelung eine Konzeption der intendierten Schuldnerberatungsleistung vorgelegt hat, ist die Beklagte verpflichtet, über den Abschluss einer Vereinbarung mit dem Kläger nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Welchen Grenzen sie bei der inhaltlichen Ausgestaltung eines Vertrages bzw. eines Angebotes zum Abschluss eines Vertrages unterliegt, braucht hier nicht entschieden zu werden.
Ein weitergehender Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung besteht nicht. Schließlich fehlen ausdrückliche gesetzliche Regelungen darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Dritter ggf. Anspruch auf Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung hat, um als Leistungserbringer anerkannt zu werden. § 17 Abs. 2 SGB II bestimmt lediglich, dass dann, wenn eine Leistung von einem Dritten erbracht wird und dafür im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) keine Anforderungen geregelt sind, die Leistungsträger zu einer Vergütung der Leistung nur verpflichtet sind, wenn mit dem Leistungserbringer im Voraus eine den Leistungsgegenstand näher qualifizierende Vereinbarung geschlossen wurde. Da im SGB III keine Anforderungen an die Schuldnerberatung gestellt werden, gelten die in § 17 Abs. 2 SGB II normierten inhaltlichen Mindestvoraussetzungen für Vereinbarungen mit Leistungserbringern im Bereich der Schuldnerberatung, ohne dass damit aber auf die Frage eingegangen würde, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Abschluss einer Leistungserbringervereinbarung besteht. Ganz überwiegend wird vertreten, dass ein potentieller Leistungserbringer keinen direkten Anspruch auf Abschluss eines solchen Vertrages hat, sondern lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie und willkürfreie Auswahlentscheidung (Rixen/Weißenberger, aaO., Rn. 19; Münder, aaO., Rn. 44; Luthe, aaO., § 17 Rn. 96). Dabei hat sich die Ermessensausübung nach den in § 17 SGB II normierten Kriterien unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes zu richten (Münder, aaO.). Die Kriterien des § 17 Abs. 2 Satz 2 SGB II sind insbesondere die Leistungsfähigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Leistungserbringung. Auf Bedarfsgesichtspunkte darf hingegen nicht abgestellt werden (Münder, aaO., Rn. 44).
Soweit darüber hinausgehend vertreten wird, dass bei geeigneten Dritten und bei Erfüllung der in § 17 SGB II aufgestellten Anforderungen eine Ermessensreduzierung auf Null eintritt und damit potentiellen Bewerbern ein Quasi-Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung zusteht (Münder, aaO., Rn 44; vgl. auch Luthe, aaO. Rn. 98), vermag der erkennende Senat - anders als das SG - dieser Auffassung nicht zu folgen. Hiergegen spricht bereits, dass das Gesetz den Abschluss von "Vereinbarungen" vorsieht, also von vertraglichen Regelungen. Zum Wesen vertraglicher Übereinkünfte gehört gerade auch die Abschlussfreiheit (so auch: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 19. Februar 2004 - 12 B 02.1520, zitiert nach juris, Rn. 26). Darüber hinaus widerspräche es auch dem Prinzip des Wettbewerbs, welches in § 17 SGB II seinen Ausdruck findet (vgl. Münder, aaO. Rn. 1), wenn man den Träger der Leistungen nach § 16a SGB II bereits bei persönlicher Geeignetheit des Bewerbers und Einhaltung der Grundsätze von Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit zu einem Vertragsabschluss zwingen würde. Um es dem Träger der SGB II-Leistungen zu ermöglichen, im Vergleich von Anbietern auch die qualitativ Hochwertigsten zu verpflichten, ist eine Abschlussfreiheit anzuerkennen, die allerdings nur in den Grenzen ermessensfehlerfreien und gleichheitssatzkonformen Handelns bestehen kann. Der Umstand, dass ein Bewerber für eine Leistungserbringung geeignet ist, schließt nicht aus, dass ein anderer besser geeignet ist und ggf. auch - unabhängig von der persönlichen Geeignetheit - das bessere Konzept vorlegt. Diese vergleichende Betrachtung wäre nicht möglich, wenn für geeignete Bewerber bei Einhaltung der Grundsätze von Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit unausweichlich regelmäßig eine Ermessensreduzierung auf Null eintreten würde.
Vorliegend hat die Beklagte mit der von ihr geschaffenen Verfahrensregelung neben der Konkretisierung des - der gerichtlichen Prüfung unterliegenden (Rixen/Weißenberger, aaO., Rn. 3; Hahn in: jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 17 Rn. 14) - unbestimmten Rechtsbegriffs der "Geeignetheit" der Bewerber auch Maßstäbe für ihre Ermessensausübung formuliert. Hier besteht die Befugnis der Beklagten, gerade im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit der Leistungserbringung ein Ermessen auszuüben und das Angebot der Bewerber zu prüfen bzw. durch ein eigenes Angebot bestimmte Anforderungen an den Inhalt der zu erbringenden Leistung zu stellen.
Bei der Ermessensausübung wird die Beklagte zu beachten haben, dass Bedarfsgesichtspunkte grundsätzlich keine Rolle spielen dürfen (Münder, aaO., Rn. 44; Luthe, aaO., Rn. 97). Dies würde eine dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechende Bevorzugung der vorhandenen Leistungserbringer darstellen. Die Einbeziehung von Bedarfsgesichtspunkten ist bereits deswegen unangemessen, weil die Inanspruchnahme von Schuldnerberatungsleistungen nach dem SGB II nicht ohne die vorgelagerte Veranlassung dieser Leistungen durch den SGB II-Leistungsträger stattfindet. Die Gefahr der Mengenausweitung von Schuldnerberatungsleistungen durch eine erhöhte Anzahl von Schuldnerberatungsstellen ist daher nicht gegeben (vgl. auch Luthe, aaO.). Ebenso wenig darf die fehlende Gemeinnützigkeit sich bei der Ermessensentscheidung zu Lasten des Klägers auswirken. Dies würde - wie bereits dargelegt - der gesetzlichen Konzeption widersprechen, die grundsätzlich jeden privaten Dritten als potentiellen Leistungserbringer zulässt.
Nach alledem war das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass die Beklagte lediglich zur ermessensfehlerfreien Entscheidung über das Begehren des Klägers zu verurteilen war. Ablehnender Ausgangsbescheid der Beklagten war der Bescheid vom 25. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2012. Das Schreiben der Beklagten vom 22. Februar 2012 hatte keinen eigenen Regelungsgehalt sondern stellte eine weitere Begründung der ablehnenden Entscheidung vom 25. Januar 2012 dar. In Anwendung von § 123 SGG war daher der Bescheid unter den erstgenannten Daten aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trägt dem Umstand Rechnung, dass sich das Obsiegen des Klägers auf die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Abschluss einer Vereinbarung beschränkt.
In Anwendung von § 197a SGG i. V. m. § 52 Gerichtskostengesetz (GKG) war im vorliegenden Verfahren der Streitwert festzusetzen. Dieser ist nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Da vorliegend keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, in welchem Umfang der Kläger tatsächlich Schuldnerberatungen nach § 16a SGB II in dem üblicherweise bei der Streitwertberechnung zugrunde zu legenden Dreijahreszeitraum erbracht hätte, ist der in 52 Abs. 2 GKG vorgesehene Regelstreitwert in Höhe von 5.000 Euro anzusetzen.
Die Revision wird zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Frage, ob bei geeigneten Dritten und bei Erfüllung der in § 17 SGB II normierten Anforderungen eine Ermessensreduzierung auf Null eintritt und damit Bewerbern für die Leistungserbringung in diesen Fällen ein Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung - im Sinne einer gebundenen Entscheidung - zusteht, hat grundsätzliche Bedeutung.