Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 12.09.2013, Az.: 2 A 718/13

Anfechtung; Duldungsbescheid; Gläubigerbenachteiligung; Kenntnis von Gläubigerbenachteiligung; Insolvenz; Wiederaufnahme

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
12.09.2013
Aktenzeichen
2 A 718/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64265
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird mit dem Hauptantrag abgewiesen.

Auf den ersten Hilfsantrag wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn C. D. zur Insolvenzmasse einen Betrag in Höhe von 115.000,00 Euro auf ein vom Kläger noch zu benennendes Konto zu leisten.

Die Beklagte trägt 2/3, der Kläger 1/3 der Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger in Höhe von 110 vom Hundert des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beklagte war Eigentümerin des Grundstücks O. in P. Q., Flurstück 245/4 der Flur 10 in der Gemarkung P. Q.. Sie lebte auf diesem Grundstück von 1990 bis Anfang Februar 2008 gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, Herrn C. D.. Diesem gehörte das Grundstück vor der Beklagten.

Herr C. D. war geschäftsführender Gesellschafter der Firma R. GmbH S.. Prokuristin dieser Gesellschaft war die Beklagte. Die R. GmbH war persönlich haftender Gesellschafter der T. GmbH&Co.KG. Geschäftsführer dieser Gesellschaft war ebenfalls Herr D.. Für beide Gesellschaften stellte er am 5. bzw. 28. März 2008 Insolvenzanträge. Zudem war die Beklagte bis zum 27. Dezember 2007 Geschäftsführerin der Fa. U. GmbH V.; über diese Firma wurden von der R. GmbH & Co. KG Käufe und Verkäufe von LKW abgewickelt. Über verschiedene, teils polnische Gesellschaften war Herr D. Mehrheitsgesellschafter dieser GmbH.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 22. Januar 2008 übertrug Herr C. D. der Beklagten das oben genannte Grundstück zu einem Kaufpreis von 165.000,00 € lastenfrei. Nach § 4 dieses Vertrages sollte eine Überwachung der Kaufpreiszahlung durch den Notar nicht erfolgen. Herr D. quittierte der Beklagten, die das Geld zuvor von ihrem Konto bei der Volksbank W. e.G abgehoben hatte, den Erhalt des Kaufpreises in bar am selben Tage. Am 19. Februar 2008 erfolgte auf den am 12. Februar 2008 beim Amtsgericht P. Q. eingegangenen Antrag die Eigentumsumschreibung auf die Beklagte im Grundbuch von P. Q..

Unter dem 23. Februar 2009 erstellte der Gutachterausschuss für Grundstückswerte X., Geschäftsstelle P. Q. im Auftrage der Beklagten auf den Wertermittlungsstichtag 1. Februar 2008 ein Verkehrswertgutachten für das streitbefangene Grundstück. Der Gutachterausschuss ermittelte einen Verkehrswert in Höhe von 175.000,00 €.

Durch notariellen Vertrag vom 15. Mai 2008 bewilligte sich die Beklagte selbst ein Wohnrecht an dem Grundstück; diese Belastung wurde am 27. Mai 2008 ins Grundbuch eingetragen. Ebenfalls durch Bewilligung vom 15. Mai 2008 bestellte die Beklagte an ihrem Grundstück eine (nicht valutierende) Grundschuld über 450.000,00 Euro, die am 3. Juli 2008 ins Grundbuch eingetragen worden ist.

Am 22. Oktober 2008 gaben die Beklagte und Herr Y. Z. wechselseitige, notariell beurkundete Vertragsangebote über das streitbefangene Grundstück ab. Mit dem ersten notariellen Vertrag bot die Beklagte Herrn Z. das streitbefangene Grundstück zum Kauf an. Der Angebotsempfänger Z. sollte das Grundstück zu einem Kaufpreis von 115.000,00 € erwerben können, wobei 10.000,00 € auf das mitverkaufte Inventar entfallen sollten. Gleichzeitig sollte Herr Z. das für die Beklagte bestellte Wohnrecht, das laut Vertrag mit einem Wert von 60.000,00 € angegeben worden war, sowie die Grundschuld übernehmen.

Mit notariellem Angebotsvertag vom selben Tage unterbreitete Herr Z. der Beklagten für den Fall, dass er deren Angebot vom selben Tage annehme, das unwiderrufliche Angebot zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages, an das er sich zeitlebens gebunden halte. Dieser Vertrag enthielt im Übrigen dieselben Gegenleistungsbestimmungen wie das Angebot der Beklagten an Herrn Z..

Am 25. November 2008 wurde für Herrn Z. eine entsprechende Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.

Mit notarieller Erklärung vom 19. April 2010 nahm Herr Z. das Angebot der Beklagten an. Am 5. Dezember 2011 erfolgte die Eigentumsumschreibung auf Herrn Z. im Grundbuch; Herr Z. ist auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Eigentümer dieses Grundstücks.

Mit bestandskräftigen Haftungsbescheiden betreffend Hinterziehungszinsen für Gewerbesteuer vom 2. März 2009 bzw. betreffend Gewerbesteuerrückstände der Jahre 2006 und 2007 der R. S. GmbH vom 23. Juni 2009 nahm die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, die Verwaltungsgemeinschaft AA. -Loburg-Fläming} - für Gemeinde AB. -, Herrn C. D. auf insgesamt 223.812,00 € in Haftung.

Mit Duldungsbescheid vom 19. April 2011 nahm eine weitere Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, die Stadt AC., die Beklagte darauf in Anspruch, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück der Gemarkung P., Flur 10, Flurstück 245/4 bis zur Höhe von 223.812,00 € zu dulden. Zur Begründung dieses Bescheides führte die Stadt AC. an, sie habe Herrn C. D. auf diese Summe als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Der zwischen der Beklagten und Herrn D. geschlossene Vertrag vom 22. Januar 2008 sei nach § 3 Abs. 1 Anfechtungsgesetz anfechtbar, weil Herr D. das Geschäft mit der Beklagten mit dem Vorsatz abgeschlossen habe, seine Gläubiger zu benachteiligen und die Beklagte im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages diesen Vorsatz gekannt habe. Diese Kenntnis folge daraus, dass die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt die Lebensgefährtin des Herrn D. gewesen sei und mit ihm in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe; außerdem sei sie langjährig bei R. in leitender Position tätig gewesen. Aufgrund ihrer Nähe zum Geschäftsführer, Herrn D., habe ihr, der Beklagten, nicht verborgen bleiben können, dass die R. S. GmbH spätestens seit Sommer 2007 nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre sofort fälligen Verbindlichkeiten innerhalb einer angemessenen Frist zu bedienen. Da die Beklagte selbst Geschäftsführerin der AD. GmbH in V. gewesen sei, sei ihr auch bekannt, dass der Geschäftsführer einer GmbH für die Erfüllung von deren steuerlichen Zahlungsverpflichtungen haftet und Herr D. alle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme als Haftender erfüllt habe. Ferner sei der vereinbarte Kaufpreis von 165.000,00 € im Vergleich zu der erworbenen Substanz unangemessen niedrig. Dies ergebe sich aus den von der Beklagten nach Erwerb des Grundstücks vorgenommenen Rechtsgeschäften. So habe die Beklagte das Grundstück nach Eigentumsumschreibung mit einer Grundschuld in Höhe von 450.000,00 € belastet und sich mit Urkunde vom selben Tag ein Wohnrecht bewilligt, dass der Grundschuld im Range vorgehe. Der Wert dieses Wohnrechts sei in den zwischen der Beklagte und Herrn Z. geschlossenen Kaufangebotsverträgen mit 60.000,00 € angegeben worden. Zuzüglich zu dem in diesem Angebot vereinbarten Kaufpreis von 115.000,00 €, ergebe sich ein Grundstückswert von 675.000,00 €. Hieraus ergebe sich, dass der Beklagte beim Abschluss des Vertrages mit Herrn D. der unangemessen niedrige Kaufpreis bekannt gewesen sei; hieraus sei auch auf die Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung zu schließen.

Den von der Beklagten gegen den Duldungsbescheid vom 19. April 2011 eingelegten Widerspruch wies eine weitere Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, die Verwaltungsgemeinschaft AA., der Bürgermeister der Trägergemeinde Stadt AC., mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2011 zurück. Zur Begründung bezog sich die Verwaltungsgemeinschaft im Wesentlichen auf den Ausgangsbescheid und ergänzte, dass die Kenntnis der Beklagte von der Absicht der Gläubigerbenachteiligung gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 Anfechtungsgesetz zu vermuten sei.

Bereits am 1. März 2010 hatte das Finanzamt AE. Q. im Wege der Zwangsvollstreckung einen dinglichen Arrest in das unbewegliche Vermögen der Beklagten erwirkt, was am 2. März 2010 zur Eintragung einer Höchstbetragssicherungshypothek für das streitbefangene Grundstück über 326.620,30 Euro führte. Diese Belastung ist unter laufender Nummer 16 nach wie vor im Grundbuch eingetragen.

Am 4. März 2010 erließ das Finanzamt AE. Q. gegenüber der Beklagten ebenfalls einen Duldungsbescheid, mit dem der Grundstückskaufvertrag zwischen Herrn C. D. und der Beklagten vom 22. Januar 2008 ebenso wie eine Schenkung in Höhe von 81.620,30 € angefochten wurden und die Beklagte verpflichtet wurde, die Vollstreckung in das übertragene Grundstück bis zur Höhe eines Gesamtbetrages von 490.046,37 € (Einkommen- und Umsatzsteuer 2001 - 2006) zu dulden; gleichzeitig wurde die Beklagte zum Wertersatz verpflichtet, wenn die Vollstreckung in das übertragene Eigentum unmöglich geworden sein sollte. Das Finanzamt begründete diesen Duldungsbescheid mit § 4 Anfechtungsgesetz, weil es hinsichtlich des Grundstückskaufvertrages und einiger Geldzuflüsse von verdeckten Schenkungen von Herrn D. an die Beklagte ausging. Hiergegen hat die Beklagte vor dem Finanzgericht AF. Klage erhoben (15 K 212/11). Das Verfahren ist derzeit unterbrochen.

Am 15. November 2011 hat die jetzige Beklagte Klage gegen den an sie gerichteten Duldungsbescheid vom 19. April 2011 erhoben.

Zu deren Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, eine Gläubigerbenachteiligung habe nicht stattgefunden, weil der Kaufpreis dem Wert des erworbenen Grundstücks entsprochen habe. Dies ergebe sich aus dem Verkehrswertgutachten des Gutachterausschusses vom 23. Februar 2009. Im Übrigen sei ihr, der Beklagten, die wirtschaftliche Situation der R. nicht bekannt gewesen. Ihr ehemaliger Lebensgefährte Herr D. habe ihr ab 2007 nichts mehr von der Situation der Gesellschaften erzählt. Sie habe aus der rein formalen Funktion als Prokuristin auch keine Kenntnis über die wirtschaftliche Situation gehabt. Sie habe ihren Lebensgefährten stets für fleißig und vermögend gehalten. Schließlich hat sie vorgetragen, nicht mehr Eigentümerin des streitbefangenen Grundstücks zu sein.

Die Beigeladene war als vormalige Beklagte der Auffassung, aus dem Verkehrswertgutachten vom 23. Februar 2009 ergebe sich ein Wert für das Grundstück in Höhe von 507.595 €; ferner sei dieses Gutachten auf den 1. Februar 2008 erstellt; im Jahre 2012 sei es viel mehr wert gewesen. Im Übrigen nahm die Beigeladene Bezug auf das Vorbringen des Finanzamts AE. Q. in dem genannten finanzgerichtlichen Verfahren.

Am 10. September 2012 ist über das Vermögen des Herrn C. D. das Insolvenzverfahren eröffnet worden; zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger bestellt. Die Beigeladene hat am 9. Oktober 2012 eine Forderung in Höhe von 222.912,00 Euro zur Insolvenztabelle angemeldet. Der Insolvenzverwalter hat das vorliegende Verfahren nach der gesetzlich vorgesehenen Unterbrechung mit Schriftsatz vom 5. Juli 2013 wieder aufgenommen hat.

Er nimmt zur Begründung zunächst Bezug auf den bisherigen Vortrag der Beigeladenen. Ferner trägt er vor, es sei seit Sommer 2007 klar gewesen, dass die Fa. R. nicht werde überleben können. Damals sei Herrn D. auch klar geworden, dass dies auch sein Privatvermögen betreffen werde; erste Haftungsbescheide seien schon im Sommer 2007 gegen ihn erlassen worden. Daraufhin habe Herr D. den Entschluss gefasst, sein Eigentum an eine nicht im Focus stehende dritte Person, die Beklagte, zu übertragen; dies sei mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz geschehen; das von der Beklagten an Herrn D. gezahlte Geld sei verbraucht worden; aus der geschäftlichen und persönlichen Verbundenheit der Beklagten mit Herrn D. sei zu schließen, dass die Beklagte Kenntnis von dem Vorsatz des Herrn D. gehabt habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, das Grundstück, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts P. Q., Blatt 5560, Gemarkung P., Flur 10, Flurstück 245/4, an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn C. D., Amtsgericht P. Q., Az. 8 IN 46/12, zu übertragen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn C. D., Amtsgericht P. Q., 8 IN 46/12, 115.000,00 Euro zu zahlen,

weiter hilfsweise,

festzustellen, dass die Veräußerung des Grundstücks, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts P. Q., Blatt 5560, Gemarkung P., Flur 10, Flurstück 245/4, von C. D. an die Beklagte am 22. Januar 2008 gemäß § 3 Abs. 1 AnfG anfechtbar war.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

Schriftsatznachlass zum Schriftsatz des Klägers vom 11. September 2013.

Sie bezieht sich auf ihren bisherigen Vortrag als Klägerin.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag und unterstützt mit ihrem Vortrag den Kläger.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die auszugsweise vorliegenden finanzgerichtlichen Verfahrensakten zu 15 K 212/11 und 15 V 213/11 und die Verwaltungsvorgänge der Beigeladenen Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Die Kammer ist mit dem Bundesfinanzhof (vgl. Urteil vom 18.09.2012 –VII R 14/11-, zitiert nach juris) der Auffassung, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens  über das Vermögen des C. D. die Anfechtungskompetenz aus §§ 4, 11 AnfG auf den Insolvenzverwalter übergeht; dies gilt auch für den Fall, dass sich der Anfechtungsanspruch, wie hier, nicht gegen den Insolvenzschuldner, sondern gegen einen Dritten wendet. Der zunächst anhängig gewesene Rechtsstreit gegen den Duldungsbescheid der Beigeladenen wandelt sich in eine Leistungsklage gegen die mit dem Duldungsbescheid in Anspruch genommene bisherige Klägerin; der Rechtsweg bleibt – obwohl es sich nunmehr um eine rein zivilrechtliche Streitigkeit handelt - gemäß § 17 Abs. 1 und 2 GVG derjenige zum Verwaltungsgericht. Gemäß § 17 Abs. 2 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Als Konsequenz hieraus spielen verwaltungsrechtliche Vorfragen, wie die Bestimmtheit des Duldungsbescheides der Beigeladenen vom 19. April 2011 oder die Frage, ob die verfassungswidrig zustande gekommene Rechtsvorgängerin der Beigeladenen als Ausgangsbehörde (vgl. hierzu LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.08.2011 –LVG 43/10) überhaupt rechtmäßig Verwaltungsakte erlassen konnte, für den Rechtsstreit keine Rolle mehr.

Die Klage erfüllt die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 13 des Anfechtungsgesetzes vom 05.10.1994 (BGBl I S. 2911) - AnfG -. Der Kläger bezeichnet mit seinem Klageantrag und dem in mündlicher Verhandlung erfolgten Vortrag hinreichend bestimmt, in welchem Umfang und in welcher Weise die Beklagte das Erlangte zur Verfügung stellen soll. Der Kläger nimmt Bezug auf den bisherigen Akteninhalt, und damit auch auf den Duldungsbescheid der Beigeladenen; dazu ist er gemäß § 17 Abs. 1 AnfG befugt; danach kann er sich auf die vorhandene Prozesslage berufen und muss sie andererseits, so wie er sie vorfindet, gegen sich gelten lassen; er kann - wie hier geschehen - den Klagantrag gemäß § 17 Abs. 2 AnfG erweitern (vgl. Huber, Anfechtungsgesetz, 10. Aufl. § 17 Rn. 8) Der Duldungsbescheid vom 19. April 2011 bezeichnet die zu befriedigende Forderung, die sich aus verschiedenen gegenüber Herrn D. erlassenen Haftungsbescheiden für Gewerbesteuer ergibt, der Art und der Höhe nach; er nennt mit § 3 Abs. 1 AnfG den Anfechtungsgrund und führt hierzu aus; er bezeichnet das Grundstück, in das ursprünglich die Zwangsvollstreckung erfolgen sollte, nach Grundbuchblatt und Katasterbezeichnung zutreffend.

Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet.

Mit dem auf § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG gestützten Hauptantrag verlangt der Kläger von der Beklagten etwas rechtlich Unmögliches, nämlich die Übertragung eines nicht mehr in ihrem Eigentum stehenden Grundstückes zur Insolvenzmasse. Zu dieser Leistung ist die Beklagte im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage, weil Eigentümer des Grundstücks seit dem 5. Dezember 2011 Herr Y. Z. ist. Dass die Klägerin gegen diesen aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen vom 22. Oktober 2008 möglicherweise einen Rückerwerbsanspruch besitzt, spielt für die Rechtslage im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine Rolle.

Auf den ersten Hilfsantrag hin ist die Beklagte jedoch antragsgemäß zu verurteilen. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, dass diese 115.000,00 Euro zur Masse leistet.

Dieser Anspruch ergibt sich aus § 11 Abs. 1 AnfG. Danach muss das, was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, vom Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist. Dies ist, wie dargestellt, nicht möglich. Nach Satz 2 der Vorschrift gelten die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, entsprechend. Wird ein aufgrund eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts erworbener Gegenstand, wie hier das streitbefangene Grundstück, weiterveräußert, wandelt sich der Anspruch auf Rückgewähr des durch das angefochtene Rechtsgeschäft Erlangten als Primäranspruch automatisch in einen Wertersatzanspruch (Sekundäranspruch) um. Dies folgt aus § 11 Abs. 1 S. 2 AnfG i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 3, 292, 987 ff. BGB. Im Fall der Weiterveräußerung an einen Dritten, die - ebenfalls - nach § 15 AnfG anfechtbar ist, kann der Gläubiger wählen, ob er gegen den Dritten mit dem Primäranspruch oder gegen den Veräußerer mit dem Wertersatzanspruch vorgeht (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2008 - IX ZR 202/07 -; BFH, Urteil vom 22.06.2004 - VII R 16/02 -; BVerwG, Beschluss vom 28.06.1990 - 8 B 64/90 -, sämtlich zitiert nach juris). Hier macht der Kläger mit seinem ersten Hilfsantrag diesen Wertersatzanspruch geltend.

Voraussetzung für den Anspruch ist das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes.

Nach § 1 AnfG können alle Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen, außerhalb des Insolvenzverfahrens nach den Bestimmungen des AnfG angefochten werden (objektive Gläubigerbenachteiligung).

Zur Anfechtung ist gemäß § 2 AnfG jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde. Derartige (Steuer-) Forderungen liegen der Klage zugrunde. Die Anfechtung erfolgte seinerzeit formell rechtmäßig durch die jetzige Beigeladene mit deren Bescheid vom 19.04.2011 (der ursprünglich Gegenstand dieser Klage war).

Nach § 3 Abs. 1 AnfG ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte (mittelbare Gläubigerbenachteiligung). Nach Satz 2 dieser Vorschrift wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

Auf diese Vorschrift beruft sich der Kläger.

Eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne von §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 AnfG liegt vor.

Eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 1 Abs. 1 AnfG ist anzunehmen, wenn durch die anfechtbare Rechtshandlung die Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers aus dem Schuldnervermögen verschlechtert wird, d. h. ganz oder teilweise wegfällt, erschwert oder bloß verzögert wird. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung scheidet jedoch bei einer wertausschöpfenden Belastung des veräußerten Gegenstandes aus, weil dann die Zwangsvollstreckung für den anfechtenden Gläubiger keinen Erfolg haben würde. Bei der Belastung eines Grundstücks mit Grundpfandrechten ist dabei nicht der nominale Buchwert maßgeblich, sondern in welcher Höhe diese Grundpfandrechte Forderungen sichern (Thüringer Finanzgericht, Beschluss vom 08.12.2010 - 2 V 268/10 -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25.05.2011 - 5 K 3087/10; Huber a.a.O., § 1 Rn. 40). Nach der von der Kammer geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Beurteilung der Gläubigerbenachteiligung im Rahmen des § 3 Abs. 1 AnfG auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz des Anfechtungsprozesses an (BGH, Urteil v. 15.12.1994 - IX ZR 153/93 -, zitiert nach juris). Die hiervon abweichende finanzgerichtliche Rechtsprechung, nach der auf den Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheides nach § 191 Abs. 1 AO abzustellen sei (vgl. BFH, Urteil vom 14.07.1981 - VII R 59/80 -; Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 16.11.2000 - 11 K 2179/96 -, jeweils zitiert nach juris), findet in diesem, materiell-rechtlich ausschließlich zivilrechtlich zu beurteilenden Verfahren, keine Berücksichtigung. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung liegt eine reale und nicht nur nominelle Wertausschöpfung des streitbefangenen Grundstücks nicht vor. Es kommt für die Beantwortung der Frage der Gläubigerbenachteiligung also weniger auf eine juristische, als vielmehr auf eine wirtschaftliche Betrachtung an (vgl. De Bratin: Braun, Kommentar zur InsO, 5. Aufl., § 129 Rn. 23).

Unberücksichtigt bleiben zunächst diejenigen Belastungen, die die Beklagte nach Eigentumserwerb selbst vorgenommen hat, wie die Einräumung eines Wohnrechtes für sich und die Bestellung einer Grundschuld über 450.000,00 €. Derartige Belastungen hat die Beklagte rückgängig zu machen; sie mindern den Wert des Grundstücks daher nicht (vgl. Huber, a.a.O., § 11 Rn. 19 a. E.; § 13 Rn. 10). Für die Grundschuld ist dies im Übrigen auch so, weil sie nicht valutiert.

Die fehlende Werthaltigkeit des streitbefangenen Grundstücks folgt auch nicht daraus, dass bereits am 2. März 2010 in Abteilung 3 des Grundbuches für das streitbefangene Grundstück eine Sicherungshypothek für das Land Niedersachsen aufgrund einer Arrestanordnung vom 1. März 2010 in Höhe von insgesamt 326.620,30 € eingetragen worden ist. Mit dieser Belastung ist der Wert des streitbefangenen Grundstücks nur nominell, nicht aber real überschritten.

Der Wert des streitbefangenen Grundstücks beträgt nach dem Verkehrswertgutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte X. vom 23. Februar 2009 auf den 1. Februar 2008 175.000,00 €. Anlass, an der Richtigkeit dieses Gutachtens zu zweifeln, bestehen nicht. Soweit die Beigeladene in anderem Zusammenhang ausführt, der Wert dieses Grundstücks betrage 507.595,00 €, führt dies nicht zu einer überschießenden Werthaltigkeit des Grundstücks. Bei dieser Summe handelt es sich um den vom Gutachterausschuss ermittelten Sachwert am Wertermittlungsstichtag (vgl. S. 25 des Gutachtens). Wie sich aus Seite 26 des Gutachtens ergibt, wird der Sachwert nur nach bautechnischen Überlegungen ermittelt. Für den Verkehrswert wesentliche Gesichtspunkte wie die Lage auf dem freien Grundstücksmarkt und die Besonderheiten des Bewertungsobjektes bleiben hierbei unberücksichtigt. Unter Berücksichtigung der danach gebotenen Abzüge gelangt der Gutachterausschuss zu einem marktbereinigten Sachwert von 178.000,00 €. Dieser Wert dürfte auch im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung am 25. Oktober 2011 nicht nennenswert höher gewesen sein, jedenfalls nicht 326.000,00 € übersteigen.

Dennoch liegt eine werterschöpfende Belastung des Grundstücks nicht vor, weil die Beklagte rechtlich in der Lage und im Verhältnis zum Kläger auch verpflichtet ist, diese Belastung problemlos rückgängig machen zu lassen.

Für den Erwerber des streitbefangenen Grundstücks nach der Beklagten, Herrn Y. Z., ist am 25. November 2008 eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen worden. Dieses Recht geht der erst am 2. März 2010 eingetragenen Sicherungshypothek für das Land Niedersachsen, die auf Forderungen gegen die Beklagte beruhte, vor. Dies ergibt sich aus § 883 Abs. 2 BGB. Danach ist eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück getroffen wird, insoweit unwirksam, als sie den Anspruch vereiteln oder – so hier - beeinträchtigen würde. Gemäß Satz 2 der Vorschrift gilt das auch, wenn die Verfügung – wie hier – im Wege der Arrestvollziehung erfolgt. Aus diesem Vorrang ergibt sich für den Vormerkungsberechtigten gemäß § 888 Abs. 1 BGB ein Anspruch darauf, die Zustimmung zur Löschung der Hypothek zu verlangen. Zwar ist dieses Verlangen von Herrn Z. im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht ausgesprochen, geschweige denn durchgesetzt; für die Frage, ob es sich bei der Sicherungshypothek um eine reale Belastung handelt, darf der Anspruch deshalb nicht außer Acht gelassen werden, weil die Beklagte gegen Herrn Z. einen Anspruch darauf hat, dieses Verlangen gegenüber dem Land Niedersachsen zu stellen. Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 11, 7 Abs. 1 der Anlage zur Urkunde des Notars Dr. G. vom 22. Oktober 2008 – UR.Nr. 650/2008-. Danach hat die Beklagte ein Wiederkaufsrecht gegen Herrn Z. u.a. für den Fall, dass er das Grundstück ohne Zustimmung der Beklagten belastet, ohne dass es sich um eine Belastung im Sinne von § 7 Abs. 1 der Anlage handelte. Danach ist Herr Z. nur dazu berechtigt, das Grundstück mit Grundpfandrechten bis zur Höhe von 500.000,00 Euro nebst Nebenleistungen zu belasten, wenn und soweit er die Ansprüche auf Auszahlung der Darlehensvaluta an die Beklagte abtritt. Zwar handelt es sich bei der Belastung in Form der Sicherungshypothek nicht um eine von Herrn Z. vorgenommene Belastung; ihm ist jedoch die Existenz der Belastung zuzurechnen, wenn und soweit er ein vorhandenes Löschungsrecht nicht geltend macht. Da eine solche Art der Belastung nicht zu den Grundpfandrechten gehört, die er berechtigt ist, eintragen zu lassen, hat die Beklagte aus dem notariellen Kaufvertrag vom 22. Oktober 2008 einen Anspruch gegen Herrn Z. darauf, die Löschung der Sicherungshypothek zu erwirken. Eine reale Belastung des Grundstücks besteht durch die Sicherungshypothek im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung danach nicht.

Eine Gläubigerbenachteiligung ist schließlich auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass von der Beklagten ein Kaufpreis von 165.000,00 € entrichtet worden ist. Zwar spricht dieser vom Schuldner, Herrn C. D., mit der Beklagten vereinbarte Kaufpreis zunächst für ein - im Wesentlichen - kongruentes Deckungsverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, da der Verkehrswert, wie dargelegt, 175.000,00 € beträgt. Indes schließt die Bezahlung eines Kaufpreises in bar die Anwendung von § 3 Abs. 1 AnfG nicht von vornherein aus. Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 142 der Insolvenzordnung –InsO-. Danach können Bargeschäfte nur unter den Voraussetzungen einer Vorsatzanfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO angefochten werden. Diese Vorschrift entspricht § 3 Abs. 1 AnfG, der außerhalb eines Insolvenzverfahrens Anwendung findet (vgl. Huber, a.a.O., § 3 Rn. 17; § 1 Rn. 42, auch zu dem Problem, in diesem Fall den Nachweis des Benachteiligungsvorsatzes zu führen). Um eine Gläubigerbenachteiligung verneinen zu können, wäre jedoch erforderlich, dass Herr C. D. den Kaufpreis auch tatsächlich erhalten hat und dieser somit dem Zugriff durch seine Gläubiger zur Verfügung stand; die Quittierung der Bezahlung genügt hierzu nicht, weil offenbleibt, wann und in welcher Form es zur Kaufpreiszahlung gekommen ist und was Herr D. mit dem Geld getan hat (vgl. ähnlich: Thüringer Finanzgericht, Beschluss vom 08.12.2010, a.a.O.). Da eine tatsächliche Zahlung nicht nachgewiesen ist, jedenfalls der Betrag dem Gläubigerzugriff nicht zugänglich gemacht worden ist, ist von einer Gläubigerbenachteiligung trotz annähernd kongruenter Kaufpreiszahlung auszugehen.

Neben der objektiven Gläubigerbenachteiligung ist auch der hierauf bezogene Vorsatz des Schuldners zu bejahen. Dabei genügt ein bedingter Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung aus, das heißt, dass der Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger zumindest billigend in Kauf nimmt. Dieser Vorsatz muss nicht der alleinige Zweck des Handelns sein (Huber, a.a.O. § 3 Rn 21; Braun, InsO, 5. Aufl. § 133 Rn. 9). Hier sprechen die vorhandenen Indizien für einen derartigen Vorsatz des Herrn C. D..

Die Beklagte räumt selbst ein, dass Herr D. das Rechtsgeschäft durchgeführt hat, um sie, seine ehemalige Lebensgefährtin, für die gemeinsame Zeit im Sinne eines Trennungsausgleichs zu “entschädigen“. Dies konnte in Anbetracht des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Abschluss des notariellen Kaufvertrages am 22. Januar 2008 und den Anträgen auf Eröffnung der Insolvenzverfahren für die von Herrn D. beherrschten Firmen am 5. und 28. März 2008 nur zu Lasten auch der privaten Gläubiger des Herrn D. geschehen. Als geschäftsführender Gesellschafter der R. GmbH und als Geschäftsführer der T. GmbH&Co.KG, von deren Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags ausgegangen werden kann, drohten Herrn D. als Geschäftsführer dieser Gesellschaften gemäß § 43 GmbHG oder § 69 Abgabenordnung auch persönlich erhebliche Forderungen. Wenn er es in dieser Situation für richtig gehalten hat, die Trennung von der Beklagten durch Übertragung seines Grundstückes finanziell abzuschließen, konnte dies nur geschehen, indem er die Benachteiligung seiner Gläubiger mindestens billigend in Kauf nahm.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, Herr D. habe von ihr doch den Kaufpreis in Höhe von 165.000,00 € erhalten, so dass ein kongruentes Deckungsgeschäft beim Kauf des Grundstücks vorliege, kann sie, wie oben ausgeführt, damit nicht durchdringen (vgl. Huber, a.a.O., § 3 Rn. 34, 36).

Von diesem Benachteiligungsvorsatz hatte die Beklagte im Sinne von § 3 Abs. 1 AnfG auch Kenntnis.

Zunächst spricht die Vermutungsregelung des § 3 Abs. 1 S. 2 AnfG gegen die Beklagte. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 AnfG wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Hierfür spricht zunächst die enge Beziehung zwischen der Beklagten und Herrn D.. Eine räumliche Trennung des Paares erfolgte erst Anfang Februar 2008. Dass schon vorher keinerlei Gespräche über die wirtschaftliche Situation des Firmengeflechts der R. stattgefunden haben sollen, widerspricht der Lebenserfahrung. Unabhängig davon war die Beklagte als Prokuristin der R. GmbH S. und als Geschäftsführerin der Firma U. GmbH jedenfalls bis Ende 2007 in den laufenden Geschäftsbetrieb eingebunden. Dass sie hierdurch Kenntnis von den Liquiditätsproblemen der R. GmbH hatte, ergibt sich aus dem von ihr unterzeichneten Stundungsbegehren gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen vom 2 November 2007. Da sie selbst Geschäftsführerin eines der Unternehmen gewesen ist, waren ihr die Regeln der Geschäftsführerhaftung bekannt, und der Umstand, dass auch Herrn D. selbst erhebliche Forderungen drohen, musste ihr gegenwärtig sein. Schließlich ist sie Vertragspartnerin des inkongruenten Grundstückskaufgeschäfts gewesen. Dass die Gläubiger des Herrn D. mit flüchtigem Bargeld gar nicht, mit einem werthaltigen Grundstück aber sehr wohl ihre (Teil-) Befriedigung erlangen könnten, lag für die in Geschäftsdingen erfahrene Beklagte auf der Hand, ohne dass dies näherer Begründung bedürfte (vgl. zur inkongruenten Deckung als starkes Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis des anderen Teils davon Huber, a.a.O. § 3 Rn. 34). Hinzu kommt zu Lasten der Beklagten, dass sie mit ihrer Unterschrift unter § 4 des notariellen Kaufvertrages vom 22. Januar 2008 die Kontrolle der Kaufpreiszahlung der Überwachung durch den Notar entzogen hat. Eine objektivierbare Zahlungskontrolle haben die Beklagte und Herr D. mit dieser Vertragsgestaltung im kollusiven Zusammenwirken verhindert.

Diese Beweisanzeichen gewichtet das Gericht so schwer, dass es davon überzeugt ist, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 AnfG erfüllt sind. Es hat daher von der zunächst ins Auge gefassten Beweisaufnahme durch Vernehmung des Herrn D. als Zeugen und die informatorische Befragung der Beklagten Abstand genommen. Auch auf den in der mündlichen Verhandlung erfolgten neuen Vortrag des Klägers, insbesondere die eingereichte Auflistung, aus der sich eine Insolvenzgefährdung auch des Herrn D. schon im Sommer 2007 ableiten lassen soll, kommt es für die Entscheidung nicht – mehr – an. Infolgedessen musste der Beklagten diesbezüglich ein Schriftsatznachlass nicht gewährt werden.

Soweit die Beklagte gegen die vom Gericht vorgenommene Würdigung einwenden sollte, es fehle an entsprechendem klägerischen Vorbringen, dringt sie hiermit rechtlich nicht durch. Eines solchen Vorbringens bedurfte es nicht; vielmehr konnte sich das Gericht seine Überzeugungsgewissheit durch Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen bilden.

§ 17 Abs. 2 GVG sagt seinem Wortlaut nach nichts über das bei der materiell zivilrechtlich vorzunehmenden Anspruchsprüfung anzuwendende Verfahrensrecht aus. Die Kammer schließt sich der in der Rechtsprechung und in der Literatur vertretenen Auffassung an, dass das entscheidende Gericht sein eigenes Verfahrensrecht anzuwenden habe (BVerwG, Urteil vom 06.06.1967 –IV C 216.65-, zitiert nach juris; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. § 17 GVG im Anhang zu § 41 VwGO Rn. 31; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. § 41 Rn. 25). Daraus folgt, dass der Prozess nicht vom zivilrechtlichen Beibringungsgrundsatz beherrscht wird, sondern gemäß § 86 Abs. 1 VwGO der Untersuchungsgrundsatz gilt, wonach das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht. Der derart angewendete Amtsermittlungsgrundsatz führt, wie dargelegt, zu dem gefundenen Ergebnis.

Die Klägerin hätte damit den Wert des Grundstücks in die Insolvenzmasse zu leisten. Dieser Wert beträgt, wie schon mehrfach dargelegt, 175.000,00 Euro. Dass der Kläger mit seiner Klage lediglich 115.000,00 Euro geltend macht, unterliegt seiner Dispositionsbefugnis, die sowohl im Zivilprozess wie im Verwaltungsprozess Anwendung findet. Mit der Reduzierung der Klagsumme wandelt sich der Wertersatzanspruch jedenfalls nicht in einen Anspruch auf das Surrogat für den Wert, so dass sich die in der Literatur umstrittene Frage, ob § 11 Abs. 1 Satz 2 AnfG einen Anspruch auf Herausgabe des vom Anfechtungsgegner durch Weiterveräußerung erzielten Gewinns gibt (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 23.10.2008, a.a.O., mit Nachweisen aus der Literatur), nicht stellt.

Über den zweiten Hilfsantrag ist danach nicht mehr zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Mit dem Hauptantrag, dessen Wert mit 175.000,00 Euro zu beziffern ist, unterliegt der Kläger, in Höhe von 115.000,00 Euro obsiegt er. Hieraus folgt, dass er 1/3, die Beklagte 2/3 der Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.