Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 06.09.2012, Az.: 8 U 96/12
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wegen Übergehens von entscheidungserheblichem Vorbringen im Zusammenhang mit einem Streit über die Zahlung von Architektenhonorar
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 06.09.2012
- Aktenzeichen
- 8 U 96/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 25131
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2012:0906.8U96.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 21.05.2012 - AZ: 1 O 2894/10
Rechtsgrundlagen
- Anlage 11 zu § 33 HOAI
- § 649 S. 2 BGB
- § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO
Fundstellen
- AnwBl 2013, 152-153
- BauR 2013, 119-123
- BauR 2013, 135
- IBR 2012, 653
- IBR 2012, 748
- IBR 2013, 124
- IBR 2013, 125
- NJW 2013, 6
- NJW-RR 2013, 463-465
In dem Rechtsstreit
...., ..., ...
Kläger, Berufungskläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...,
gegen
..., ..., ...
Beklagter, Berufungsbeklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...,
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die ..., die ...und den ... auf die mündliche Verhandlung vom 30. August 2012
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 21. Mai 2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück aufgehoben, soweit die Klage abgewiesen worden ist, weiterhin im Kostenpunkt.
Auf die Anschlussberufung des Beklagten wird das am 21. Mai 2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück unter Zurückweisung der Anschlussberufung im Übrigen dahingehend geändert, dass der Beklagte zur Zahlung von 1.629,71 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2010 unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die von ihm erklärte Aufrechnung mit einer Forderung aufgrund fehlerhafter Planung und Bauaufsicht wegen der im Erdgeschoss des Objekts ausgeführten Fliesenarbeiten verurteilt wird.
Das Verfahren wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf, soweit er durch Vorbehaltsurteil zur Zahlung verurteilt worden ist, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Der Kläger fordert von dem Beklagten die Zahlung restlichen Architektenhonorars; der Beklagte verteidigt sich mit Mängelansprüchen und macht geltend, er habe den Architektenvertrag mit dem Kläger aus wichtigem Grund gekündigt.
Wegen des Sachverhalts nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 1.629,71 € (1. Bauabschnitt) verurteilt; im Übrigen (Vergütung von 13.583,66 € für den 2. Bauabschnitt) hat es die Klage abgewiesen.
Gegen die Klageabweisung richtet sich die Berufung des Klägers; der Beklagte hat Anschlussberufung eingelegt, soweit er zur Zahlung verurteilt worden ist.
Der Kläger greift die Auffassung des Landgerichts an, dass seine Klage nicht schlüssig sei. Das Landgericht habe die Anforderungen an die Substantiierung des Vorbringens zu den von ihm erbrachten Architektenleistungen unzulässig überspannt und unstreitiges Vorbringen, aus dem ein Honoraranspruch folge, übergangen. Mindestens hätte es in diesem Punkt den von ihm beantragten Sachverständigenbeweis erheben müssen. Die Vorgehensweise des Landgerichts verletze seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
Im Übrigen wiederholt und ergänzt er sein erstinstanzliches Vorbringen. Nach Kündigung des Vertrages habe er bei der von ihm nicht erbrachten Leistungsphase 8 nur in geringem Umfang Aufwendungen erspart; anderweitiger Erwerb sei nicht zu berücksichtigen. Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen fehlerhafter Auswahl der Fliesen für das Erdgeschoss oder wegen fehlerhafter Bauaufsicht bestehe nicht.
Der Beklagte macht mit der Anschlussberufung geltend, dass aus der Honorarvereinbarung vom 5. November 2009 (1. Bauabschnitt) kein weiterer Vergütungsanspruch bestehe; das Landgericht habe das Vorbringen der Parteien verkannt und die Beweisaufnahme fehlerhaft gewürdigt.
Im Übrigen wiederholt und ergänzt er sein erstinstanzliches Vorbringen. Bei der Auswahl der Fliesen für das Erdgeschoss habe der Kläger fehlerhaft geplant und die Bauaufsicht nicht ordnungsgemäß ausgeübt; deshalb stehe ihm ein Schadensersatzanspruch mindestens in Höhe der Klageforderung zu, mit dem er aufrechne.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger über den ausgeurteilten Betrag von 1.629,71 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2010 weitere 13.583,86 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. September 2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 869,00 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
die Anschlussberufung zurückzuweisen;
hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen;
das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien nimmt der Senat auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat insoweit Erfolg, als sie im Umfang der Abweisung der Klage zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur weiteren Verhandlung führt, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Die zulässige Anschlussberufung hat zum Teil Erfolg; der Beklagte ist nur unter dem Vorbehalt der von ihm erklärten Aufrechnung mit einer Forderung aufgrund fehlerhafter Planung und Bauaufsicht wegen der im Erdgeschoss des Objekts ausgeführten Fliesenarbeiten zu verurteilen. Zwecks Entscheidung über die Gegenforderung ist die Sache auch insoweit entsprechend § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger hat hilfsweise den gemäß § 538 Abs. 2 S. 1 ZPO erforderlichen Antrag gestellt.
1. Berufung des Klägers:
Das angefochtene Urteil ist - soweit Vergütungsansprüche im Hinblick auf den mit Honorarvereinbarung vom 7. 12. 2009 geschlossenen Architektenvertrag abgewiesen worden sind - rechts- und verfahrensfehlerhaft ergangen und verletzt den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Das Landgericht hat entscheidungserhebliches unstreitiges Vorbringen übergangen, es hat übersteigerte Anforderungen an die Substantiierung des Vorbringens des Klägers zu den von ihm erbrachten Architektenleistungen gestellt. Aufgrund der Verfahrensmängel ist eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich; eine eigene Sachentscheidung hält der Senat angesichts des Umfangs der nunmehr vorzunehmenden Sachaufklärung nicht für sachdienlich; sie würde auch nicht zu einer schnelleren Erledigung führen.
Der Kläger hat dem Grunde nach mindestens Anspruch auf die Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen, bei unwirksamer außerordentlicher Kündigung des Architektenvertrags auch auf die nicht erbrachten Leistungen - hier der Leistungsphase 8 - abzüglich ersparter Aufwendungen und anderweitigen Erwerbs.
Was der Architekt zu leisten hat und vertraglich schuldet, ergibt sich aus dem mit dem Auftraggeber geschlossenen Vertrag. In der schriftlichen Honorarvereinbarung der Parteien heißt es nach der Beschreibung des Bauvorhabens: "Auftragsvolumen:Leistungsphasen 1-8 (97 %)". Auch wenn - vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rn. 833 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs - die HOAI keine normativen Leitbilder für den Inhalt von Architektenverträgen enthält und sich Inhalt und Umfang nicht ohne Weiteres aus der Bezugnahme auf § 33 HOAI iVm. Anl. 11 ergeben, so kann doch nicht zweifelhaft sein, dass damit der Kläger die Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 schuldete. Das folgt auch aus dem umrandeten Text weiter unten, in dem von der Vergütung für Arbeiten, die zusätzlich zu den Leistungsphasen ausgeführt werden, die Rede ist. Die im angefochtenen Urteil (S. 7 unter a)) geäußerten Bedenken, dass sich der Honorarvereinbarung der konkrete Umfang der von dem Kläger geschuldeten Leistungen nicht entnehmen lasse, sind vom Senat nicht nachvollziehbar; zudem ist das angefochtene Urteil, das auf S. 8 unter b) die Leistungsphasen 1 bis 8 als Vertragsgegenstand bezeichnet, in diesem Punkt widersprüchlich. Auch der Beklagte stellt diesen Vertragsinhalt nicht in Abrede.
Zu den von ihm erbrachten Leistungen hat der Kläger mit den Schriftsätzen vom 12. April und 18. Oktober 2011 sowie durch die im Anlagenordner enthaltenen Unterlagen im Einzelnen vorgetragen. Es ist auch nicht erkennbar, was der Kläger sonst noch vortragen oder vorlegen könnte. Die Anforderungen des gerichtlichen Hinweises vom 19. September 2011 hat der Kläger erfüllt; das
Landgericht hat nicht darauf hingewiesen, dass der Schriftsatz vom 18. Oktober 2011 und die damit überreichten umfangreichen Planungsunterlagen immer noch nicht ausreichen sollen. Einer sachverständigen Überprüfung ist das Vorbringen des Klägers ohne Weiteres zugänglich. Das Landgericht hat die Anforderungen an die Substantiierung deutlich überspannt.
Es wäre deshalb in der Sache zu entscheiden gewesen, was der Kläger an Leistungen tatsächlich erbracht und was der Beklagte dann auch zu vergüten hat.
Wird der Vertragsinhalt durch die Leistungsphasen der HOAI definiert, so verliert der Architekt, der eine geschuldete Leistung nicht oder teilweise nicht erbringt, seinen Honoraranspruch dann, wenn der Tatbestand einer Regelung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts des BGB erfüllt ist, die den Verlust oder die Minderung des Honoraranspruchs als Rechtsfolge vorsieht (vgl. BGH BauR 2004, 1640 ff.; Werner/Pastor aaO., Rn. 867 ff.; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 12. Teil Rn. 240 ff.). Der Beklagte beruft sich auf eine Minderung der Vergütung wegen nicht erbrachter Teilleistungen, weiter auf Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Planung. Minderungs- und Schadensersatzansprüche setzen voraus, dass der Beklagte dem Kläger eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, es sei denn, die Nachholung der Leistung war nicht mehr von Interesse. Den umfangreichen E-Mails des Beklagten im Zeitraum vom 4. Dezember 2009 bis zur außerordentlichen Kündigung am 28. Februar 2010 ist dazu jedenfalls für die Leistungsphasen 1 - 5. wenig zu entnehmen. Anderes mag für die Leistungsphasen 6 und 7 - Vergabe - gelten. Das Landgericht wird dazu - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - den Sachverhalt weiter aufzuklären und sachverständige Beratung einzuholen haben.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass der Leistungskatalog der Anl. 11 zu § 33 HOAI derart umfassend ist, dass nahezu bei keinem Bauvorhaben alle Leistungen zu erbringen sind (Kniffka/Koeble aaO., Rn. 241). Es ist deshalb für ein erhebliches Bestreiten nicht ausreichend, dass der Beklagte alle möglichen hier nicht relevanten Leistungen der Anl. 11 aufzählt, die der Kläger nicht erbracht haben soll. Der Bauherr kann zudem nicht einfach unter Einscannen der Leistungsbilder der Anl. 11 bestreiten, wenn wie hier der Architekt zu seinen Leistungen schlüssig vorgetragen und zudem das Werk nach seinen Planungen erstellt worden ist (vgl. Kniffka/Koeble aaO., Rn. 245). Konkreteres Vorbringen enthält erst die Berufungserwiderung (S. 13 - 17). Bei einer an den Leistungsphasen der Anl. 11 orientierten vertraglichen Vereinbarung schuldet der Architekt die vereinbarten Arbeitsschritte als selbständige Teilerfolge. Nur wenn er einen derartigen Teilerfolg nichr erbringt, ist sein Werk mangelhaft. Vollständige Nachweise aller Teilleistungen - wie sie das Landgericht rechtsfehlerhaft fordert - können zudem in der Praxis kaum erbracht werden.
Diese rechtlichen Grundsätze haben auch Folgen für die Verteilung von Darlegungs- und Beweislast. Für die Mangelhaftigkeit trägt der Auftraggeber die volle Darlegungslast. Der Beklagte ist dieser Darlegungslast erstmals mit der Berufungserwiderung substantiiert nachgekommen. Vor der Abnahme trägt zwar grundsätzlich der Auftragnehmer die Beweislast für die Mangelfreiheit der von ihm erbrachten Leistungen. Da hier gekündigt worden ist, sind die Parteien schon im Abrechnungsverhältnis; der Beklagte macht nur noch Schadensersatz und Minderung geltend. Auf die Abnahme kommt es damit nicht mehr an, bezüglich der Leistungsphasen 1 - 5 liegt überdies, was das Landgericht übergangen hat, eine Teilabnahme vor. Der Honoraranspruch ist ohnehin mit Vorlage der Schlussrechnung fällig. Mängel des Architektenwerks hat deshalb der Beklagte zu darzulegen und zu beweisen. Dazu werden - gegebenenfalls nach ergänzendem Vorbringen der Parteien - ein Sachverständigengutachten und Zeugenbeweis einzuholen sein. Präkludiert ist der Beklagte mit diesem Vorbringen nicht, weil das Landgericht rechts- und verfahrensfehlerhaft sein bisheriges Vorbringen für erheblich gehalten hat.
Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang unstreitiges Vorbringen übergangen. Dass die Planung "exellent" und "überaus gelungen" war (so das Kündigungsschreiben des Beklagten und die Klageerwiderung), stellt der Beklagte nicht in Abrede. Damit hat der Kläger das Honorar für die Leistungsphasen 1 bis 5 (56 %) vorbehaltlich etwaiger Minderungsansprüche verdient. Wenigstens mit den unstreitig und zur Zufriedenheit des Klägers erbrachten und von ihm abgenommenen Leistungen hätte sich das Landgericht befassen müssen.
Für die Leistungsphase 8 - nach dem Vorbringen der Parteien hat der Kläger Leistungen der Objektüberwachung nicht erbracht - kommt es darauf an, ob der Beklagte zu Recht außerordentlich gekündigt hat oder nicht (vgl. zu den Voraussetzungen Werner/Pastor Rn. 1142 ff., 1152 ff.). Das hätte das Landgericht auf der Grundlage seiner im angefochtenen Urteil unter 2. b) geäußerten Rechtsauffassung aufklären und würdigen müssen; denn insoweit kommt es nicht darauf an, was der Kläger in dieser Leistungsphase tatsächlich an Leistungen erbracht hat.
Aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstands kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte wirksam aus wichtigem Grund gekündigt hat.
Erforderlich ist eine schuldhafte schwerwiegende Vertragsverletzung oder eine sonstige Zerstörung des Vertrauensverhätnisses, die eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für den anderen Teil unmöglich machen. Der Beklagte verweist dazu auf den von ihm vorgelegten umfangreichen Schriftwechsel der Parteien und seine E-mails. Im Einzelnen geht es darum, dass der Umbau nicht recht vorangekommen sein soll (zu einem solchen Sachverhalt vgl. Senat, NZBau 2003, 40 [OLG Oldenburg 29.08.2001 - 2 U 122/01]), dass nicht der Kläger, sondern eine überforderte Mitarbeiterin tätig war und dass, was aber bisher keine hinreichende tatsächliche Substanz hat, die Baukosten immer mehr gestiegen seien. Dem Schriftverkehr dürfte allerdings zu entnehmen sein, dass die Verzögerungen ihren Grund auch in der Sphäre des Beklagten hatten (Auswahl der zu beauftragenden Handwerker und Materialauswahl, Einholung von Vergleichsangeboten sowie Preisverhandlungen mit den Handwerkern).
Der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung könnten insbesondere folgende Umstände entgegen stehen:
Der Beklagte hat am 28. Februar. 2010 außerordentlich gekündigt und dies im Wesentlichen mit dem schleppenden Fortgang der Arbeiten begründet. Nach seinem eigenen Vorbringen war besprochen, dass der Umbau bis zum 31, März 2010 abgewickelt werden sollte. Die Kündigung war damit verfrüht; zudem fehlt eine eindeutige Abmahnung (§ 314 Abs. 2 BGB). In den vorangegangenen E-Mails wird zwar in einzelnen Punkten zur Eile gemahnt; in der E-Mail vom 14. Februar 2010 ist davon die Rede, dass man sich ernstlich überlegen müsse, ob der Umbau mit dem Kläger weiter fortgeführt werde. Daneben werden aber wie auch in anderen E-Mails die Leistungen des Klägers und die zwischenzeitlich erzielten Baufortschritte positiv bewertet. Das reicht für eine ernsthafte Abmahnung nicht aus, die so genannte Rügefunktion wird dadurch nicht erfüllt. Weiter bedürfte es näherer Darlegung, dass der Umbau binnen immerhin eines weiteren Monats nicht zu bewältigen war, was nicht auf der Hand liegt.
Ggf. muss durch Vernehmung der dazu benannten Zeugen und Auswertung der zu den Akten gereichten Schreiben festgestellt werden, ob der Kläger seine Arbeit trotz Fristsetzung nur schleppend und unzureichend erbracht hat. Die sonstigen Beanstandungen erscheinen im Hinblick auf einen wichtigen Grund nicht ausreichend.
Das Landgericht wird in diesem Punkt gegebenenfalls nach ergänzendem Vorbringen der Parteien abschliessende Feststellungen zu treffen haben. Der Kläger ist den Vorwürfen im Kündigungsschreiben substantiiert entgegen getreten.
Bei einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung stünde dem Kläger für die Leistungsphase 8 ein Anspruch nach§ 649 S. 2 BGB zu. Der Kläger muss in einem solchen Fall darlegen, was er sich fallbezogen konkret an ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb anrechnen lässt; erst dann wäre es Sache des Beklagten, höhere Ersparnisse darzulegen (vgl. Werner/Pastor aaO., Rn. 1122 ff.). Mindestens aber besteht ein Anspruch aus § 649 S. 3 BGB (5 % der auf den nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden Vergütung). Der Kläger hat sein Vorbringen spätestens mit Schriftsatz vom 23. Juli 2012 hinreichend substantiiert. Er hat die ihm nach Kündigung erteilten Aufträge benannt, aber ausgeführt, dass er den ihm von dem Beklagten erteilten Auftrag angesichts der sachlichen und personellen Ausstattung seines Büros trotzdem hätte erledigen können. So genannte Füllaufträge, durch die der Kläger keinen Verlust erlitten hat, liegen damit nicht vor; es ist nunmehr Sache des Beklagten darzulegen, dass dies nicht zutrifft und der Kläger zumutbare Aufträge nicht angenommen hat. Weiter hat er näher ausgeführt, dass er Aufwendungen (Fahrtkosten nur innerhalb von Osnabrück, Telefon und Porto) nur in geringem Umfang erspart habe, was angesichts der in der Anl. 11 zur HOAI beschriebenen Tätigkeiten des Architekten in der Leistungsphase 8 auch plausibel ist. Im Vordergrund steht hier der Zeitaufwand des Architekten. Dem ist der Beklagte mit der Berufungserwiderung nicht entgegen getreten.
Weiter wird das Landgericht Feststellungen zu dem von dem Beklagten erhobenen Schadensersatzanspruch zu treffen haben.
Der Beklagte wirft dem Kläger mit Schriftsatz vom 29. August 2012 in Ergänzung seines bisherigen Vorbringens einen Planungs-, Beratungs- und Bauaufsichtsfehler hinsichtlich der im Erdgeschoss des Objekts während des ersten Bauabschnitts verlegten Fliesen vor. Die vom Kläger vorgeschlagenen und dann verlegten Fliesen seien für den Verwendungszweck nicht geeignet, sähen ständig verschmutzt aus, erforderten einen hohen Reinigungsaufwand und seien fehlerhaft - nämlich mit Fugen und nicht fugenlos - verlegt; weiter träten an den Rändern Abplatzungen auf. Sie müssten auf einer Fläche von ca. 28 qm entfernt und neu verlegt werden. Das muss durch sachverständige Beratung und Vernehmung der dazu benannten Zeugen aufgeklärt werden, ebenso der eventuelle Sanierungsaufwand. Der Kläger hat einen Fehler bei der Auswahl der Fliesen und der Objektüberwachung bestritten.
Anschlussberufung des Beklagten:
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme zutreffend entschieden, dass dem Kläger für den 1. Bauabschnitt ein - restliches - Pauschalhonorar in Höhe von 19 % der Netto-Bausumme von 1.629,71 € zusteht. Der Beklagte hält die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil zu Unrecht für fehlerhaft.
Die der Tatsachenfeststellung dienende Beweiswürdigung ist Sache des erstinstanzlichen Tatrichters. Der Senat als Berufungsgericht überprüft sie darauf, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, und ob sie bei Abwägung aller Gesichtspunkte inhaltlich überzeugt. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht.
Der Beklagte beruft sich darauf, dass für den zweiten Bauabschnitt eine pauschale Vergütung vereinbart worden sei; es sei nicht ersichtlich, dass dies für den ersten Bauabschnitt anders gewesen sein sollte. Es mag zwar sein, dass die Parteien bei beiden Honorarvereinbarungen einheitliche Honorarvorstellungen gehabt haben und dass der Kläger jeweils 19 % der Baukosten als Honorar erhalten sollte. Auch die Honorarvereinbarung für den zweiten Bauabschnitt geht nämlich von einem Honorar in Höhe von 19 % der Bausumme aus; der sich daraus rechnerisch ergebende Betrag ist dann auf 21.000 € abgerundet worden. Diese Absicht haben die Parteien aber bei den beiden Bauabschnitten unterschiedlich umgesetzt. Einen pauschalen Festpreis ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Baukosten haben die Parteien ausdrücklich nur für den zweiten Bauabschnitt vereinbart; für den ersten Bauabschnitt ist ausdrücklich und unmißverständlich ein Honorar von 19 % der Nettobausumme vereinbart worden, Der in der Honorarvereinbarung berechnete Betrag von 2.417,12 € ist erkennbar nur das voraussichtliche Honorar auf der Grundlage der zu dieser Zeit geschätzten Bausumme, das sich aber ändern konnte, wenn die Nettobaukosten stiegen oder sanken. Die Baukosten des 1. Bauabschnitts sind unstreitig deutlich höher ausgefallen (ca. 26.000 €) als in der Kostenschätzung vom 9. Oktober 2009 veranschlagt (ca. 10.700€).
Die Feststellung des Landgerichts, dass kein pauschales Honorar von 2.000 € vereinbart ist, und die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung sind unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht zu beanstanden. Die vom Beklagten in diesem Zusammenhang angeführten Indiztatsachen sind nicht aussagekräftig. Aus den beiden Abschlagsrechnungen über insgesamt 2.000 € netto kann nicht auf eine Honorarvereinbarung über diesen Betrag geschlossen werden. Eine mündliche Pauschalpreisvereinbarung im Oktober 2009 lässt sich nur anhand der Aussage der Zeugin Irmer nicht feststellen. Zudem legte man zu dieser Zeit noch geringere Baukosten zugrunde. Die von dem Beklagten erklärte Anfechtung hat schon deshalb keinen Erfolg, weil die Fristen der §§ 121, 124 BGB längst abgelaufen sind.
Der Beklagte ist zur Zahlung des restlichen Honorars für den ersten Bauabschnitt allerdings nur unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die von ihm erklärte Aufrechnung zu verurteilen, § 302 ZPO. Zwar scheidet, wenn gegenüber der eingeklagten Werklohnforderung mit Schadensersatzansprüchen wegen des Mängelbeseitigungsaufwands aufgerechnet wird, ein Vorbehaltsurteil wegen der Fortwirkung von § 320 BGB in der Regel aus (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 302, Rn. 5 f.). Der Senat hält es im hier zu entscheidenden Sachverhalt trotzdem für geboten, ein Vorbehaltsurteil zu erlassen, um die im Verhältnis zu derjenigen des zweiten Bauabschnitts geringe Honorarforderung für den ersten Bauabschnitt dem Streit der Parteien zu entziehen. Die Klageforderung für den ersten Bauabschnitt ist entscheidungsreif; die Gegenforderung ist es nicht. Der Beklagte wird durch diese Verfahrensweise nicht unbillig belastet; hinsichtlich der deutlich höheren Klageforderung für den zweiten Bauabschnitt tritt keine Verselbständigung des Werklohnanspruchs im Widerspruch zu seiner materiellrechtlichen Abhängigkeit ein.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.