Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 08.09.1993, Az.: 21 UF 118/93
Sicherheitsleistung nach § 1389 BGB; Sicherung des Zugewinnausgleichsanspruchs im Wege des dinglichen Arrestes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 08.09.1993
- Aktenzeichen
- 21 UF 118/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 10874
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1993:0908.21UF118.93.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 13.05.1993 - AZ: 618 F 875/93
Fundstelle
- FamRZ 1996, 1429 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
dinglichen Arrests
Prozessführer
der Frau ...
Prozessgegner
Herrn ...
In der Familiensache
hat der 21. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
die Richter am Oberlandesgericht ... und ... sowie
die Richterin am Oberlandesgericht ...
auf die mündliche Verhandlung vom 20. August 1993
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Arrestbeklagten gegen das Arresturteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 13. Mai 1993 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz trägt die Arrestklägerin zu 2/3 und der Arrestbeklagte zu 1/3.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Arrestklägerin zu 2/5 und der Arrestbeklagte zu 3/5.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt für die Zeit bis zur Berufungsrücknahme der Arrestklägerin am 20. August 1.993.110.000,00 DM und für die Zeit danach 36.000,00 DM.
Gründe
Die Berufung des Arrestbeklagten, mit welcher dieser nach der Berufungsrücknahme der Arrestklägerin weiterhin die Aufhebung des durch das angefochtene Urteil teilweise aufrechterhaltenen Arrestbefehls erstrebt, hat keinen Erfolg.
Die Sicherung des Anspruchs auf Sicherheitsleistung (§ 1389 BGB) des im Ehescheidungsverfahren von der Arrestklägerin geltend gemachten Zugewinnausgleichsanspruchs im Wege des dinglichen Arrestes gemäß §§ 916, 917 ZPO ist in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. Palandt-Diederichsen § 1389 BGB Rdn. 4; auch Nachweise bei [im Ergebnis anderer Meinung] OLG Celle FamRZ 1984, 1231) grundsätzlich zulässig. Zwar stellt der Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß § 1389 BGB nicht unmittelbar einen Anspruch auf eine Geldforderung dar. Er kann jedoch zumindest im Rahmen der Zwangsvollstreckung gemäß § 887 Abs. 2 ZPO in eine solche übergehen.
Die Arrestklägerin hat auch einen Anspruch nach § 1389 BGB auf Sicherheitsleistung, worin zugleich der Arrestgrund gem. § 917 Abs. 1 ZPO liegt. Ihr Recht auf künftigen Zugewinnausgleich ist zumindest dadurch gefährdet, daß der Arrestbeklagte einen wesentlichen Vermögensgegenstand, der als Haftungsmasse in Frage käme, ohne aktuelle Gegenleistung nach Rechtshängigkeit des Zugewinnausgleichsverfahrens übertragen hat. Er hat nämlich die ideelle Hälfte an dem Vier-Familienhaus Hildesheimer Straße 114 in Hannover im Dezember 1992 auf seinen Bruder ... übertragen, nachdem er zuvor nach dem Tode des Vaters im Jahre 1987 erst gemeinsam mit seinem Bruder ... im Rahmen der Erbauseinandersetzung Miteigentümer dieses Hauses zu je 1/2 (belastet mit dem lebenslänglichen Nießbrauch der Mutter) geworden war. Weil der Arrestbeklagte sämtliche Leistungen seiner Eltern (Zuwendungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) und seines Bruders ... lange vor der "ersten Erbauseinandersetzung" erhalten hatte und weil die Eigentumsübertragung nach Rechtshängigkeit des Ehescheidungsverfahrens und der Klage auf Zugewinnausgleich erfolgte, rechtfertigt sich objektiv die Annahme, daß der Beklagte Vermögen dem Zugriff der Klägerin zu entziehen sucht und also die Durchsetzung des Zugewinnausgleichsanspruchs der Klägerin ohne die Anordnung des dinglichen Arrestes gefährdet ist.
Die Arrestklägerin hat auch einen Arrestanspruch, d. h. einen Anspruch auf Sicherheitsleistung wegen einer künftigen Zugewinnausgleichsforderung in rund der Höhe jenes Betrages, hinsichtlich dessen das angefochtene Urteil den Arrestbefehl aufrechterhalten hat.
Im einzelnen berechnet sich dieser summarisch (vgl. § 287 Abs. 2, 294 ZPO) wie folgt:
Endvermögen des Arrestbeklagten (Aktiva) per Stichtag 10.12.1991:
Hälftiger Miteigentumsanteil an dem Haus ... (zunächst entsprechend der Zahlenangaben der Parteien berechnet, wenngleich der Ausgangswert ohne Belastungen mit 500.000,00 DM bei 150 m² Wohnfläche und 70 m² Praxisräumen wenigstens 100.000,00 DM zu niedrig berechnet ist. Dies ist jedoch für den Zugewinnausgleich, da auf beiden Seiten anzusetzen, wertneutral) | 91.084,83 DM |
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Inventar der Steuerberaterpraxis (ohne Pkw ... welcher - da vormals von der Arrestklägerin genutzt - dem Privatvermögen zuzuordnen ist). | |
33.800,00 DM Mercedes + 45.000,00 DM sonstiges Inventar abzügl. latenter Steuerlast gem. §§ 16, 18, 34 EStG (vgl. BGH FamRZ 1991, 43 [BGH 24.10.1990 - XII ZR 101/89]) auf diesen Betrag abzüglich des Buchwertes des Inventars per 31.12.1991 von 47.085,00 DM bei einem Steuersatz von 1/2 von 53 % (§ 34, 32 a EStG) (31.715,00 DM × 0,53:2 = ca. 8.400,00 DM Steuern) | 70.400,00 DM |
Goodwill der Praxis | |
(Auszugehen ist jedenfalls von 100 % des Nettoumsatzes lt. Schreiben des Steuerberaterverbandes vom 7. April 1993 <Bl. 151> auf der Basis des durchschnittlichen Nettojahresumsatzes von 313.000,00 DM entsprechend der Gewinnermittlungen 1988 bis 1991 <Bl. 192 bis 195>. Ob ein höherer Praxiswert gemäß dem Schreiben der Steuerberaterkammer vom 12.08.1993 (welches 130 % des Nettoumsatzes als Praxiswert vorschlägt) anzunehmen ist, kann für die Entscheidung zugunsten des Beklagten offenbleiben. | |
Ein an sich im Rahmen der Goodwill-Berechnung abzusetzender Unternehmerlohn ist bei dieser vereinfachten Berechnungsweise des Steuerberaterverbandes bereits berücksichtigt, wie die detailiertere Berechnungsweise von Knief <DStR 1978, 23 f> zeigt. | |
Abzusetzen ist ferner die latente Steuerlast gem. §§ 16, 18, 34 EStG unter Zugrundelegung eines Spitzensteuersatzes von 53 % gemäß § 32 a EStG<313.000,00 DM &times; 0,53:2 = 82.945,00 DM> | 230.055,00 DM |
Offene Forderungen gegenüber Kunden (entsprechend der eigenen Aufstellung des Arrestbeklagten in seinem Kontennachweis zur Gewinnermittlung 1991, Bl. 198). Daß diese teilweise uneinbringlich seien, ist nicht hinreichend glaubhaft. | 93.000,00 DM |
Pkw Mazda | 8.850,00 DM |
Bankguthaben | |
(Wertpapierdepot Kreissparkasse Hannover 4.079,00 DM, Wertpapierdepot ... insgesamt 4.435,00 DM, Sparguthaben ... 1.950,00 DM/BA Bl. 217 <BA = Zugewinnausgleichsheft Akte 618 F 3737/91 ...) | 10.464,00 DM |
Berlindarlehen | |
a) 48.374,22 DM - 22.083,77 DM Verschuldung = 26.290,45 DM; b) 49.625,00 DM - 32.515,71 DM Verschuldung = 17.109,29 DM | |
Eine Abzinsung im Hinblick auf die erst im Jahre 2014 bzw. 2016 bestehende Rückzahlungspflicht hat nicht zu erfolgen, da es sich um verzinsliche Darlehen handelt | 43.399,76 DM |
Rückkaufswert der Lebensversicherungen | 190.886,88 DM |
Endvermögen (Aktiva) | 738.140,47 DM |
Endvermögen des Beklagten (Passiva): | |
Bankverbindlichkeiten ... (vier Darlehenskonten Bl. 33/Bl. 36 BA) | 167.091,47 DM |
glaubhaft gemachte Nachforderung der ... | 871,68 DM |
Nachforderung zur Einkommens- und Kirchensteuer 1989 | 1.910,00 DM |
Unterhaltsrückstand | 3.495,88 DM |
Endvermögen (Passiva) | 173.369,03 DM |
Aktiva | 738.140,47 DM |
- Passiva | 173.369,03 DM |
Endvermögen des Arrestbeklagten | 564.771,44 DM |
Anfangsvermögen des Arrestbeklagten | |
Lebensversicherung ... | 1.706,60 DM |
Depot | 6.867,50 DM |
Depot | 1.042,24 DM |
Sparvertrag | 1.927,23 DM |
weiterer Sparvertrag ... (Prämienkontonr. 3001200609/31), der ausweislich des Kontoauszuges für 1976, Bl. 222 dem Arrestbeklagten gebührte | 2.731,27 DM |
Wert Praxis | |
Inventar (geschätzt) | 5.000,00 DM |
Goodwill (100 % des Jahresumsatzes ohne latente Steuerlast) da insoweit der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG unterschritten. | 15.000,00 DM |
insgesamt | 34.274,84 DM |
Hochgerechnet auf den Endtermin (Lebenshaltungskostenindex 1985 = 100/Index 1976 = 71,5, Index 1991 = 108,6) | 52.059,40 DM |
Zuwendungen der Eltern | |
Glaubhaft gemacht durch eidesstattliche Versicherungen der Mutter des Arrestbeklagten vom 2. April 1993 (Bl. 61) hochgerechnet auf den Stichtag entsprechend der Berechnung der Arrestklägerin auf S. 11 der Berufungsbegründung, wobei der erste Teilbetrag von 20.000,00 DM abzusetzen war, da diese Zahlung vor Eheschließung erfolgte. | 195.680,30 DM |
Zuwendungen des Bruders ... glaubhaft gemacht durch eidesstattliche Versicherung des Bruders vom 02.04.1993 (Bl. 60) und 22.04.1993 sowie des Arrestbeklagten vom 22.04.1993 von insgesamt 27.000,00 DM hochgerechnet auf den Endtermin. | |
(20.000,00 DM &times; 108,6:95,8 = 22.672,00 DM | |
7.000,00 DM &times; 108,6:98 = 7.757,00 DM) | 30.429,00 DM |
Anfangsvermögen des Beklagten | 278.168,70 DM |
Endvermögen des Beklagten | 564.771,44 DM |
Abzüglich Anfangsvermögen | 278.168,70 DM |
Zugewinn des Arrestbeklagten | 286.602,74 DM |
Endvermögen der Arrestklägerin: | |
Sparkonto | 4.680,00 DM |
Haushälfte ... | 91.084,83 DM |
Unterhaltsforderung | 3.495,88 DM |
Girokontoguthaben (vgl. Kontoauszug vom 11.12.1991 Bl. 135 d. BA) | 1.224,81 DM |
Anteil ... ca. | 300,00 dm |
Endvermögen der Arrestklägerin | 100.785,52 DM |
Anfangsvermögen der Arrestklägerin: | |
Sparvertrag ... | 5.143,47 DM |
Sparvertrag ... (laut Auszug für 1976 [Bl. 222]) ein Konto des Arrestbeklagten und nicht der Arrestklägerin | 0,00 DM |
Guthaben ... 1.485,82 DM | |
Guthaben ... (lt. Auszug vom 15.04.1993, Bl. 201) | 2.858.96,00 DM |
9.488,25 DM | |
Hochgerechnet auf den Endtermin (9.488,25 DM &times; 108,6:71,5 = | 14.411,52 DM |
Endvermögen der Arrestklägerin | 100.785,52 DM |
Anfangsvermögen der Arrestklägerin | 14.411,52 DM |
Zugewinn der Arrestklägerin | 86.374,00 DM |
Der Zugewinn des Arrestbeklagten von 286.602,74 DM übersteigt den der Arrestklägerin von 86.374,00 DM um 200.228,74 DM. Hiervon hat der Arrestbeklagte die Hälfte, mithin 100.114,37 DM auszugleichen. Wegen jenes Betrages besteht ein Sicherungsinteresse der Arrestklägerin. Hinsichtlich dieses Betrages, welcher wegen der Vorläufigkeit der Berechnung angemessen aufzurunden ist, sowie wegen eines angemessenen Kostenquantums ist der Arrestbefehl in Höhe des Betrages des angefochtenen Urteils (118.000,00 DM) insgesamt aufrechtzuerhalten.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97, 515 Abs. 3 ZPO.