Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.10.1995, Az.: 13 L 137/95

Ausstellung; Vertriebenenausweis; Pommern; Deutsche Volksliste; Staatsangehörigkeitsrecht; Anders-Armee

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
18.10.1995
Aktenzeichen
13 L 137/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 14131
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1995:1018.13L137.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
5 A 5381/91

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die nach § 1 Abs. 1 lit. d StAngRegG 1955 geforderte Voraussetzung einer deutschen Volkszugehörigkeit des Vaters eines die Ausstellung eines Vertriebenenausweises Begehrenden kann entfallen sein, wenn er kurz vor Beginn der allgemeinen Vertreibung der Deutschen in seiner Heimat Posen (Bromberg) durch einen "freiwilligen" Beitritt zur "Anders-Armee" ein Bekenntnis zum polnischen Volkstum abgelegt hat.

  2. 2.

    Ein solcher "freiwilliger" Beitritt hat zur Folge, dass eine durch die "Volkslisten"-Einbürgerung seinerzeit erworbene deutsche Staatsangehörigkeit des Vaters nach § 1 Abs. 1 lit. d StAngRegG 1955 nicht wirksam fortbesteht, so dass der Sohn diese durch ihn nicht hat erwerben können.

Tenor:

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 5. Kammer - vom 2. März 1993 werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionszulassungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

1

Die Kläger begehren die Ausstellung von Vertriebenenausweisen, der ... in ... Kreis ... (Pommern) geborene Kläger aus eigenem Recht, die Klägerin, seine Ehefrau, nach diesem.

2

Der Kläger ist Sohn des ... in ... geborenen .... Dieser war Kaufmann in ... und zweimal verheiratet. 1933 hatte er eine ... in ... geborene ... (Eltern: ... und ..., geb. ...) geheiratet. Aus dieser Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen (vier Söhne, eine Tochter). Ein ... im Kreis ... geborener Sohn ..., der im August 1989 aus .../Kreis ... (Oberschlesien) in das Bundesgebiet kam, erhielt im November 1989 vom Landratsamt ... einen Vertriebenenausweis, und zwar nach seiner Ehefrau ..., geb. ... in .... Schon vorher (Oktober 1988 bzw. August 1989) waren sein Sohn ... (geb. ...) und seine Tochter ... (geb. ...) als Vertriebene anerkannt worden, und zwar als deutsche Staatsangehörige (nach ihrem Vater). Die erste Ehefrau des Vaters des Klägers, ... ist vor Kriegsende gestorben (1944/45).

3

... G. leistete 1930/31 (polnischen) Wehrdienst und war vom 24. August bis zum 27. September 1939 Soldat auf polnischer Seite. Er geriet dann in deutsche Kriegsgefangenschaft, aus der er am 12. Oktober 1939 entlassen wurde. Durch Eintragung in die "Deutsche Volksliste" (Abt. 3) erhielten er und seine Familie die deutsche Staatsangehörigkeit (auf Widerruf). Am 15. Februar 1943 wurde ... zur deutschen Wehrmacht eingezogen; im März 1943 kam er zu einem Grenadier-Ausbildungsbataillion nach ... und im Januar 1944 zu einem Schützenbataillion, danach offenbar zum Kampfeinsatz. Am 11. September 1944 geriet er in Orleans/Frankreich in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der heraus er am 29. Dezember 1944 den Engländern überstellt wurde, die ihn ihrerseits einen Tag später (30. 12. 1944) den "polnischen Streitkräften" (Polish Forces) übergaben. Ausweislich des polnischen Vernehmungsprotokolls (deutsche Arbeitsübersetzung des Beklagten) vom 30. Dezember 1944 gab er unter Nr. 25 zur Frage des Eintritts in die (englisch kommandierte) polnische Armee an: "erfüllt die Bürgerpflicht". Nach britischen Angaben (vom 27. 2. 1990) hat er in der Zeit vom 9. Januar 1945 bis zum 18. Dezember 1946 der polnischen Exilarmee ("Anders-Armee") angehört; dort sei er freiwillig (voluntarily) aufgenommen worden; insoweit wird später (Schreiben vom 12. 7. 1994) zusätzlich auf die Antwort zu Nr. 25 des Fragebogens vom 30. Dezember 1944 verwiesen.

4

Nach Rückkehr in seine Heimat hat ... 1949 erneut geheiratet, und zwar Frau ..., geb. ..., die Mutter des Klägers. Er war bereits gestorben, als der Kläger hier eintraf (Oktober 1988). Der Kläger, der seit 1979 mit der Klägerin verheiratet ist, kam Ende Oktober 1988 aus ... in das Bundesgebiet, die Klägerin knapp drei Monate später. Ihre im November 1988 bzw. Februar 1989 gestellten Anträge auf Ausstellung von Vertriebenenausweisen lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 11. April 1990 ab, beim Kläger mit der Begründung, daß die deutsche Volkszugehörigkeit seines Vaters nicht nachgewiesen sei; aus der Zugehörigkeit zur "Anders-Armee" sei auf ein polnisches Volkstum zu schließen. Die dagegen erhobenen Widersprüche der Kläger, zu deren Begründung verschiedene Zeugenerklärungen vorgelegt wurden, wies die Bezirksregierung ... mit Widerspruchsbescheiden vom 26. September 1991 als unbegründet zurück. Im den Kläger betreffenden Widerspruchsbescheid ging die Bezirksregierung ... zwar davon aus, daß sein Vater durch Eintragung in die Abt. 3 der "Deutschen Volksliste" eingebürgert worden sei; eine etwaige deutsche Staatsangehörigkeit des Klägers wurde aber nicht erörtert. Die deutsche Volkszugehörigkeit des Klägers verneinte die Bezirksregierung mit der Begründung, die Eintragung seines Vaters (nur) in die Abt. 3 der "Volksliste" belege dessen deutsche Volkszugehörigkeit nicht. Darüber hinaus zeige sein Beitritt zur "Anders-Armee", daß er sich zum polnischen Volkstum bekannt habe. Die verschiedenen, auch vom Beklagten noch eingeholten, andersartigen Zeugenangaben hielt die Bezirksregierung ... für unbeachtlich.

5

Nach Zustellung der Widerspruchsbescheide am 27. September 1991 (Kläger) bzw. 1. Oktober 1991 (Klägerin) haben diese am 28. Oktober 1991 (Montag) jeweils Klage erhoben. Zur Begründung hat der Kläger auf die Äußerungen verwiesen, die die deutsche Volkszugehörigkeit seines Vaters bestätigten. In dem Beitritt zur "Anders-Armee" sei eine Ausschlagung der deutschen Staatsangehörigkeit nicht zu sehen. Daß er dieser Einheit zeitweilig angehört habe, bedeute nicht, daß er sich zum polnischen Volkstum bekannt gehabt hätte. Ferner hat der Kläger darauf hingewiesen, daß er in der 6., 7. und 8. Klasse Deutschunterricht gehabt habe, und ein polnisches Schreiben (vom 5. 2. 1992) vorgelegt, wonach ihm die Ausstellung einer (offenbar die "Volkslisten"-Einbürgerung seines Vaters betreffenden) Bescheinigung mit der Begründung verweigert worden ist, daß "die Tätigkeit des Deutschen Reiches als Besatzungsmacht ..., insbesondere in bezug auf den Gegenstand Änderung der Staatsbürgerschaft", rechtswidrig gewesen sei. "Die Behörden unseres Staates können die rechtswidrigen Tätigkeiten des Okkupanten nicht bestätigen." (Bl. 38, 39 d.A.).

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen (nach Verbindung) mit Urteil vom 2. März 1993 abgewiesen: Der Kläger sei nicht deutscher Staatsangehöriger. Sein Vater habe zwar (durch Eintragung in die Abt. 3 der "Deutschen Volksliste") die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, diese aber wieder ausgeschlagen. Zwar sei das nicht schon durch den Beitritt zur "Anders-Armee" geschehen. ... habe sich aber dadurch, daß er sich (in der Gefangenschaft) nicht gegen seine Einordnung als "Pole" gewandt habe, vom deutschen Volkstum abgewandt. Aus dem gleichen Grunde sei er zum maßgeblichen Zeitpunkt auch nicht (mehr) deutscher Volkszugehöriger gewesen. Darüber hinaus sei der Kläger selbst aber auch nicht zum Deutschtum geprägt worden.

7

Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt, die sie damit begründet haben, daß der Kläger (nach seinem Vater) die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe sein Vater sie nicht ausgeschlagen. Bei Erklärungen in der Gefangenschaft seien die damaligen Umstände zu berücksichtigen; es sei seinerzeit nicht "opportun" gewesen, sich als deutscher Volkszugehöriger zu erkennen zu geben. Daß sein Vater freiwillig seinen Beitritt zur "Anders-Armee" erklärt hätte, werde entschieden bestritten. Im übrigen ergebe sich aus den Zeugenaussagen auch, daß sein Vater deutscher Volkszugehöriger gewesen und er - der Kläger - entsprechend geprägt worden sei. Demgegenüber hat der Beklagte sich bezüglich der Frage der Volkszugehörigkeit des Vaters des Klägers in Zusammenhang mit seiner Eintragung in die Abt. 3 der "Deutschen Volksliste" und seiner "Anders-Armee"-Zugehörigkeit auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Februar 1993 - 9 C 25.92 - berufen.

8

Mit Urteil vom 15. Juni 1994 hat der Senat der Berufung stattgegeben und den Klagen mit der Begründung entsprochen, der Kläger, für den gemäß § 100 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG i.d.F. vom 2. Juni 1993 (BGBl I S. 829) das BVFG in der vor diesem Zeitpunkt geltenden Fassung maßgeblich sei, sei Vertriebener im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 a.F. BVFG (§ 15 a.F. BVFG sowie § 100 Abs. 2 Satz 1 BVFG). Er habe Polen als deutscher Staatsangehöriger nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen (vor dem 1. 7. 1990) verlassen (Aussiedler). Die deutsche Staatsangehörigkeit habe er als eheliches Kind gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG (ursprüngliche Fassung von 1913) von seinem Vater erworben. Dieser sei 1908 in der damaligen preußischen Provinz Posen des Deutschen Reiches geboren worden. Damit habe er die preußische Staatsangehörigkeit besessen, die ihm die deutsche Staatsangehörigkeit vermittelt gehabt habe (§ 1 RuStAG). Diese deutsche Staatsangehörigkeit habe er im Zuge der Abtrennung Posens vom Deutschen Reich nach Ende des Ersten Weltkriegs zwar verloren gehabt (Wiener Vertrag vom 30. 8. 1924), sie in den 40er Jahren aber wiederbekommen, indem er aufgrund der Verordnung vom 4. März 1941 (RGBl I S. 118, i.d.F. v. 31. 1. 1942 - RGBl I S. 53) durch Eintragung in die "Deutsche Volksliste" eingebürgert worden sei. Dieser Erwerb werde heute als (weiterhin) wirksam angesehen, da ... (tatsächlich) als deutscher Volkszugehöriger eingebürgert worden sei (§ 1 Abs. 1 lit. d StAngRegG 1955), wobei eine spätere Ausschlagung nicht vorliege. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts gebe es für die Annahme, daß er sich in der Kriegsgefangenschaft selbst als Pole bezeichnet, bzw. keinen Anlaß gesehen (habe), auf eine etwaige Berichtigung der Eintragung hinzuwirken, keinerlei Anhalt. Darüber hinaus wäre eine derartige Erklärung bzw. das Unterlassen eines Hinwirkens auch weder als Ausschlagungserklärung anzusehen, noch wäre diese gegenüber einer insoweit zuständigen Stelle abgegeben worden. Schließlich wären bei der Auslegung von Erklärungen, die gegen Kriegsende in alliierter Gefangenschaft abgegeben worden seien, auch eben diese äußeren Umstände zu berücksichtigen; diese stünden der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung entgegen (BVerwG, Urt. v. 12. 7. 1960 - 1 C 217/58 -, DÖV 1960, 756 = Buchholz 132.0, § 1 StAngRegG Nr. 2). Im übrigen wäre das von Verwaltungsgericht angenommene und vom Beklagten unterstellte "Gegenbekenntnis" im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit auch aus zeitlichen Gründen unerheblich. Denn im Rahmen des § 1 Abs. 1 lit. d StAngRegG 1955 sei darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der "Volkslisten"-Eintragung (oder später) eine deutsche Volkszugehörigkeit vorgelegen habe. Inwieweit eine etwaige spätere Abwendung vom deutschen Volkstum demgegenüber staatsangehörigkeitsrechtlich unbeachtlich wäre, könne offenbleiben, weil sie, wie noch auszuführen sei, jedenfalls nicht feststellbar sei. Auf das vom Beklagten genannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Februar 1993 komme es insoweit nicht an, da dieses sich allein auf die Frage des Volkstumsbekenntnisses i.S. des Vertriebenenrechts beziehe, das (spätestens) bei Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen (noch) vorgelegen haben müsse.

9

Nach Überzeugung des Senats sei ... seinerzeit auch als deutscher Volkszugehöriger eingebürgert worden. Dafür sprächen einmal die Angaben des ... (Jahrgang 1917) vom 20. September 1990 und des ... (Jahrgang 1924), wonach ... gut deutsch gesprochen und zum "deutschen Milieu" gehört habe, ferner die des ... (Jahrgang 1924) vom 6. Mai 1990, der angegeben habe, daß sich ... auch nach dem Krieg noch als deutscher "Volksangehöriger" gefühlt habe, sowie des .. aus ... von 1989. Dieser habe angegeben, die Familie G. seit 1938 gekannt zu haben; sie habe Deutsch gesprochen und deutsche Bücher und Zeitungen gehabt. Darüber hinaus habe es sich bei der ersten Frau des ..., die dieser 1933 geheiratet gehabt habe ..., offenbar um eine Deutsche gehandelt. Auch seine aus Oberschlesien stammende Schwiegertochter ... (Frau des Sohnes ... G.), die ihn 1953 kennengelernt habe, habe seine Muttersprache noch als Deutsch bezeichnet. Festzuhalten sei ferner, daß ... G. in der Gefangenschaft, obwohl er dort als Pole angesehen worden sei, die "vorläufige Erklärung des Kriegsgefangenen" mit dem Vornamen ... unterschrieben (und nicht die polnische Form ... benutzt) habe, und zwar auch in der bei Polen nicht üblichen Schreibweise, indem er den Vornamen dem Nachnamen vorangestellt habe. Daß er von den Alliierten als Pole angesehen und behandelt worden sei, sei demgegenüber unbeachtlich. Denn diese dürften allein von seinem Geburtsort ausgegangen sein. Auch dürfte sich die entsprechende Angabe in den Kriegsgefangenenunterlagen allein auf die Staatsangehörigkeit beziehen, die aus alliierter Sicht (nur) "polnisch" gewesen sei, wie auch noch die im Klageverfahren vorgelegte polnische Auskunft belege. Letztlich zeige sich ein Deutschtum des Vaters des Klägers auch in der Tatsache, daß der Kläger in den letzten drei Grundschuljahren (6. bis 8. Klasse, 1967 bis 1970) das Fach Deutsch (als Fremdsprache) gewählt habe.

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Gegenüber diesen Anhaltspunkten für ein Deutschtum des ... gebe es dafür, daß es sich dennoch um einen polnischen Volkszugehörigen gehandelt, bzw. dafür, daß er sich dem polnischen Volkstum zugehörig gefühlt hätte, keinen konkreten Anhalt. Damit sei davon auszugehen, daß er als deutscher Volkzugehöriger eingebürgert worden sei.

11

Eine spätere Abwendung vom Deutschtum - sollte es auch staatsangehörigkeitsrechtlich darauf ankommen - sei nicht belegt. Abgesehen davon, daß ein freiwilliger Beitritt zur "Anders-Armee" nicht erwiesen sei (der Zeitpunkt des Beitritts spreche deutlich dagegen, s. OVG Koblenz, Urt. v. 8. 10. 1991 - 12 A 10893/91 - NJW 1992, 1781), falle er zeitlich zusammen mit dem Zeitpunkt, zu dem ein Volkstumsbekenntnis nicht mehr verlangt werden könne, nämlich dem des Beginns der allgemeinen Vertreibung. Denn in Posen habe die Flucht der Deutschen aufgrund der russischen Großoffensive ebenfalls im Januar 1945 begonnen (s. Vertreibungsdokumentation, Bd. I/1 S. 26 E ff, Bd. I/2 S. 517 ff).

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Gegen die im Urteil vom 15. Juni 1994 ausgesprochene Nichtzulassung der Revision hat der Beklagte Beschwerde eingelegt. Er hat sie damit begründet, daß der Senat insofern von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sei, als er im Rahmen des § 1 StAngRegG 1955 nur auf den Zeitpunkt der "Volkslisten"-Eintragung und nicht (auch) auf den des Beginns der allgemeinen Vertreibung abgestellt habe. Außerdem habe der Senat unter Hinweis auf das von ihm zitierte Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz zu Unrecht angenommen, daß eine "Freiwilligkeit" des Beitritts des Vaters des Klägers zur "Anders-Armee" nicht erwiesen sei, womit die Aufklärungspflicht verletzt worden sei, zumal auch eine Auseinandersetzung mit der entsprechenden Auskunft des britischen Verteidigungsministeriums vom 27. Februar 1990 fehle. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz habe unter Berufung auf ein Protokoll des Rechtsausschusses der Arbeitsgemeinschaft der Landesflüchtlingsverwaltungen vom 19./20. März 1987 ausgeführt, daß ab Januar 1945 Personen aus der Abt. 3 der "Deutschen Volksliste" geschlossen in die "Anders-Armee" eingezogen worden seien, ohne daß ihnen eine individuelle Entscheidungsmöglichkeit verblieben sei. Tatsächlich hätten die entsprechenden Zeugenangaben (beigebracht vom Land Nordrhein-Westfalen) aber nicht allgemein überzeugt. Spätere Feststellungen hätten zu Richtlinien geführt, wonach der Beitritt "als Indiz gegen das Vorliegen der deutschen Volkszugehörigkeit zu werten" sei. Hierzu hat sich der Beklagte auf eine Auskunft des "Polish Institute and Sikorski Museum", London, vom 7. Oktober 1987 bezogen, wo folgendes mitgeteilt wird (Bl. 172 d.A.):

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"Kriegsgefangene der britischen und amerikanischen Streitkräfte wurden in Lager interniert. Dort meldeten sich Polen, die zum Eintritt in die Wehrmacht gezwungen worden waren (sofern sie dies wollten) freiwillig für den Dienst in den polnischen Streitkräften. Die Aufnahme der polnischen Kriegsgefangenen in die polnischen Streitkräfte erfolgte ausschließlich auf freiwilliger Basis. Der Freiwillige durchlief dann eine britische oder amerikanische und danach eine polnische Kommission, bevor er in die polnischen Streitkräfte aufgenommen wurde. Als Begründung, warum sie sich den polnischen Streitkräften anschließen wollten, gaben die meisten an, daß sie sich als loyale Polen betrachteten. Was die Frage nach der Staatsbürgerschaft betrifft, wurden diejenigen Polen, die die Reichsstaatsbürgerschaft hatten, nur auf freiwilliger Basis aufgenommen. Polen ohne Reichsstaatsbürgerschaft, die zwangsweise von den deutschen Besatzungsbehörden in die Wehrmacht einberufen worden waren, wurden auf der formellen Basis der geltenden polnischen Einberufungsgesetze aufgenommen. In der Praxis wurden sie jedoch ausschließlich auf freiwilliger Basis aufgenommen."

14

Dazu hat der Beklagte noch ein Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 29. November 1988 vorgelegt (Bl. 176 d.A.), wonach Zweifel bestünden, daß die "Anders-Armee" ihre Angehörigen (tatsächlich) "ausschließlich auf freiwilliger Basis" rekrutiert habe. Die vorhandenen Unterlagen reichten indessen nicht aus, die Mitteilung des "Sikorski-Museums" zu widerlegen; andererseits ließen die verbleibenden Zweifel es nicht zu, generell von einem freiwilligen Beitritt auszugehen. Anfragen in England schienen wenig sinnvoll, weil nur die Mitteilung erwartet werden könne, "daß der Beitritt freiwillig war". Es sei auch zweifelhaft, ob ein freiwilliger Beitritt zur "Anders-Armee" die Annahme eines "Negativ-Bekenntnisses zum deutschen Volkstum" zulasse. Als Ausschlagung der deutschen Staatsangehörigkeit könne er ohnehin nicht angesehen werden (BVerwG, Urt. v. 12. 7. 1960 - 1 C 117/58 -, Buchholz 132.0 § 1 StAngRegG Nr. 2). Entsprechende Erwägungen seien auch bei der Beurteilung der Frage einzubeziehen, ob nach dem Beitritt noch ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum angenommen werden könne. - Diese Ausführungen haben offensichtlich bei der Dienstbesprechung der "Rechtsreferenten der Landesflüchtlingsverwaltungen" am 19./20. Oktober 1989 Berücksichtigung gefunden, von deren Protokoll der Beklagte entsprechende Auszüge vorgelegt hat (Bl. 180 ff. d.A.). Ferner hat der Beklagte zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde das eingangs erwähnte polnische (Protokoll vom 30. Dezember 1944 vorgelegt d.A.).

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Mit Beschluß vom 14. Dezember 1994 hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 133 Abs. 6 VwGO). Zwar liege die vom Beklagten gerügte Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht vor; denn die Frage, ob hinsichtlich eines Bekenntnisses i.S. des § 6 BVFG auch im Rahmen des § 1 StAngRegG 1955 auf den Zeitpunkt "kurz vor Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen" abzustellen sei, sei offengelassen worden, weil sich aus der Zugehörigkeit des Vaters des Klägers zur polnischen Exilarmee eine Abwendung vom deutschen Volkstum nicht ergebe. In dieser Hinsicht habe der Senat jedoch die Aufklärungspflicht verletzt, indem er sich zur Begründung seiner Auffassung, daß ein freiwilliger Beitritt nicht nachgewiesen sei, in einem kurzen Klammerzusatz lediglich auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 8. Oktober 1991 bezogen habe. Indessen hätte das diesem Urteil zugrundeliegende Sitzungsprotokoll vom 19./20. März 1987 beigezogen werden müssen, um sich zu vergewissern, ob sich aus diesem in der Tat die vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz gezogene Folgerung herleiten lasse. Dazu habe hier jedenfalls deshalb Anlaß bestanden, weil der Vater des Klägers nach der britischen Auskunft vom 27. Februar 1990 der polnischen Exilarmee freiwillig beigetreten sein solle und der Beklagte in seiner Klageerwiderung (Schriftsatz vom 16. 3. 1992) auf das Schreiben des "Sikorski-Instituts" vom 7. Oktober 1987 hingewiesen gehabt habe. Im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung werde von einer Revisionszulassung abgesehen und die Sache zurückverwiesen. Der Senat habe sich nunmehr erneut mit der Frage nach der "Freiwilligkeit" des "Anders-Armee-Beitritts" zu befassen, sofern er den Vater des Klägers weiterhin als deutschen Volkszugehörigen ansehe. Diese Frage sei deshalb rechtserheblich, weil in einem, vor Beginn der allgemeinen Vertreibung (hier frühestens am 12./14.1.1945) erfolgten freiwilligen Beitritt in die "Anders-Armee" ein Bekenntnis zum polnischen Volkstum und damit gegen die Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum liege (BVerwGE 92, 70).

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In dem hiernach erneut anhängigen Berufungsverfahren haben die Parteien zu den angesprochenen Rechts- und Tatsachenfragen Stellung genommen.

17

Die Kläger, die nach wie vor die Freiwilligkeit des Beitritts des Vaters des Klägers zu 1) in Abrede stellen, beantragen sinngemäß,

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das angefochtene Urteil zu ändern, die Bescheide des Beklagten vom 11. April 1990 sowie die Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung ... vom 26. September 1991 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen Vertriebenenausweise zu erteilen.

19

Der Beklagte beantragt wiederum,

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die Berufungen zurückzuweisen.

21

Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf ihre Schriftsätze, zur weiteren Sachdarstellung auf die Gerichtsakten im übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufungen bleiben erfolglos. Nach erneuter Befassung mit der Angelegenheit weist der Senat sie als unbegründet zurück. Dabei folgt er der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wie sie dem Zurückverweisungsbeschluß vom 14. Dezember 1994 zugrunde liegt. Der Senat nutzt indessen die Gelegenheit, seine dagegen in einigen Punkten bestehenden Bedenken im folgenden darzulegen:

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Der Beschluß vom 14. Dezember 1994 geht davon aus, daß vorliegend das Urteil vom 16. Februar 1993 - 9 C 25/92 - (BVerwGE 92, 70) einschlägig sei, wonach (Leitsatz Nr. 3) in einem "freiwilligen" Eintritt in die polnische Exilarmee regelmäßig ein Bekenntnis zum polnischen Volkstum und damit gegen die Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum liege. Dieses Urteil ist zum Vertriebenenrecht ergangen und nicht zum Staatsangehörigkeitsrecht. Hinsichtlich des für diesen Bereich bis dahin einschlägigen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juli 1960 - 1 C 217/85 - (aaO), das dem Beitritt zur "Anders-Armee" eine entgegengesetzte Bedeutung beigemessen hatte, beschränkt sich das Urteil vom 16. Februar 1993 auf die Aussage, daß die Absicht, dem Los eines Kriegsgefangenen entgehen zu wollen, die Annahme einer freien (Beitritts-)Entscheidung - und damit den Bekenntnischarakter einer entsprechenden Erklärung - nicht ausschließe (aaO, S. 70/80). Dabei wird weder erörtert, worin das "Los eines Kriegsgefangenen" hier bestand, noch, wie die Alternative zum "Anders-Armee-Beitritt" im übrigen aussah. In letzterer Beziehung lag dem Bundesverwaltungsgericht nach dem zu überprüfenden Berufungsurteil (OVG Hamburg, Urt. v. 17. 7. 1991, OVG Bf 160/89) immerhin eine Äußerung der "Wehrmachtsauskunftsstelle" (WASt) vor, wonach es auch um die Frage einer "Repatriierung" gegangen sei. Die Nichtberücksichtigung der äußeren Umstände einer Beitrittserklärung bei der "Anders-Armee" hebt sich auch von der Tatsache ab, daß die Umstände bei der Eintragung in die Abteilung 3 der "Deutschen Volksliste" ein entscheidendes Gewicht erhalten (aaO, S. 76 ff.). Denn die insoweit vom Bundesverwaltungsgericht zugrunde gelegten Gegebenheiten führen zu der Aussage, daß die "Volkslisten"-Aufnahmeerklärung "in einer Vielzahl von Fällen" nicht freiwillig abgegeben worden sei (aaO, S. 78), weshalb die Annahme eines Bekenntnisses dabei nicht generell gerechtfertigt sei. Angesichts dieser Wertung ist nicht auszuschließen, daß auch hinsichtlich der Frage des Bekenntnischarakters einer Erklärung, der "Anders-Armee" beizutreten, eine entsprechende Berücksichtigung der äußeren Bedingungen und Zwänge zu einem durchaus anderen Ergebnis geführt hätte.

24

Insoweit stellt sich zudem weiter die Frage nach der Zumutbarkeit eines weiteren Bekenntnisses zum Deutschtum (s. dazu BVerwG, Urt. v. 8. 2. 1962 - VIII C 469/50 -, DÖV 1962, 625; Beschl. v. 5. 2. 1973 - VIII B 77/72 -, Buchholz 412.3, § 6 BVFG Nr. 22; BVerwGE 77, 65) zu dem entsprechenden Zeitpunkt und in der fraglichen Situation (bezüglich der Eintragung der "Nationalität" im sowjetischen "Inlandspaß" s. jetzt auch BVerwG, Urt. v. 13. 6. 1995 - 9 C 293/94 -, S. 23), wobei auch zu berücksichtigen wäre, daß im Zeitpunkt des Beitritts zur "Anders-Armee" die Vertreibung der Deutschen aus dem Gebiet des Vorkriegspolen und den Polen zur Verwaltung zu übergeben den deutschen Ostgebieten auf der Konferenz von Teheran (28.11. bis 1. 12. 1943) bereits beschlossen war (vgl. de Zayas, Anmerkungen zur Vertreibung der Deutschen aus dem Osten, 1986, S. 114; Erklärung des "Lubliner Komitee" von 22. 7. 1944; Vertreibungsdokumentation I/3 S. 1 ff.; Churchill-Unterhausrede vom 15. 12. 1944, s. de Zayas, aaO, Aly, FAZ v. 27. 5. 1995) und die Alternative für den deutschen Gefangenen deshalb im Verlust seiner Heimat bestand. Insoweit erscheint es problematisch, die Zumutbarkeit und den maßgeblichen Zeitpunkt bei einem Kriegsgefangenen in England nach denselben Kriterien zu beurteilen wie bei der im Vertreibungsgebiet lebenden deutschen Bevölkerung und - im vorliegenden Fall - taggenau auf den Beginn der russischen Winteroffensive abzustellen, die für die aktuelle Lage des Gefangenen in England ohne Bedeutung war und von der er in der Regel wohl nicht einmal etwas wußte (so aber BVerwG, Urteil vom 8. 8. 1995, 9 C 292.94, S. 9). Es erschiene sinnvoller, die Frage der Zumutbarkeit und damit auch des maßgeblichen Zeitpunkts für ein weiteres Bekenntnis zum Deutschtum bei Kriegsgefangenen im Gewahrsam einer Vertreibungsmacht nach eigenständigen Kriterien zu beantworten.

25

Schließlich ist es im Schrifttum auch als widersprüchlich empfunden worden, daß das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 16. Februar 1993 zunächst offen läßt, "welcher objektive Erklärungswert einem Beitritt in militärische Verbände im allgemeinen zukommt" (aaO, S. 79), dann dem Eintritt in die Deutsche Wehrmacht mit Rücksicht auf eine Einberufung im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht jeden Bekenntnischarakter abspricht (aaO, S. 74), um einen solchen dann hinsichtlich des Beitritts zur "Anders-Armee" ohne weiteres (aaO, S. 79) zu bejahen (Makarov/von Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Stand August 1993, § 1 StAngRegG, Rdnr. 10/S. 22). Denn zum einen beruhte die Wehrpflicht von "Volkslisten"-Eingebürgerten - um die es hier allein geht - auf eben dieser Einbürgerung, die ihrerseits einen entsprechenden Antrag voraussetzte. Zum anderen wird dabei nicht berücksichtigt, daß auch der Eintritt in die "Anders-Armee" auf einer - entsprechenden, polnischen - gesetzlichen Verpflichtung zur Wehrdienstleistung beruht haben kann (s. u.; auch das BVerwG hält das nunmehr offenbar für möglich, s. Urt. v. 8. 8. 1995 - 9 C 292/94 - S. 8).

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Gleichwohl geht der Senat mit dem Urteil vom 16. Februar 1993 davon aus, daß ein "freiwilliger" Eintritt in die "Anders-Armee" auch in der Endphase des Zweiten Weltkrieges und aus der Kriegsgefangenschaft heraus als ein Bekenntnis zum Polentum und damit als Abwendung vom Deutschtum zu werten ist.

27

Auf die Frage der "Freiwilligkeit" des Beitritts des Vaters des Klägers (frühestens) am 30. Dezember 1944 kommt es allerdings nur dann an, wenn auch staatsangehörigkeitsrechtlich, d.h. im Rahmen des § 1 Abs. 1 lit. d StAngRegG 1955, hinsichtlich der Beurteilung seiner Volkszugehörigkeit auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist. Auch davon geht der Senat, der diese Frage in ersten Urteil noch offengelassen hatte, in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jetzt aus. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß die Volkszugehörigkeit auch im Rahmen des StAngRegG 1955 nach den Kriterien des § 6 BVFG (a.F.) zu beurteilen ist, da es andere Vorschriften dazu nicht gibt. Deshalb ist auch die Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum bei der Anwendung des § 1 Abs. 1 StAngRegG 1955 ebenso dahin zu beantworten, daß es auf die Zeit kurz vor Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen ankommt (so schon BVerwG, Urt. v. 24. 2. 1966 - I C 21/64 - BVerwGE 23, 274/276; ferner BVerwG, Urt. v. 8. 11. 1994 - 9 C 463/93 - DVBl. 1995, 569, 570 m.w.N.). Das entspricht dem Sinn des Gesetzes. Denn es ist denkbar, daß während des Dritten Reiches Eingebürgerte im Verlaufe des Krieges ihr zunächst vorhandenes Bekenntnis zum deutschen Volkstum und damit ihre deutsche Volkszugehörigkeit wieder aufgaben. In solchen Fällen würde es dem Zweck des StAngRegG widersprechen, eine Einbürgerung, deren Grundlage entfallen war, nach dem Kriege weiter aufrecht zu erhalten. Danach ist davon auszugehen, daß ein Beitritt des Vaters des Klägers zur "Anders-Armee" am 30. Dezember 1944 auch staatsangehörigkeitsrechtlich von Bedeutung ist, indem die nach § 1 Abs. 1 lit. d StAngRegG 1955 geforderte Voraussetzung einer deutschen Volkszugehörigkeit dadurch entfallen sein kann, daß er (13 Tage) vor Beginn der allgemeinen Vertreibung der Deutschen in seiner Heimat Posen (Bromberg) durch einen "freiwilligen" Beitritt zur "Anders-Armee" ein Bekenntnis zum polnischen Volkstum abgelegt hat.

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Zu der nach allem entscheidenden Frage, wann ein freiwilliger Beitritt anzunehmen ist, enthält das Urteil des BVerwG vom 16. Februar 1993 (BVerwGE 92, 70) keine näheren Vorgaben. Es ging insoweit lediglich von den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts aus (aaO, S. 79 und S. 80). Dieses hatte in dem seiner Entscheidung zugrunde liegenden Fall, ohne daß erläutert worden wäre, was darunter zu verstehen sei, eine "Freiwilligkeit" deshalb angenommen, weil sich das britische Verteidigungsministerium dort (wie hier unter dem 27. 2. 1990) entsprechend geäußert hatte, und kein Anlaß bestehe, die Richtigkeit dieser Auskunft zu bezweifeln, und schließlich über unfreiwillige Beitritte nichts bekannt sei.

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Demgegenüber muß die Frage der Freiwilligkeit des Beitritts zur "Anders-Armee" im Sinne eines Volkstumbekenntnisses, wie sie dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Februar 1993 (E 92, S. 70) zugrunde liegt, nach Auffassung des Senats entsprechend den Kriterien beurteilt werden, wie sie einer Wehrdienstleistung allgemein zugrunde liegen. Maßgeblich ist insofern das Begriffspaar "Wehrpflicht - freiwilliger Wehrdienst", wobei letzterer eben auf einer freien Willensentscheidung dazu beruht, was im Falle einer Einberufung nicht zutrifft (Verpflichtung). Möglicherweise sieht das Bundesverwaltungsgericht das auch so (vgl. BVerwGE 90, 74 [BVerwG 28.02.1992 - 8 C 14/90] einerseits und S. 79/80 andererseits sowie Urt. v. 8. 8. 1995 - 9 C 292.94 -). Ob das eine oder das andere der Fall ist, muß sich aus den entsprechenden "Eintritts-Papieren" ergeben, d.h. den (englischen oder) polnischen Protokollen über die Vernehmung des Soldaten der Deutschen Wehrmacht. Auf die - alleinige - Aussagekraft dieser Dokumente verweist auch das Schreiben des britischen Verteidigungsministerium an den Beklagten vom 21. April 1995 (Bl. 270 d.A.). Nach dem hier vorliegenden Protokoll vom 30. Dezember 1944 geht der Senat davon aus, daß der Vater des Klägers der "Anders-Armee" tatsächlich freiwillig beigetreten ist.

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Auszugehen ist allerdings zunächst davon, daß die Kriegsgegner des Deutschen Reiches dessen Einbürgerungsmaßnahmen in den "eingegliederten Ostgebieten", also z.B. Posen, völkerrechtlich nicht anerkannt haben. Das erklärt, daß - wie auch eine im Falle BVerwGE 90, 70 [BVerwG 27.02.1992 - 5 C 48/88] vorliegende Äußerung der WASt ergibt (s. OVG Hamburg, Urt. v. 17. 6. 1991, S. 5) und dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist - die englischen Unterlagen über deutsche Kriegsgefangen in der Regel bei Personen mit Wohnsitz in den 1939 eingeliederten Ostgebieten die Vermerke "to Polish Forces" und "to Polish Authorities" enthalten (sog. "Überstellung"), was nach Ansicht der WASt deren "Repatriierung" habe vorbereiten sollen. Auch der Vater des Klägers ist hier (erst von den Amerikanern an die Engländer, dann von diesen den Polen) so "überstellt" worden (Bl. 99 d.A.). Deutlich wird die Nicht-Anerkennung der "Volkslisten"-Einbürgerungen ferner aus dem vom Kläger vorgelegten polnischen Schreiben vom 5. Februar 1992 (Bl. 38 d.A.); darauf deuten aber ebenso die Schreiben des britischen Verteidigungsministeriums vom 12. August 1987 (Bl. 221 d.A.) und vom 21. August 1995 (Bl. 270 d.A.) hin, in denen nicht etwa von kriegsgefangenen Deutschen die Rede ist, sondern von "Polish origin" (originären Polen). Nicht zuletzt kann insoweit schließlich das Schreiben des "Polish Institute and Sirkorski Museum" vom 7. Oktober 1987 (Bl. 172 d.A.) herangezogen werden. Wenn dort von "Polen, die zum Eintritt in die Wehrmacht gezwungen worden waren", von "polnischen Kriegsgefangenen" sowie von "Polen ohne Reichsstaatsbürgerschaft, die zwangsweise von den deutschen Besatzungsbehörden in die Wehrmacht einberufen worden waren," - die Rede ist, so kann sich das nur auf die "Volkslisten"-Eingebürgerten beziehen, da Polen (polnische Staatsangehörige) nach deutschem Recht nicht wehrpflichtig waren (vor einer "Volkslisten"-Einbürgerung versehentlich Eingezogene waren zu entlassen, OKW vom 2. 10. 1942). Wenn in dem Schreiben vom 7. Oktober 1987 weiter davon die Rede ist, daß die genannten "Polen ohne Reichsstaatsbürgerschaft" "auf der formellen Basis der geltenden polnischen Einberufungsgesetze (in die "Anders-Armee") aufgenommen" worden seien, so läßt dies nur den Schluß zu, daß über die Eintragung in die "Deutsche Volksliste" eingebürgerte Soldaten der Deutschen Wehrmacht seitens der Behörden der polnischen Exilregierung weiterhin als polnische Staatsangehörige und damit als der polnischen Wehrpflicht unterliegend, somit als (polnische) Wehrpflichtige angesehen worden sind.

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Eine - nach britischer und polnischer Auffassung - bestehende Wehrpflicht schließt indessen nicht aus, daß der deutsche Kriegsgefangene tatsächlich (nur) aufgrund einer freiwilligen Erklärung in die "Anders-Armee" aufgenommen wurde.

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Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Zwar ist in dem den Kläger betreffenden polnischen "Fragebogen-Protokoll" vom 30. Dezember 1944 unter der Nr. 25 zu der Formular-Frage: "Feststellung des freiwilligen Beitritts zur polnischen Armee" die Antwort festgehalten: "Erfüllt die Bürgerpflicht" (Bl. 187/211 d.A.; ganz ähnlich ein anderes Protokoll, s. Bl. 169/221 d.A.). Berücksichtigt man indessen dazu auch die (Formular-)Fragestellung, so ist festzustellen, daß jedenfalls nach dem Formularfragebogen ein "freiwilliger Beitritt" bekundet wird. Das korrespondiert insoweit mit den Angaben des "Sikorski-Instituts" vom 7. Oktober 1987, als dort gesagt wird, auch wehrpflichtige Polen seien "in der Praxis... ausschließlich auf freiwilliger Basis (in die "Anders-Armee") aufgenommen" worden. Der hier behaupteten Ausschließlichkeit widerspricht allerdings eine andere polnische Urkunde, die dem Senat in einem anderen Vertriebenenverfahren vorliegt (5 A 16/90 VG Hannover = 13 L 6105/92 = BVerwG 9 C 292.94, jetzt 13 L 6479/95). Dieses Formular ist von einer Kommission des polnischen Generalkonsulats in London am 16. Februar 1945 ausgestellt worden. Nach dem Inhalt des Formulars nennt sich diese Kommission wahlweise "Einberufungskommission" (Konsularna Komisja Poborowa) oder anders (K.K. Przegladowa). In dem betreffenden Fall stellt es offenbar eine Einberufungsunterlage (Arcusz Poborowy) dar. Es unterscheidet hinsichtlich der erfaßten Personen ursprünglich nach "Freiwilliger" (Ochotnik), "Einberufener" (Poborowy) und "Reservist" (Rezerwizta); durch entsprechende Streichung ist kenntlich gemacht, daß es sich bei der betreffenden Person eines Wehrmachtssoldaten aus Ostoberschlesien um einen "Einberufenen" handelt. Hieraus ergibt sich eindeutig, daß es - entgegen den Angaben des "Sikorski-Instituts" vom 17. Oktober 1987 - Beitritte zur "Anders-Armee" durch (der polnischen Wehrpflicht unterliegende) Soldaten der Deutschen Wehrmacht gegeben hat, die auch im Sinne der hier verwendeten Definition nicht freiwillig waren, sondern zwangsweise erfolgt sind. Indessen fehlt hier für den Vater des Klägers ein entsprechendes Dokument. Da hiernach eine Einberufung durch polnische Stellen nicht angenommen werden kann, geht der Senat davon aus, daß der Vater des Klägers der "Anders-Armee" freiwillig beigetreten ist.

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Dies hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge, daß die durch die "Volkslisten"-Einbürgerung seinerzeit erworbene deutsche Staatsangehörigkeit des Vater des Klägers nach § 1 Abs. 1 lit. d StAngRegG 1955 nicht wirksam fortbesteht, so daß der Kläger diese durch ihn nicht hat erwerben können. Hiernach hätte das Ausweisbegehren des Klägers nur dann Erfolg haben können, wenn er als deutscher Volkszugehöriger angesehen werden könnte (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG). Als sog. "Spätgeborener" müßte er dazu - im Wege des sog. "Bekenntniszusammenhangs" (BVerwGE 51, 298) - selbst als deutscher Volkszugehöriger im Sinne von § 6 BVFG a. F. angesehen werden können. Das hat der Senat, indessen nicht feststellen können, zumal der Kläger in den beiden vom Senat durchgeführten mündlichen Verhandlungen nicht selbst erschienen war. Da er mithin nicht als Vertriebener im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG anerkannt werden kann, kommt dies auch für die Klägerin nicht in Betracht (§ 1 Abs. 3 BVFG a. F.).

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Nach allem müssen die Berufungen der Kläger nunmehr zurückgewiesen, das angefochtene Urteil und die angefochtenen Bescheide damit bestätigt werden. Gemäß § 154 Abs. 2 VwGO haben die Kläger - zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens - die der Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen. Insoweit ist das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO).

35

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen dafür (§ 132 Abs. 2 VwGO) seiner Ansicht nach nicht vorliegen.

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Dr. Dembowski

37

Schwermer

38

Dr. Uffhausen