Landgericht Hannover
Urt. v. 26.04.2016, Az.: 9 O 38/15

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
26.04.2016
Aktenzeichen
9 O 38/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43106
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die Klage wird als derzeit unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Nebeninter-venientin zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zahlung von Werklohn für Rohbauarbeiten.

Die Parteien schlossen am 11.07.2013 einen Bauvertrag (Anlage K1) zu Einheitspreisen unter Einbeziehung der VOB/B, wonach die Klägerin mit der Durchführung von Rohbauarbeiten am Bauvorhaben Nahversorgungszentrum Tempelhofweg 4A in 30179 Hannover mit einem Gesamtauftragsvolumen von 700.000,- € netto beauftragt wurde. Die Bauüberwachung und die Prüfung der Abschlags- und Schlussrechnung wurden hierbei im Auftrag des Beklagten durch den Nebenintervenienten durchgeführt.

Auf die Abschlagsrechnungen Nr. 1 bis Nr. 7 leistete der Beklagte volle Zahlung. Die übrigen Abschlagsrechnungen bis Nr. 11 blieben unbezahlt.

Im Februar 2014 verlangte der Beklagte per E-Mail (Anlage B5) gegenüber der Klägerin die Durchführung einer Abnahme. In dem Abnahmeprotokoll vom 05.03.2014 (Anlage B6), an dem der Beklagte und für die Klägerin ... teilnahmen und das Protokoll unterzeichneten, wurde festgehalten: „Die Abnahme wird wegen fehlender Leistung bzw. gravierenden Mängeln abgelehnt“. In dem Protokoll wurden mehrere Mängel aufgeführt; wegen der Einzelheiten wird auf die Auflistung in Anlage B6 und B7 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 07.03.2014 (Anlage B8) setzte der Beklagte der Klägerin eine Frist bis zum 14.03.2014 zur Nachbesserung der in dem Abnahmeprotokoll aufgeführten Mängel.

Die Klägerin erstellte unter dem 17.09.2014, dem Beklagten am 05.12.2014 zugegangen, ihre Schlussrechnung. Diese wies ein Saldo über 743.673,46 € netto auf und enthielt einen noch offenen Forderungsbetrag - einschließlich der Forderungen aus Abschlagsrechnungen - über 397.337,04 €. Der Beklagte ließ über seinen damaligen Rechtsanwalt mit Schreiben vom 19.12.2014 (Anlage B3) mitteilen, dass eine Prüfung der Schlussrechnung mangels Abnahme „ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage“ durch den beauftragten Architekten Dipl.-Ing. ...  erfolge. Am 23.12.2014 überwies der Beklagte einen Betrag in Höhe von 39.671,30 € auf die Schlussrechnung unter Hinweis auf das Schreiben vom 19.12.2014 (vgl. Anlage B4). Insgesamt zahlte der Beklagte 478.784,67 €.

Das Nahversorgungszentrum ist zwischenzeitlich im Mai 2014 - jedenfalls teilweise - in Betrieb genommen worden.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 03.03.2014 ein selbständiges Beweisverfahren (9 OH 2/14) über das Vorliegen von Mängeln an den von ihr erbrachten Leistungen eingeleitet. Das selbständige Beweisverfahren ist durch Beschluss der Kammer vom 06.08.2015 für beendet erklärt worden.

Die Klägerin behauptet, sie habe das Bauvorhaben ordnungsgemäß fertiggestellt. Die Arbeiten würden keine erheblichen Mängel aufweisen, die einer Abnahme entgegenstünden; sie seien mithin abnahmefähig. Soweit der Beklagte behaupte, die Verklinkerung sei auf einer Teilfläche nicht mangelfrei erstellt worden, hänge dies damit zusammen, dass der Bauplan des vom Beklagten beauftragten Architekten - nämlich des Nebenintervenienten - eine ordnungsgemäße Verankerung im Bereich der D-Achse nicht ermögliche; insoweit liege ein dem Beklagten zuzurechnender Planungsfehler vor. Etwaige Nachbesserungsversuche seien vom Beklagten abgelehnt worden.

Die Klägerin habe im Bereich der Verklinkerung Nachbesserungen vornehmen wollen; dies habe der Beklagte aber unterbunden.

Die abgerechneten Leistungen entsprächen dem Vertrag und seien insgesamt angefallen. Die Schlussrechnung sei prüffähig.

Hinsichtlich der Positionen 01.05.0255, 01.05.0335, 01.05.0340, 01.05.0420, 01.05.0160, 01.05.0165, 01.05.0235, 01.05.0255, 01.05.0340, 01.05.0345, 01.05.0420, 01.08.0065, 01.08.0067 und 01.08.0075 seien die darin enthaltenen Leistungen erforderlich gewesen. Entsprechende Nachträge seien vorgelegt worden, die Kalkulationsnachweise enthielten. Die Preise seien auch angemessen und üblich.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihre Leistungen seien am 05.03.2014 förmlich abgenommen worden. Die Abnahmeverweigerung sei unbegründet. Jedenfalls seien die Leistungen konkludent abgenommen worden. Die Zahlung des aus Sicht des Beklagten begründeten Schlussrechnungsbetrages stelle eine konkludente Abnahme dar. Ebenso stelle die Einbehaltung eines Betrages für angebliche Mängel im Rahmen einer Schlussrechnung eine Abnahme dar. Schließlich sei durch Übersendung der Schlussrechnung die Mitteilung der Fertigstellung erfolgt, so dass, mangels Vereinbarung einer förmlichen Abnahme, § 12 Abs. 5 VOB/B greife.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 364.454,63 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 163.547,53 € seit dem 15.01.2014, auf weitere 80.098,82 € seit dem 31.01.2014, auf weitere 66.326,77 € seit dem 15.03.2014, auf weitere 47.692,62 € seit dem 15.04.2014 sowie auf weitere 788,28 € seit dem 20.12.2014 zu zahlen.

Der Beklagte sowie der Nebenintervenient beantragen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Werklohnforderung sei bereits nicht fällig, da eine Abnahme nicht erfolgt sei und die Leistungen wegen erheblicher Mängel (noch) nicht abnahmefähig seien. Insbesondere sei im Bereich des oberen Abschlusses des Verblendmauerwerks keine ausreichende Verankerung des Verblendmauerwerks vorhanden, wodurch das Verblendmauerwerk herabfallen könne. Die Abwasserleitungen seien teilweise mit einem Gegengefälle verlegt worden und würden eine unzulässige Lageabweisung aufweisen. Die Abfangung der Verblendstürze oberhalb der Fensterbänder des Obergeschosses auf der Nord- und Westseite sei mangelhaft, weil das Bewehrungssystem ELMCO-Ripp aufgrund der fehlerhaften Verlegung der Z-Folie nicht dem bauaufsichtlichen Prüfzeugnis entspreche.

Zudem seien die in der Schlussrechnung angesetzten Vordersätze unrichtig.

Hilfsweise stehe dem Klageanspruch ein Vertragsstrafeanspruch des Beklagten entgegen. Als Endfertigstellungstermin sei der 01.11.2013 vereinbart worden. Unter Berücksichtigung einer Abnahme nicht vor Dezember 2014 sei die maximale Vertragsstrafe von 5% der Netto-Auftragssumme, mithin 35.000,- €, verwirkt.

Hilfsweise rechnet der Beklagte mit folgenden Schadensersatzansprüchen auf:

Die Klägerin habe entgegen ihrer vertraglichen Zusage das für ihre Arbeiten erforderliche Maurergerüst, das mit 20.000,- € in dem Leistungsverzeichnis angesetzt wurde, nicht gestellt. Hierbei handele es sich zudem um eine kostenfreie Nebenleistung gem. Ziffer 4.1.2. der DIN 18330. Durch die verspätete Fertigstellung seien dem Beklagten Mietausfallschäden entstanden. Darüber hinaus seien mit erheblichen Ersatzvornahmekosten und Kosten für die fehlerhafte Einmessung des Gebäudes um ca. 7 cm zu rechnen.

Die Akte aus dem selbständigen Beweisverfahren 9 OH 2/14 war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Sachverständigen ... über das von ihm im Verfahren 9 OH 2/14 erstellte Sachverständigengutachten. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22.01.2016 (Bl. 210 ff. d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Schriftsätze der Parteien vom 26.02.2016, 18.03.2016 und vom 01.04.2016 und 19.04.2016 haben der Kammer keinen Anlass zur erneuten mündlichen Verhandlung gegeben.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist derzeit unbegründet.

Der von der Klägerin geltend gemachte Werklohnanspruch ist nicht fällig, § 16 Nr. 3 VOB/B. Es fehlt an der erforderlichen Abnahme gemäß § 12 VOB/B. Die Abnahme besteht regelmäßig darin, dass der Besteller das hergestellte Werk körperlich hinnimmt und im Sinne einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung bzw. zumindest geschäftsähnlichen Handlung zu erkennen gibt, er wolle die Leistung als in der Hauptsache dem Vertrag entsprechend annehmen. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt.

1. Eine förmliche Abnahme nach § 12 Abs. 4 VOB/B ist nicht erfolgt. Eine solche ist nicht in dem von den Parteien am 05.03.2014 durchgeführten Termin zu sehen. Ausweislich des Protokolls (Anlage B6) über den gemeinsamen Termin auf der Baustelle erklärte der Beklagte darin, dass die Abnahme wegen fehlender Leistung bzw. gravierender Mängel abgelehnt wird. Diese Erklärung steht dem Inhalt einer Billigung als in der Hauptsache vertragsgemäße Leistung entgegen.

a. Die Verweigerung der Abnahme durch den Beklagten war gemäß § 12 Abs. 3 VOB/B begründet, denn es lagen zu dem Zeitpunkt noch wesentliche Mängel vor, die bislang nicht beseitigt wurden. Ob ein Mangel "wesentlich" ist und deshalb zur Verweigerung der Abnahme nach § 12 Nr. 3 VOB/B berechtigt, bestimmt sich anhand der Art des Mangels, seines Umfangs und vor allem seiner Auswirkungen, wobei dies unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden ist (BGH, Urteil vom 30.04.1992 – VII ZR 185/90 –, juris, Rn. 8). Ein Mangel ist demnach unwesentlich, wenn er an Bedeutung so weit zurücktritt, dass es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen für den Auftraggeber zumutbar ist, eine zügige Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses nicht länger aufzuhalten und deshalb nicht mehr auf den Vorteilen zu bestehen, die sich ihm vor vollzogener Abnahme bieten. Für die Abgrenzung wesentlicher von unwesentlichen Mängeln sind nicht in erster Linie technische oder wirtschaftliche Kriterien maßgeblich, sondern die Auswirkungen des Mangels auf die Gebrauchstauglichkeit für den Auftraggeber. Technisch gravierende Mängel oder Mängel, deren Beseitigung nicht nur unbedeutende Kosten verursachen, sind unabhängig von ihren Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit regelmäßig wesentliche Mängel. Ein wesentlicher Mangel in diesem Sinne liegt hier vor, auch wenn die Gebrauchstauglichkeit des Einkaufszentrums als Ganzes nicht im Wesentlichen beeinträchtigt ist. Dies steht zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens aus dem Verfahren 9 OH 2/14 und den ergänzenden Erläuterungen des Sachverständigen ... fest.

aa. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass zum einen die Abfangung der Verblendstürze mangelhaft sei. Die Ausführung der Sturzabfangungen des Verblendmauerwerks oberhalb der Fensterbänder des Obergeschosses auf der Nord- und Westseite des Gebäudes entspricht nicht der ABP für das verwendete ELMCO-Ripp-Bewehrungssystem. Zwar sehe er in der bauaufsichtlichen Zulassung insoweit einen Verstoß gegen die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik, als diese entgegen der DIN 1053 eine Verlegung der Z-Folie nur 1 bis 2 cm in das Mauerwerk zulasse. Als Verstoß gegen die ABP und die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik sei jedoch das Vorhandensein der offenen Stoßfugen zu werten. Diese seien zwingend unmittelbar oberhalb der Querschnittsdichte einzubauen und können nicht einfach verschlossen werden. Für die Mangelbeseitigung komme in Betracht, die offenen Stoßfugen mit Mörtel auszufüllen. Dies habe jedoch zur Folge, dass eine Entwässerung des Verblendmauerwerks oberhalb der Stürze nach außen komplett verhindert werde. Ein Verzicht auf eine Entwässerung nach außen stelle sowohl ein Verstoß gegen die ABP als auch gegen die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik dar. Als weitere Möglichkeit der Mangelbeseitigung komme das erneute Öffnen des Verblendmauerwerks, die Verlegung der Z-Folie eine Lagerfuge höher als bisher und Herstellung der offenen Stoßfugen und Wiederverschluss in Betracht. Dies hätte jedoch einen erheblichen Eingriff in das Verblendmauerwerk zur Folge, für welchen sichergestellt sein müsste, dass die Neuverfugung ohne nennenswerte Helligkeitsunterschiede zur sonstigen Verfugung gelinge. Die Kosten der letztgenannten Mangelbeseitigungsmaßnahme würden sich auf ca. 14.746,00 € (netto) belaufen.

bb. Der Sachverständige ... hat weiter ausgeführt, dass die Verankerung des Verblendmauerwerks ebenfalls mangelhaft erfolgt sei und insoweit ein Mangel vorliege, der zwingend zu beheben sei. Jedenfalls auf der von ihm untersuchten Achse D im Bereich der südlichen Attika des Daches oberhalb des westlichen Teils des Obergeschosses über eine Länge von ca. 7,50 Meter sei eine Verankerung des Verblendmauerwerks oberhalb der Betonrähme im Hintermauerwerk nicht vorgenommen worden. Die Dicke der Hintermauerwerksschale oberhalb des Rähmes habe lediglich 11,5 cm betragen, so dass eine Verankerung auch keinen Sinn mache. Dies hätte so nicht ausgeführt werden dürfen, sondern es habe entweder ein 24er Stein verwendet werden müssen oder eine Betonwand. Ein statischer Nachweis für die Verankerung des Verblendmauerwerks über Drahtanker sei bei einer solchen dünnen Hintermauerwerksschale nicht möglich, welche genauso wenig Standfestigkeit aufweise wie die Verblendschale. Zum jetzigen Zeitpunkt sei damit zu rechnen, dass die Dachabdichtung und Dachdämmung entlang der Attika wieder abgerissen und anschließend neu hergestellt werden müsse. Die unstreitige nachträgliche Herstellung der Hintermauerwerksschale stelle zusammen mit den Feststellungen in einer Öffnungsstelle ein Indiz dafür dar, dass generell bei nachträglich erstelltem Hintermauerwerk keine Verankerung der Verblendschale erfolgt sei. Im Bereich der die Attika bildenden Betonbalken oberhalb aller Fensteröffnungen sei unklar, ob hier geeignete Anker zur Verbindung der Verblendschale mit den Betonbalken eingebaut wurden. Die Kosten für die nachträgliche Verankerung im oberen Abschluss des Verblendmauerwerks ohne Berücksichtigung der Kosten für die Aufnahme und Wiederherstellung der Dachabdichtung und Dämmung würden sich bei einer unterstellten Gesamtlänge von 30 Metern auf ca. 12.000 € bzw. 16.380 € (für den Fall der Erforderlichkeit der nachträglichen Verankerung auch im Bereich der Beton-Attikabalken) belaufen.

Der Sachverständige ...  hat sein Gutachten nachvollziehbar und auf zutreffenden Anhaltspunkten gründend erläutert. Die Kammer schließt sich nach eigener kritischer Würdigung den Ausführungen des Sachverständigen an.

cc. Die Kammer erachtet allein in diesen vom Sachverständigen festgestellten Sachverhalten wesentliche Mängel, die eine Verweigerung der Abnahme berechtigen. Wann ein Mangel als wesentlich anzusehen ist, hängt unter Berücksichtigung des Mangels, seines Umfangs und vor allem seiner Auswirkungen vom Einzelfall ab. Maßgeblich ist das Merkmal der Zumutbarkeit. Tritt der Mangel an Bedeutung soweit zurück, dass es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen für den Auftraggeber zumutbar ist, eine zügige Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses nicht länger aufzuhalten und deshalb nicht mehr auf den Vorteilen zu bestehen, die sich ihm vor vollzogener Abnahme bieten, darf er die Abnahme nicht verweigern. (OLG Hamm, Urteil vom 03. September 1991 – 26 U 137/90 –, juris Rn. 21; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl. (2013), Rn. 1852).

Abgesehen von den nicht unerheblichen Mangelbeseitigungskosten stellt sich vorliegend der Mangelbeseitigungsaufwand, der eine Überarbeitung des Verblendmauerwerks beinhaltet, und insoweit auch zu einem nicht unerheblichen Eingriff in die Bausubstanz (Aufnahme und Wiederherstellung der Dachabdichtung, Dämmung, Verblendmauerwerks etc.) führt, als erheblich dar. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass es sich um einen sicherheitsrelevanten Bereich handelt. Der Sachverständige hat hinsichtlich der Verankerung des Verblendmauerwerks ausgeführt, dass gerade im oberen Abschluss des Verblendmauerwerks die Windsogspitzen entstünden, gegen die eine Verankerung wirken soll. Die mangelhafte Verankerung birgt somit die Gefahr in sich, dass Teile auf den sich darunter befindlichen Publikumsverkehr herabfallen können.

b. Die Abnahme ist auch nicht durch eine Verweigerung der Nachbesserung durch den Beklagten erfolgt. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe ausdrücklich Nachbesserungen angeboten, ist der Vortrag unerheblich. Denn erforderlich für die Abnahme ist die tatsächliche Durchführung von Mangelbeseitigungsmaßnahmen. Es kommt mithin nicht darauf an, ob die von der Klägerin angebotenen Maßnahmen geeignet waren, die vom Sachverständigen ... festgestellten Mängel zu beseitigen. Soweit der damalige Rechtsanwalt des Beklagten mit Schreiben vom 14.03.2014 die Klägerin aufgefordert hat, mit weiteren Maßnahmen aufgrund der anstehenden Begutachtung im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens abzuwarten, stellt dies keine endgültige Verhinderung der Nachbesserung dar. Die Klägerin hätte jederzeit - jedenfalls unmittelbar nach der Begutachtung - Mangelbeseitigungsmaßnahmen durchführen können. In dem Schreiben vom 14.03.2014 hat der damalige Rechtsanwalt des Beklagten ausdrücklich erklärt, dass in dem Abwarten der Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen kein Verzicht auf die Mangelbeseitigung liegt. Darüber hinaus hat die Klägerin in dem Schreiben vom 01.07.2015 (Anlage B17) die Öffnung der Attika durch ein Drittunternehmen verlangt, was jedoch im Rahmen der Mangelbeseitigung von ihr selbst vorzunehmen bzw. zu veranlassen war.

c. Der Mangel stellt auch keinen dem Beklagten zuzurechnenden Planungsfehler dar. Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, dass die Handwerker der Folgegewerke bzw. der Bauleiter den Mangel am Verblendmauerwerk hätte erkennen müssen, entlastet dies nicht die Klägerin von ihrer Verpflichtung, ein mangelfreies Werk zu erbringen bzw. die erforderlichen Nachbesserungen zu erbringen.

2. Es liegt auch keine stillschweigende Abnahme durch Ingebrauchnahme des Gebäudes vor. Eine konkludente Abnahme setzt voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles das Verhalten des Auftraggebers den Schluss rechtfertigt, er billige das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß. Ein typischer Sachverhalt, auf den eine konkludente Abnahme gestützt werden kann, ist der Einzug und die Nutzung des Gebäudes. Verweigert jedoch der Auftraggeber die Abnahme unter Hinweis auf Mängel, die ihn berechtigen, die Abnahme zu verweigern, dann begründet der anschließende Einzug und die Nutzung im Regelfall keine konkludente Abnahme. (BGH, Urteil vom 10.06.1999 – VII ZR 170/98 –, juris, Rn. 19). Vorliegend hat der Beklagte vor Eröffnung des Einkaufszentrums, was vorliegend nach den Angaben der Klägerin wohl im Mai 2014 erfolgt sein dürfte, bereits am 05.03.2014 in dem Abnahmetermin die Abnahme ausdrücklich abgelehnt. Für eine stillschweigende Abnahme war vor diesem Hintergrund weder aufgrund der Inbetriebnahme noch der Prüfung der Schlussrechnung, die im Übrigen ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt ist, Raum. Die Verweigerung der Abnahme erfolgte insoweit auch zu Recht.

3. Schließlich liegt eine fiktive Abnahme gemäß § 12 Abs. 5 VOB/B nicht vor. Voraussetzung für die Annahme einer fiktiven Abnahme ist, dass eine Abnahme von keiner der Parteien verlangt wird. Vorliegend hat unstreitig der Beklagte mit Schreiben vom 18.02.2014 (Anlage B5) eine Abnahme verlangt, in die auch von der Klägerin eingewilligt wurde. Darüber hinaus scheidet eine fiktive Abnahme bei wesentlichen Mängeln der Leistung aus. Dies ist - wie oben ausgeführt - hier der Fall.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 ZPO.

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 ZPO.