Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.03.1995, Az.: V 65/94
Streit über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug; Vorsteuerabzug aus der Übertragung von Feldinventar und einer Milchreferenzmenge
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 09.03.1995
- Aktenzeichen
- V 65/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 17876
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1995:0309.V65.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 1 UStG
- § 3 Abs. 9 UStG
Verfahrensgegenstand
Umsatzsteuer 1989
Der V. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 9. März 1995,
an der mitgewirkt haben:
1. Vizepräsidentin des Finanzgerichts ..
2. .Richter am Finanzgericht ...
3. Richter am Landgericht ...
4. ehrenamtlicher Richter ...
5. ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten.
Der Streitwert wird auf 37.055,- DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus der Übertragung von Feldinventar und der Übertragung einer Milchreferenzmenge von H. S. an die Klägerin.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 1989 gründeten die Eheleute G. und H. S. die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Zweck der Klägerin sollte die gemeinsame Bewirtschaftung des zuvor von H. S. geführten landwirtschaftlichen Betriebes sein. In § 4 des Gesellschaftsvertrages vereinbarten die Gesellschafter eine Regelung über die von ihnen zu erbringenden Einlagen. Danach sollte H. S.
die Nutzung des Grund und Bodens und der Gebäude zu Buchwerten, wie sie laut Steuerbilanz zum 30. Juni 1989 festgestellt sind,
die restlichen Aktiva und Passiva als Vermögen der Gesellschaft gleichfalls zu Buchwerten laut Steuerbilanz zum 30. Juni 1989,
die Rechte und Pflichten der bereits bestehenden Verträge sowie
die eigene Arbeitskraft
einbringen.
Die in § 6 des Gesellschaftsvertrages getroffene Gewinnverteilungsabrede räumte H. S. einen Vorweggewinn in Höhe von 10.000 DM für die Überlassung des Grund und Bodens und der Gebäude ein. Im übrigen sollte das Betriebsergebnis zu 70 v.H. H. S. und zu 30 v.H. G. S. zustehen. Wegen der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen im übrigen wird auf den zu den Steuerakten gelangten Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 1989 Bezug genommen.
Unter dem 6. Juli 1989 stellte H. S. der Klägerin u.a. die Überlassung einer Milchquote von 286.520 kg und die Übertragung von Feldinventar in Rechnung. In der Rechnung wies er die Umsatzsteuer gesondert aus, die in Höhe von 7.257,69 DM auf das Feldinventar und in Höhe von 29.798,08 DM auf die Milchquote entfiel.
Mit Schriftsatz vom 2. August 1989 verzichtete die Klägerin gemäß § 24 Abs. 4 Umsatzsteuergesetz (UStG) auf die Besteuerung nach Durchschnittssätzen. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung für das 3. Quartal 1989 ließ der Prüfer den Vorsteuerabzug aus der Rechnung über das Feldinventar nicht zum Abzug zu. Den Vorsteuerabzug aus der Milchquote erkannte er zwar dem Grunde nach an, verringerte die Vorsteuern aber um 894 DM, weil er von der Lieferung einer Milchquote von nur 277.924 kg ausging.
Die Klägerin verzichtete deshalb in ihrer Umsatzsteuererklärung für 1989, mit der sie Vorsteuern in Höhe von 79.394,07 DM in Anspruch nahm, auf den Vorsteuerabzug aus dem Bezug des Feldinventares, machte aber den Vorsteuererstattungsanspruch aus dem Bezug der Milchquote geltend. Mit dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid vom 15. Oktober 1991 änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 1989 und ließ die auf den Bezug der Milchquote entfallenden Vorsteuern nicht zum Abzug zu.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage, mit der die Klägerin den Vorsteuerabzug aus dem Bezug der Milchquote begehrt. Außerdem macht sie darüber hinaus nunmehr auch den Vorsteuerabzug aus dem Bezug des Feldinventars geltend.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, sowohl das Feldinventar als auch die Milchquote seien verkehrsfähige Wirtschaftsgüter, die Gegenstand eines Leistungsaustausches sein könnten. Die Einbringung dieser Wirtschaftsgüter sei im Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 1989 vereinbart gewesen. Bei der Einbringung habe es sich um entgeltliche Leistungen ihres Gesellschafters H. S. gehandelt, für die sie, die Klägerin, als Gegenleistung Gesellschaftsrechte gewährt und kurzfristige Verbindlichkeiten übernommen habe. Sowohl das Feldinventar als auch die Milchquote sei nur deshalb bilanziell nicht berücksichtigt worden, weil sie ertragsteuerlich zum Buchwert eingebracht worden seien. Da aber ertragsteuerlich auf eine Aktivierung verzichtet werden dürfe, müsse dies für die Umsatzsteuer ebenfalls gelten. Andernfalls käme es aus rein umsatzsteuerlichen Gründen zur Aufdeckung stiller Reserven.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 1989 auf minus 78.298,00 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, der Klägerin stehe der Vorsteuerabzug aus der Lieferung des Feldinventars und der Milchquote nicht zu. In beiden Fällen fehle es an einem entgeltlichen Leistungsaustausch, weil keine auf den Austausch von Leistungen gegen Entgelt gerichteten konkreten Leistungsbeziehungen zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter H. S. bestanden hätten. Es sei unklar, welche Gesellschaftsrechte für die Einbringung des Feldinventars und der Milchquote hätten übertragen worden sein sollen. Auch seien diese Wirtschaftsgüter weder in der Bilanz des einbringenden Gesellschafters H. S. noch in der Bilanz der Klägerin ausgewiesen worden. Die allgemeine Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft reiche als Entgelt für die Einbringung des Feldinventars und der Milchquote nicht aus.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf die Steuerakten zu St.Nr.: ... sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.
Die Beteiligten haben Übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht der Vorsteuerabzug weder aus dem Bezug des Feldinventars noch aus dem der Milchquote zu. Gemäß § 15 Abs. 1 UStG kann ein Unternehmer die ihm von einem anderen Unternehmer in Rechnung gestellten Steuern für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Es sind aber weder die Einbringung des Feldinventars noch die der Milchquote Gegenstand eines für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug unerläßlichen Leistungsaustausches gegen Entgelt gewesen.
Zwar hat H. S. durch die Einbringung des von ihm gepachteten Betriebes der Klägerin die Milchreferenzmenge (Milchquote) übertragen. Hierbei hat es sich um eine sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG in Gestalt einer Rechtsübertragung gehandelt. Gemäß Artikel 7 Nr. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 (VO Nr. 1546/88) der Kommission vom 3. Juni 1988 wird die Milchreferenzmenge im Falle des Verkaufs, der Verpachtung oder der Vererbung des gesamten Betriebes voll auf den den Betrieb übernehmenden Erzeuger übertragen. Das gilt auch für die Einbringung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Rahmen einer Gesellschaftsgründung, weil Artikel 7 Nr. 1 und Nr. 2 VO Nr. 1546/88 gemäß Artikel 7 Nr. 3 VO Nr. 1546/88 auf andere Übertragungsfälle entsprechend anwendbar sind. Der darin zum Ausdruck kommende Grundsatz der Betriebsakzessorietät führt dazu, daß die Übertragung des landwirtschaftlichen Betriebes auf die Klägerin auch die Übertragung der Milchquote umfaßt hat (vgl. Urteil des BFH vom 17. März 1994 V R 39/92, BStBl II 1994, 538, 541).
Entsprechendes gilt für das Feldinventar, dessen Übertragung zivilrechtlich eine Aneignungsgestattung im Sinne des § 956 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und damit ebenfalls eine Rechtsübertragung darstellt.
Sowohl im Hinblick auf die Milchquote als auch bezüglich des Feldinventares fehlt es aber an dem für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug unentbehrlichen Entgelt. Ein entgeltlicher Leistungsaustausch zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern setzt die Vereinbarung und Leistung eines Sonderentgeltes voraus (Urteil des BFH vom 17. März 1994 V R 39/92, BStBl II 1994, 538, 540 m.w.N.). Im Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 1989 sind keine Vereinbarungen über ein Entgelt für die Einbringung des Feldinventars und der Milchquote getroffen worden. Der Gesellschaftsvertrag erwähnt das Feldinventar und die Milchquote überhaupt nicht. Die mit der Betriebsübertragung rechtlich einhergehende Einbringung dieser Wirtschaftsgüter ist deshalb durch die in § 6 des Gesellschaftsvertrages geregelte allgemeine Beteiligung am Gewinn und Verlust abgegolten. Einen Vorabgewinn für die Überlassung des Feldinventars und der Milchquote, der als Sonderentgelt in Frage kommen könnte, sieht die Gewinnverteilungsvereinbarung gerade nicht vor. Der vereinbarte Vorabgewinn in Höhe von 10.000 DM für den Gesellschafter H. S. ist ausdrücklich für die Überlassung des Grund und Bodens und der Gebäude vereinbart worden.
Es ist auch tatsächlich kein Sonderentgelt durch die Klägerin erbracht worden. Insbesondere hat sie ihrem Gesellschafter H. S. keine Gesellschaftsrechte als Sonderentgelt übertragen. Es gibt keine gesellschaftsvertragliche Regelung über die Einräumung bestimmter Gesellschaftsrechte für das Feldinventar und die Milchquote. Die allgemeine Beteiligung am Gewinn und Verlust stellt kein Sonderentgelt dar (vgl. Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, vom 1. September 1993 12 K 72/92, EFG 1994, 499). Auch der Hinweis der Klägerin auf eine Einbringung zu Buchwerten geht ins Leere. Der Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 1989 sieht eine Einbringung des Feldinventars und der Milchquote zu Buchwerten nicht vor. Diese Wirtschaftsgüter haben auch weder Eingang in die Bilanz der Klägerin noch in das Kapitalkonto ihres Gesellschafters H. S. gefunden. Es kommt nicht darauf an, ob es der Klägerin und ihrem Gesellschafter ertragsteuerlich freigestanden hat, diese Wirtschaftsgüter bilanziell zu berücksichtigen. Entscheidend ist, daß sich auch aus der bilanziellen Behandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Klägerin ihrem Gesellschafter H. S. Rechte übertragen hat, die als Sonderentgelt in Betracht zu ziehen sein können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 37.055,- DM festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 13 Abs. 2, 25 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).