Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 28.02.2006, Az.: 12 U 85/05

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
28.02.2006
Aktenzeichen
12 U 85/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 42655
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2006:0228.12U85.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Aurich - 31.01.2006 - AZ: 5 O 1755/04

Fundstellen

  • BauR 2007, 1428-1430 (Volltext mit red. LS)
  • GK/Bay 2007, 526-527
  • MDR 2008, 247 (Kurzinformation)
  • OLGReport Gerichtsort 2007, 440-442
  • ZfBR 2007, 343-344 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)

In dem Rechtsstreit

...

hat der 12. Zivilsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gerken, den Richter am Oberlandesgericht Schürmann und den Richter am Landgericht Gronewold auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Kläger wird das am 16.08.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Aurich geändert.

    Die Klage wird hinsichtlich eines Teilbetrages von 3.594,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2003 abgewiesen.

    Im übrigen wird die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Insoweit wird die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe an das Landgericht zurückverwiesen.

    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Landgericht vorbehalten.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil darf nur fortgesetzt werden, wenn die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 6.000,- € leistet.

Gründe

1

I.

Die Kläger sind Eigentümer der Wohnungen in der Wohnungseigentumsanlage N... 1 bis 4 auf No.... Die Wohnungen wurden von der Beklagten bereits vor Baubeginn veräußert und durch die Fa. W... errichtet. Die Übergabe und Abnahme erfolgte am 01.10.1992.

2

Im Rahmen eines von den Klägern am 30.09.1997 anhängig gemachten Beweissicherungsverfahrens wurden durch den Sachverständigen Prof. Dipl. Ing. F... Mängel bei der Gründung der Gebäude sowie hinsichtlich einzelner Gewerke festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten im Verfahren 5 OH 45/97 Landgericht Aurich vom 30.12.1999 nebst Ergänzungen vom 28.12.2000 verwiesen. Das Beweissicherungsverfahren endete durch Beschluss des Landgerichts vom 09.01.2002. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.04.2003 forderten die Kläger die Beklagte zur Mängelbeseitigung auf und setzen insoweit eine Frist bis zum 31.07.2003 mit der Erklärung, jede Art der Mängelbeseitigung anschließend abzulehnen.

3

Mit der am 30.12.2004 eingegangen und am 19.01.2005 zugestellten Klage haben die Kläger die Beklagte auf Zahlung von Mängelbeseitigungskosten und Privatgutachterkosten in Höhe von insgesamt 253.155,75 € in Anspruch genommen. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben, ohne im übrigen zu den behaupteten Baumängeln im einzelnen vorzutragen.

4

Durch das am 16.08.2005 verkündete Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Anspruch der Kläger stehe die Einrede der Verjährung entgegen. Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sei die durch das Beweissicherungsverfahren eingetretene Unterbrechung der Verjährung zum 01.02.2002 in eine Hemmung umgewandelt worden, die letztlich am 11.07.2002 geendet habe.

5

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Sie rügen eine rechtsfehlerhafte Anwendung der Verjährungsregelungen und der dazu ergangenen Übergangsvorschriften. Sie wiederholen im übrigen ihr erstinstanzliches Vorbringen unter Bezugnahme auf das Gutachten im Beweissicherungsverfahren.

6

Nach Klageerweiterung in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2005 beantragen die Kläger nunmehr,

7

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie 304.627,50 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 249.561,75 € seit dem  30.06.2003 und auf 55.065,75 € seit Rechtshängigkeit zuzahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

9

Beide Parteien beantragen weiterhin,

  1. den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.

10

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Hinsichtlich der im Beweissicherungsverfahren festgestellten Mängel bestreitet sie das Erfordernis jedweder Mängelbeseitigungsmaßnahmen. Insbesondere macht sie geltend, es seien seit Übergabe keine Feuchtigkeitserscheinungen oder Rissbildungen im Kellerbereich aufgetreten. Dies sei ein Indiz dafür, dass die Häuser ordnungsgemäß gegründet worden seien. Die Sohlplatte sei im übrigen keinesfalls durchgehend nur 17 cm stark; vielmehr weise sie grundsätzlich eine Stärke von 25 cm auf.

11

Im übrigen wird zum Vortrag der Parteien auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Weitere tatsächliche Feststellungen hat der Senat nicht getroffen.

12

Die Akten 5 OH 45/97 Landgericht Aurich und 16 OH 202/97 LG Hannover habendem Senat vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

13

II.

Die Berufung der Kläger hat teilweise Erfolg. Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt, allerdings mit Ausnahme der Kosten für das Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. E... vom 01.02.1999.

14

1)

Der Anspruch der Kläger folgt aus §§ 634, 635 BGB a. F.

15

Die Beklagte hat die neu errichteten Wohnungen als Bauträgerin verkauft. Sie haftet daher nach gefestigter Rechtsprechung nach Werkvertragsrecht.

16

Die Klage betrifft sowohl Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum als auch am Sondereigentum der einzelnen Eigentümer, ohne dass dabei hinsichtlich der einzelnen Baumängel zwischen den verschiedenen Anspruchstellern differenziert wird. Diese Vorgehensweise der Kläger nimmt der Klage nicht die Schlüssigkeit. Soweit es um Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum geht, können die Kläger als Wohnungseigentümergemeinschaft vorgehen. Sie sind gemeinsam aktivlegitimiert. Hinsichtlich der Mängel am Sondereigentum haben sich die Klägergegenseitig zur Prozessführung ermächtigt. Macht eine Wohnungseigentümergemeinschaft einverständlich Rechte hinsichtlich des Sondereigentums einzelner Wohnungseigentümer geltend, ist von einer stillschweigenden Ermächtigung der jeweiligen Wohnungseigentümer auszugehen ( BGHZ 100, 393 ). Daneben haben die Kläger ausdrücklich erklärt, dass sie mit einer Leistung an alle Mitglieder der Gemeinschaft einverstanden sind, auch soweit es um Ansprüche der einzelnen Sondereigentümer geht. In dieser Ermächtigung liegt eine gewillkürte Prozessstandschaft. Eine solche Prozessstandschaft ist zulässig. Das erforderliche rechtliche Interesse folgt aus der Verbindung der Kläger als Wohnungseigentümer. Im übrigen entspricht eine derartige Handhabung der Prozesswirtschaftlichkeit.

17

2)

Mit Recht machen die Kläger mit ihrer Berufung geltend, dass ihre Forderungen nicht verjährt sind. Das Landgericht geht zwar im rechtlichen Ansatz zutreffend davon aus, dass die 5-jährige Verjährungsfrist gemäß § 638 S. 1 BGB a. F. bei ungestörtem Ablauf am 01.10.1997 geendet hätte und dass durch den Antrag auf Einleitung des Beweissicherungsverfahrens vom 30.09.1997 eine Unterbrechung der Verjährung gemäß § 477 Abs.  2, 639 BGB a. F. eingetreten ist. Da diese Unterbrechungswirkung bei Inkrafttreten des Schuldrechtsmodemisierungsgesetzes am 01.01.2002 noch andauerte, ist die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB anzuwenden. Gemäß Abs. 1 dieser Vorschrift gelten die neuen Verjährungsvorschriften für Forderungen, die zum Stichtag 01.01.2002 noch nicht verjährt waren. Die hier maßgebliche Übergangsregelung trifft Abs. 2., da ab dem 01.01.2002 anstelle der Unterbrechung der Verjährung durch Einleitung des Beweissicherungsverfahrens nach neuem Recht eine Hemmung vorgesehen ist. Da die Unterbrechungswirkung vor dem 01.01.2002 eingetreten ist und mit Ablauf des 31.12.2001 noch nicht beendigt war, gilt die Unterbrechung mit Ablauf des 31.12.2001 als beendigt. Die neue Verjährung ist mit Beginn des 01.01.2002 gehemmt. Dies führt aber nicht dazu, dass ab dem 01.01.2002 nur die restliche Verjährungsfrist gehemmt war. Vielmehr begann am 01.01.2002 eine neue, auch nach neuem Recht 5-jährige Verjährungsfrist, die ihrerseits sogleich bis zum Ablauf von 6 Monaten nach Abschluss des Beweissicherungsverfahrens gemäß § 204 Abs. 2 BGB n. F. gehemmt war. Der Wortlaut der Regelung ist insoweit eindeutig. Da die Unterbrechung nach altem Recht als mit Ablauf des 31.12.2001 als beendigt galt, trat mit Ablauf des 31.12.2001 auch die nach altem Recht gem. § 217 BGB angeordnete Rechtsfolge der Beendigung einer Unterbrechung, nämlich der Neubeginn der Verjährung, ein. Die Unterbrechung wird also für die bisherige Verfahrensdauer weder aufgehoben noch in eine Hemmung umgedeutet. Es bleibt eine Unterbrechung im bisherigen Sinne (Staudinger, BGB, Art. 229 § 6 EGBGB Rn 21). Die Dauer dieser neu beginnenden Verjährungsfrist ist dabei nach den Vorgaben des Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 und 4 EGBGB neu zu bestimmen (Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 10 Rn 19). Mit dem gesetzlichen Hinweis auf den Beginn einer "neuen Verjährungsfrist" ist die vom Landgericht vertretene Gegenansicht, wonach lediglich der bis zur Unterbrechung noch nicht verstrichene Verjährungsrest auflebt und sogleich gehemmt wird, nichtvereinbar (so auch Pfeiffer, Der Übergang von der Unterbrechung zu Hemmung der Verjährung, ZGS 2002, 275). Das Argument der Beklagten, § 217 BGB a. F. könne nach dem 01.01.2002 keine Anwendung mehr finden, greift daher nicht durch. Die Übergangsvorschrift spricht die Fiktion der Unterbrechung zum Ablauf des 31.12.2001 aus, also nicht für die Zeit der Geltung des neuen Schuldrechts ab dem 01.01.2002. Die Übergangsvorschrift unterscheidet deutlich zwischen diesen beiden Zeitpunkten und setzt sie keinesfalls gleich.

18

Die Beklagte ist demgemäß nicht befugt, sich der Gewährleistung durch die Einrede der Verjährung zu entziehen.

19

3)

Die Kläger haben der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 28.04.2003 eine Frist zur Beseitigung der im Beweissicherungsverfahren des Landgerichts Aurich festgestellten Mängel gesetzt und zugleich erklärt, dass sie nachfruchtlosem Ablauf der Frist eine weitere Erfüllungsleistung der Beklagtenablehnen werden. Mit dem Verstreichen der Frist hat sich das vertragliche Erfüllungsverhältnis in ein Abrechnungs- und Abwicklungsverhältnis nach §§ 634 ff. BGB a. F. umgewandelt, so dass die Kläger gemäß §§ 634, 635 BGB entweder Minderung der Vergütung oder für die Mängel, deren Vorhandensein die Beklagte zu vertreten hat, Schadensersatz wegen Nichterfüllung beanspruchen können. Dabei sind hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs allerdings die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien zu beachten. Der Anspruch auf Schadensersatz ist in den Kaufverträgen (s. § 9 Nr. 5 des von den Klägern vorgelegten Vertrags des Klägers Lücke) - offenbar für alle Erwerber gleichlautend - auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzt worden.

20

4)

Die Kläger berechnen ihre Klageforderung nunmehr nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. F... vom 28.12.2000, das dieser zur Ergänzung seines Hauptgutachtens im Beweissicherungsverfahren 5 OH 45/97 erstellt hat (Bd. II Bl. 11 ff. der Akten). Der Sachverständige hat hierin die Kosten für die Beseitigung der verschiedenen Mängel mit 588.770,00 DM = 301.033,32 € ermittelt. Daneben fordern sie 3.594,18 € für ein Privatgutachten.

21

Die Kläger waren befugt, ihre Klage im zweiten Rechtszug über den im ersten Rechtzug gestellten Antrag hinaus auf den vom Sachverständigen ermittelten Gesamtbetrag zu erweitern ( §§ 264 Nr. 2, 525 ZPO). Ohne Erfolg macht die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend, die Klage sei unschlüssig, weil sich die Kläger bei ihrem Prozessvortrag zu den einzelnen Mängeln im wesentlichen darauf beschränkt haben, auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. F... zu verweisen. Der fakultative Inhalt vorbereitender Schriftsätze - und hierzu zählt die Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse, die dem Anspruchzugrunde liegen - darf durch in Bezug genommene Anlagen ergänzt werden, wenn der Schriftsatz aus sich heraus verständlich bleibt und die Bezugnahme substantiiert ist (Zöller, ZPO, 25. Auflage § 130 Rn. 2). Dies ist der Fall. Die Klägernehmen konkret Bezug auf die im Beweissicherungsverfahren eingeholten Gutachten vom 30.12.1999 und 28.12.2000 und machen die dort festgestellten Mängel zum Gegenstand ihrer Klage.

22

Ebenso wenig können die Kläger ihrerseits der Beklagten ein prozessuales Versäumnis vorhalten, weil sie ihre Einwände gegen die einzelnen Mängel erst im zweiten Rechtszug vorgebracht hat. Zwar ist eine Prozesspartei grundsätzlich gehalten, bereits im ersten Rechtszug umfassend vorzutragen und auch solche Gesichtspunkte vorzubringen, auf die es nach ihrer Rechtsansicht nicht ankommt, weil die Klage schon aus anderen Gründen scheitern muss. Andererseits kann sie aber erwarten, dass zuvor ein gerichtlicher Hinweis erfolgt. Diesen Hinweis hat die Beklagte erst im zweiten Rechtszug erhalten. Das Landgericht hat den Prozessstoff auf die Frage der Verjährung beschränkt. Demgemäß konnte die Beklagte darauf vertrauen, dass sie ihre Einwendungen zu den Mängeln noch im zweiten Rechtszug anbringen kann, sofern das Berufungsgericht hinsichtlich der Verjährung zu einem anderen Ergebnis kommt.

23

5)

Zu den einzelnen Mängeln gilt - in der Reihenfolge des Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Prof. F... vom 28.12.2000 - folgendes:

24

a)

Im Vordergrund des Streits der Parteien stehen die von den Klägern geltend gemachten Mängel im Bereich der Fundamente und der Keller (Ziff. 5. 1 des Gutachtens; 136.000,- DM pro Wohnungseinheit). Die Kläger behaupten - unter Stützung auf das Gutachten -, dass die Gründung der Häuser nicht ausreichend sei. Die Sohlplatte hätte nicht die erforderliche Stärke. Außerdem habe der Beton keine ausreichende Bewehrung erhalten. Daneben sei keine Anschlussbewehrung im Bereich der Sohle zu den aufgehenden Wänden vorgesehen worden. Dies alles begründe die Gefahr einer Rissbildung, und zwar trotz der Tatsache, dass seit der Abnahme der Häuser im Jahre 1992 noch keine sichtbaren statischen Schäden aufgetreten seien. Durch die konstruktiven Mängel könne Feuchtigkeit in die Keller eindringen. Hierdurch komme es zu einer statischen Beeinträchtigung. Die eingebrachte Bewehrung könne durch die in den Beton eindringende Feuchtigkeit rosten und damit ihre Funktion ganz oder zum Teil verlieren. Zur Beseitigung dieses Mangels machen die Kläger geltend, die Sohlplatte müsse durch eine von innen vorgenommene Verpressung verstärkt werden. Daneben machen die Kläger unter dieser Schadensposition geltend, die Beklagte habe es versäumt, die Kellerwände ausreichend zu dämmen, und zwar so, wie es für Wohnräume erforderlich sei. Auch hierfür fordern die Kläger Ersatz der entsprechenden Mängelbeseitigungskosten.

25

Zu dieser Position ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt, und zwar entweder gemäß § 634 oder gemäß § 635 BGB. Die Beklagte war verpflichtet, die Häuser gemäß den anerkannten Regeln der Technik errichten zu lassen. Dazu gehörte es u. a., die Sohlplatte entsprechend den statischen Erfordernissen auszubilden und zu bewehren. Dies ist nicht geschehen. Der Sachverständige Prof. F... hat im Beweissicherungsverfahren festgestellt, dass die vorgesehene Bewehrung in der Sohlplatte (Boden und Anschlussbereich zu den aufgehenden Wänden) nicht den statischen Erfordernissen entspricht und insbesondere nicht gewährleistet, dass der Beton nicht reißt. Der Sachverständige hat sich dabei zutreffend auf die Planungsunterlagen gestützt. Die Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, dass die Arbeiten abweichend von den Bewehrungsplänen, welche dem Sachverständigen vorlagen, ausgeführt worden sind. Soweit die Beklagte im zweiten Rechtszug mit Schriftsatz vom 08.02.2006 hierzu ein Privatgutachten vorgelegt hat, ist dies nach Schluss der mündlichen Verhandlung geschehen. Dieser Vortrag war daher nicht zu berücksichtigen. Ergab auch keinen Anlass, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten. Das Gutachten ist inhaltlich nicht geeignet, dass bisherige Prozessergebnis zur Frage der ausreichenden Bewehrung der Sohlplatte zu entkräften. Denn der Privatgutachter hat sich - im Gegensatz zum Sachverständigen F... bei seinen Überlegungen nicht auf die verwendeten Konstruktionspläne, sondern nur auf die Angaben in der Baugenehmigung gestützt. Abgesehen hiervon hätte der entsprechende Vortrag bei Vorlage des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung als verspätet zurückgewiesen werden müssen (§§ 296 Abs. 1, 282 Abs. 1 u. 2, 525 ZPO). Der Beklagten war durch die Verfügung des Senats vom 14.10.2005 bekannt, dass die Frage der Verjährung im zweiten Rechtszug anders beurteilt wird und dass sie zumindest jetzt gehalten war, zur Sache selbst vorzutragen. Die Beklagte hatte daher ca. drei Monate Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen. Ein derartiges prozessuales Vorgehen ist grob nachlässig. Weiterhin kann die Beklagte zur Verteidigung gegen das Gutachten des Sachverständigen Prof. F... nicht mit Erfolg einwenden, es sei deswegen nicht verwertbar, weil hierin auf ein weiteres Gutachten von Prof. Dr. B... verwiesen werde, das sie nicht erhalten habe. Ausweislich der Beweissicherungsakte (Bd. I Bl. 232) ist dem Beklagtenvertreter am 21.03.2000 eine Abschrift des Gutachtens B... übermittelt worden. Im übrigen ist festzustellen, dass der Sachverständige S... für ein Nachbarhaus zu der hier im Vordergrund stehenden Frage der ordnungsgemäßen Herstellung der Bodenplatte zu demselben Ergebnis kommt wie der Sachverständige Prof. F.... Auch er ist der Auffassung, dass die eingebaute Bewehrung nicht ausreicht und dass es deswegen zu einer Rissbildung kommen kann. Dieses Gutachten wird von der Beklagten selbst zitiert. Sie hält es für richtig.

26

Streitig und ungeklärt ist jedoch, welche Schlussfolgerungen sich aus den Feststellungen des Sachverständigen Prof. F... ergeben. Während die Kläger meinen, es müssten schon jetzt Mängelbeseitigungsarbeiten vorgenommen werden - und zwar in Form einer Verpressung - steht die Beklagte unter Hinweis auf das Gutachten S... auf dem Standpunkt, eine statische Beeinträchtigung der Häuser sei in keinem Fall zu befürchten. Man könne zunächst abwarten. Falls noch Feuchtigkeit eindringe, könne diese entsprechend dem Vorschlag des Sachverständigen S... für das Nachbarhaus - mit einem Kostenaufwand von ca. 600,- DM pro qm beseitigt werden.

27

Auch nach dem Vorbringen der Beklagten ist damit ein Anspruch gegeben. Dies rechtfertigt den Erlass eines Grundurteils. Folgt man der Beklagten, kommt in jedem Fall eine Minderung gemäß § 634 Abs. 1 BGB a. F. in Betracht, und zwar zur Abgeltung des Risikos, dass eine Rissbildung eintritt und deswegen Abdichtungsmaßnahmen nötig sind (Kostenaufwand bei einer derzeitigen Ausführung: 600,- DM pro qm). Nach Ansicht der Kläger sind hingegen bereits jetzt Mängelbeseitigungsarbeiten erforderlich. Ist dies der Fall, ist in erster Linie ein Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB gegeben. Die Beklagte hat den in Rede stehenden Mangel insbesondere auch zu vertreten ( § 278 BGB ). Sie war verpflichtet, die Gebäude entsprechend den anerkannten Regeln der Techniker richten zu lassen. Dabei mussten u. a. die statischen Vorgaben eingehalten werden. Das Verschulden der Mitarbeiter der bauausführenden Firma muss sich die Beklagte dabei zurechnen lassen. Daneben folgt aber auch ein solcher Anspruch aus § 634 BGB. Denn wenn schon jetzt eine Mängelbeseitigung nötig ist, sind die Gebäude mit einem Minderwert belastet. Die Höhe drückt sich bei einem Baumangel grundsätzlich in dem Geldbetrag aus, der für die Beseitigung der vorhandenen Mängel im Zeitpunkt der Abnahme aufzuwenden ist (Werner/Pastor, 11. Aufl. Rdn. 1667 unter Hinweis auf BGHZ 58, 181 = NJW1972, 821; BGH NJW-RR 1997, 688, 689). Hinzu kommt ein etwaiger merkantiler oder noch verbleibender technischer Minderwert.

28

Die Tatsache, dass aufgrund der Unsicherheit über die Dringlichkeit einer Sanierung derzeit noch ungeklärt ist, welche der beiden Anspruchsgrundlagen eingreift, steht dem Erlass des Grundurteils nicht entgegen. Es reicht die Feststellung, dass jede der beiden Alternativen zur Bejahung des Anspruchsgrundes hinreicht ( BGH NJW 1998, 379) und dass der Anspruch auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Beklagten in irgendeiner Höhe entstanden ist ( BGHZ 110, 200; 126, 219; BGH NJW 1994, 2286 [BGH 09.06.1994 - IX ZR 191/93]; 1998, 1709) . Dies ist der Fall.

29

b)

Unter Ziff. 5.2 seines Gutachtens setzt der Sachverständige Prof. F... 9.000,- DM an Mängelbeseitigungskosten im Hinblick auf einen angebauten Wintergarten an. Diese Arbeiten stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der zuvor erörterten Position, so dass auch insoweit ein Anspruch dem Grunde nach gerechtfertigt ist.

30

c)

Gegen die weiteren von den Klägern geltend gemachten und im Gutachten des Sachverständigen Prof. F... festgestellten Mängel (5.6: Pumpenschächte/Hebeanlagengrube; 800,- DM pro Haus = 3.200,- DM); 5.10.1: Zimmertüren Haus Nr. 1 = 300,- DM; 5.10.2: Eingangstür Haus Nr. 1 = 2.000,DM; 5.10.3: Regenrinnen Haus Nr. 1 = 4.400,- DM; 5.10.5: Sockelfliesen Haus Nr. 2 = 370,- DM; 5.11.1: Zugluft DG Haus Nr. 2 = 7.400,- DM; 5.12.1: Küchenfenster Haus Nr. 2/Wohnung Lücke = 1.000,- DM; 5.12.2: Rissbildungen Haus Nr. 2/Wohnung Lücke = 4.000,- DM; 5.12.7: Geräusche im Dachgeschoss Haus Nr. 1 - 3 = 5.700,- DM); 5.13: Pflasterabsackungen 5.400,- DM) hat die Beklagte keine substantiierten Einwendungen erhoben. Demgemäß ist die Klage auch insoweit dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären.

31

d)

Unbegründet ist die Klage dagegen hinsichtlich der Kosten des Privatgutachters Dipl. Ing. E.... Die Kosten des Gutachtens vom 01.02.1999 sind nichterstattungsfähig. Zwar sind die Kosten für ein Gutachten über Ursache und Ausmaß der eingetretenen oder vielleicht noch zu erwartenden Mängelgrundsätzlich Mangelfolgeschäden, die unter den Voraussetzungen von § 635 BGB a. F. zu erstatten sind (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage, Rn 159 m. w. N.). Das Gutachten wurde aber während des laufenden Beweissicherungsverfahrens Auftrag gegeben. In diesem Stadium hätten die Kläger den Eingang des gerichtlichen Gutachtens abwarten müssen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum nach Einleitung des Beweissicherungsverfahrens und vor Eingang des ersten gerichtlichen Gutachtens vom 30.12.1999 parallel einweiteres Gutachten in Auftrag gegeben werden musste. Der Auseinandersetzung mit dem gerichtlichen Gutachten konnte es offensichtlich nicht dienen. In Höhe von 3.594,18 € war die Klage daher durch Teilurteil abzuweisen.

32

6)

Zur Höhe ist die Sache zu dem noch offenen Teil der Klageforderung noch nicht Entscheidungsreif. Sie bedarf weiterer Aufklärung. Insoweit war sie auf den übereinstimmenden Antrag beider Parteien an das Landgericht zurückzuverweisen ( § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO ).

33

a)

Das Landgericht wird im weiteren Verfahren zunächst zu klären haben, welche Leistungen die Beklagte hinsichtlich der Bewohnbarkeit der Kellerräume schuldete. Die Kellerräume sind zu Wohnräumen ausgebaut worden. Die Klägermachen geltend, die Beklagte habe es versäumt, hierzu die bautechnischen Voraussetzungen zu schaffen. Insbesondere seien die Kelleraußenwände nicht ausreichend isoliert worden. Die insoweit erforderlichen Kosten sind Teil der im Vordergrund stehenden Forderung in Höhe von 136.000,- DM. Daneben geht es insoweit um die Kosten von 2.000,- DM für die Wohnungseingangstür Haus Nr. 2/Wohnung Fahrenkamp (Ziff. 5.11.2 des Gutachtens Prof. F...). Insoweit werden die Parteien zunächst dazu vorzutragen haben, was sie zur Bewohnbarkeit der Kellerräume vereinbart haben. Im Kaufvertrag ist die Rede von "Kellerräumen". Dies ist ein Indiz dafür, dass das Sockelgeschoss nicht für Wohnzwecke gedacht sein sollte. Andererseits entspricht die Deckenhöhe aber der von Wohnräumen. Erst nach Klärung des Vertragsinhalt kann beurteilt werden, welche bautechnischen Anforderungen an die Gestaltung der Kelleraußenwände sowie der Räume selbst zu stellen sind. Sodann wird eine weitere Begutachtung erforderlich sein, und zwar insbesondere zur Frage, ob die Häuser ordnungsgemäß gegründet sind (Sohlplattenstärke, fehlende Streifenfundamente, Langzeitfolgen der festgestellten unzureichenden Bewehrung der Sohlplatte und der fehlenden Anschlussbewehrung zu den Wänden). Der Sachverständige Prof. F... hat nur punktuelle Feststellungen dazu getroffen, wie dick die Sohlplatte ist. Es wird zu ermitteln sein, wie die Verhältnisse insgesamt sind, und zwar eventuell durch das von der Beklagten vorgeschlagene geophysikalische Radarmessverfahren. Möglicherweise kann hierzu auf die Erkenntnisse zurückgegriffen werden, die in den beim Landgericht Aurich anhängigen Parallelverfahren (3 O 346/99und 5 O 341/99) nebst den dazu gehörendenvorläufigen Beweisverfahren gewonnen worden sind bzw. sich dort noch ergeben. Auf dieser Basis wird sodann eine sachverständige Abschätzung vorzunehmen sein, welche Folgen und Risiken sich hieraus für die Standsicherheit der Gebäude und insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Rissbildung ergeben. Damit im Zusammenhang steht die Frage, ob die vom Sachverständigen Prof. F... vorgeschlagene Sanierung der Sohlplatte durch eine Verpressung tatsächlich derzeit erforderlich ist. Die Beklagte hat durch ihre Bezugnahme auf das Gutachten S... erhebliche Einwände gegen das Gutachten Prof. F... erhoben. Der Sachverständige S... sieht trotz der unzureichenden Bewehrung keine statischen Probleme. Er kommt zu dem Ergebnis, dass lediglich mit Feuchtigkeitsschäden zu rechnen sei. Diese müssten erst dann beseitigt werden, wenn sie auftreten. Vorsorgemaßnahmen hält er nicht für nötig. Dieser Streitfrage ist nachzugehen. Erst auf der Grundlage einervollständigen technischen Abklärung in diesem Sinne wird sich beurteilen lassen, ob die Kläger ihr Zahlungsverlangen zu den genannten Positionen auf einen Minderungsanspruch gemäß § 634 Abs. 1 BGB a. F. oder auf einen Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB a. F. stützen können. Die Höhe einereventuellen Minderung wird sich dabei an den Kosten zu orientieren haben, die zum Zeitpunkt der Abnahme erforderlich gewesen wären, um die bereits zu diesem Zeitpunkt latent vorhandenen Mängel zu beseitigen (Werner/Pastora. a. O.). Sollte sich ergeben, dass der Vortrag der Kläger richtig ist und dass hinsichtlich der Gründung der Gebäude sofort Sanierungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen, wird die Beklagte gegen den insoweit in Betracht kommenden Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gemäß § 635 a. F. BGG nicht mit Erfolg ins Feld führen können, dass ihre Haftung auf Schadensersatz gemäß § 9 Nr. 5 der Verträge auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzt sei. Die Beachtung der statischen Vorgaben gehört zum bautechnischen Grundwissen. Zudem lag ein Bodengutachten vor. Soweit sich ergeben sollte, dass die Bodenplatte zu dünn ist und dass durch die unzureichende Bewehrung eine Rissbildung mit Feuchtigkeitseintritt und dadurch negative Folgen für die Standsicherheit der Gebäude eintreten können, muss sich die Beklagte bzw. der in ihrem Pflichtenkreis tätige Erfüllungsgehilfe grobe Fahrlässigkeitentgegenhalten lassen.

34

b)

Daneben ist im ersten Rechtszug noch über die Höhe der Ansprüche hinsichtlich der weiteren von den Klägern geltend gemachten Mängel zu entscheiden (vgl. oben Ziff. 6 c). Insoweit werden die Kläger - vorbehaltlich der Beurteilung durch das Landgericht - aufgrund der vertraglichen Haftungsbegrenzung in § 9 Nr. 5 der Verträge statt des geltend gemachten Schadensersatzes nur eine Minderung geltend machen können. Die Beurteilung der Höhe obliegt dem Landgericht im Betragsverfahren. Dabei wird auch den Einwendungen der Beklagten zur Höhe der vom Sachverständigen Prof. F... nur pauschal ermittelten Mängelbeseitigungskosten nachzugehen sein. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich eine Minderung nicht an den aktuellen Kosten, sondern an denen zum Zeitpunkt der Abnahme zu orientieren hat. Weiterhin wird - und zwar ebenso bei den Kosten zu a) - zu berücksichtigen sein, dass das Gutachten des Sachverständigen Prof. F... hinsichtlich des sog. Inselzuschlags einen Widerspruch enthält, der der Klärung bedarf. Der Sachverständige hält einen Zuschlag von 60 % auf die Kosten aufgrund der Insellage für angemessen. Andererseits kommt aber die gutachtliche Stellungnahme des Architekten Prof. T... auf die sich Prof. F... selbst bezieht, für No... nur auf einen Zuschlag von 45 % (Bd. II Bl. 26 der Akten 5 OH 45/97 LG Aurich).

35

7)

Die Kostenentscheidung bleibt dem Landgericht überlassen.

36

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

37

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.