Landgericht Aurich
Urt. v. 28.12.1988, Az.: 1 S 446/88

Schadensersatzanspruch eines Vermieters wegen Beschädigung der Mietsache oder unterlassener Schönheitsreparaturen; Voraussetzungen für eine Vernehmung des Klägers von Amts wegen; Voraussetungen für eine Pflicht eines Mieters zur Vornahme von Reparaturen

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
28.12.1988
Aktenzeichen
1 S 446/88
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1988, 15181
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGAURIC:1988:1228.1S446.88.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Leer - 23.08.1988 - AZ: 7 C 1236/87

In dem Rechtsstreit
hat die I. Zivilkammer des Landgerichts Aurich
auf die mündliche Verhandlung vom 14.12.1988
durch
den Richter am Landgericht ... als Vorsitzenden,
den Richter am Landgericht ... und
den Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Leer vom 23.08.1988 - 7 C 1236/87 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

2

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat die Berufung aus den zutreffenden Gründen des amtsgerichtlichen Urteils aber keinen Erfolg.

3

1.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung restlichen Mietzinses für den Monat Februar 1987. Denn auch in der Berufungsinstanz hat der Kläger noch nicht schlüssig dargelegt, daß insoweit noch ein Mietzinsrückstand der Beklagten besteht. Ausweislich des vom Kläger vorgelegten (zweiten) Mietvertrages vom 08.01.1987 betrug der Mietzins 375,00 DM monatlich (ohne Nebenkosten). Nach eigenen Angaben des erstinstanzlich als Partei vernommenen Klägers hat er für den Zeitraum von November 1986 bis Februar 1987 (einschließlich) aber 1.900,00 DM und damit mehr als fünf Monats(netto)mieten erhalten. Hierbei hat die Kammer berücksichtigt, daß dem Kläger durch das amtsgerichtliche Urteil Mietzinsansprüche für die Monate März bis Juli 1987 (einschließlich) zuerkannt worden sind. Aus diesem Grunde sind auch die von den Beklagten am 05.03.1987 und 18.03.1987 geleisteten Zahlungen über je 200,00 DM in die obige Abrechnung mit einzubeziehen. Der Mietzinsanspruch des Klägers ist somit jedenfalls bis Februar 1987 (einschließlich) in voller Höhe erfüllt.

4

2.

Der Kläger hat auch keinen weitergehenden Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache oder unterlassener Schönheitsreparaturen.

5

a.

Der Kläger hat nicht nachgewiesen, daß der durch die von ihm überreichten Lichtbilder belegte Zustand der Mietsache von den Beklagten zu vertreten ist. Denn die Aussagen der erstinstanzlichen Zeugen sind - wogegen sich die Berufung auch nicht wendet - nicht geeignet, den Vortrag des Klägers zu stützen. Die Folgen der Nichterweislichkeit hat der Kläger zu tragen, da ihn die Beweislast dafür trifft, daß die angeblichen Schäden und Verunreinigungen des Mietobjekts zu Beginn des Mietzeitraums noch nicht vorhanden waren.

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Eine Vernehmung des Klägers von Amts wegen gemäß § 448 ZPO kam nicht in Betracht. Zwar mag eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, daß Dübellöcher, Schmutzflecken im Teppichboden etc. beim Einzug der Beklagten noch nicht vorhanden waren. Dies reicht ungeachtet dessen, ob es sich hierbei überhaupt um Beschädigungen der Mietsache handelt (siehe hierzu unten) nicht aus, um einigen Beweis für den Vortrag des Klägers annehmen zu können. Eine Vernehmung der beweisbelasteten Partei gemäß § 448 ZPO kommt aber nur dann in Betracht, wenn schon einiger Beweis erbracht ist und nur noch eine (geringfügige) Ergänzung der Beweiswürdigung erforderlich ist, um vollen Beweis zu erbringen. Hier mag es zwar der Umstand, daß die Beklagten den Mietzins zunächst ohne Vorbehalt entrichtet haben, dafür sprechen, daß sich das Mietobjekt beim Einzug in einem besseren Zustand befunden hat; auf der anderen Seite zeigen die vom Kläger eingereichten Lichtbilder, daß es sich bei den von ihm vermieteten Haus insgesamt um ein von Ausstattung und Einrichtung her bescheidenes Mietobjekt handelt. Da auch der Mietzins lediglich 375,00 DM monatlich betrug und nach dem von den Parteien unterzeichneten Übergabeprotokoll (Blatt 81 d.A.) das Recht auf Mietminderung (wegen Mängel) ausgeschlossen sein sollte, erscheint es ebensogut vorstellbar und wahrscheinlich, daß die Beklagten eventuell vorhandene Mängel und Beschädigungen erst gar nicht gerügt haben. Mangels (weit) überwiegender Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des klägerischen Vortrags kam daher eine Vernehmung des Klägers vom Amts wegen nicht in Betracht.

7

b.

Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten folgt auch nicht aus dem von ihnen am 14.03.1987 abgeschlossenen (dritten) Mietvertrag. Da die Fristen zur Durchführung der Schönheitsreparaturen noch nicht abgelaufen waren, hätte sich eine Renovierungspflicht der Beklagten allenfalls aus § 16 Abs. 4, 7 Abschnitt des Mietvertrages ergeben können. Danach waren die Schönheitsreparaturen schon früher, d.h. vor Ablauf der im Fristenplan genannten Zeiträume, auszuführen, soweit es der Zustand des Mietobjektes erforderte. Diese Klausel greift indessen hier nicht ein. Zwar befinden ausweislich der vom Kläger vorgelegten Lichtbilder einige Dübellöcher in den Wänden; der in den Fluren und Zimmern verlegte Teppichboden weist an mehreren Stellen Verschmutzungen auf; schließlich findet sich auch in einer Zimmerdecke ein etwas größeres Loch, was vermutlich einmal der Durchführung eines Antennenkabels gedient hat. Diese Beschädigungen übersteigen nach Auffassung der Kammer aber ein übliches Maß der Nutzung noch nicht, sondern sind vom Vermieter im Rahmen des von ihm zu gewährenden Gebrauchs der Mietsache zu dulden. Hierbei ist zu berücksichtigen, das daß vom Kläger vermietete Haus in Ausstattung und Einrichtung von einfachem Zuschnitt war. Die vorgenannten Beschädigungen brachten daher lediglich eine geringfügige, nicht ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der Mietsache mit sich, die noch keine Renovierungspflicht auslöste. Schon von daher war dem Kläger kein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen zuzusprechen. Die Kammer brauchte deshalb insbesondere nicht mehr darauf einzugehen, ob der Kläger im anderen Fall einen Anspruch darauf gehabt hätte, daß die Wohnung komplett renoviert worden wäre.

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Zutreffend hat das Amtsgericht den Schadensersatzanspruch des Klägers für die Gesamtreinigung des Mietobjekts lediglich auf 100,00 DM festgesetzt. Weshalb dem Kläger durch die Reinigung Kosten in Höhe von 800,00 DM entstanden sein sollen, ist nicht ersichtlich; auch die Berufung sagt hierzu nichts, so daß auch unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten Fotos und dem auf einigen dieser Fotos abgebildeten Müll und Unrat der erkannte Betrag angemessen erschien.

9

3.

Dem Amtsgericht ist schließlich auch dahin beizupflichten, daß es lediglich die Aufwendungen des Klägers für zehn Lichtbilder für Erstattungsfähig angesehen hat. Denn der Kläger kann lediglich insoweit Schadensersatz verlangen, als die von ihm gefertigten Lichtbilder erforderlich waren, um die Schäden durch Zerstörung der Fensterscheibe im Schuppen, der Klappfensterveriegelung, der Seifenschale und der Reinigungskosten (wegen Beseitigung des Mülls) zu belegen. Hierfür waren nicht mehr als zehn Lichtbilder erforderlich.

10

III.

Aus den vorgenannten Gründen war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.