Landgericht Oldenburg
Urt. v. 07.10.1999, Az.: 9 S 731/99

Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung wegen Schimmelbildung ; Verschulden bei Nichtverhinderung der Schimmelbildung durch verstärktes Lüften und Heizen von Seiten des Mieters ; Erforderlichkeit einer Fristsetzung zur Behebung der Gesundheitsgefährdung; Widerklage auf Herausgabe der Bankbürgschaft für Ansprüche aus dem Mietverhältnis

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
07.10.1999
Aktenzeichen
9 S 731/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 30883
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:1999:1007.9S731.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Oldenburg - 11.06.1999 - AZ: E5 C 5147/98 XX

Fundstellen

  • BauR 2000, 1385 (amtl. Leitsatz)
  • ZMR 2000, 100-101

In dem Rechtsstreit
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 16.09.1999
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... und
die ... am Landgericht ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der ... gegen das Urteil des Amtsgerichts Oldenburg vom 11.06.1999 (E 5 C 5147/98 XX) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

(Unter Verzicht auf Darstellung des Tatbestands gem. § 543 I ZPO)

Entscheidungsgründe

2

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

3

Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

4

Das Mietverhältnis ist durch die fristlose Kündigung der ... zum 31.12.1995 beendet worden; dazu war die ... gem. § 544 BGB berechtigt. Ob eine Schimmelbildung in nennenswerten Umfang schon grundsätzlich als möglicher Auslöser von allergischen und asthmatischen Krankheiten als gesundheitsgefährdend anzusehen ist (so LG München NJW-RR 1991, 975) kann hier dahingestellt bleiben, denn die Beklagte ist ausweislich der ärztlichen Bescheinigung des ... vom 22.12.1995 gegen Hausstaubmilben allergisch, deren Wachstum durch Feuchtigkeit vermehrt wird. Nach dem Gutachten des Sachverständigen ... vom 03.05.1999 ist davon auszugehen, daß in der vermieteten Wohnung (Erstbezug) noch erhebliche Restfeuchtigkeit aus der Bauphase vorhanden war, so daß wegen der Hausstaubmilbenbildung durch die vorhandenen Gebäudefeuchtigkeit von einer erheblichen Gesundheitsgefährdung der ... auszugehen ist.

5

Das Recht zu einer fristlosen Kündigung nach § 544 BGB wäre lediglich dann entfallen, wenn die ... den gesundheitsgefährdenden Zustand schuldhaft herbeigeführt hätte (Palandt, BGB, 57.A., § 544 Rn 1). Diese Voraussetzung liegt hier aber nicht vor. Zwar hätte die Schimmelbildung nach den Feststellungen des Sachverständigen ... durch verstärktes Lüften und Heizen von Seiten der Beklagten verhindert werden können. Insoweit trifft sie aber kein Verschulden. Unabhängig von der Zumutbarkeit solchen Verhaltens (vgl. dazu LG Hamburg, NJW-RR 1998, 1309 [LG Hamburg 26.09.1997 - 311 S 88/96]), können entsprechende Kenntnisse von der Beklagten nicht verlangt werden. Die ... hat auch nicht vorgetragen, daß ein entsprechender Hinweis erteilt worden wäre. Soweit die ... behauptet, die Wohnung sei von der Beklagten zu sehr mit Möbeln vollgestellt worden, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und findet auch in Fotos des Privatgutachtens ... vom 30.12.1995 keine Stütze (vgl. dazu allgemein LG Hamburg, a.a.O.).

6

Eine Fristsetzung zur Behebung der Gesundheitsgefährdung war hier nicht erforderlich, weil die Gefährdung nicht leicht behebbar war (vgl. Palandt, a.a.O., § 544 Rn 1). Zwar hätten die vom Schimmel betroffenen Stellen sicherlich kurzfristig durch Tapezieren und Streichen in einen äußerlich ordnungsgemäßen Zustand versetzt werden können - was die Klägerin auch angeboten hat -, die Ursache der Schimmelbildung wäre dadurch aber nicht beseitigt worden. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Falkenberg ist bei Neubauten mit einer Trocknungszeit von mindestens zwei Jahren zu rechnen. Zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung war das Gebäude aber gerade seit ca. einem Jahr fertiggestellt. Eine erneute Schimmelbildung hätte daher nur durch verstärktes Lüften und Heizen über einen weiteren Zeitraum von ca. einem Jahr verhindert werden können, so daß - unabhängig von der Zumutbarkeit - eine leichte Behebbarkeit hier nicht gegeben ist.

7

Die Widerklage auf Herausgabe der Bankbürgschaft für Ansprüche aus dem Mietverhältnis ist begründet. Soweit die ... nicht gezahlte Nebenkostenabschläge für die Monate Januar bis März 1996 in Höhe von 360,- DM geltend macht, ist die ... zur Zahlung von Nebenkosten für diesen Zeitraum auf Grund der wirksamen fristlosen Kündigung nicht verpflichtet. Soweit die Klägerin eine Nebenkostennachzahlung in Höhe von 124,93 DM geltend macht, ist diese nicht bis zum 31.12.1995, sondern bis zum 31.03.1996 berechnet, so daß eine ordnungsgemäße Abrechnung zum Ende des Mietverhältnisses nicht vorliegt. Ein Zurückbehaltungsrecht an der Bürgschaftsurkunde besteht daher nicht mehr, weil nach Beendigung des Mietverhältnisses seit dem 01.01.1996 eine angemessenen Frist für die Abrechnung abgelaufen ist (Palandt, a.a.O., § 273 Rn 15).

8

Die Kostenentscheidung folgt bei einem Streitwert von 1.984,93 DM aus § 97 ZPO. Ein Anerkenntnis der Widerklageforderung im Sinne von § 93 ZPO durch die Klägerin liegt nicht vor, weil sie nur "Zug-um-Zug" gegen Zahlung der Klagforderung anerkannt hat und sie sich mit der Herausgabe auf Grund des Schreibens der Beklagtenvertreter vom 21.12.1995 im Verzug befand.