Landgericht Oldenburg
Urt. v. 21.06.1999, Az.: 13 O 2850/98
Voraussetzungen für den Anspruch auf das Architektenhonorar; Voraussetzung des Verjährungsbeginns beim Architektenhonorar; Anforderungen an die Zulässigkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 21.06.1999
- Aktenzeichen
- 13 O 2850/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 30561
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1999:0621.13O2850.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Oldenburg - 18.09.1998
Rechtsgrundlagen
- § 9 AGBG
- § 11 Nr. 3 AGBG
- § 8 HOAI
Fundstelle
- BauR 2000, 764-765 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Architektenhonorar
In dem Rechtsstreit
hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 31.05.1999
durch
die ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Oldenburg vom 18.9.1998 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, daß der Beklagte 4 % Zinsen aus 74.785,79 DM für die Zeit vom 16.3.96 bis zum 7.6.96 und aus 40.058,80 DM ab dem 29.10.96 zu zahlen hat.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 DM vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert beträgt 40.058 DM.
Tatbestand
Die Parteien schlossen 1995 einen Architektenvertrag, nach dem der Kl, als Architekt Sanierungs- und Umbauarbeiten eines Hauses des Bekl. in ... planen sollte. Nach Erbringung der Leistungsphasen 1-4 und 6 erteilte der Kl. dem Bekl. zwei Abschlagsrechnungen vom 2.12.95 und 12.2.96, die der Kl. jedoch trotz Mahnung nicht bezahlte, Daraufhin kündigte der Kl. mit Schreiben vom 13.4.96 den Architektenvertrag fristlos. Am 5.6.96 zahlte der Kl. an den Bekl. 70.000 DM. Mit Schlußrechnung vom 10.7.96 machte der Kl. für die bereits erbrachten Leistungsphasen einen Restbetrag von 40.058,80 DM geltend, den der Bekl. nicht ausgeglichen hat. Auf Antrag des Kl. erging am 19.8.98 ein Mahnbescheid und am 18.9.98 ein Vollstreckungsbescheid über 40.048,80 DM, gegen den der Bekl. Einspruch einlegte.
Der Kl. beantragt,
den Vollstreckungsbescheid vom 18.9.98 mit der Maßgabe aufrechzuerhalten, daß der Beklagte 11 % Zinsen aus 74.785,79 DM für die Zeit vom 16.3. bis zum 7.6.1996 und aus 40.058,80 DM ab dem 29.10.1996 zu zahlen hat.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet, es sei zwischen den Parteien ein Festpreis von 24.000 DM vereinbart worden. Zudem habe sich der Kl. bereit erklärt, 5.000 DM aus einem anderen Vertragsverhältnis anzurechnen und von seiner Forderung in Abzug zubringen.
Er ist der Ansicht, der Kl. habe den Vertrag grundlos und zur Unzeit gekündigt, weil nach einer zwischen den Parteien geschlossenen Zusatzvereinbarung festgestanden habe, daß der Bekl. das Architektenhonorar erst nach Verkauf des, Grundstücks und Erhalt des Kaufpreises habe bezahlen müssen.
Der Bekl. ist weiter der Ansicht, daß die vom Kl. vorgelegte Schlußrechnung nicht prüffähig sei.
Die Ansprüche des Kl. seien überdies bereits verjährt. In Wirklichkeit habe es sich bei den Abschlagsrechnungen vom 2.12.95 und 12.2.96 um eine - lediglich vom Kl. falsch bezeichnete - Schlußrechnung gehandelt. Zumindest müsse sich der Kl. aber so behandeln lassen, als sei bereits 1995 Fälligkeit und damit Verjährungsbeginn für seine Ansprüche eingetreten verjährt, da er die Schlußrechnung bereits 1995 habe vorlegen können und dies grundlos unterlassen habe. Sein eigenes Unterlassen könne ihm aber nicht im Rahmen der Berechnung der Verjährung zugute gehalten werden. Zumindest seien die Ansprüche bei gerichtlicher Geltendmachung 1998 verwirkt gewesen.
Der Kl. behauptet weiter erhebliche Mängel der Architektenleistung des Kl., deretwegen ihm Schadensersatzansprüche zustünden, mit denen er hilfsweise die Aufrechnung erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist bis auf einen Teil der Zinsen begründet.
Dem Kl. steht der geltend gemachte Architektenhonoraranspruch zu.
Der Kl. hat die in Rechnung gestellten Leistungen erbracht und ordnungsgemäß mit einer prüfbaren Schlußrechnung abgerechnet, so daß Fälligkeit eingetreten ist. Die Honorarberechnung läßt sich im Vergleich mit den im Architektenvertrag genannten Prozentsätzen nachvollziehen. Es ist ersichtlich, welche Leistungsphasen mit wieviel Prozent des Gesamtvolumens angesetzt werden und wie sich danach die Beträge des Honorars berechnen. Auch die zusätzlichen Kosten sind ausreichend verständlich aufgeschlüsselt. Der Schlußrechnung war eine Erläuterung beigefügt, die das Verständnis und die Prüfung der geltend gemachten Honoraransprüche erleichtert. Auch wenn der Bekl. in diesem Bereich ein Laie ist, konnte er aufgrund des bei ihm bereits vorliegenden Architektenvertrags und der vom Kl. übersandten Unterlagen die Rechnung prüfen.
Mit der prüfbaren Schlußrechnung ist der Honoraranspruch des Kl. fällig geworden.
Verjährung ist demgegenüber nicht eingetreten. Denn Voraussetzung des Verjährungsbeginns ist beim Architektenhonorar gem. § 8 HOAI die tatsächliche Erteilung der Schlußrechnung. Entgegen der Ansicht des Bekl. stellten die Rechnungen vom 2.12.95 und 12.2.96 keine Schlußrechnung dar. Aus den Rechnungen geht gerade nicht hervor, daß der Kl. endgültig abrechnen und keine weiteren Forderungen mehr stellen wollte. Auch die bloße Möglichkeit der Erteilung einer Schlußrechnung reicht grundsätzlich für den Beginn der Verjährung nicht aus. Voraussetzung wäre zumindest, daß der Bekl. den Kl. zur endgültigen Rechnungstellung aufgefordert hätte, was hier nicht der Fall war. Auch ist nicht ersichtlich, daß die Schlußrechnung etwa ungewöhnlich spät gestellt worden ist. Da die Schlußrechnung im Juli 96 erteilt und der Anspruch vom Kl. 1998 gerichtlich geltend gemacht worden ist, ist der Anspruch nicht verjährt. Auch ist nicht ersichtlich, daß bereits nach zwei Jahren Verwirkung eingetreten wäre, zumal die Parteien zwischenzeitlich Schriftwechsel geführt haben und sogar versucht wurde, ein Schlichtungsverfahren durchzuführen.
Der Kl. kann sich auch weder mit Erfolg auf die von ihm behauptete Preisabrede in Höhe von 24.000 DM bzw. eine Verrechnungsabrede über 5.000 DM noch auf eine Stundungsabrede berufen. Sein Vortrag hierzu ist nicht ausreichend substantiiert, insbesondere hat der Kl. keine Erklärung dafür abgegeben, weshalb er, wenn er einen Preis von 24.000 DM bzw. sogar nur von 19.000 DM vereinbart hat, 70.000 DM gezahlt hat, und weshalb er dies vor Verkauf des Grundstücks getan hat, wenn ihm der Betrag bis dahin gestundet worden war.
Die vom Bekl. erklärte Aufrechnung mit von ihm behaupteten Schadensersatzansprüchen aus positiver Vertragsverletzung des Architektenvertrags scheitert bereits an den zwischen den Parteien vereinbarten AGB, den AVA, die die Aufrechnung mit streitigen und noch nicht rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen ausschließen.
Diese Klausel ist wirksam. Sie entspricht inhaltlich den Anforderungen des § 11 Nr. 3 und § 9 AGBG. § 11 Nr. 3 AGBG ist auch nach der Rechtsprechung des BGH, der sich das Gericht anschließt, nicht wegen Wertungswiderspruchs zu § 11 Nr. 2 b AGBG für Gegenansprüche aus dem gleichen Rechtsverhältnis erweiternd auszulegen, so daß die Klausel auf diesem Wege als unzulässig anzusehen wäre. Die insoweit vom Bekl. herangezogen Erwägungen haben sich zu Recht nicht - jedenfalls nicht in allgemeingültiger Form - durchgesetzt. Zwar wird teilweise in der Literatur und Rechtsprechung bei Überschneidungen von Zurückbehaltungsrecht und Aufrechnung bei gleichartigen Forderungen, insbesondere auf Zahlung, aus dem gleichen Rechtsverhältnis eine Gleichbehandlung, und zwar eine Anwendung des § 11 Nr. 2 b AGBG gefördert (OLG Düsseldorf NJW-RR 97, 628, 629; Soergel/Stein § 11 AGBG Rn. 14 m.w.N.).
Dieser Ansicht ist jedoch nicht zu folgen. Denn der Gesetzgeber hat bewußt die Ausschlußmöglichkeiten für das Zurückbehaltungsrecht und für die Aufrechnung abweichend geregelt. Die beiden Rechtsinstitute unterscheiden sich nämlich durchaus wesentlich. Während die Aufrechnung zum Erlöschen des Anspruchs führt, zielt das Zurückbehaltungsrecht auf Sicherung des Anspruchs, so daß der Schuldner bei der Ausübung seines Zurückbehaltungsrechts schutzwürdiger erscheint als bei der Aufrechnung. Der Schuldner soll durch den Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts nur nicht zur Vorleistung gezwungen werden können. Der Gläubiger bekommt jedoch - wenn auch Zug um Zug - tatsächlich bezahlt, was ihm zusteht. Dagegen erlischt durch die Aufrechnung die Forderung des Gläubigers unabhängig von der Werthaltigkeit der Gegenforderung, so daß nicht sichergestellt ist, daß der Gläubiger tatsächlich befriedigt wird. Der Schuldner hat durch die Behauptung und Aufrechnung angeblicher Schadensersatzansprüche zudem die Möglichkeit, die zügige Durchsetzung eines Anspruchs gegen ihn zu verzögern. Dies ist bei einem Zurückbehaltungsrecht bereits aus praktischen Gründen sehr viel schwieriger.
Treffen beide Konstellationen zusammen, so liegt in Wirklichkeit eine Aufrechnungslage vor. Dies ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (BGH BB 67, 1143; BGH NJW 74, 367). Es ist dann ausschließlich § 11 Nr. 3 AGBG anzuwenden (Staudinger/Coester-Waltjen § 11 AGBG Rn. 4 m.w.N.). Im Einzelfall kann ein danach wirksames Aufrechnungsverbot nach § 9 AGBG unwirksam sein. Anhaltspunkte für einen solchen Ausnahmefall sind hier jedoch nicht ersichtlich.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der EWG-RiLi 93/13. Diese behandelt nur die gesetzlichen Regelungen über den Ausschluß und die ungebührliche Einschränkung des Aufrechnungsrechts. Diese Anforderungen werden von § 11 Nr. 3 AGBG erfüllt. Ein völliger Ausschluß ist weder nach § 11 Nr. 3 AGBG zulässig, hoch in den AVA vorgesehen. Die Beschränkung auf unstreitige oder rechtskräftig festgestellte Forderungen ist nicht ungebührlich oder unangemessen, sondern auch materiell gerechtfertigt. Denn der Gläubiger hat ein legitimes Interesse daran, seinen Zahlungsanspruch ohne Verzögerung durch die Geltendmachung von Gegenansprüchen, die sich möglicherweise nach langwieriger Beweisaufnahme als unbegründet erweisen, durchsetzen zu können.
Im übrigen ist auch nach der o.g. Ansicht § 11 Nr. 2 b AGBG nur anzuwenden, wenn der Zahlungsanspruch, z.B. der Schadensersatzanspruch, im Grunde auf einem Sachleistungsanspruch beruht (OLG Düsseldorf NJW-RR 97, 628; Soergel/Stein § 11 AGBG Rn. 14 m.w.N.). Hieran fehlt es jedoch nach einer neuen Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW-RR 99, 244), wenn ein ursprünglich bestehendes Zurückbehaltungsrecht erloschen ist. Da Nachbesserung wegen eines Planungsfehlers des Architekten nur solange verlangt werden kann, wie der Fehler noch korrigierbar ist, fehlt es an einem Nachbesserungsanspruch und damit an einem darauf beruhenden Zurückbehaltungsrecht, wenn der Schaden bereits eingetreten ist. Diese Konstellation trifft auch auf den vorliegenden Fall zu, da auch hier ein Nachbesserungsanspruch zur Abwendung des Schadens nicht mehr in Betracht kam.
Demnach ist der Bekl. mit der Aufrechnung ausgeschlossen und der Honoraranspruch des Kl. besteht.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Daß aufgrund der Zusatzvereinbarung zum Architektenvertrag der Verzugseintritt gehindert sein soll, läßt sich dieser Vereinbarung nicht entnehmen. Einen Ober 4 % hinausgehenden Zinssatz hat der Kl. allerdings nicht belegt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 II, 709 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert beträgt 40.058 DM.