Arbeitsgericht Hannover
Beschl. v. 23.10.1996, Az.: 2 BV 8/96
Vereinbarkeit mit Tarifvertrag, wenn Arbeitnehmer sich dazu bereiterklären wöchentlich länger zu arbeiten, als der Tarifvertrag vorsieht; Umfassende Vertragskontrolle durch Betriebsrat
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Hannover
- Datum
- 23.10.1996
- Aktenzeichen
- 2 BV 8/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 11474
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGHAN:1996:1023.2BV8.96.0A
Rechtsgrundlagen
- § 99 Abs. 2 BetrVG
- § 99 Abs. 3 BetrVG
- § 3 Nr. 1, 2 TV Metallindustrie
Fundstellen
- AiB 1997, 293-294 (Volltext mit red. LS)
- AuR 1997, 84 (amtl. Leitsatz)
Verfahrensgegenstand
Zustimmung und Feststellung
In dem Beschlußverfahren
hat das Arbeitsgericht in Hannover
auf die mündliche Anhörung der Beteiligten vom 23. Oktober 1996
durch
die Richterin am Arbeitsgericht ... als Vorsitzende und
die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, daß die vorläufige Einstellung des Herrn ... ab 01.07.1996 in der Fertigung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.
- 2.
Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um eine personelle Einzelmaßnahme.
Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie und beschäftigt ca. 230 Arbeitnehmer. Sie wendet in ihrem Betrieb den Gemeinsamen Manteltarifvertrag für die Beschäftigten in der niedersächsischen Metallindustrie an und ist Mitglied des tarifschließenden Verbandes.
§ 3 Ziff. 1 und 2 dieses Tarifvertrages lauten:
1.
Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 36 Stunden, ab 01. Oktober 1995 35 Stunden. Entsprechendes gilt für die Ausbildungszeit.
2.
Soll für einzelne Beschäftigte die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden verlängert werden, bedarf dies der Zustimmung des bzw. der Beschäftigten. Lehnen Beschäftigte die Verlängerung ab, so darf ihnen daraus kein Nachteil entstehen. Bei der Vereinbarung einer solchen Arbeitszeit bis zu 40 Stunden besteht Anspruch auf eine dieser Arbeitszeit entsprechende Bezahlung.Die vereinbarte Arbeitszeit kann einvernehmlich geändert werden oder auf Wunsch des bzw. der Beschäftigten oder des Arbeitgebers mit einer Ankündigungsfrist von 3 Monaten. Das Arbeitsentgelt wird entsprechend angepaßt.
Der Arbeitgeber teilt dem Betriebsrat jeweils am Ende des Quartals für das zurückliegende Quartal die Beschäftigten mit verlängerter individueller regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit mit. Dazu zählen nicht die in § 1 (3) a) Genannten. Die Zahl der Beschäftigten mit verlängerter Arbeitszeit darf 18 % aller sonstigen Beschäftigten des Betriebs nicht übersteigen. Zu den Beschäftigten zählen nicht Praktikanten und Praktikantinnen, Volontäre und Volontärinnen u. a. sowie Heimarbeiter und Heimarbeiterinnen und Teilzeitbeschäftigte gemäß § 3 Ziff. (9) Satz 3.
Bei der Antragstellerin ist seit dem 02.01.1995 der Mitarbeiter ... als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Die Einstellung erfolgte zunächst für die Zeit vom 02.01.1995 bis 30.06.1996 befristet. Zwischen der Antragstellerin und dem Arbeitnehmer ..., der nicht Mitglied der 16 Metall ist, war seinerzeit eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart. Der bei der Antragstellerin gebildete Betriebsrat hatte seinerzeit der Einstellung zugestimmt.
Bei der Antragstellerin arbeiten mehr als 18 % aller sonstigen Beschäftigten auf eigenen Wunsch mit einer verlängerten Wochenarbeitszeit. Nach Stand Oktober 1995 arbeiten ca. 50 % der Beschäftigten mit einer individuellen Arbeitszeit von mehr als 35 Stunden wöchentlich. Ein Gespräch der Tarifvertragsparteien, welches im Jahre 1994 hierzu stattfand, führte zu keiner einvernehmlichen Lösung. Unter dem 06.05.1996 informierte die Antragstellerin den Antragsgegner über die ab 01.07.1996 beabsichtigte unbefristete Einstellung des Arbeitnehmers ... mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden (Bl. 9 d.A.). Mit Schreiben vom 08.05.1996 (Bl. 10 d.A.) verweigerte der Antragsgegner seine Zustimmung zu der Einstellung u. a. unter Hinweis auf § 3 des Manteltarifvertrages und erläuterte hierzu, daß die Einstellung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden gegen den Tarifvertrag verstoße (Bl. 10 d.A.). Daraufhin informierte die Antragstellerin den Antragsgegner unter dem 08.05.1996 über die beabsichtigte vorläufige Durchführung der Maßnahme. Der Antragsgegner bestritt mit Schreiben vom 14.05.1996, daß die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist (Bl. 20 d.A.).
Mit ihrem bei Gericht am 10.05.1996 eingegangenen Antrag begehrt die Antragstellerin die Zustimmungsersetzung. Sie rügt, daß der Antragsgegner mit seiner Verweigerung eine umfassende Vertragskontrolle versuchen wolle, der Betriebsrat einer personellen Maßnahme jedoch nur widersprechen könne, wenn die Maßnahme als solche und nicht nur einzelne Vertragsbestimmungen tarifwidrig seien. Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Verweigerung der Zustimmung könne nicht auf die tarifliche Quotenregelung gestützt werden, da diese verfassungswidrig sei und nicht nur Grundrechte der Antragstellerin, sondern auch Grundrechte des Arbeitnehmers Huber verletze und gegen das Günstigkeitsprinzip verstoße. Zudem verhalte sich der Antragsgegner treuwidrig, da er zuvor der befristeten Einstellung mit einer 40-Stunden-Woche zugestimmt hat. Die Antragstellerin trägt vor, der Antragsgegner könne sich nicht irgendeinen Mitarbeiter herausnehmen und seiner Einstellung unter Hinweis auf die Quotenregelung widersprechen, sondern unterliege einer Pflicht zur Gleichbehandlung. Die Antragstellerin trägt mit Schriftsatz vom 14.05.1996 weiter vor, die von dem Antragsgegner im Schreiben vom 14.05.1996 genannten Gründe bezüglich der vorläufigen Durchführung der Maßnahme lägen neben der Sache.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
die Zustimmung des Antragsgegners zur Einstellung des ... ab dem 01.07.96 Fertigung zu ersetzen;
- 2.
festzustellen, daß die vorläufige Einstellung des Herrn ... ab dem 01.07.96 in der Fertigung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Tarifwidrigkeit der vereinbarten individuellen wöchentlichen Arbeitszeit als Zustimmungsverweigerungsgrund im Einstellungsverfahren geltend machen zu können und sieht die Wirksamkeit der tariflichen Quotenregelung nicht durch Grundrechte Dritter in verfassungswidriger weise beeinträchtigt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und ihrer diesbezüglichen Rechtsansichten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Anhörung der Beteiligten waren, sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 23.10.1996 (Bl. 101 d.A.) verwiesen.
Gründe
II.
Der Zustimmungsersetzungsantrag ist nicht begründet (1). Der Feststellungsantrag ist begründet (2).
1.
Die beantragte Zustimmung war nicht zu ersetzen, denn die Einstellung des Mitarbeiters ... mit einer vertraglich vorgesehenen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden verstößt gegen den anzuwendenden Tarifvertrag. Der Antragsgegner hat seine Zustimmung zu Recht verweigert, § 99 Abs. 2 und 3 BetrVG.
Gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG ist in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat u. a. vor jeder Einstellung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben. Er hat ferner die Zustimmung des Betriebsrates zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Der Betriebsrat kann dann gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG in den dort genannten Fällen die Zustimmung verweigern, wobei dies schriftlich innerhalb von einer Woche zu geschehen hat, andernfalls die Zustimmung als erteilt gilt (§ 99 Abs. 3 BetrVG). Bei Verweigerung der Zustimmung kann der Arbeitgeber nach Absatz 4 dieser Vorschrift bei dem Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
Der Antragsgegner hat dem ordnungsgemäß eingeleiteten Zustimmungsverfahren in rechtserheblicher Weise und fristgemäß die Zustimmung versagt, so daß die Zustimmung nicht bereits gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gilt. Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 08.05.1996 am 08.05.1996 und damit innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG schriftlich wegen der vorgesehenen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich unter Hinweis auf § 3 des Gemeinsamen Manteltarifvertrages und dem Umstand, daß die im Tarifvertrag genannten 18 % weit überschritten sind, seine Zustimmung verweigert. Dies ist zur Beseitigung der Fiktionswirkung des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ausreichend, denn die Verweigerung einer Zustimmung des Betriebsrats zu einer personelle Einzelmaßnahme ist schon dann ausreichend begründet, wenn die vom Betriebsrat für die Verweigerung seiner Zustimmung vorgetragene Begründung es als möglich erscheinen läßt, daß einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Verweigerungsgründe geltend gemacht wird (BAG, AP 50 zu § 99 BetrVG 1972).
Der Antragsgegner hat auch zu Recht seine Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers ... verweigert, denn die vorgesehene Einstellung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden verstößt gegen § 3 Ziff. 2 Abs. 2 des Manteltarifvertrages. Dies ergibt sich daraus, daß unstreitig die Antragstellerin schon ohne den Mitarbeiter Huber mehr als 18 % aller sonstigen Beschäftigten mit einer individuellen Arbeitszeit von mehr als 35 Stunden wöchentlich beschäftigt. Zwar ist der Antragstellerin darin zuzustimmen, daß bei isolierter Betrachtungsweise die Tarifnorm nicht die Einstellung des Arbeitnehmers an sich, sondern unter bestimmten Voraussetzungen nur die Einstellung mit einer 35-Wochen-Stunden übersteigenden Stundenzahl verbieten will und vom Schutzbereich der Norm des § 99 BetrVG keine umfassende Vertragskontrolle bezweckt ist.
Diese Betrachtung wird der Tarifnorm des § 3 Ziff. 2 und 3 des Manteltarifvertrages jedoch nicht gerecht. Zweck der Norm ist es, bei übersteigen der Quote die Beschäftigung weiterer Arbeitnehmer mit einer 35-Wochen-Stunden übersteigenden Zahl zu verbieten. Dieser Zweck kann nur dadurch erreicht werden, daß die vorgesehene Einstellung als solche unterbleibt (vgl. BAG, vom 28.01.1992, DER BETRIEB 1992, S. 1049 = AP 95 zu § 99 BetrVG 1972; BAG, vom 28.06.1994, DER BETRIEB 1995, S. 326).
Die Bedenken der Antragstellerin, wonach die tarifliche Quotenregelung gegen das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG verstößt, greifen nicht durch. Daß sich eine längere Arbeitszeit bei proportional höherer Vergütung als günstiger darstellt, als eine niedrigere Arbeitszeit bei entsprechend niedrigerer Vergütung, erscheint nicht überzeugend. Selbst wenn jedoch die auf Wunsch des Arbeitnehmers ... erfolgte individuelle Vereinbarung einer längeren Arbeitszeit bei entsprechend höherer Vergütung allein wegen der ihm eingeräumten Entscheidungsalternative als für ihn günstiger zu bewerten wäre (BAG, GS vom 07.11.1989, DER BETRIEB 1990, S. 1724 ff.; dort ging es jedoch nicht um eine tarifliche Vereinbarung, sondern um eine Betriebsvereinbarung, so daß die dortigen Überlegungen nicht ohne weiteres übertragbar sind), hat die den Arbeitnehmer ... belastende tarifliche Regelung dennoch Bestand, denn bei der tariflichen Quotenregelung handelt es sich mindestens auch um eine Betriebsnorm im Sinne des § 3 Abs. 2 TVG, die bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers (wie vorliegend) Regelungen auch zu Lasten nicht tarifgebundener Arbeitnehmer treffen kann (vgl. Wiedemann/Stumpf, Tarifvertragsgesetz, Rn. 245 ff., 247 zu § 1).
Das Gericht folgt auch nicht der Wertung der Antragstellerin, mit der Quotenregelung würde der Tarifvertrag unzulässigerweise Höchstbedingungen normieren. Im Hinblick auf die betroffenen Arbeitnehmer handelt es sich bei der grundsätzlichen Begrenzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden wöchentlich (die nur innerhalb des Fensters der Quotenregelung überschritten werden darf) um eine Schutznorm und damit um eine Mindestarbeitsbedingung, die zudem die betroffenen Arbeitnehmer auch wegen der mit diesem Tarifvertrag beabsichtigten Sicherung der Beschäftigung schützen soll.
Auch verfassungsrechtliche Überlegungen stehen der Wirksamkeit der tariflichen Quotenregelung und damit der Begründetheit der Zustimmungsverweigerung des Antragsgegners nicht entgegen.
Zwar ist nicht zu bestreiten, daß die Quotenregelung die Antragstellerin in ihrer Vertragsfreiheit und Berufsausübungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 und 12 GG beschränkt. Dieser Beschränkung ist jedoch die am Gemeinwohl orientierte arbeitsmarktpolitische Zielsetzung des hier streitigen Tarifvertrages gegenüberzustellen. Zudem ist die Beschränkung der Arbeitszeit jedenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes zu bewerten. Daß auch eine 40-stündige Wochenarbeitszeit noch erheblich unter der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden wöchentlich liegt (§ 3 Abs. 1 ArbZG) steht nicht entgegen, da Gesundheitsschutz sich nicht nur aus dem Verhältnis tariflicher Arbeitszeit zu gesetzlicher Höchstarbeitszeit, sondern auch unter Einbeziehung der Verdichtung der Arbeitsprozesse zu definieren ist.
Die tarifliche Quotenregelung tangiert unbestreitbar auch das Grundrecht des nicht tarifgebundenen Arbeitnehmers ... auf Berufsausübungsfreiheit, Art. 12 GG. Die diese einschränkenden Gesetze oder tariflichen Regelungen (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG i.V.m. Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG) sind jedoch dann verfassungskonform, soweit sie nicht den Wesensgehalt des Grundrechts antasten, Art. 19 Abs. 3 GG. Daß der betroffene Arbeitnehmer ... durch die Beschränkung der Arbeitszeit auf 35 Stunden im Wesensgehalt des Grundrechtes auf Berufsausübungsfreiheit beeinträchtigt ist, ist nicht ersichtlich. Zudem können Regelungen zur Berufsausübung (zu solchen Regelungen zählen auch tarifliche Regelungen) sich aus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls rechtfertigen. Das ist vorliegend der Fall, denn mit der Quotenregelung, d. h. mit der weitgehenden Sicherung der 35-Stunden-Woche will der Tarifvertrag einen Beitrag zur Beschäftigungssicherung und damit zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit leisten, indem er das vorhandene knappe Arbeitsvolumen auf möglichst viele Arbeitskräfte verteilen will. In gleicher weise ist auch eine Verletzung der - subsidiären - Entfaltungsfreiheit und Vertragsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG oder auch der negativen Koalitionsfreiheit, Art. 9 Abs. 3 GG des Arbeitnehmers ... nicht gegeben.
Daß der Antragsgegner mit seiner unter Hinweis auf die tarifliche Quotenregelung erfolgten Zustimmungsverweigerung gegen das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 GG verstößt, vermag das Gericht ebenfalls nicht festzustellen. Der Antragsgegner hat gemäß § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG darüber zu wachen, daß u. a. die zu Gunsten der Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge eingehalten werden. Dem trägt die Zustimmungsverweigerung Rechnung. Der Umstand, daß in der Vergangenheit Zustimmungsverweigerungen wegen Überschreitung der tariflichen Quote nicht oder nicht immer erfolgten, kann nicht dazu führen, daß; die Antragstellerin oder auch der betroffene Arbeitnehmer Insoweit Rechte geltend machen kann oder dieser Zustimmumgsverweigerungsgrund etwa verwirkt bzw. dem Antragsgegner treuwidriges Verhalten vorzuwerfen wäre. Es ist in erster Linie Sache der Antragstellerin, den Tarifvertrag richtig anzuwenden. Sie hat es in der Hand, die wöchentliche Arbeitszeit eines Teils derjenigen Arbeitnehmer, die derzeit mehr als 35 Stunden wöchentlichen arbeiten, entsprechend tarifgerecht herabzusetzen, wenn es ihr wichtig ist, daß gerade der vorliegend betroffene Arbeitnehmer ... seinem Wunsche entsprechend 40 Stunden wöchentlich arbeitet.
Die Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers ... konnte daher nicht erteilt werden.
2.
Auf Antrag der Antragstellerin war jedoch festzustellen, daß die vorläufige Einstellung des Herrn ... ab 01.07.96 in der Fertigung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.
Gemäß § 100 Abs. 1 BetrVG kann der Arbeitgeber dann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorläufig durchführen, wenn der Betriebsrat die Zustimmung verweigert hat. In diesem Fall hat jedoch der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.
Er hat ihn unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten und darf, wenn der Betriebsrat die Dringlichkeit bestreitet, die personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung und die Feststellung beantragt, daß die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, § 100 Abs. 2 BetrvG.
Die Dringlichkeit einer Maßnahme ist gemäß § 100 Abs. 3 Satz 1 BetrVG schon immer dann gegeben, wenn sie nicht offensichtlich nicht dringend ist, also die sachlich-betriebliche Notwendigkeit grob verkannt wurde. Dies ist nicht der Fall.
Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner unter dem 08.05.1996 (Bl. 11 d.A.) mitgeteilt, daß sie ... vorläufig einstellen will, da die von ihm bislang ausgefüllte Stelle in der Spulenfertigung über den Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages hinaus weiter besetzt bleiben müsse und aus Kapazitätsgründen nicht unbesetzt sein könne. Die Antragstellerin hat ferner darauf hingewiesen, daß das plötzliche Ableben des Mitarbeiters ... im Bereich Musterbau dazu zwinge, eine gewisse Vorsorge für eine mögliche Wiederbesetzung dieser Stelle durch einen qualifizierten Mitarbeiter zu treffen. Dem ist der Antragsgegner im wesentlichen mit dem Argument begegnet, daß eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden nicht zwingend notwendig sei. Aus dieser Begründung des Antragsgegners vom 14.05.1996 (Bl. 20 d.A.) ergibt sich bereits, daß die von der Antragstellerin seinerzeit beabsichtigte, inzwischen durchgeführte vorläufige personelle Maßnahme jedenfalls nicht offensichtlich nicht dringend ist bzw. die Antragstellerin die sachlich-betriebliche Notwendigkeit zur vorläufigen weiteren Besetzung der Stelle nicht grob verkannt hat.