Arbeitsgericht Hannover
Urt. v. 11.12.1996, Az.: 9 Ca 138/96

Forderung rückständigen Arbeitsentgelts; Annahmeverzug des Arbeitgebers; Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung; Grundsatz von Treu und Glauben; Zinsanspruch des Verzugsgläubigers

Bibliographie

Gericht
ArbG Hannover
Datum
11.12.1996
Aktenzeichen
9 Ca 138/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 12373
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGHAN:1996:1211.9CA138.96.0A

Fundstelle

  • AiB 1997, 493 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Forderung

In dem Rechtsstreit
hat das Arbeitsgericht in Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 1996
durch
die Richterin am Arbeitsgericht ... als Vorsitzende und
die ehrenamtlichen Richter ... und
... als Beisitzer
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.125,00 DM brutto zu zahlen abzüglich an die BfA. Arbeitsamt Hannover, zur Stamm-Nr. III 122 St.Nr. 575516 zu leistender 7.352,80 DM nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettodifferenzbetrag ab dem 01.05.1996. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

  3. 3.

    Der Streitwert wird auf 21.175,00 DM festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um rückständiges Arbeitsentgelt.

2

Der Kläger ist aufgrund eines Anstellungsvertrages vom 03.11.1992 seit dem 12.10.1992 bei der Beklagten zu einem Monatsbruttoarbeitsentgelt in Höhe von 3.250,00 DM als Buchhalter beschäftigt. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 5-6 d.A. Bezug genommen.

3

Unter dem 15.09.1995 hat die Beklagte dieses Arbeitsverhältnis zum 31.10.1995 gekündigt, woraufhin zwischen den Parteien unter dem Aktenzeichen 9 Ca 423/95 vor dem Arbeitsgericht Hannover ein Kündigungsrechtsstreit anhängig war.

4

In dem in diesem Verfahren anberaumten Gütetermin antwortete der Inhaber der Beklagten auf die Frage des Klägervertreters, ob der Kläger freigestellt sei, mit ja.

5

Mit Schreiben vom 06.12.1995 teilte der Prozeßvertreter der Beklagten dem Klägervertreter mit, daß aus der Kündigung vom 15.09.1995 zum 31.10.1995 keinerlei Rechte mehr hergeleitet würden. Gleichzeitig wurde der Kläger aufgefordert, umgehend "jedoch wegen der zeitlichen Verständigungsproblematik, spätestens zum 11.12.1995 seine Arbeit" bei der Beklagten wieder aufzunehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 7 d.A. Bezug genommen.

6

Der Klägervertreter reagierte auf dieses Schreiben mit Schreiben vom 08.12.1995. Darin erklärte er, daß der Kläger der Arbeitsaufforderung zum 11.12.1995 nicht nachkommen werde. Das wurde einerseits damit begründet, daß der Inhaber der Beklagten den Kläger im Gütetermin am 03.11.1995 freigestellt habe. Darüber hinaus heißt es in dem Schreiben wörtlich:

"... Hinzukommt noch, daß die zurückliegende Zeit bisher nicht ordnungsgemäß abgerechnet ist. Es liegt bisher keine Gehaltsabrechnung für den Monat Oktober 1995 vor. Ebensowenig ist bisher der Monat November 1995 gegenüber meinem Mandanten abgerechnet, geschweige denn das Gehalt ausgezahlt worden.

Insoweit wird rein vorsorglich aber unmißverständlich vom Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht werden. ..."

7

Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 8 u. 9 d.A. verwiesen.

8

Mit Schreiben vom 08.03.1996 (Bl. 10 d.A.) bekräftigte der Kläger der Beklagten gegenüber nochmals, daß er wegen Gehaltsrückzahlungen von seinem Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung Gebrauch mache.

9

Der Kläger ist seit dem 01.11.1995 arbeitslos gemeldet und bezieht seit diesem Zeitpunkt Arbeitslosengeld.

10

Der Anspruchsübergang ist der Beklagten am 02.11.1995 von der Bundesanstalt für Arbeit mitgeteilt worden.

11

Vom 01.11.95 bis 30.04.96 hat der Kläger 7.352,80 DM Arbeitslosengeld bezogen. Die Bundesanstalt für Arbeit hat den Kläger mit Schreiben vom 09.08.1996 dazu ermächtigt, diese Ansprüche im Klageverfahren der Beklagten gegenüber geltend zu machen.

12

Der Kündigungsrechtsstreit hinsichtlich der Kündigung vom 15.09.1995 zum 31.10.1995 (AZ.: 9 Ca 423/95 Arbeitsgericht Hannover) ist zwischenzeitlich durch Klagerücknahme vom 03.05.1996 beendet worden.

13

Der Kläger ist der Ansicht, daß die Beklagte verpflichtet sei, an ihn Vergütung für die Monate November und Dezember 1995 sowie die ersten vier Monate des Jahres 1996 und ein halbes Gehalt als Weihnachtsgeld für das Jahr 1995, das die Beklagte ihren übrigen Mitarbeitern im November 1995 ausgezahlt habe, zu leisten.

14

Der Kläger sei nicht dazu verpflichtet gewesen, auf die Aufforderung der Beklagten vom 06.12.1995 ab 11.12.1995 seine Arbeitsleistung für die Beklagte zu erbringen. Der Kläger könne sich insoweit auf ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung berufen.

15

Nach Ausspruch der Kündigung vom 15.09.1995 bzw. nach Ablauf der dabei ausgesprochenen Kündigungsfrist am 31.10.1995 habe sich die Beklagte in Annahmeverzug befunden. Durch die Kündigungsschutzklage habe der Kläger seine Leistungsbereitschaft hinreichend deutlich signalisiert. Darüber hinaus habe die Beklagte den Kläger gemäß der Erklärung des Inhabers im Gütetermin am 03.11.1995 ausdrücklich freigestellt. Als die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 06.12.1995 zur Arbeitsleistung aufgefordert habe, seien sowohl das Novembergehalt als auch das Weihnachtsgehalt in Höhe eines halben Monatseinkommens zur Auszahlung fällig gewesen. Der Kläger habe sich in seinem Schreiben vom 08.12.1995 ausdrücklich auf das Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung wegen der fehlenden Gehaltszahlung für November 1995 berufen. Hierin sei gleichzeitig auch das Angebot zu sehen, die Arbeit wieder aufzunehmen, wenn die fälligen Gehaltsanprüche befriedigt seien. Eine Reaktion der Beklagten hierauf sei nicht erfolgt. Diese verweigere jegliche Zahlungen und halte weiterhin an der Wirksamkeit der am 15.09.1995 zum 30.10.1996 ausgesprochenen Kündigung fest.

16

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 21.175,00 DM nebst jeweils 4 % Zinsen auf die sich aus 3.250,00 DM ergebenden Nettobeträge ab dem 01.12.1995, weitere 3.250,00 DM ab dem 01.01.1996, weitere 3.250,00 DM ab dem 01.02.1996, weitere 3.250,00 DM ab dem 01.03.1996, weitere 3.250,00 DM ab dem 01.04.1996 und 3.250,00 DM ab dem 01.05.1996 abzüglich der sich auf dem Klageantrag zu 2. ergebenden Beträge zu zahlen.

  2. 2.

    Die Beklagte zu verurteilen, DM 7.352,80 an die Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsamt Hannover, zur Stamm-Nr. ... zu zahlen.

17

Die Beklagte beantragt,

Die Klage abzuweisen.

18

Sie ist der Ansicht, daß die Ansprüche des Klägers unbegründet seien. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob dem Kläger ein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Sie behauptet, daß sie zu keinem Zeitpunkt verspätet Lohn bzw. Gehalt an den Kläger bezahlt habe. Die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.09.1995 zum 31.10.1995 gekündigt. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sei dem Kläger das ihm zustehende Gehalt rechtzeitig auf sein Konto überwiesen worden. Gegen diese Kündigung habe der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Während des Verfahrens mit Schreiben vom 06.12.1995 habe die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, daß sie aus der Kündigung keine Rechte mehr herleite und diesen aufgefordert, unverzüglich seine Arbeit wieder aufzunehmen. Der Kläger habe das jedoch verweigert mit der Begründung, er übe ein Zurückbehaltungsrecht aus, da die Beklagte für den Monat November 1995 kein Gehalt gezahlt habe. Hierzu sei die Beklagte jedoch nicht verpflichtet gewesen, da das Arbeitsverhältnis aufgrund der ausgesprochenen Kündigung bereits am 31.10.1995 geendet habe.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen.

Gründe

20

Die Klage ist ganz überwiegend begründet.

21

Die Beklagte ist dazu verpflichtet, an den Kläger für den Zeitraum vom 01.11.1995 bis 30.04.1996 rückständiges Arbeitsentgelt einschließlich Weihnachtsgeld in der Gesamthöhe von 21.125,00 DM brutto abzüglich an das Arbeitsamt Hannover zu leistender 7.352,80 DM zu zahlen.

22

1.

Der Anspruch des Klägers folgt aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 615 BGB.

23

Nach § 615 S. 1 BGB kann der Dienstverpflichtete für die infolge des Verzuges nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, wenn der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät.

24

a)

Zwischen den Parteien bestand in der Zeit vom 01.11.95 bis zum 30.04.1996 ein Dienstvertrag in Gestalt eines Arbeitsverhältnisses.

25

Aus dem Schreiben der Beklagten vom 06.12.1995 ergibt sich eindeutig und zweifelsfrei, daß diese aus der Kündigung vom 15.09. zum 31.10.1995 keinerlei Recht mehr herleitet. Diese Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien infolge des von der Beklagten in dem Schreiben vom 06.12.1995 selbst und zurechenbar zum Ausdruck gebrachten Willens nicht beendet. Dem hat der Kläger letztendlich durch die Rücknahme seiner Kündigungsschutzklage zugestimmt.

26

b)

Die Beklagte befand sich seit dem 01.11.1995 im Hinblick auf die vom Kläger geschuldete arbeitsvertragliche Leistung in Annahmeverzug.

27

Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges richten sich im Rahmen des § 615 BGB nach den §§ 293 ff. BGB.

28

Nach § 293 BGB gerät der Gläubiger - hier Beklagte - in Annahmeverzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Nach Maßgabe des § 294 BGB muß der Schuldner - hier Kläger - in der Regel die geschuldete Leistung zuvor tatsächlich anbieten.

29

Ob der Kläger seine Arbeitsleistung für den Zeitraum ab dem 01.11.1995 tatsächlich angeboten hat, kann dahingestellt bleiben. Nach Ausspruch der Kündigung der Beklagten vom 15.09. zum 31.10.1995 war der Kläger nicht dazu verpflichtet, seine Arbeitsleistung tatsächlich, § 293 BGB, oder wörtlich, § 294 BGB, anzubieten.

30

Nach ständiger Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG, Urteile vom 09.08.1994, 21.03.1995, 14.11.1995, 18.12.1996 und 19.04.1990 in EzA § 615 BGB Nr. 43, 44, 46, 53 und 66) bedarf es nach Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber grundsätzlich keines tatsächlichen oder wörtlichen Dienstleistungsangebotes von seiten des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen sowie Arbeit zuweisen muß und folglich eine nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung im Sinne des § 296 BGB vorzunehmen hat.

31

Durch die fristgemäße Kündigung vom 15.09. zum 31.10.1995 hat die Beklagte unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie nicht dazu bereit war, den Kläger über den 31.10.1995 hinaus weiterzubeschäftigen. Dementsprechend hat sie ihm auch keinen Arbeitsplatz zugewiesen und diesen willen nochmals durch die in der Güteverhandlung am 03.11.1995 erklärte Freistellung bekräftigt. Sie befand sich folglich am 01.11.1995 in Annahmeverzug gem. § 293 ff. BGB, ohne daß es eines Arbeitsangebotes von seiten des Klägers bedurft hätte.

32

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Kündigung vom 15.09.1995 wirksam war oder nicht. Selbst wenn das zu bejahen wären, hätte die Beklagte das Arbeitsverhältnis gemäß Ziffer 9 des schriftlichen Arbeitsvertrages nur mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartal und mithin frühestens zum 31.12.1996 beenden können.

33

aa)

Der Annahmeverzug der Beklagten ist auch nicht etwa ab dem 06.12. bzw. 11.12.1995 weggefallen, indem die Beklagte mit Schreiben vom 06.12.1995 dem Kläger gegenüber erklärt hat, aus der Kündigung vom 15.09.1995 keine Rechte mehr herzuleiten und diesen bis spätestens zum 11.12.1995 zur Arbeitsaufnahme aufgefordert hat.

34

Der Kläger hat sich demgegenüber im Schreiben vom 08.12.1995 im Hinblick auf seine Arbeitsleistung zurecht auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen rückständiger Lohnforderungen berufen.

35

Nach § 273 Abs. 1 BGB kann der Schuldner, der aus dem selben Rechtsverhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat, sofern sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung verwirkt ist. Dieses Zurückbehaltungsrecht kann auch der Arbeitnehmer an seiner Arbeitsleistung ausüben, wenn er einen fälligen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber erworben hat und der Arbeitgeber nicht erfüllt. Dies ist heute in Rechtsprechung und Rechtslehre allgemein anerkannt (vgl. nur BAG, Urt. v. 25.10.1984 in AP Nr. 3 zu § 273 BGB m.w.N.). Ist der Arbeitgeber mit der Vergütung aus einem früheren Zeitabschnitt im Rückstand, so ist es grundsätzlich unzumutbar, vom Arbeitnehmer zu erwarten, weitere Arbeitsleistung zu erbringen und dem Arbeitgeber, den als Gegenleistung geschuldeten Lohn zu kreditieren.

36

Nach Ziffer 4 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien ist das monatliche Gehalt jeweils am Ende des Monates zur Auszahlung fällig. Der Gehaltsanspruch des Klägers für den Monat November 1995 war mithin am 30.11.1995 zur Auszahlung fällig. Am 08.12.1995 bestand ein Lohnrückstand für einen Monat. Daß dieser wegen bezogener Arbeitslosengeldzahlungen teilweise auf die Bundesanstalt für Arbeit übergangen war, ist insoweit unerheblich, weil es an der grundsätzlichen Zahlungsverpflichtung der Beklagten nichts ändert. Des weiteren hat der Kläger, von der Beklagten nicht substantiiert wiedersprochen, vorgetragen, im Monat November 1995 zudem Anspruch auf ein halbes Monatsgehalt als Weihnachtsgeld zu haben, welches die Beklagte an alle anderen Mitarbeiter zur Auszahlung gebracht hätte. Am 08.12.1995 bestand mithin insgesamt ein Lohnrückstand in Höhe von 1,5 Monatsgehältern.

37

Der Kläger hat das Zurückbehaltungsrecht auch unter Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ausgeübt.

38

Der Grundsatz von Treu und Glauben verbietet es dem Arbeitnehmer, seine Arbeitsleistung wegen eines verhältnismäßig geringfügigen Lohnanspruches zurückzuhalten. Dies folgt aus einer Analogie zu § 320 Abs. 2 BGB. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes kann ferner rechtsmißbräuchlich sein, wenn nur eine kurzfristige Verzögerung der Lohnzahlung zu erwarten ist.

39

Ein Lohnrückstand in Höhe von 4.875,00 DM brutto entsprechend 1,5 Monatsverdiensten ist als erheblich anzusehen. Der Kläger ist als Arbeitnehmer in der Regel auf die laufenden Einkünfte aus seiner Berufstätigkeit angewiesen. Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger von einer nur kurzfristigen Zahlungsverzögerung im Hinblick auf seinen Gehaltsanspruch für den Monat November 1995 ausgehen mußte, liegen nicht vor.

40

In der berechtigten Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes durch den Kläger auf Grundlage des Schreibens vom 08.12.1995 liegt zugleich konkludent die Erklärung des Klägers, er verweigere die Arbeitsleistung nur deshalb, weil die Beklagte als Arbeitgeberin den rückständigen Lohn nicht zahle. Das Schreiben vom 08.12.1995 beinhaltet mithin das Angebot der Arbeitsleistung Zug um Zug gegen Zahlung des rückständigen Novembergehaltes zu erbringen (Münchner Handbuch des Arbeitsrechts, Teil I, § 47 Rn. 57).

41

Hierauf hat die Beklagte in keiner weise reagiert und ist mithin gem. § 298 BGB weiterhin im Annahmeverzug gem. § 615 BGB verblieben.

42

Nach § 298 BGB kommt der Gläubiger - hier Beklagte - in Verzug, wenn der Schuldner - hier Kläger - nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet ist, und der Gläubiger zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

43

Der Kläger war dazu bereit, Zug um Zug gegen Zahlung des rückständigen Novembergehaltes seine Arbeitsleistung für die Beklagte zu erbringen. Die Beklagte hat es unterlassen, dem Kläger die Zahlung des rückständigen Gehaltes anzubieten. Eine ausdrückliche Weigerung ist für § 298 BGB nicht erforderlich. Es genügt bloßes Nichtanbieten. Auf ein Verschulden des Arbeitgebers kommt es nicht an. Um den Annahmeverzug zu beenden, muß der Gläubiger alle Gegenleistungen anbieten, wegen der der Schuldner zurecht ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht hat (vgl. BAG, Urt. v. 21.05.1981 in NJW 1982, 122 [BAG 21.05.1981 - 2 AZR 95/79]).

44

Die Beklagte hat auf die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes durch den Kläger mit Schreiben vom 08.12.1995 nicht reagiert und ihm insbesondere nicht die Zahlung des rückständigen Gehaltes für den Monat November 1995 angeboten. Durch die Erklärung der Beklagten vom 06.12.1995 und die Erklärung vom 08.12.1995 ist der Annahmeverzug der Beklagten mithin nicht beendet worden.

45

bb)

Die Beklagte schuldet dem Kläger rückständigen Lohn für den Zeitraum von November 95 bis April 1996 in Höhe von 19.500,00 DM brutto (6 × 3.250,00 DM) zuzüglich 1.625,00 DM brutto Weihnachtsgeld für den Monate November 1995 unter dem Aspekt des Annahmeverzuges gem. § 615 BGB.

46

Abzusetzen hiervon sind die an die Bundesanstalt für Arbeit zu zahlenden 7.352,80 DM, die der Kläger in dem Zeitraum vom 01.11.1995 bis 30.04.1996 an Arbeitslosengeld bezogen hat. In dieser Höhe sind seine Ansprüche auf Arbeitsentgelt gegenüber der Beklagten gem. § 117 Abs. 4 AfG in Verbindung mit § 115 SGBX auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangen. Der Kläger ist jedoch aufgrund entsprechender Ermächtigung von seiten der Bundesanstalt für Arbeit dazu berechtigt, diese Ansprüche der Bundesanstalt für Arbeit im vorliegenden Klageverfahren geltend zu machen.

47

Die Beklagte ist insgesamt dazu verpflichtet, 21.125,00 DM brutto an den Kläger zu zahlen, abzüglich an die Bundesanstalt für Arbeit zu leistender 7.352,80 DM.

48

Der weitergehende Antrag des Klägers war abzuweisen.

49

c)

Der 4 %ige Zinsanspruch des Klägers auf den sich ergebenden Nettodifferenzbetrag ab dem 01.05.1996 folgt aus §§ 284, 288 BGB. Der weitergehende Zinsanspruch des Klägers war abzuweisen, da eine Berechnung des monatlichen Nettodifferenzbetrages zwischen Bruttoarbeitsentgelt und geleistetem Arbeitslosengeld mangels konkreter Angaben des Klägers nicht möglich war.

50

d)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 ArbGG.

51

Der Streitwert war gem. § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen und wurde entsprechend des Zahlungsantrage auf insgesamt 21.175,00 DM beziffert.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 21.175,00 DM festgesetzt.

Der Streitwert war gem. § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen und wurde entsprechend des Zahlungsantrage auf insgesamt 21.175,00 DM beziffert.