Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 17.04.2013, Az.: 9 A 6512/12

Berichterstatter; Erledigung der Hauptsache; Prozesskostenhilfe; vorbereitendes Verfahren

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
17.04.2013
Aktenzeichen
9 A 6512/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 64361
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Nach Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs vor dem Berichterstatter entscheidet dieser auch über einen noch offenen Prozesskostenhilfeantrag.

Tenor:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Über den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheidet der Berichterstatter nach § 106 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 87a Abs. 3 und Abs. 2 bzw. 3 VwGO in analoger Anwendung.

Die Beteiligten haben bereits gemäß § 106 Satz 2 VwGO einen gerichtlichen Vergleich dadurch geschlossen, dass sie einen in Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Berichterstatters dem Gericht gegenüber annahmen. § 106 VwGO regelt nicht ausdrücklich, wer - der nach § 87a Abs. 3 VwGO im vorbereitenden Verfahren berufene Berichterstatter oder die Kammer - in einem solchen Fall über den noch nicht beschiedenen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden hat.

Nach § 87a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 VwGO entscheidet der Berichterstatter im vorbereitenden Verfahren auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch, Anerkenntnis des Anspruchs bzw. Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Ist ein Berichterstatter in diesen Fällen nach § 87a Abs. 1 VwGO genauso wie nach § 106 Satz 2 VwGO zuständig, fehlt ein Grund dafür, dass der nach § 106 Abs. 2 VwGO zuständige Berichterstatter nicht auch über den Antrag auf Prozesskostenhilfe entscheidet.

Die Regelung, dass der Berichterstatter, ist er ohnehin schon zuständig, auch über den Antrag auf Prozesskostenhilfe zu befinden hat, geht auf die Erweiterungen in § 87a Abs. 1 Nr. 2 und 3 VwGO infolge des 1. Justizmodernisierungsgesetzes in Art. 6 Nr. 1 vom 24.8.2004 (BGBl I 2004 Nr. 45 vom 30.8.2004) zurück. Die Begründung der Vorschrift (BT-Drs. 15/1508, S. 28)

"Mit den Änderungen in § 87a wird die Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden bzw. des Berichterstatters, die ihnen im vorbereitenden Verfahren (vor der mündlichen Verhandlung) eingeräumt ist, in zwei Punkten erweitert. Im Interesse der Verfahrensstraffung und der Spruchkörperentlastung soll der Vorsitzende/Berichterstatter künftig ohne Beteiligung der Kammer auch entscheiden können über nach Erledigung der Hauptsache noch offene Prozesskostenhilfeanträge...".

stellt darauf ab, dass der Berichterstatter die Entscheidung über Prozesskostenanträge dann trifft, wenn nach Erledigung der Hauptsache noch Anträge offen sind. Das Gesetz will in § 87a Abs. 1 Nr. 2 und 3 VwGO Fälle der "Erledigung der Hauptsache" im weiteren Sinne (weil auch die in Nr. 2 genannten Fallgruppen dazu zählen) einbeziehen. Die Vorschrift ist auch Analogien zugänglich (vgl. zur Anwendung im vorbereitenden Verfahrens beim OVG: OVG Saarlouis, Beschluss vom 12.03.2010 - 3 D 44/10 -, NVwZ-RR 2010, 583; OVG Weimar, Beschluss vom 29.06.2007 - 3 ZO 1098/06 -, NVwZ-RR 2008, 286 [OVG Thüringen 29.06.2007 - 3 ZO 1098/06]; OVG Hamburg, Beschluss vom 12.09.2006 - 3 Bs 387/05 -, NVwZ-RR 2007, 211). Als "Erledigung der Hauptsache" ist auch der Vergleichsschluss nach § 106 Satz 2 VwGO zu sehen. Genauso wie die in § 87a Abs. 1 Nr. 3 VwGO genannten Fälle beendet der wirksame Vergleich das Verfahren unmittelbar rückwirkend (Wysk, VwGO, § 106, Rn. 14; § 161, Rn. 24). Genauso ist als Nebenentscheidung noch über Prozesskostenhilfe zu entscheiden.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nicht begründet.

Prozesskostenhilfe erhält gemäß §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Klage des Klägers fehlten offensichtlich die Erfolgsaussichten. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 war aus den im Bescheid genannten Gründen, auf die der Berichterstatter entsprechend § 117 Abs. 3 VwGO Bezug nimmt, rechtmäßig. Danach kommt die von dem Kläger begehrte Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nicht ohne die Beibringung einer positiven medizinisch-psychologischen Untersuchung durch den Kläger in Betracht.

Hinreichende Aussichten auf einen Prozesserfolg folgen auch nicht daraus, dass die Beteiligten nach § 106 Satz 2 VwGO einen Vergleich schlossen, der dem Kläger die Möglichkeit einräumt, die medizinisch-psychologische Untersuchung auf seine Kosten vornehmen zu lassen. Hinsichtlich der Beurteilung der Erfolgsaussichten ist der Kläger so zu stellen, als ob der Vergleich nicht geschlossen wäre (vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 114, Rn. 27a; vgl. auch LG Hildesheim, Beschl. vom 09.12.2005 - 3 O 221/04 -, juris). Er ändert nichts an der Einschätzung der Prozessaussichten. Im Übrigen erreichte der Kläger durch den bei Gericht geschlossenen Vergleich nur die Bereitschaft der Beklagten die Fahrerlaubnis neu zu erteilen, wenn der Kläger eine positive medizinisch-psychologische Untersuchung beibringt. Der Erfolg dieses Begehrens liegt mit allen Ungewissheiten ganz in der Hand des Klägers.