Amtsgericht Tostedt
Urt. v. 22.07.2009, Az.: 5 C 396/08

Bibliographie

Gericht
AG Tostedt
Datum
22.07.2009
Aktenzeichen
5 C 396/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 44908
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGTOSTE:2009:0722.5C396.08.0A

Fundstelle

  • ZMR 2009, 963-964

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1..

    Auch wenn umstritten ist, ob ein Vergleich wirksam mit dem säumigen Wohnungseigentümer zustande gekommen ist, muss der Verwalter einen auf dem Vergleich aufgebauten (bestandskräftigen) Beschluss in seiner Jahresabrechnung umsetzen.

  2. 2..

    Direkte Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter hat der Wohnungseigentümer als Nichtvertragspartner nur ausnamsweise (z b. wenn einziger Geschädigter).

In dem Rechtsstreit

...

hat das Amtsgericht Tostedt auf die mündliche Verhandlung vom 03.07.2009 durch den Richter Krackhardt

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.)

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

  3. 3.)

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegungen Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nichtige Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

  4. 4.)

    Der Streitwert wird auf 783,80 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger macht als Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft Schadensersatzansprüche gegen die beklagte Verwalterin geltend. Der Kläger ist Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in .... Die Beklagte ist die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie hat die Verwaltung ab dem 01.01.2005 von der früheren Verwalterin übernommen. Der Wohnungseigentümergemeinschaft stand seinerzeit eine Forderung gegen den Wohnungseigentümer A in Höhe von insgesamt 26.925,57 € aus Prozesskosten und rückständigen Wohngeldern zu. Im Protokoll der Eigentümerversammlung vom 04.11.2007 Anlage K3, Bl. 13 ff.d.A.), auf das ergänzend Bezug genommen wird heißt es zu TOP 7, 3.:

"Die Eigentümer stimmen rechtsprechend Ziffer 3 des Schreibens des Miteigentümers ... vom 03.11.2004 der Beseitigung aller Streitfälle und der Geld- und Sachforderungen gegeneinander zwischen der WEG und Herr ... mit Wirkung zum 31.12.2004 mit 29 Ja-Stimmen zu."

2

Am 01.06.2005 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt.auf deren Protokoll (Anlage K 1, Bl.7 ff.d.A) ergänzend genommen wird. Unter "zu Punkt 2 der Tagesordnung:" heißt es u.a.:

Die einzelnen Beschlussthemen werden erörtert:

...

Die in der letzten Eigentümerversammlung mit Herrn A erzielte vergleichsweise Regelung ist in die Abrechnung 2004 eingeflossen, und zwar in der Weise, dass die gesamten Rechts- und Gerichtskosten gebucht und abgerechnet werden und dass die restlichen Rückstände des Herrn A aus 2003 über die Rücklage ausgebucht wurden. Über die Berechtigung wurde ausführlich diskutiert, insbesondere über die Frage, ob der Vergleich tatsächlich zustande gekommen ist oder ob es nur eine Absichtserklärung war. Die Verwaltung beurteilt den Vergleich als zustande gekommen, weil in dem Beschluss selbst kein Vorbehalt gemacht wurde.

...

Es wurden noch einige allgemeine Fragen beantwortet und dann erging folgender Beschluss: Die versammelten Wohnungs-Teileigentümer beschlossen mit Stimmenmehrheit bei vier Gegenstimmen und einer Enthaltung die Verwaltungsabrechnung 2004 als Gesamt- und Einzelabrechnung mit der Maßgabe, dass die Einzelabrechnung noch einmal neu gefertigt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Sonderumlage als Rückzahlung mit abgerechnet und die Hauswartkosten entsprechend den Vorjahren aufgeteilt werden.

Eine Entlastung der ehemaligen Verwalterin zum jetzigen Zeitpunkt sollte nicht stattfinden.

...."

3

Die Verwaltung hat die Forderung hinsichtlich der Prozesskosten in die Gesamtabrechnung 2004 eingestellt und als Ausgabe abgerechnet. Die Altrückstände des Miteigentümers A in Höhe von insgesamt wurden über die Instandhaltungsrücklage ausgebucht.(Vgl. hierzu Anlagen B1 bis B3). Der Beschluss hinsichtlich der Verwaltungsabrechnung 2004 ist nicht angefochten worden. In der Jahresabrechnung 2004 vom 04.05.2005 wurde der Kläger mit anteiligen Verfahrenskosten in Höhe von 526,84 € belastet.

4

Der Kläger behauptet, ein Vergleich der Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Miteigentümer A sei entgegen der Annahme der Beklagten nicht zustande gekommen. Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei ihm deshalb zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Ausbuchungen nicht vornehmen durfte. Ihm sei dadurch ein Schaden in Höhe der anteiligen Prozesskosten aus der Jahresabrechnung 2004 von 526,84 € und zusätzlich anteilig 256,96 € aus dem aus der Verwaltungsabrechnung 2004 resultierenden Verzicht auf insgesamt 6.680,90 €. Somit sei ihm ein Gesamtschaden von 783,80 € entstanden, den die Beklagte zu ersetzen habe. Der Kläger behauptet, der Verwaltung sei keine Entlastung erteilt worden. Es habe keinen Vergleich gegeben, sondern nur eine bloße Absichtserklärung.

5

Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 783,80 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2007 zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

7

Die Beklagte behauptet, ihr sei bei Übernahme der Verwaltung Ende 2004 von den einzelnen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft berichtet worden, dass eine vergleichsweise Regelung erfolgt sei. Die Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger sei bereits kein Schaden im Sinne einer unfreiwilligen Vermögenseinbuße eingetreten, da die Abrechnung gebilligt worden sei. Das nunmehrige Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen sei insoweit treuwidrig habe auch insofern pflichtgemäß gehandelt, als sie die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft umgesetzt hat.

8

Mit - nicht nachgelassenem - Schriftsatz vom 06.07.2009, der per Fax am 18.07.2009 bei Gericht einging, trug der Kläger weiter vor und beantragte hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu Händen der Wohnungseigentümergemeinschaft ... ... Buchholz, 783,80 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2007 zu zahlen.

9

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

10

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger stehen keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu.

11

Eine deliktische Haftung der Beklagten scheitert bereits daran, dass das hier allenfalls betroffene Vermögen im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB nicht geschützt ist. Direkte Ansprüche aus einer Pflichtverletzung des Verwaltervertrages scheitern daran, dass der Verwaltervertrag zwischen den Wohnungseigentümern als Verband und dem Verwalter geschlossen wird, nicht aber mit dem einzelnen Wohnungseigentümer. Zwar ist anerkannt, dass sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durchaus Schutzwirkungen auch für den einzelnen Wohnungseigentümer ergeben können (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Beschl.v. 29.09.2006, Aktenzeichen 3 WX 281/05). Die Anwendung des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter setzt jedoch eine Schutzbedürftigkeit im Einzelfall voraus. Diese ist unzweifelhaft angegeben, wenn nur dem Einzelnen, nicht aber der Eigentümergemeinschaft, ein Schaden entstanden ist. Vorliegend ist ein eigener Schaden des Klägers jedoch nicht ersichtlich. Ein behaupteter Schaden durch fehlerhafte Ausbuchung bzw. Abrechnung der Beträge als Ausgaben betrifft die Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt. Es wäre daher Sache der Wohnungseigentümergemeinschaft, Ausgleich des behaupteten Schadens zu verlangen. Jedenfalls könnte der Kläger ggf. nur Zahlung an die Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen. Seiner Darstellung, wonach ihm auch ein eigener Schaden entstanden ist, kann nicht gefolgt werden. Es handelt sich insoweit um rein rechnerische, mittelbare Größen. Dies ändert nichts daran dass der Schaden letztlich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft eingetreten wäre. Ein Anspruch des Klägers scheitert aber auch bereits am fehlenden Nachweis einer Pflichtverletzung der Beklagten. Der insoweit beweisbelastete Kläger hat ein Fehlverhalten der Beklagten nicht bewiesen. Die strittigen Positionen waren unstreitig eingestellt in die Verwaltungsabrechnung 2004. Die Wohnungseigentümer beschlossen diese auf der Versammlung vom 01.06.2005. Dabei ist bemerkenswert, dass hinsichtlich anderer Streitpunkte sogar eine Einschränkung in den Beschluss aufgenommen wurde. Hinsichtlich der nunmehr streitigen Positionen wurde keine Einschränkung aufgenommen, obwohl zuvor ausweislich des Protokolls über das Zustandekommen des Vergleichs kontrovers diskutiert worden war. Die Beklagte hat den rechtskräftig gewordenen Beschluss in der Folge umgesetzt. Da der Kläger gegen diesen Beschluss seinerzeit nicht vorgegangen ist, liegt keine Pflichtverletzung der Beklagten vor. Zudem ist es treuwidrig, wenn sich der Beklagte nunmehr auf eine Pflichtverletzung der Beklagten beruft, zumal das Problem, ob der Vergleich tatsächlich zustande gekommen sei oder nicht, ausweislich der zuvor protokollierten Diskussion dem Kläger bekannt war. Unter diesen Umständen hätte er den Beschluss anfechten müssen. Soweit der Kläger behauptet, der Verwalterin sei genau aus diesem Grund die Entlastung in der damaligen Eigentümerversammlung nicht erteilt worden, ist diese Behauptung nicht belegt. Aus dem Protokoll ergibt sich, dass eine Entlastung der "ehemaligen" Verwalterin nicht stattfinden sollte. Dies bezieht sich eindeutig nicht auf die Beklagte, die zum Zeitpunkt der Versammlung die aktuelle Verwalterin war. Nach alldem besteht ein Anspruch des Klägers nicht.

12

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.