Amtsgericht Tostedt
Urt. v. 26.08.2009, Az.: 5 C 204/08
Bestimmtheitserfordernis; unzulässige Bedingung; Jahresabrechnung
Bibliographie
- Gericht
- AG Tostedt
- Datum
- 26.08.2009
- Aktenzeichen
- 5 C 204/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 44909
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGTOSTE:2009:0826.5C204.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 28 WEG
- §§ 133
- 157
- 158 BGB
Fundstelle
- ZMR 2010, 326-327
In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Tostedt im schriftlichen Verfahren gem. § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 31.07.2009 durch den Richter Krackhardt
für Recht erkannt:
Tenor:
Der auf der Wohnungseigentümerversammlung Vom 21.05.2007 zum Tagesordnungspunkt 1 gefasste Beschluss über die Verwaltungsabrechnung 2007 wird für unwirksam erklärt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Mit seiner Klage richtet sich der Kläger als Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft S-straße ...., gegen den unter TOP 1 auf der Wohnungs-/Teileigentümerversammlung vom 21.05.2008 gefassten Beschluss. Ausweislich des als Anlage K4 in Kopie überreichten Protokolls (Bl. 18ff. d.A.) ist danach folgender Beschluss ergangen:
Die versammelten Wohnungs- / Teileigentümer beschlossen mit Stimmenmehrheit, bei 6 Gegenstimmen und einer Enthaltung, die Verwaltungsabrechnung 2007 als Gesamt- und Einzelabrechnung und erteilten der Verwaltung Entlastung, mit der Maßgabe, dass die Entnahmen für den Tischler, Konto ... kurzfristig mit Hinweis auf die Teilungserklärung §§ 3 und 7 geprüft und gegebenenfalls durch die betreffenden Eigentümer erstattet werden."
Ausweislich der vom Kläger als Anlage K5 in Kopie überreichten Einzelabrechnung 2007 waren in die Verwaltungsabrechnung 2007 Tischlerkosten in Höhe von 6.134,82 € einbezogen worden. Dieser Betrag setzte sich aus den einzelnen Beträgen der als Anlagenkonvolut K7 in Kopie überreichten Rechnungen der Tischlerei I ..." vom 13.06.2007 über 3.705,21 €, vom 28.06.2007 über 1.863,32 € und vom 23.11.2007 über 183,16 €, der als Anlage K8 in Kopie überreichten Rechnung der Firma K ..." vom 04.09.2007 über 124,12 € und der als Anlage K9 in Kopie überreichten Rechnung der Firma P ...GmbH Glas und Rahmen" vom 20.01.2007 über 239,01 € zusammen.
In die Verwaltungsabrechnung 2007 ist ferner unstreitig ein von Seiten der Verwalterin der Beklagten, der Firma A ... GmbH, gewährtes Darlehen über den Betrag von 5.000,00 € einbezogen worden.
Der Kläger ist der Ansicht, dass der unter TOP 1 am 21.05.2008 gefasste Beschluss unwirksam und deshalb aufzuheben sei.
Er ist der Ansicht, dass der Beschluss bereits deshalb unwirksam ist, weil das Ergebnis der Abstimmung aus der Beschlussfassung nicht hervorgehe. Darüber hinaus meint der Kläger, dass die Beschlussfassung widersprüchlich und unklar sei, denn der Beschluss sei unter dem Vorbehalt einer Bedingung, nämlich einer kurzfristigen Prüfung gefasst worden, wobei weder festgestellt sei, wann noch unter welchen Bedingungen die Position von wem geprüft werden solle. Ob diese Prüfung zwischenzeitlich stattgefunden hat oder nicht, ist von den Parteien nicht vorgetragen worden.
Der Kläger meint ferner, dass der Beschluss deshalb rechtswidrig sei, weil sich die unter der Position Tischlerei berechneten Kosten ausschließlich auf Reparaturen von Balkontüren und Fenstern beziehen würden, die allerdings nach der Teilungserklärung zum Sondereigentum der jeweiligen Eigentümer gehörten und der Gemeinschaft deshalb nicht angelastet werden könnten.
Der Kläger ist ferner der Ansicht, dass die Belastung der Gemeinschaftskosten mit einem Darlehenserstattungsanspruch der Verwalterin unzulässig sei, weil dies ordnungsgemäßer Verwaltung nicht entspreche.
Der Kläger beantragt,
den auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.05.2007 zum Tagesordnungspunkt 1 gefassten Beschluss über die Verwaltungsabrechnung 2007 insoweit für unwirksam zu erklären, als darin Tischlerkosten in Höhe von 6.134,32 € zu Lasten der Gemeinschaft in Ansatz gebracht wurden (Position 41 5592), und als ein von der Verwalterin, der Firma A ... Service GmbH, gewährtes Darlehn in Höhe von 5.000,00 € als Passivposten in die Abrechnung eingeflossen ist (Position 8050),
hilfsweise
den auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.05.2007 zum Tagesordnungspunkt 1 gefassten Beschluss über die Verwaltungsabrechnung 2007 wird für unwirksam zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie berufen sich darauf, dass es von den Bestimmungen der Teilungserklärung gedeckt sei, dass die unter der Rubrik Tischlerei" zusammengefassten Rechnungsbeträge von der Gemeinschaft und nicht von dem Sondereigentümer getragen werden. Soweit in der Teilungserklärung Fenster und Balkontüren dem Sondereigentum zugewiesen seien, sei diese Zuordnung rechtswidrig. Fensterscheiben sowie Außenverkleidungen von Fenstern seien vielmehr dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen. Deshalb sei die Teilungserklärung dahingehend auszulegen, dass die für Arbeiten an Fensterscheiben und den Außenverkleidungen von Fenstern anfallenden Kosten von der Gemeinschaft zu tragen seien.
In Ergänzung des Vorstehenden wird auf die Ausführungen der Parteien in den zwischen Ihnen gewechselten Schriftsätzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluss war für unwirksam zu erklären.
Der vorliegend angegriffene Beschluss war für unwirksam zu erklären, weil er unklar war und somit gegen den wohnungsrechtlichen Grundsatz, die Handlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft durch klare Beschlussfassung aufrecht zu erhalten, verstieß. Zwar folgt dies nicht per se daraus, dass der Beschluss unter eine Bedingung gestellt war. Ein die Jahresabrechnung unter einer Bedingung genehmigender Beschluss Ist grundsätzlich zulässig und wirksam (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 22.09.2004, Aktenzeichen 16 Wx 142/04). Der Beschluss würde dann mit Eintritt der Bedingung wirksam. Allerdings ist Voraussetzung, dass die Bedingung hinreichend klar definiert ist, so dass ihr Eintritt oder Nichteintritt zu einem bestimmten Zeitpunkt eindeutig kontrolliert werden kann, um Rechtssicherheit zu haben. Dies ist vorliegend nicht der Fall. In dem angefochtenen Beschluss wird dem Verwalter unter der Bedingung Entlastung erteilt, dass die Entnahmen für den Tischler kurzfristig ... geprüft" und gegebenenfalls durch die betreffenden Eigentümer" erstattet werden. Dieser Beschluss ist weder in zeitlicher, noch in sachlicher Hinsicht hinreichend klar. Die Beschlussfassung unter einer Bedingung ist nur dann zulässig, wenn der Eintritt der Bedingung hinreichend klar ist und somit auch überprüft werden kann (vgl. OLG Köln und angegebenem Ort). Hierzu ist in zeitlicher Hinsicht erforderlich, dass die Angabe jedem Wohnungseigentümer ermöglicht, den Zeitpunkt des Eintritts der Bestimmung zumindest eindeutig zu ermitteln. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Angabe, dass kurzfristig" eine Überprüfung erfolgen soll, lässt völlig offen, welcher Zeitraum hiervon erfasst sein soll. Auch in sachlicher Hinsicht ist der Eintritt der Bedingung letztlich nicht überprüfbar. Es ist lediglich festgelegt, dass die Tischlerrechnung geprüft" werden soll. Durch wen und in welcher Art und Weise eine derartige Prüfung zu geschehen hat, bleibt offen. Es ist auch völlig offen, ob jemals eine derartige Prüfung (und falls ja durch wen und mit welchem Ergebnis) stattgefunden hat. Schließlich ist auch der letzte Teil der Bedingung, wonach die Kosten gegebenenfalls durch die betreffenden Eigentümer" erstattet werden sollen, unklar. Es ergibt sich weder aus dem Beschluss noch aus dem unmittelbaren Zusammenhang (§§ 133, 157 BGB), wer die betreffenden Eigentümer" sind und zu welchen Teilen und in welcher Weise sie gegebenenfalls Beträge zu erstatten haben. Daher konnte der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben und war für unwirksam zu erklären. Das Gericht legt den Hauptantrag des Klägers — nach der Klarstellung im Schriftsatz des Klägers vom 13.07.2007 — dem Sinn und Zweck nach dahin aus, dass der Kläger bereits mit dem Hauptantrag letztlich eine Aufhebung des gesamten zu TOP 1 gefassten Beschlusses erstrebte und dies mit dem Passus bezüglich der Tischlerarbeiten sowie mit dem in der Jahresabrechnung enthaltenen Darlehn lediglich begründete.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Eine abweichende Entscheidung nach § 49 Abs. 2 WEG war vorliegend nicht veranlasst. Ein grobes Verschulden der Verwalterin liegt nicht vor. Die Aufhebung des Beschlusses beruht hier auf der unklar gefassten Bedingung. Das Unterlassen des Erkennens dieser unklaren Fassung war zwar fahrlässig, stellt aber kein grobes Verschulden dar. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.