Amtsgericht Tostedt
Urt. v. 01.12.2008, Az.: 5 C 149/08
Bibliographie
- Gericht
- AG Tostedt
- Datum
- 01.12.2008
- Aktenzeichen
- 5 C 149/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 46583
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGTOSTE:2008:1201.5C149.08.0A
Rechtsgrundlagen
- §§ 16
- 46
- 44 WEG
Fundstelle
- ZMR 2009, 962-963
Redaktioneller Leitsatz
Innerhalb der Monatsfrist des § 46 WEG muss klar geworden sein, daß die Anfechtungsklage sich nicht gegen die Gemeinschaft, sondern gegen die "übrigen Wohnungseigentümer" richtet; ansonsten ist die Klage als unbegründet abzuweisen.
In dem Rechtsstreit
...
gegen
...
hat das Amtsgericht Tostedt auf die mündliche Verhandlung vom 10.11.2008 durch den Richter Dr. Derks
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.)
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft T... Straße ... in .... Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 08.04.2008 haben die erschienen Eigentümer mehrere Beschlüsse gefasst, u. a. unter Ziffer 3.1. d haben die erschienen Eigentümer mit 94 Ja-Stimmen, 14 Nein-Stimmen und 18 Stimmenthaltungen beschlossen:
"dass Eigentümern, die zum Zeitpunkt dieser Beschlussfassung (08.04.2008) im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentümer sind oder bereits einen Kaufvertrag abgeschlossen haben und die Erneuerung der Fenster (ohne Extras wie Fensterbänke etc. im normalen Standard wie vorher vorhanden), die Erneuerungskosten wie folgt erstattet werden:
a) Bei Erneuerung in 2007, 2006, 2005
=100%
b) Bei Erneuerung in 2004
=90%
c) Bei Erneuerung in 2003
=80%
d) Bei Erneuerung in 2002 und früher bis 1987
=70%
e) Bei Erneuerung vor 1987
=50%
Grundlange für alle Erstattungsansprüche bildet der seitens der Verwaltung mit der Vorankündigung versandte Preisspiegel vom 13.02.2008. Der Mittelwert wurde aus drei aktuellen Angeboten gebildet und gilt für alle Eigentümer. Die Eigentümer, die ihre Fenster zuerst eingebaut haben, sollen auch zuerst eine Erstattung erhalten. Ausgenommen von der Erstattung sind die Badezimmerfenster."
Die Kläger sind der Ansicht, dass dieser Beschluss aus verschiedenen Gründen unwirksam sei. Sie berufen sich zum einen darauf, dass zu der Wohnungseigentümerversammlung vom 08.04.2008 bereits keine ordnungsgemäße Einladung erfolgt sei. Zum anderen stellt die Beschlussfassung nach Ansicht der Kläger aber auch eine unangemessene Benachteiligung der Antragsteller dar. Sie berufen sich diesbezüglich darauf, dass auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 24.03.1987 u. a. ein Beschluss mit nachfolgendem Inhalt gefasst worden war:
"Die Instandhaltung und eventueller Neuerung der zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Fensterelemente erfolgt durch den jeweiligen Wohngseigentümer auf eigene Kosten. Das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage darf durch eine Fenstererneuerung nicht verändert werden. Vor der Durchführung ist der Verwalter schriftlich darüber zu informieren, in welcher Form der Einbau erfolgen soll. Die beauftragte Handwerksfirma hat ebenfalls im Vorwege dem Verwalter schriftlich zu bestätigen, dass sich zum äußeren Gesamtbild keine Abweichungen ergeben. Dem Verwalter wird bei dennoch auftretenden Abweichungen ein Veto-Recht eingeräumt."
Unter Berücksichtigung des Inhaltes des Beschlusses vom 08.04.2008 würden die Antragsteller nur 50 % ihrer Investitionskosten nach dem Preisspiegel vom 13.02.2008 erhalten und sie meinen, damit gegenüber anderen Wohnungseigentümern unangemessen benachteiligt zu werden. Sie sind der Ansicht, dass nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz entweder alle Sondereigentümer, die in das Gemeinschaftseigentum investiert haben, ihre Aufwendungen in voller Höhe oder aber nur nach den in dem Beschluss vom 24.03.1987 enthaltenen ersetzt verlangen können.
Die Kläger beantragen,
die Unwirksamkeit des Versammlungsbeschlusses vom 08.04.2008 festzustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie berufen sich darauf, dass die Beklagten nicht passiv legitimiert sei. Die Anfechtungsklage sei nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG gegen "die übrigen Wohnungseigentümer" zu richten, wohingegen die Kläger die Anfechtungsklage hier ausdrücklich gegen die "Wohnungseigentümergemeinschaft" gerichtet haben, die als teilrechtsfähiger Verband nicht der richtige Adressat einer Anfechtungsklage sei.
Sie berufen sich im übrigen darauf, dass bei in der Beschlussfassung getroffenen. Staffelung der Erstattungsbeträge berücksichtigt worden sei, dass bei frühzeitiger Erneuerung typischerweise noch kein eigentlicher Instandsetzungsbedarf bestanden haben dürfte, sondern der Erhalt von Isolierglas im Vordergrund gestanden hätte. Für eine Erstattung der durch die Fenstererneuerung entstandenen Kosten vor der Beschlussfassung 08.04.2008 habe nie ein Rechtsgrund bestanden. Sofern Eigentümer die Fenster gleichwohl ausgetauscht hätten, sei dies in dem Bewusstsein geschehen, dass es sich um Gemeinschaftseigentum gehandelt hat.
In Ergänzung des Vorstehen wird auf die Ausführungen der Parteien in den gewechselten Schriftsätzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet, denn die Beklagten sind für die Anfechtungsklage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEGnicht passiv legitimiert.
Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG ist die Anfechtungsklage gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Nach der Neufassung der gesetzlichen Bestimmungen in § 27 Abs. 2 WEG ist zwischen "den Wohnungseigentümern" und "der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" scharf zu trennen.
Die Kläger haben die per Telefax am 08.05.2008 fristgerecht erhobene Anfechtungsklage allerdings gegenüber der "Wohnungseigentümergemeinschaft T... ... ... ..., vertreten durch die Grundstücksverwaltung WEG ... GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer ... Hamburg" und mithin nicht gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern erhoben. Die Anfechtungsklage richtet sich deshalb gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, die nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG allerdings nicht passiv legitimiert ist.
Soweit die Kläger sich darauf berufen haben, dass die Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks gemäß § 44 WEG grundsätzlich zur Bezeichnung der WEG genügt und die einzelnen Wohnungseigentümer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung benannt werden können, verfängt dies deshalb nicht, weil die Bestimmung in § 44 WEG auf die Besonderheiten der Anfechtungsklage nach § 46 WEG nicht zugeschnitten ist (vgl. Hügel/ Elzer das neue WEG-Recht, 2007, § 13, Rdnr. 125 ff.; Niedenfür/KümmelA/andenhouten WEG 8. Auflage 2007, § 46, Rdnr. 29; Bamberger/Roth-Scheel, WEG Stand 01.10.2007, § 46, Rdnr. 4).
Soweit die Kläger im Schriftsatz vom 29.07.2008 vorgetragen haben, dass sich die Klage gegen "die Wohnungseigentümer die in dem Verfahren durch den Verwalter als Zustellungsbevollmächtigter vertreten werden" richten solle, wird nach Ansicht des Gerichts ebenfalls nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sich die Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Kläger richten soll, selbst wenn man die Formulierung dahin aber auslegen wollte, wäre eine Rubrumsberichtigung gleichwohl nicht möglich, da sie der vorstehend dargelegten Rechtslage zuwider liefe (vgl. Bamberger/Roth-Scheel, WEG Stand 01.10.2007, § 46, Randnr. 4, AG Dresden ZMR 2008, 248; LG Darmstadt ZMR 2008, 736, Amtsgericht Hamburg-St. Georg ZMR 2008, 742).
Ob die auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 08.04.2008 gefassten Beschlüsse mangels ordnungsgemäßer Einladung unwirksam sind, war vor diesem Hintergrund nicht mehr zu prüfen. Es kam im Übrigen auch nicht darauf an, ob sich die Kläger mit der Anfechtungsklage gegen sämtliche Beschlüsse, die auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 08.04.2008 gefasst worden sind, wenden wollten oder nur gegen den unter Ziffer 3 Punkt 1 Buchstabe d) des Protokolls vom 08.04.2008 (Anlage AST 4), was sich der Klageschrift vom 08.05.2008 allerdings nicht zweifelsfrei entnehmen ließ.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11711 ZPO.