Arbeitsgericht Oldenburg
Urt. v. 20.02.2020, Az.: 5 Ca 335/19

Differenzierung; Firmentarifvertrag; Geflügelspezialitäten; Nachtarbeit; Nachtarbeitszuschlag; Nachtschichtarbeit; regelmäßige Nachtarbeit; Tarifauslegung; unregelmäßige Nachtarbeit; Zuschlagshöhe

Bibliographie

Gericht
ArbG Oldenburg
Datum
20.02.2020
Aktenzeichen
5 Ca 335/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71577
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
LArbG - AZ: 2 Sa 588/20

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der auf das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifbindung anwendbare MTV lässt sich nicht dahingehend auslegen, dass die von der Klägerin in dem Zeitraum 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleistete Arbeit, welche die im Zweischichtsystem tätige Klägerin teilweise während der Spätschicht (20:00 Uhr bis 23:00 Uhr) und teilweise überlappend während der Nachtschicht erbracht hat, unregelmäßige Nachtarbeit i.S.d. § 5 Ziff. 5 d) des MTV ist.

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Der Streitwert wird auf 669,66 EUR festgesetzt.

4. Die Berufung wird gesondert zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zahlung von Zuschlägen für unregelmäßige Nachtarbeit.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 14.01.1988 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden und einem Bruttostundenlohn von 15,40 € beschäftigt. Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten.

Bei der Beklagten wird überwiegend im Dreischichtsystem gearbeitet. Die Frühschicht beginnt um 06:00 Uhr und endet um 14:00 Uhr. Die Spätschicht erstreckt sich auf den Zeitraum 14:00 bis 22:00 Uhr, die Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr.

Die Klägerin zählt zu den im Zweischichtsystem arbeitenden Arbeitnehmern. Sie arbeitet abwechselnd in der Früh- und Spätschicht. Im Zweischichtsystem geht die Frühschicht von 06:00 bis 14:30 Uhr, die Spätschicht von 14:30 bis 23:00 Uhr.

Auf das Arbeitsverhältnis findet der zwischen der O. G. GmbH & Co. und der Gewerkschaft Nahrung - Genuss – Gaststätten am 03.03.2014 geschlossene Manteltarifvertrag Anwendung. Dieser Tarifvertrag (im Folgenden: MTV) sieht u.a. folgende Regelungen vor:

„§ 5 Mehr-, Sonn-, Feiertag-, Nacht- und Schichtarbeit

1. Mehrarbeit ist die Zeit, in der über die regelmäßige wöchentliche … gearbeitet wird.

  …

 4. Die Erschwernisse für die Arbeit in der Nacht werden wie folgt durch Zulagen abgegolten:

4.a. Schichtarbeit in der Nacht ist die Zeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr in der Früh- und Spätschicht oder in der Tagschicht im Bereich Produktion/Lager

4.b. Nachtarbeit ist die in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr geleistete Arbeit. Regelmäßige Nachtarbeit ist die Nachtarbeit in der 3-Schicht-Tätigkeit oder ständige Nachtschichtarbeit.

5. Für Mehr- Nacht- und Schichtarbeit sind folgende Zuschläge zu bezahlen:

 a) für Mehrarbeit  25 %

 …

 c) für regelmäßige Nachtarbeit  25 %

 d) für unregelmäßige Nachtarbeit  50 %

 e) Schichtarbeit in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr 20 %

7. Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist jeweils nur ein Zuschlag, und zwar bei unterschiedlichen Zuschlägen der höchste, zu zahlen. Ausgenommen hiervon ist der Zuschlag für Nachtarbeit (§ 5 Ziffer 4.b.) bzw. die Zulage für Schichtarbeit in der Nacht (§ 5 Ziffer 4.a.).

…“

Die Klägerin verrichtet ihrer Arbeit unregelmäßig nach 23:00 Uhr nach Ende der Spätschicht. Für die Zeit von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr zahlt die Beklagte keine Zuschläge, für die Zeit ab 22:00 Uhr lediglich den 20%igen Schichtarbeitszuschlag. Nachtzuschläge erhält sie nicht.

Der Abrechnungszeitraum für die Zuschläge beginnt jeweils in der Mitte eines Monats und endet in der Mitte des Folgemonats. Die Gehaltsabrechnung erfolgt insgesamt im Folgemonat.

Mit ihrer 13.09.2019 eingegangen Klage macht die Klägerin den 50%igen Nachtzuschlag für unregelmäßige, zwischen 20:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeit geltend - 28,28 Stunden im Zeitraum 26.03. bis 13.04.2019 mit einem Gesamtwert von 217,75 €, 25,28 Stunden vom 16.04. bis 15.05.2019 zu 194,65 €, 13,53 Stunden des Zeitraums 16.05. bis 15.06.2019 zu 104,18 € und 19,88 Stunden zwischen dem 17.06. und 15.07.2019 zu 153,08 €. Hinsichtlich der Arbeitszeiten der Klägerin wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 24.10.2019 sowie die diesem Schriftsatz beigefügten Stempelkarten nebst Gehaltsabrechnungen (Anlagen K1 – K8) verwiesen.

Die Beklagte zahlte die Nachtzuschläge trotz Geltendmachung mit Schreiben vom 05.06.2019 nicht.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr der 50%ige Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit für die zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeit zusätzlich zu dem für diesen Zeitraum gezahlten 20%igen Schichtarbeitszuschlag stehe. § 5 Ziff. 7 des MTV, wonach es bei Zusammentreffen mehrerer Zuschläge nur auf den höheren Zuschlag ankomme, gelte nicht für Nachtarbeits- und Schichtarbeitszuschläge. Im Zweischichtsystem seien drei Stunden der Spätschicht (20:00 bis 23:00 Uhr) zwangsläufig Nachtarbeit i. S. v. § 5 Ziff. 4. b. des MTV. Da sie keine Nachtarbeit im Dreischichtsystem und nicht ständig Nachtschichten leiste, handele es sich bei der zwischen 20:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeit um unregelmäßige Nachtarbeit, da die unregelmäßige Nachtarbeit andernfalls keinen eigenständigen Anwendungsbereich mehr hätte. Die Nachtschicht im Dreischichtsystem beginne erst um 22:00 Uhr. § 5 Ziff. 4. b. des MTV gelte wegen der ab 20:00 Uhr beginnenden Nachtarbeit sowohl für die Spätschicht im Zweischichtsystem als auch im Dreischichtsystem.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für März/April 2019 einen Nachtzuschlag in Höhe von 217,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2019 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für April/Mai 2019 einen Nachtzuschlag in Höhe von 194,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2019 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für Mai/Juni 2019 einen Nachtzuschlag in Höhe von 104,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2019 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für Juni/Juli 2019 einen Nachtzuschlag in Höhe von 153,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Rechtsauffassung, dass der Klägerin lediglich der ihr nach dem MTV gezahlte 20%ige Zuschlag zustehe. Der 50%ige Nachtarbeitszuschlag könne der Klägerin bereits deshalb nicht zustehen, da sie nach ihrem eigenen Vortrag lediglich Früh- und Spätschicht leiste. Die Klägerin sei im Bereich Produktion/Lager tätig und gerade nicht im Dreischichtsystem, ebenso wenig in ständiger Nachtschicht gearbeitet. Unregelmäßige Nachtarbeit könne nur dann vorliegen, wenn es sich nicht um Nachtschichtarbeit im Dreischichtsystem, ständige Nachtschicht oder Schichtarbeit in der Nacht bei Früh- und Spätschicht bzw. bei Tagschicht im Bereich Produktion/Lager handelt. Es entspräche nicht Sinn und Zweck der tariflichen Regelungen, wenn jedes Abweichen von einer Tätigkeit im Bereich Produktion/Lager im Zweischichtsystem das Vorliegen einer Nachtschicht i. S. d. Tarifvertrags begründen würde, da es dadurch zu einer Besserstellung dieser Arbeitnehmer durch Zahlung des 50%igen Zuschlags im Vergleich zu der Nachtschichtarbeit im Dreischichtsystem leistenden Arbeitnehmern, die lediglich den 25%igen Zuschlag bekommen würden, käme. Es sei Wille der Tarifvertragsparteien gewesen die Schichtarbeit in der Nacht im Zweischichtsystem sowie im Bereich Produktion/Lager von der Nachtarbeit auszunehmen, weshalb tarifvertraglich unterschiedliche Zuschläge für Schichtarbeit in der Nacht sowie die regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit vorgesehen sind. Die Zahlung des Zuschlags für unregelmäßige Nachtarbeit sei hiermit unvereinbar. Es könne nicht alles was nicht regelmäßige Nachtarbeit i. S. d. MTV sei zwangsläufig unregelmäßige Nachtarbeit sein. § 5 Ziff. 4. a. des MTV käme nicht mehr zu Anwendung. Die dreimonatige Ausschlussfrist des § 10 MTV sei teilweise nicht gewahrt worden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie auf die Protokolle der Sitzungen vom 15.10.2019 und 20.02.2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

A.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des 50%igen Zuschlags für unregelmäßige Nachtarbeit gem. § 5 Ziff. 4. b. i. V. Ziff. 5. d) des MTV.

Der auf das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifbindung anwendbare MTV lässt sich nicht dahingehend auslegen, dass die von der Klägerin im Zeitraum 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleistete Arbeit, welche die im Zweischichtsystem tätige Klägerin teilweise während der Spätschicht (20:00 Uhr bis 23:00 Uhr) und teilweise überlappend während der Nachtschicht erbracht hat, unregelmäßige Nachtarbeit i. S. v. § 5 Ziff. 5 d) des MTV ist.

I.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 20. November 2019 – 5 AZR 39/19 Rn. 20 m.w.N., zitiert nach juris).

II.

Gemessen hieran kann das von der Klägerin vertretene Auslegungsergebnis der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

Bei der von der Klägerin zwischen 20:00 Uhr und 06:00 Uhr geleisteten Arbeit handelt es sich nicht um unregelmäßige Nachtarbeit i. S. d. MTV.

1.

Der MTV regelt in § 5 Ziff. 4 „Arbeit in der Nacht“. Hinsichtlich „Arbeit in der Nacht“ differenziert das Tarifwerk zwischen „Schichtarbeit in der Nacht“ von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr (§ 5 Ziff. 4. a.) und „Nachtarbeit“ von 20:00 Uhr bis 06:00 (§ 5 Ziff. 4. b.). Lediglich die regelmäßige Nachtarbeit ist in § 5 Ziff. 4. b. S. 2 dahingehend definiert, dass es sich hierbei um Nachtarbeit in der 3-Schicht-Tätigkeit oder ständige Nachtschichtarbeit handelt. Eine Definition der unregelmäßigen Nachtarbeit, für die in § 5 Ziff. 5 d) des MTV ein eigener Zuschlag vorgesehen ist, enthält der MTV nicht.

Angesichts des Umstands, dass der MTV hinsichtlich der Höhe der Zuschläge für „Arbeit in der Nacht“ differenziert – 25 % für regelmäßige Nachtarbeit, 50 % für unregelmäßige Nachtarbeit und 20 % für Schichtarbeit in der Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr - ist § 5 Ziff. 4. b. dahingehend auszulegen, dass unregelmäßige Nachtarbeit – auch wenn diese in § 5 Ziff. 4. b. im Gegensatz zur regelmäßigen Nachtarbeit nicht definiert ist, lediglich im Dreischichtsystem anfallen und mit einem 50%igen Zuschlag vergütet werden kann. § 5 Ziffer 4. b. regelt die „Nachtarbeit“ als Oberbegriff, dem im Hinblick auf die unterschiedliche Zuschlagshöhe nicht nur die eigens definierte regelmäßige Nachtarbeit, sondern auch die unregelmäßige Nachtarbeit unterfällt. Dass regelmäßig Nachtarbeit bei Erbringung der Arbeitsleistung im Dreischichtsystem sowohl bei ständiger Nachtschichtarbeit als auch beim Wechsel von Früh-, Spät- und Nachtschicht anfällt, versteht sich von selbst. Unregelmäßig geleistete Nachtarbeit kann somit zwangsläufig nur bei einer Tätigkeit im Dreischichtsystem bei Einteilung in der Spätschicht und einer Überschreitung des Endes der Spätschicht anfallen.

2.

Die Differenzierung der Tarifvertragsparteien bei den Zuschlagshöhen für „Arbeit in der Nacht“ zeigt, dass die Tarifvertragsparteien die Fälle der regelmäßigen Nachtarbeit, der unregelmäßigen Nachtarbeit und der Schichtarbeit in der Zeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr als voneinander abgrenzbare Fallgruppen der „Arbeit in der Nacht“ angesehen haben.

a.

Aus diesem Grund überzeugt der von der Klägerin gezogene Schluss dahingehend, dass all das was nicht regelmäßige Nachtarbeit i. S. d. MTV sei, zwangsläufig unregelmäßige Nachtarbeit sein müsse solange sie zwischen 20:00 Uhr und 06:00 Uhr erbracht werde, da die unregelmäßige Nachtarbeit ansonsten keinen eigenständigen Anwendungsbereich mehr hätte, nicht. Unregelmäßige Nachtarbeit kann es ausschließlich im Dreischichtsystem geben. Hinsichtlich des eigenständigen Anwendungsbereichs wird auf obige Ausführungen erwiesen.

b.

Der Rechtsstandpunkt der Klägerin hätte zur Konsequenz, dass im Zweischichtsystem von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr stets der 50%ige Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit und der 20%ige Zuschlag für Schichtarbeit zu zahlen wäre. Dies würde indes dazu führen, dass die unregelmäßige Nachtarbeit ihren eigenständigen Anwendungsbereich, der auf das Dreischichtsystem beschränkt ist, verlieren würde und die Erschwernis der „Arbeit in der Nacht“ doppelt durch Zahlung beider Zuschläge ausgeglichen werden würde. Dies wäre auch von § 5 Ziff. 7 MTV nicht mehr gedeckt. Die dort in S. 2 geregelte Addition des Zuschlags für Nachtarbeit bzw. für Schichtarbeit in der Nacht ist nicht als Kumulation mehrerer Zuschläge für „Arbeit in der Nacht“ zu verstehen. Die Regelung will lediglich sicherstellen, dass die Erschwernis für „Arbeit in der Nacht“ abgegolten wird. Der mehrfache Ausgleich ein- und derselben Erschwernis ist mit der Regelung nicht bezweckt.

c.

Ganz abgesehen davon überzeugte die Rechtsauffassung der Klägerin die Kammer deshalb nicht, da nicht verständlich ist warum die in die Spätschicht von 20:00 Uhr bis 23:00 Uhr fallende Arbeitszeit unregelmäßige Nachtarbeit sein soll. Die Klägerin hat selbst vorgetragen regelmäßig zwischen der Früh- und der Spätschicht zu wechseln. Unterstellt es würde sich bei der zwischen 20:00 Uhr und 23:00 Uhr geleisteten Arbeit um Nachtarbeit handeln, wäre dies allenfalls regelmäßige mit 25 % zuschlagspflichtige Nachtarbeit.

3.

Im Übrigen berücksichtigt die Argumentation der Klägerin nicht, dass § 5 Ziff. 4. a. und 4. b. des MTV von einer Trennung von Zweischichtsystem (§ 5 Ziff. 4. a.) und Dreischichtsystem (§ 5 Ziff. 4. b.) ausgehen. Dies folgt aus der Definition der regelmäßigen Nachtarbeit in § 5 Ziff. 4. b. S. 2 und der Definition von „Schichtarbeit in der Nacht“, bei welcher es sich um die Zeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr bei Ableistung von Früh- und Spätschicht handelt. Nachtschichtarbeit i. S. v. § 5 Ziff. 4. b. S. 2 kann es nur im Dreischichtsystem geben. Früh- und Spätschicht beschreiben das Zweischichtsystem.

Dass § 5 Ziff. 4. b. Nachtarbeit als die Zeit zwischen 20:00 Uhr und 06:00 Uhr definiert, geht auf § 3 I. Ziff. 2 MTV zurück, demzufolge Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Pausen zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung festzulegen und im Betrieb durch Aushang bekanntzugeben sind, zurück. Ausweislich § 3 Abs. 2 S. 1 der Betriebsvereinbarung zur Gestaltung sowie zur Lage und Verteilung der Arbeitszeit vom 09.09.2016 (Anlage B 2) kann die Anfangszeit einer Schicht je Tag um 2 Stunden unterschritten werden. § 5 Ziff. 4. b. stellt damit auf die über die Betriebsvereinbarung mögliche Veränderung des Beginns der Nachtschicht – 20:00 Uhr statt 22:00 Uhr – und damit explizit auf die Nachtschicht und das Dreischichtsystem ab.

a.

Die Klägerin arbeitet unstreitig im Zweischichtsystem im Wechsel zwischen Früh- und Spätschicht. Der 50%ige Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit kann ihr deshalb nicht zustehen. Der Überschreitung der Arbeitszeit bei Einteilung in die Spätschicht wird durch Zahlung des 20%igen Schichtarbeitszuschlags (§ 5 Ziff. 5 e) MTV) Rechnung getragen. Mit der Verwendung des Terminus „Schichtarbeit in der Nacht“ (22:00 Uhr bis 06:00 Uhr) und dem Bezug zur Früh- und Spätschicht in § 5 Ziff. 4. a. MTV sollte – so das Verständnis der Kammer – klargestellt werden, dass „Arbeit in der Nacht“ (§ 5 Ziff. 4 MTV) auch im Zweischichtsystem anfallen kann und die damit einhergehende Erschwernis durch den 20%igen Zuschlag ausgeglichen werden soll. „Schichtarbeit in der Nacht“ i. S. v. § 5 Ziff. 4. a. MTV bringt zum Ausdruck, dass im Zweischichtsystem ausnahmsweise auch während der laufenden Nachtschicht gearbeitet werden kann. Die Unregelmäßigkeit der damit verbundenen Nachtarbeit wird deshalb im Zweischichtsystem bereits mit dem 20%igen Zuschlag abgedeckt, obschon nach Auffassung der Kammer in diesen Fällen zusätzlich der 25%ige Mehrarbeitszuschlag, welcher nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, zu zahlen wäre.

b.

Die Abstufung der Zuschläge für „Arbeit in der Nacht“ berücksichtigt in hinreichendem Maße die unterschiedliche Belastung der regelmäßigen und unregelmäßigen Nachtarbeit sowie der Schichtarbeit in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr.

Vor dem Hintergrund, dass die Tarifvertragsparteien die Früh- und Spätschicht als Zweischichtsystem aus dem Dreischichtsystem und der damit zwangsläufig verbundenen Nachtschichtarbeit ausnehmen wollten – insoweit ist der Vortrag der Beklagten unbestritten geblieben – und die Belastungen des Zweischichtsystems weniger stark als die des Dreischichtsystems sind, ist die Begrenzung des Zuschlags auf 20 % im Verhältnis zum höheren Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit mit 25 % und 50 % für unregelmäßige Nachtarbeit angemessen. Der 50%ige Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit ist Abgeltung nicht nur für die Erschwernis der Nachtarbeit, sondern zugleich der hiermit aufgrund der Unregelmäßigkeit der Nachtarbeit zwangsläufig verbundenen Mehrarbeit. Dem in § 5 Ziff. 5 a) MTV geregelten Mehrarbeitszuschlag kommt eigenständige Bedeutung daher in den Fällen der „Schichtarbeit in der Nacht“ im Zweischichtsystem gem. § 5 Ziff. 4. a. MTV zu. Dass die Summe von Mehrarbeitszuschlag und dem Zuschlag für Schichtarbeit in der Zeit von 22:00 Uhr und 06:00 Uhr mit 45 % geringer als der 50%ige Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit ausfällt, rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass „Schichtarbeit in der Nacht“ im Zweischichtsystem aus dem zwangsläufig mit Nachtarbeit verbundenen Dreischichtsystem herausgenommen wurde, die 5%ige Zuschlagsdifferenz dem Umstand der höheren Erschwernis der Tätigkeit im Dreischichtsystem geschuldet ist.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG i. V. m. §§ 495, 91 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung im Urteil beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG i. V. m. §§ 495, 2 ZPO.

Die Berufung war gem. § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG gesondert zuzulassen. Die Rechtssache hat insoweit grundsätzliche Bedeutung als die Problematik der Zuschläge für Nachtarbeit in verschiedenen Fallgestaltungen von einer Reihe von Arbeitsgerichten und mittlerweile auch einzelner Landesarbeitsgerichte entschieden worden ist und weitere erstinstanzliche Entscheidungen zu erwarten sind.