Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.08.2016, Az.: 6 K 113/16
Rechtswidrige Zurückweisung eines Bevollmächtigten für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren eines Mandanten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.08.2016
- Aktenzeichen
- 6 K 113/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 30231
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2016:0804.6K113.16.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 18.01.2017 - AZ: II R 33/16
Rechtsgrundlage
- § 80 Abs. 5 AO
Fundstelle
- EFG 2017, 92-95
Amtlicher Leitsatz
Eine Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO wirkt nur für das jeweilige Verfahren und auch nur für den jeweiligen Verfahrensabschnitt; eine Zurückweisung für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren eines Mandanten ist rechtswidrig.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage der Nichtigkeit bzw. Rechtmäßigkeit eines Zurückweisungsbescheides, durch den der Beklagte die Kläger gemäß § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) als Bevollmächtigte bzw. als Beistand der A & Co. Limited zurückgewiesen hat.
Die Klägerin wurde am 15. Juni 2005 als Kapitalgesellschaft britischen Rechts (private limited company by shares) mit Sitz in Großbritannien gegründet. Sie unterhält Niederlassungen in B/Niederlande sowie in C/Belgien. Als Geschäftsführungsorgane ("director") handeln für sie D und der in E/Bundesrepublik Deutschland wohnhafte F.
D gehörte und gehört nicht zu dem Personenkreis des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Sie war seit 1984 Mitarbeiterin bei F und ist inzwischen Mitgesellschafterin und Direktorin der Klägerin. Die Bestellung von F als Steuerberater in der Bundesrepublik Deutschland ist im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls widerrufen worden; der Widerruf ist seit 2002 rechtskräftig.
Gegenstand der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin ist u. a. die Steuerberatung und das Rechnungswesen. Mit diesem Firmenzweck ist sie in das niederländische Handelsregister eingetragen. Aus veröffentlichten Gerichtsentscheidungen (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 2011 II R 6/10, BFHE, 474; FG Köln-Urteile vom 2. Februar 2012 11 K 4481/08, EFG 2012, 2262, 11 K 4478/08, in , 11 K 4479/08, in [...], 11 K 4480/08 in [...] ) sowie zahlreicher beim erkennenden Senat geführter Verfahren (u. a. sieben in der Sitzung vom 24. Oktober 2013 und vier in der Sitzung am 15. Mai 2014 entschiedene Verfahren), die alle die Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte zum Gegenstand hatten, ist dem Senat bekannt, dass die Klägerin im Inland zahlreiche Mandanten in steuerlichen Angelegenheiten berät und als deren Bevollmächtigte auftritt. Nach Auskunft der zuständigen Steuerberaterkammer Düsseldorf u.a. vom 13. Mai 2014 und vom 29. Mai 2013 sind weder die Klägerin noch F und D vorübergehend gem. § 3a StBerG im Berufsregister der Steuerberaterkammer eingetragen. Die Klage der Klägerin gegen die Steuerberaterkammer Düsseldorf auf vorübergehende Eintragung in das Berufsregister nach § 3a Abs. 3 StBerG wies das FG Düsseldorf mit rechtskräftigem Urteil vom 10. April 2013 (Az. 2 K 4114/11) ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen (Az. II B 91/13) blieb erfolglos.
Die Klägerin reichte als Bevollmächtigte der A & Co. Limited am 3. Dezember 2015 beim Beklagten den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der A & Co. Limited nebst weitergehender Unterlagen und einer Vollmacht ein. Durch Bescheid vom 14. Dezember 2015 wies der Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf § 80 Abs. 5 AO und unter Angabe des Betreffs "Zurückweisung in sämtlichen anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren" "als Bevollmächtigte und Beistand in den Steuersachen ihrer Auftraggeberin, der A & Co. Limited, mit Wirkung für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der A & Co. Limited im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts G zurück". Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin sei nicht befugt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf den Zurückweisungsbescheid Bezug genommen.
Mit Schreiben vom selbigen Tag wies der Beklagte die A & Co. Limited auf die Zurückweisung der Klägerin hin.
Gegen den Zurückweisungsbescheid legte die Klägerin am 12. Januar 2016 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Zurückweisung in der vom Beklagten gewählten pauschalen Form sei unwirksam. Im Übrigen nahm die Klägerin Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 17. Dezember 2015 in der Rechtssache C-342/14.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg; der Beklagte wies diesen durch Einspruchsbescheid vom 11. März 2016 als unbegründet zurück. Im Rahmen der Begründung blieb der Beklagte bei seiner Ansicht, die Klägerin sei nicht befugt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des EuGH vom 17. Dezember 2015 (C-342/14). Die Hauptniederlassung der Klägerin befinde sich nicht in den Niederlanden, sondern in E/Deutschland. Von einer ausschließlich im Ausland tätigen Steuerberatungsgesellschaft könne nicht ausgegangen werden. Im Übrigen sei die Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn - wie hier - deutsche Staatsangehörige dadurch die Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes umgehen wollten. Der Einspruchsbescheid ist der Klägerin mit Zustellungsurkunde am 14. März 2016 zugestellt worden.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit des Zurückweisungsbescheides, hilfsweise dessen Aufhebung. Die Zurückweisung sei unzulässig, rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten aus Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Außerdem sei eine Zurückweisung "in Bausch und Bogen" absolut rechtswidrig und unzulässig. Die Unterstellung des Beklagten, die für sie, die Klägerin, handelnden Personen würden die Arbeiten im Wesentlichen von Pulheim ausführen, sei falsch. Selbst wenn dies tatsächlich der Fall sein sollte, beeinträchtigte das in keinem denkbaren Fall die Tatsache, dass die Gesellschaft ihre Leistungen von B aus gegenüber den Mandanten erbringe. Ergänzend weist die Klägerin darauf hin, dass sie ab dem Jahr 2000 jährlich vorsorglich eine Meldung nach § 3a StBerG abgegeben habe, letztmalig zum 1. März 2016. Dass keine ihrer Meldungen zu einem Eintrag geführt habe, sei unerheblich. Nicht die Eintragung löse eine Berechtigung aus, sondern allein die Anmeldung.
Die Klägerin beantragt,
unter Feststellung dessen Nichtigkeit den angefochtenen Verwaltungsakt aufzuheben, hilfsweise, den Verwaltungsakt als rechtswidrig aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner dem Einspruchsbescheid zu Grunde liegenden Rechtsauffassung fest und verweist insoweit auf die dortigen Ausführungen.
Ergänzend äußert er die Auffassung, der Zurückweisungsbescheid sei nicht nichtig. Im Übrigen läge keine ordnungsgemäße Meldung nach § 3 a StBerG vor. Dementsprechend sei auch keine Eintragung in das Berufsregister durch die Steuerberaterkammer Düsseldorf erfolgt.
Zur Frage der Reichweite des Zurückweisungsbescheids weist der Beklagte darauf hin, dass es sich bei der streitigen Formulierung um einen von der Oberfinanzdirektion Niedersachsen den Finanzämtern zur Verfügung gestellten Mustertext handele. Diese Formulierung sei erforderlich. Da konkrete Abgrenzungskriterien für die Begriffe "Verfahren" bzw. "Verfahrensabschnitt" fehlten, wäre es für die Finanzverwaltung kaum möglich, einen gerichtsfesten Zurückweisungsbescheid nach § 80 Abs. 5 AO zu erteilen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -; Schriftsatz der Klägerin vom 21. Juni 2016, Blatt 45 der Gerichtsakte; Schriftsatz des Beklagten vom 14. April 2016, Blatt 36 der Gerichtsakte).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nach dem Hauptantrag unbegründet, nach dem Hilfsantrag begründet.
I. Der Beklagte hat die Klägerin mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 2015 nicht nur für das konkrete Verwaltungsverfahren, sondern mit Wirkung für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der A & Co. Limited im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts G zurückgewiesen.
1. Maßgebend für die Auslegung eines Verwaltungsakts ist der objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Empfänger nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteile vom 21. Juli 2011 II R 6/10, BFHE 234, 474, BStBl II 2011, 906 [BFH 21.07.2011 - II R 6/10], [BFH 21.07.2011 - II R 6/10] sowie vom 15. April 2010 V R 11/09, BFH/NV 2010, 1830). Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, was die Finanzbehörde erklären wollte oder wie ein außen stehender Dritter den Verwaltungsakt auffassen konnte. Im Zweifel ist das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht benachteiligt werden darf (BFH-Urteile vom 22. Juli 2015 V R 49/14, BFH/NV 2015, 1692; 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96 [BFH 11.07.2006 - VIII R 10/05]). Unter Hinweis auf diese Grundsätze hat der BFH mit Urteil vom 21. Juli 2011 (II R 6/10, BFHE 234, 474, BStBl II 2011, 906 [BFH 21.07.2011 - II R 6/10]) eine Zurückweisungsverfügung mit dem Ergebnis ausgelegt, dass diese lediglich für das seinerzeit konkret vorliegende Verwaltungsverfahren gelten sollte.
2. Im Streitfall ergibt sich dagegen bereits aus dem Wortlaut der streitgegenständlichen Verfügung, dass der Beklagte die Klägerin nicht lediglich für einen Teil des Verwaltungsverfahrens, sondern mit Wirkung für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der A & Co. Limited im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts G zurückgewiesen hat.
Anlass hierfür war zwar das Mitwirken der Klägerin bei der Erstellung des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung der A & Co. Limited. Betreffzeile und Tenor der Verfügung beziehen sich allerdings unzweifelhaft auf alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der A & Co. Limited im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, so dass eine andere Auslegung nicht in Betracht kommt. Die Klägerin als Empfängerin konnte den objektiven Erklärungsinhalt der Verfügung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht anders verstehen, als dass die Zurückweisung das Mandatsverhältnis insgesamt und sämtliche künftigen Verfahrenshandlungen nach der Zurückweisung betreffen sollte.
II. Der Hauptantrag der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet; der angefochtene Bescheid vom 14. Dezember 2015 ist nicht nichtig.
1. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Zurückweisungsbescheids ist zulässig.
Gemäß § 41 FGO kann durch Klage die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Klage ist ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis.
Die Klägerin macht geltend, der Zurückweisungsbescheid sei nichtig, weil sie zu Unrecht als Bevollmächtigte gem. § 80 Abs. 5 AO zurück gewiesen worden sei. Die Klägerin hat damit ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung der Nichtigkeit dieses Verwaltungsakts geltend gemacht.
2. Die Nichtigkeitsfeststellungsklage ist aber unbegründet, da der Zurückweisungsbescheid vom 14. Dezember 2015 nicht nichtig ist.
a) Gem. § 125 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. In der Regel ist ein rechtswidriger Verwaltungsakt lediglich anfechtbar. Um das Anfechtungserfordernis im Interesse der Rechtssicherheit nicht zu beeinträchtigen, hat die Rechtsprechung einen besonders schwerwiegenden Fehler nur angenommen, wenn er die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so hohen Maße verletzt, dass von niemandem erwartet werden kann, den ergangenen Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen. Rechtsanwendungsfehler führen in der Regel nur zur Anfechtbarkeit, nicht zur Nichtigkeit des Bescheids. Etwas anderes gilt nur dann, wenn unter keinen vertretbaren Umständen eine gesetzliche Begründung oder Grundlage gefunden werden kann (Tipke/Kruse, AO/FGO, § 125 AO, Tz. 7-11).
Für Verstöße gegen Unionsrecht ergeben sich insoweit keine Besonderheiten (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 2009 C-40/08, Asturcom Telecomunicationes SL, Slg. 2009, I-9579, Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht 2009, 475, Europäische Zeitschrift für Wirtschaft - 2009, 852, unter Rz. 37; ebenso Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Januar 2007 6 C 32/06, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2007, 709). Die Gegenauffassung, nach der ein Verstoß gegen das Unionsrecht stets einen "schweren" Rechtsfehler begründen soll (vgl. de Weerth, Deutsches Steuerrecht 2008, 1368, 1369 zu § 130 AO), lässt unberücksichtigt, dass für einen unionsrechtswidrigen Bescheid keine andere Behandlung geboten ist als für einen Bescheid, der auf einer nicht verfassungskonformen Rechtsgrundlage beruht und dessen Bestand hiervon unberührt bleibt (§ 79 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht; BFH-Urteile vom 16. September 2010 V R 57/09, BFHE 230, 504, BStBl II 2011, 151 [BFH 16.09.2010 - V R 57/09] m.w.N.; vom 28. Juni 2006 III R 13/06, BFHE 214, 287, BStBl II 2007, 714 [BFH 28.06.2006 - III R 13/06]; vom 21. März 1996 XI R 36/95, BFHE 179, 563, BStBl II 1996, 399 [BFH 21.03.1996 - XI R 36/95]).
b) Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist der Bescheid über die Zurückweisung der Klägerin vom 14. Dezember 2015 als Bevollmächtigte bzw. Beistand der A & Co. Limited für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren im Zuständigkeitsbereich des Beklagten nicht nichtig; insofern mangelt es dem Bescheid an einem besonders schwerwiegenden Fehler, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.
aa) Der Senat hat in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass Zurückweisungsbescheide im Sinne des § 80 Abs. 5 AO gegenüber der Klägerin rechtmäßig waren, weil diese nicht zur - vorliegend unstreitig gegebenen - geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen berechtigt ist.
Nach § 2 Satz 1 StBerG darf die Hilfeleistung in Steuersachen geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind.
Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind u.a. nach § 3 Nr. 3 StBerG Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften befugt. Die Klägerin ist keine solche Gesellschaft. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 StBerG als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt.
Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG sind Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet der Bundesrepublik befugt. Der Umfang der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen im Inland richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im Niederlassungsstaat (§ 3a Abs. 1 Satz 2 StBerG). Bei ihrer Tätigkeit im Inland unterliegen sie denselben Berufsregeln wie die in § 3 StBerG genannten Personen (§ 3a Abs. 1 Satz 3 StBerG). Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3a Abs. 1 StBerG ist nur zulässig, wenn die Person vor der ersten Erbringung im Inland der zuständigen Stelle schriftlich Meldung erstattet (§ 3a Abs. 2 Satz 1 StBerG). Die Klägerin erfüllte und erfüllt die Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 StBerG nicht. Maßgebend war, dass § 3a StBerG auf die Klägerin nicht anwendbar ist, weil sie nicht nur vorübergehend und gelegentliche Hilfeleistungen in Steuersachen im Bundesgebiet erbringe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Senatsrechtsprechung wird insoweit beispielhaft auf die veröffentlichten Senatsurteile vom 24. Oktober 2013 (6 K 88/13, ) und vom 19. Juli 2012 (6 K 152/12, ) Bezug genommen.
bb) Der BFH hat in dem Revisionsverfahren II R 44/12, das das Senatsurteil vom 19. Juli 2012 (6 K 152/12) zum Gegenstand hat, dem EuGH mit Beschluss vom 20. Mai 2014 (in DB 2014, 456) vorab folgenden Fragen zur Entscheidung vorgelegt:
"1. Steht Art. 5 der Richtlinie 2005/36/EG einer Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit für den Fall entgegen, dass eine nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründete Steuerberatungsgesellschaft im Mitgliedstaat ihrer Niederlassung, in dem die steuerberatende Tätigkeit nicht reglementiert ist, eine Steuererklärung für einen Leistungsempfänger in einem anderen Mitgliedstaat erstellt und an die Finanzbehörde übermittelt, und in dem anderen Mitgliedstaat nationale Vorschriften vorsehen, dass eine Steuerberatungsgesellschaft für die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen einer Anerkennung bedarf und von Steuerberatern verantwortlich geführt werden muss?
2. Kann sich eine Steuerberatungsgesellschaft unter den in der Frage zu 1. genannten Umständen mit Erfolg auf Art. 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/123/EG berufen, und zwar unabhängig davon, in welchem der beiden Mitgliedstaaten sie die Dienstleistung erbringt?
3. Ist Art. 56 AEUV dahin auszulegen, dass er unter den in der Frage zu 1. genannten Umständen einer Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch im Mitgliedstaat des Leistungsempfängers geltende Vorschriften entgegensteht, wenn die Steuerberatungsgesellschaft nicht im Mitgliedstaat des Leistungsempfängers niedergelassen ist?"
Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf das Vorabentscheidungsersuchen des BFH (Beschluss vom 20. Mai 2014 II R 44/12, DB 2014, 456) an den EuGH (Az. C-342/14) Bezug genommen.
Der EuGH hat durch Urteil vom 17. Dezember 2015 in der Rechtssache C-342/14 entschieden, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er es nicht zulässt, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, in der die Voraussetzungen für den Zugang zur Tätigkeit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen festgelegt sind, die Dienstleistungsfreiheit einer Steuerberatungsgesellschaft beschränkt, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen ist, gegründet wurde und in diesem Mitgliedstaat, in dem die steuerberatende Tätigkeit nicht reglementiert ist, eine Steuererklärung für einen Leistungsempfänger im erstgenannten Mitgliedstaat erstellt und an die Finanzverwaltung dieses Mitgliedstaats übermittelt, ohne dass die Qualifikation, die diese Gesellschaft oder die natürlichen Personen, die für sie die Dienstleistung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erbringen, in anderen Mitgliedstaaten erworben haben, ihrem Wert entsprechend anerkannt und angemessen berücksichtigt wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf die Entscheidung des EuGH Bezug genommen.
Danach bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des dem Revisionsverfahren zugrunde liegenden Zurückweisungsbescheides sowie an der Rechtmäßigkeit des in diesem Verfahren streitgegenständlichen Zurückweisungsbescheides, weil sich die Klägerin insofern möglicherweise auf Art. 56 AEUV und die daran unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit berufen kann. Die Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Zurückweisungsbescheides wäre gegeben, wenn die Klägerin tatsächlich - wie von ihr behauptet, aber bisher noch nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt - ihre Steuerberatungsdienstleistungen ohne physischen Grenzübertritt von ihren ausländischen Niederlassungen gegenüber der im Inland ansässigen Mandantin, der A & Co. Limited, erbracht hätte.
cc) Der angefochtene Bescheid vom 14. Dezember 2015 und der dazu ergangene Einspruchsbescheid vom 11. März 2016 sind rechtswidrig, da der Beklagte die Klägerin für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der A & Co. Limited zurückgewiesen hat.
Eine Zurückweisung der Klägerin für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der A & Co. Limited ist rechtswidrig, da § 80 Abs. 5 AO als die vom Beklagten in Anspruch genommene Rechtsgrundlage eine derartig weite Rechtsfolge nicht vorsieht (vgl. Senatsurteile vom 26. November 2009 6 K 273/08, DStRE 2010, 1141; vom 26. November 2009 6 K 530/08, EFG 2010, 541).
Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. Der Umfang der Zurückweisung ist - soweit ersichtlich - noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen. Soweit sich die Literatur mit diesem Problem auseinandersetzt, wird dort die Auffassung vertreten, dass die Zurückweisungen nur für das jeweilige Verfahren und auch nur für den jeweiligen Verfahrensabschnitt wirken (Dumke in Schwarz, Kommentar zur AO, § 80 Rz. 64; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spittaler, AO/FGO, § 80 Rz. 441; Wünsch in Koenig, AO, 3. Auflage 2014, § 80 Rz. 108; Rätke in Klein, AO, § 80 Rz. 48; FG Köln, Urteil vom 20. Januar 2010 7 K 4391/07, EFG 2010, 895).
Der erkennende Senat schließt sich dieser einschränkenden Auslegung an. Zwar lässt sich diese Einschränkung dem Wortlaut des § 80 Abs. 5 AO nicht entnehmen; dieser enthält vielmehr keine Aussagen zum Umfang der Zurückweisung. Die systematische Stellung der Norm im dritten Teil der AO "Allgemeine Verfahrensvorschriften" und dort im ersten Unterabschnitt des ersten Abschnitts "Beteiligung am Verfahren" spricht jedoch für eine Einschränkung auf das konkrete Verwaltungsverfahren.
Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass diese einschränkende Auslegung in der Praxis zu einer gewissen verwaltungstechnischen Mühe führt, wenn ein Bevollmächtigter trotz Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO immer wieder für seinen Mandanten tätig wird und er dann für jedes einzelne Verfahren gesondert zurückzuweisen ist; der Verwaltungsmehraufwand ist jedoch auch vor dem Hintergrund des Sinn und Zweck der Norm nicht geeignet, eine extensive Auslegung des § 80 Abs. 5 AO zu begründen. Soweit § 80 Abs. 5 AO die Mandanten vor unzuverlässigen oder inkompetenten Beratern schützen will, ist nicht ersichtlich, inwieweit es hier zu einer umfangreichen Zurückweisung bedürfte. Denn die Zurückweisung ist nach § 80 Abs. 8 Satz 1 AO den Vertretenden mitzuteilen. Wenn sich dieser gleichwohl für weitere Verfahren des zurückgewiesenen Bevollmächtigten bedient, ist eine weitere Schutzbedürftigkeit nicht erkennbar. Soweit das FA darauf hinweist, dass auch die Verwaltung vor unzuverlässigen und inkompetenten Bevollmächtigten zu schützen sei, ist darauf hinzuweisen, dass die bloße Einreichung beispielsweise einer weiteren Steuererklärung oder auch eines Einspruchs die Finanzbehörde nicht über Gebühr belastet. Probleme ergeben sich in der Regel erst im laufenden Verfahren, wenn z.B. Rückfragen nicht oder nur schleppend beantwortet werden. Hiervor kann sich die Behörde jedoch durch die erneute Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO schützen.
Darüber hinaus steht es den Finanzbehörden frei, denjenigen Bevollmächtigten, die nach ihrer Ansicht wiederholt und hartnäckig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein, deren Tätigkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 StBerG zu untersagen. § 7 Abs. 1 Nr. 1 StBerG gestattet es der Finanzverwaltung, einer Person oder Vereinigung, die Hilfe in Steuersachen leistet, obwohl sie hierzu befugt ist, da die Voraussetzungen der §§ 3, 3a oder 4 StBerG nicht vorliegen, generell die weitere Hilfeleistung in Steuersachen zu untersagen. In Abgrenzung zu dieser Untersagungsverfügung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 StBerG kommt der Zurückweisung gem. § 80 Abs. 5 AO keine Dauerwirkung zu; letztere beschränkt sich auf das jeweilige konkrete Verwaltungsverfahren und den jeweiligen Verfahrensabschnitt (so auch FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. November 2006 5 V 2267/06, n.v.; FG Köln, Beschluss vom 30. Mai 2007 11 V 207/07, n.v.).
dd) Die Rechtswidrigkeit des Zurückweisungsbescheides entsprechend der Ausführungen zu cc) und möglicherweise auch entsprechend der Ausführungen zu bb) begründen aber gleichwohl nicht dessen Nichtigkeit. Denn insofern liegt jedenfalls kein schwerwiegender, offenkundiger Rechtsanwendungsfehler vor. Ein die Nichtigkeit gem. § 125 Abs. 2 Nr. 4 AO begründender Verstoß gegen die guten Sitten liegt offenkundig ebenfalls nicht vor.
III. Die Klage ist nach dem Hilfsantrag begründet.
Der angefochtene Verwaltungsakt vom 14. Dezember 2015, mit dem der Beklagte die Klägerin nach § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen hat, und in Gestalt des dazu ergangenen Einspruchsbescheids vom 11. März 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte durfte die Klägerin nicht auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 AO für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der A & Co. Limited zurückweisen (s.o. unter II 2. cc).
Der angefochtene Bescheid ist nicht teilbar in dem Sinn, dass die Zurückweisung nur für das aktuelle Erfassungsverfahren partiell rechtmäßig wäre. Die Regelung des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO sieht zwar die Möglichkeit eine teilweisen Aufhebung partiell rechtswidriger Verwaltungsakte vor ("Soweit..."). Dies setzt aber die Teilbarkeit des Verwaltungsakts in dem Sinne voraus, dass die rechtlich unbedenklichen Teile nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Teil stehen, mithin ein Teil der Regelung abgetrennt werden kann, ohne dass diese dadurch in ihrem Wesen verändert wird (Stapperfend in Gräber, FGO, 8. Auflage 2015, § 100 Rz. 22; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 100 FGO Rz. 53, m.w.N.). Letzteres wäre im Streitfall aber gegeben. Durch eine Abtrennung des möglicherweise partiell rechtmäßigen Teils des Bescheids würde dessen Wesen einer grundsätzlichen und generellen Zurückweisung verändert.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Das Verhältnis der Teilung entspricht dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten. Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1, 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
V. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Entscheidungen des BFH zum Umfang einer Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO in Abgrenzung zur Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 StBerG sind nicht ersichtlich.