Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.08.2016, Az.: 6 K 418/15
Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Steuerbegünstigung eines Vereins zur Förderung des IPSC-Schießens als gemeinnützig
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.08.2016
- Aktenzeichen
- 6 K 418/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 30233
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2016:0804.6K418.15.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 27.09.2018 - AZ: V R 48/16
Rechtsgrundlagen
- § 52 AO
- § 60a AO
Fundstellen
- EFG 2017, 179-182
- VB 2017, 2
- npoR 2017, 156
Amtlicher Leitsatz
Ein Verein, dessen Zweck die Förderung des IPSC Schießens ist, ist als gemeinnützig anzuerkennen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gem. § 60a der Abgabenordnung (AO), insbesondere darum, ob der Kläger gemeinnützige Zwecke verfolgt.
Der Kläger hat sich nach dem Gründungsprotokoll am ... gegründet. Rechtliche Grundlage ist die Satzung vom ... in der Fassung vom .... Eine Eintragung in das Vereinsregister des Amtsgerichts ... ist beabsichtigt. Vorsitzender des Klägers ist ...
Nach § 2 der Satzung vom ... ist Zweck des Vereins die Förderung des Schießsportes, insbesondere IPSC (International Practical Shooting Confederation) Schießen und sonstiges Sportschießen nach den Regeln des Bundes Deutscher Sportschützen 1975 e.V., insbesondere durch Durchführung von Schießveranstaltungen...,Teilnahme an regionalen, nationalen und internationalen Schießwettbewerben sowie Mitgliedschaft im Bund Deutscher Sportschützen 1975 e.V., Landesverband 3 Niedersachsen.
In § 3 der Satzung ist ausgeführt: "Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung. Er ist selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Mittel des Vereins dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Vereinsmitteln. Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zwecke des Vereins fremd sind, oder unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden." Bei Auflösung des Vereins fällt das Vereinsvermögen nach § 13 der Satzung an den Bund deutscher Sportschützen (BDS).
Nach Angaben des Vereinsvorsitzenden werden derzeit noch keine Mitgliederbeiträge erhoben (bis zur Klärung der steuerlichen Fragen), für die Zukunft ist ein Mitgliedsbeitrag von jährlich 40 € beabsichtigt. Die Vereinsmitglieder treffen sich mehrmals im Monat zum IPSC-Training auf dem Schießstand in ... und tragen dort jeweils die anfallenden Kosten.
Das von den Mitgliedern des Klägers ausgeübte IPSC Schießen ist eine Schießsportdisziplin, die zu einer Disziplingruppe des BDS gehört. Der Kläger ist Mitglied im Landesverband Niedersachsen/Bremen des BDS, der Landesverband ist seinerseits Mitglied des Bundesverbandes BDS. Der BDS ist seit 2004 nach § 15 des Waffengesetzes als Schießsportverband anerkannt. Die Sportordnung des BDS wurde nach § 15a WaffG genehmigt. Auch das IPSC Schießen ist Bestandteil der genehmigten Sportordnung (siehe Schreiben des Bundesverwaltungsamtes vom 27.10.2015, Bl. 37 GA).
Der BDS ist als gemeinnützig anerkannt.
Die Sportart "IPSC-Schießen" wird in der Weise ausgeübt, dass, in Abgrenzung zum statischen Schießsport, bei dem der Schütze an einem festen Platz steht, der IPSC-Schütze in möglichst kurzer Zeit einen festgelegten Parcours mit verschiedenen Zielen absolviert. Geschossen wird auf abstrakte Zielscheiben, auf einfarbige achteckige Pappscheiben mit verschiedenen Trefferzonen oder auf runde/längliche Metallplatten.
Für die Sportart existiert ein umfassendes Regelwerk des BDS (aufgeteilt in Regeln für Kurzwaffen, Büchsen und Flintenregelungen), welches die international geltenden Regeln weiter einschränkt. Nach Ziffer 1.1.8 des Regelwerkes für Kurzwaffen (es existieren identische Regeln für die anderen zugelassenen Schusswaffen) ist es beim IPSC Schießen u.a. verboten, in deutlich erkennbarem Laufen zu schießen, ohne genaues Anvisieren des Ziels zu schießen, den Parcours so aufzubauen, dass Schießen aus der Deckung erfolgt, nach Abgabe des ersten Schusses Hindernisse überwunden werden müssen, dass schnelles Reagieren auf plötzlich und überraschend auftauchende Ziele gefordert wird, dass Ziele aufgestellt werden, deren Verwendung und deren Position bei beweglichen Zielen deren Auslösemechanismus und die Position ihres Erscheinens dem Teilnehmer nicht vor Absolvierung der Übung bekannt gegeben wurden.
Nach Ziffer 3 des Regelwerkes für Kurzwaffen muss vor Beginn einer Schießveranstaltung eine vom Range Master abgenommene schriftliche Parcoursbeschreibung ausgehängt werden. Die Beschreibung informiert den Schützen über die Ziele (Art, Anzahl, Position), über die Wertungsschusszahl, über den Zustand der Waffe am Start, über die Startposition sowie über den Beginn der Zeitnahme. Vor Beginn der Veranstaltung erhalten sodann die Schützen die Möglichkeit zu einer Inspektion (Walkthrough) des Parcours.
Nach Ziffer 5 des Regelwerkes ist das Tragen von Tarnkleidung oder anderer ähnlicher militärischer oder polizeilicher Kleidungsteile verboten. Es gibt verschiedene Parcoursarten, konkret sog. "Short Courses", "Medium Courses" und "Long Courses", die zwischen der Anzahl der geforderten Schüsse differenzieren (nicht mehr als 12 Schuss / nicht mehr als 24 Schuss / nicht mehr als 32 Schuss). Nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung liegt die Dauer eines Long Courses bei ungefähr einer Minute.
Hinsichtlich der weiteren Vorschriften im Einzelnen wird Bezug genommen auf die BDS - Regeln für das IPSC Schießen.
Die Genehmigung der Sportordnung für das IPSC Schießen war im Jahr 2010 auf Initiative des Bundesrates Gegenstand einer erneuten Überprüfung durch das Bundesinnenministerium. Die Bundesregierung ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, das IPSC Schießen sei zu Recht eine genehmigte Schießsportdisziplin. Eine Vergleichbarkeit mit polizeilichem Schießtraining sei nur vordergründig vorhanden. Maßgebliche Unterschiede lägen darin, dass Polizisten auch in / aus der Bewegung schießen würden, der detaillierte Ablauf eines Parcours sei Ihnen nicht bekannt, Ziele würde überraschend angezeigt oder durch Zuruf benannt. Polizisten trainierten die Verteidigung gegen ein gewalttätiges Gegenüber oder dessen Bekämpfung sowie das Schießen auf Wirkung.
Im Anwendungserlass zur Abgabenordnung finden sich erstmals seit 2014 Regelungen, nach denen das IPSC Schießen kein Sport im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechtes ist (Ziffer 6 zu § 52 AEAO). In den Vorjahren war IPSC-Schießen nicht als Negativbeispiel aufgeführt.
Mit Schreiben vom ... beantragte der Vereinsvorsitzende für den Kläger die gesonderte Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gem. § 60a Abs. 1 AO. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom ... ab und führte aus, beim IPSC Schießen handele es sich nicht um eine gemeinnützigkeitsrechtlich begünstigte, die Allgemeinheit fördernde Sportart.
Den dagegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom ... zurück. Er führte aus, bei der Prüfung der Gemeinnützigkeit für die Sportart Schießen müsse differenziert werden. So erfülle nach der Rechtsprechung der Fachgerichte (u.a. FG Rheinland Pfalz mit Urteil vom 19.02.2014 1 K 2423/11) "Paintball" nicht die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit. Davon zu unterscheiden sei der Schieß- und Bogensport im Rahmen von Schützenvereinen. Bei dem IPSC Schießen könne kein Sport im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechtes angenommen werden. Zwar sei die erforderliche körperliche Ertüchtigung gegeben, die Förderung der Allgemeinheit auf geistigem und sittlichem Gebiet müsse jedoch verneint werden. Ähnlich dem Paintball werde durch das Nachstellen von kriegsähnlichen Situationen ein wettkampfmäßiges Kriegsspiel betrieben. Es bestehe daher gerade bei jungen Menschen die Gefahr des Abbaus von Hemmungen sowie die Förderung der Anwendung von Gewalt. Unter Hinweis auf den Anwendungserlass zur AO (zu § 52 Nr. 6) in der aktuellen Fassung (2016) könne das IPSC Schießen daher nicht als Sport nach den gemeinnützigkeitsrechtlichen Regelungen anerkannt werden.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Der Kläger hält im Klageverfahren daran fest, dass die Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit gegeben und daher festzustellen sind.
Er sei Mitglied des Landesverbandes des BDS, der Landesverband wiederrum sei Mitglied des Bundesverbandes. Das IPSC Schießen sei eine genehmigte Disziplin in den jeweiligen Verbänden und die Sportdisziplin werde ausschließlich in Übereinstimmung mit der genehmigten Sportordnung des Verbandes ausgeübt. Nach der Legaldefinition des § 15a WaffG liege sportliches Schießen vor, wenn nach festen Regeln einer genehmigten Sportart geschossen werde. Daher handele es sich bei dem IPSC Schießen um sportliches Schießen im Rechtssinne. Diese Feststellung sei nicht auf das Waffengesetz beschränkt, sondern müsse wegen Einheitlichkeit der Rechtsordnung auch für die abgabenrechtlichen Regelungen gelten.
Entsprechend der Satzung diene das IPSC Schießen auch der Förderung der Allgemeinheit auf geistigem und/oder sittlichem Gebiet. Der Verein sei für jedermann offen, Aufnahmegebühren oder hohe Mitgliedsbeiträge würden nicht erhoben.
Zudem verfolge der Verein keine gesetz- oder verfassungswidrigen Ziele, was schon aufgrund der fortwährenden staatlichen Genehmigung sichergestellt sei.
Schließlich sei auch der Vergleich mit Paintball/Gotcha als abwegig zu bezeichnen. Beim Paintball wären die Spieler in einer Art Kampfmontur gekleidet. Sie würden sich mit den Farbkugeln gegenseitig beschießen, "markieren" und "eliminieren", um eine gegnerische Flagge oder bestimmte Landmarken zu erobern oder ein gegnerisches Team auszuschlagen. Dies erfolge in Szenarien, die an Häuserkampf oder eine Feldschlacht erinnern und insbesondere mit Deckungen ausgestattet seien. Die Teilnehmer seien in ihren Handlungen völlig frei, es regiere das Überraschungs- oder Zufallsmoment.
Mit diesem Szenario sei das IPSC Schießen nicht vergleichbar. Für die Schießsportdisziplin existiere ein 276-seitiges Regelwerk, an das sämtliche Verbandsmitglieder/Schießsportvereine gebunden seien. Das IPSC Schießen setze stärker als die althergebrachten Schießdisziplinen körperliche Aktivität voraus, da neben Präzision auch Geschwindigkeit und Bewegungsabläufe relevant seien. Die Sportart ähnle eher dem Biathlon, in keiner Hinsicht aber Paintball. Insoweit sei herauszustellen, dass die Sportler beim IPSC Schießen keine Tarnkleidung, sondern sportliche Trikots tragen würden. Es werde nicht gegen Mitspieler gekämpft, weder einzeln noch als Mannschaft. Vielmehr werde auf abstrakte Zielscheiben geschossen. Beim IPSC Schießen werde weder angegriffen, noch verteidigt, geschweige denn eliminiert. Die Sportart finde nur auf neutralen behördlich zugelassenen Schießständen statt, die keine Ähnlichkeiten mit Kampf- oder Kriegsszenarien aufweisen. Deckungen, überraschende Abläufe, Schießen beim deutlich erkennbaren Laufen seien untersagt. Verboten seien zudem menschenähnliche Zielscheiben, Schießen aus der Deckung, überraschende nicht vorher bekannte Schießabläufe, das schnelle Reagieren auf plötzlich und überraschend auftauchende sich bewegende Ziele ohne genaues Anvisieren.
Das IPSC Schießen wäre nicht staatlich genehmigt, wenn es nicht dem Waffengesetz entsprechen würde. Im Gegensatz dazu wäre Paintball unter diesen Vorgaben nicht einmal ansatzweise genehmigungsfähig, wenn es sich um Schießsport handeln würde. Die Ausführungen des Beklagten zur kriegsähnlichen Situationen oder Gefährdung junger Menschen seien auf dieser Grundlage abseitig und unverständlich.
Dies bestätige auch der Bericht der Bundesregierung aufgrund des Beschlusses des Bundesrates zum Vierten Gesetz zur Änderung des Sprengstoffgesetzes zu Drs. 557/09 vom 27.01.2010. Hier werde ausgeführt, IPSC Schießen unterscheide sich grundlegend vom Verteidigungsschießen oder kampfmäßigem Schießen.
Zum Ablauf des IPSC Schießens und zur Gestaltung eines Schießparcours nimmt der Kläger ferner Bezug auf Filmmaterial des BDS (Faszination IPSC-Schießen) und den als Anlage zum Schriftsatz vom ... beigefügten Beispielsparcours.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides und des Einspruchsbescheides zu verpflichten, die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gem. § 60a AO festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich zur Begründung auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid. Ergänzend führt der Beklagte aus, aus dem in der mündlichen Verhandlung gezeigten Filmmaterial des Films "Faszination IPSC-Schießen" sei ersichtlich, dass die Disziplin nur relativ geringe Bewegungselemente beinhalte. Eine Vergleichbarkeit mit der Sportart Biathlon, wie der Kläger meint, sei daher nicht gegeben. Zudem wiesen die im Film dargestellten Schießsportveranstaltungen Ähnlichkeiten mit einem Häuserkampf auf, wie er auch in einschlägigen Sendungen im Fernsehen gezeigt werde.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist begründet.
Der Ablehnungsbescheid vom ... und der Einspruchsbescheid vom ... sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Der Beklagte war verpflichtet, die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 gem. § 60a Abs. 1 Satz 1 AO gesondert festzustellen.
1. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AO wird die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 gesondert festgestellt. Die Feststellung erfolgt gem. § 60a Abs. 2 auf Antrag der Körperschaft (Nr. 1) oder von Amts wegen bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer, wenn bisher noch keine Feststellung erfolgt ist (Nr. 2).
Die Vorschrift des § 60a AO gilt gem. § 51 Abs. 1 AO auch für den Kläger als nicht rechtsfähiger (noch nicht eingetragener) Verein. Insoweit bestehen für einen nicht rechtsfähigen Verein keine besonderen gesetzlichen Vorschriften, steuerlich werden rechtsfähige und nicht rechtsfähige Vereine gleich behandelt, d.h. der Verein ist als Körperschaft selbst steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG).
Grundlage der Feststellung gem. § 60a AO ist die Satzung der Körperschaft, im Streitfall mithin die Satzung des Klägers vom .... Das FA prüft im Rahmen des Feststellungsverfahren, ob die Satzung den Anforderungen des §§ 51, 59, 60 und 61 AO entspricht. Zu prüfen ist daher, ob die Körperschaft nach ihrer Satzung Bestrebungen im Sinne des § 4 BVerfSchG verfolgt oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwider handelt (§ 51 Abs. 3 AO), ob sich aus der Satzung ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, ob der Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 entspricht und ob er i.S.d. §§ 56 und 57 ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird (§ 59 AO), ob die Satzung bestimmt genug ist und die in der Anlage 1 zur AO bezeichneten Feststellungen enthält (§ 60 AO) und ob eine satzungsmäßige Vermögensbindung vorliegt (§ 61 AO).
2. Im Streitfall erfüllt die Satzung des Klägers vom ... die Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61. Der Beklagte war damit verpflichtet, auf den vorliegenden Antrag des Klägers die Einhaltung der satzungsgemäßen Voraussetzungen gem. § 60a Abs. 1 Satz 1 AO gesondert festzustellen.
a) Bestrebungen im Sinne des § 4 BVerfSchG sind aus der Satzung in keiner Weise ersichtlich, die Satzung ist hinreichend bestimmt und enthält die in der Anlage 1 zur AO bezeichneten Feststellungen. Die satzungsmäßige Vermögensbindung ist durch die Regelung in § 13 der Satzung (Auflösung) gegeben. Darüber besteht im Übrigen zwischen den Beteiligten kein Streit.
b) Zur Überzeugung des erkennenden Senates liegen zudem die Voraussetzungen des § 59 AO vor.
Der Satzungszweck ist aus § 2 der Satzung vom ... hinreichend erkennbar. Er entspricht zudem den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO. Der Kläger verfolgt nach der Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke.
(1) Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit setzt voraus, dass der Kreis der Personen, denen die Förderung zugute kommt, weder fest abgeschlossen ist noch dauernd nur klein sein kann (§ 52 Abs. 1 Satz 2 AO). Unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AO 1977 ist als Förderung der Allgemeinheit auch die Förderung des Sports anzuerkennen (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 AO).
Mit der Auslegung des Begriffs Sport im Rahmen der gesetzlichen Bestimmung des § 52 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO hat sich der BFH ausführlich in seinem Urteil vom 29.10.1997 I R 13/97 (BStBl. II 1998, 9) auseinandergesetzt. Der Senat schließt sich dieser Umschreibung des Begriffs Sport an. Danach umfasst der Begriff Sport im Sinne dieser Gesetzesvorschrift Betätigungen, die die allgemeine Definition des Sports erfüllen und die der körperlichen Ertüchtigung dienen. Erforderlich ist daher eine körperliche, über das ansonsten übliche Maß hinausgehende Aktivität, die durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen oder durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegungen gezeichnet ist. Ein wesentliches Merkmal des Begriffs Sport im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO ist die körperliche Ertüchtigung. Soweit sich aus den Ausführungen des BFH zu der Tischfußball-Variante Tipp-Kick in seinem Urteil vom 12.11.1996 I R 204/85 (BFH/NV 1987, 705 [BFH 12.11.1986 - I R 204/85]) ergeben könnte, dass der Sport auch die körperliche Ertüchtigung durch Leibesübung fördern müsse, hat der BFH diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben. Der BFH sieht in der Konsequenz sämtliche Formen des Motorsports und auch das Sportschießen als Sport im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO an (vgl. zum Ganzen BFH-Urteil vom 29.10.1997 I R 13/97, BStBl. II 1998, 9, zum Sportschießen vgl. auch BFH-Beschluss vom 28.05.1986 I S 17/85, ).
Das als Satzungszweck des Klägers bezeichnete IPSC Schießen erfüllt diese Kriterien. Die Eignung zur körperlichen Ertüchtigung ist gegeben, denn erforderlich bei der Ausübung der Schießdisziplin sind Geschick im Umgang mit der Waffe, Konzentrationsfähigkeit, Körperbeherrschung und körperliches Leistungsvermögen in Bezug auf das präzise Schießen sowie das möglichst schnelle Durchlaufen des Parcours.
(2) Das begrifflich als Sport zu qualifizierende IPSC Schießen ist auch nicht aus anderen Gründen als allgemeinwohlschädlich einzuordnen.
(a) Die Förderung der Allgemeinheit wird nicht durch die Kombination der Elemente "Schießen" und "Absolvieren eines Parcours" ausgeschlossen.
Im Rahmen des IPSC Schießens werden keine kriegsähnlichen Situationen nachgestellt. Insoweit ist das IPSC Schießen nicht mit Paintball, bei dem Anerkennung als gemeinnützig (wohl) zu versagen wäre (so auch FG Rheinland Pfalz 1 K 2423/11-, ), vergleichbar. Anders als beim Paintball werden beim IPSC Schießen keine Gegenspieler "eliminiert", es geht nicht um die Eroberung und/oder Verteidigung von Flaggen oder Landschaftsmarken, das sportliche Ziel beim IPSC Schießen liegt (nur) darin, den Schießparcours mit möglichst hoher Trefferquote in möglichst kurzer Zeit zu durchlaufen. Die Ziele beim IPSC Schießen sind in keiner Weise der menschlichen Gestalt ähnlich, nach dem Regelwerk darf nur auf Papp- oder Metallziele geschossen werden, die eine runde/ovale oder (8)-eckige Form aufweisen. Insoweit wird Bezug genommen auf die im Regelwerk des BDS abschließend ausgewiesenen Ziele (IPSC Targets). Anders als beim Paintball ist zudem das Tragen von Tarnkleidung nach dem Regelwerk ausdrücklich verboten. Die Art der Ziele, die normale Sportbekleidung und die Ausgestaltung des Parcours, der keine Ähnlichkeit mit dem Szenario einer Feldschlacht aufweist, wird ferner deutlich aus dem seitens des Klägers übersandten Filmmaterial des BDS ("Faszination Sportschießen"), auf das der Senat Bezug nimmt.
Auch die seitens des FA in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ähnlichkeit mit einem "Häuserkampf" ist nicht gegeben. Zwar zeigt der von dem Kläger zur Verfügung gestellte Film "Faszination IPSC-Schießen" einen Parcoursaufbau, bei dem durch die aufgestellten Trennwände, die teilweise an eine Hauswand mit einem Fenster erinnern, eine Vergleichbarkeit mit einem Schuss durch ein Fenster in ein Gebäude nicht gänzlich verneint werden kann, dennoch liegt in keiner Weise eine Vergleichbarkeit mit einem Häuserkampf vor. Das wesentliche Element eines militärischen Häuserkampfes, nämlich der Kampf auf nahe Entfernungen "Mann gegen Mann" ist nicht Teil des IPSC Schießens. Der Schuss auf ein feindliches Gegenüber wird nicht in einem IPSC Parcours nachgestellt. Der Parcoursaufbau ist ferner nicht mit dem Einnehmen eines Gebäudes- beispielsweise durch die Polizei - vergleichbar. Denn während dem IPSC Schütze das Ziel, dass er durch das "Fenster" anvisiert, bereits bekannt ist, kennt der Polizist die Situation, die ihn innerhalb eines zu stürmenden Hauses erwartet, gerade nicht.
(b) Das IPSC Schießen ist ferner nicht mit einem kampfmäßigen Schießen vergleichbar, wie es beispielsweise in der Polizei- oder Militärausbildung durchgeführt wird. Insoweit ergibt sich aus dem Bericht der Bundesregierung vom 01.02.2010 zur Drucksache 577/09 (Bll 91 ff GA), dass bei dem einsatzmäßigen Schießtraining der Polizei die Polizisten auch in der Bewegung oder aus der Bewegung heraus schießen. Demgegenüber bewegen sich die IPSC Schützen nur zwischen den Schussabgaben. Ein wesentlicher Unterschied liegt zudem darin, dass Polizisten im Training den Ablauf der abzugebenden Schüsse in einem Trainingsparcours nicht kennen, die einsatztaktischen Entscheidungen sind hier gerade Bestandteil der Schießübung. Im Gegensatz dazu kennt der IPSC Schütze alle Ziele des Parcours. Nach dem Regelwerk wird der Parcours vor jedem Wettbewerb ausgehängt, es besteht die Möglichkeit den Parcours zu inspizieren. Ziele tauchen, anders als im Polizei Training, nicht überraschend auf, auch hinsichtlich der im IPSC Training eingesetzten "Popper" (große Stahlziele, die beim Umfallen ein Papierziel auslösen), ist den Schützen vorher bekannt, wie das Stahlziel fällt und was es auslöst. Im Gegensatz zum polizeilichen Schießtraining ist beim IPSC Schießen eine Deckung verboten, es wird kein gewalttätiges Gegenüber bekämpft und es wird nicht "auf Wirkung" geschossen (Polizisten schießen solange, bis die gewollte Wirkung eintritt).
Das IPSC Schießen unterscheidet sich daher vom dem als gemeinnützig anerkannten statischen Sportschießen allein in der Weise, dass die Schüsse nicht von einer festen Position, sondern an unterschiedlichen Stellen eines Parcours abgegeben werden müssen. Eine Ähnlichkeit mit einem wettkampfmäßigen Kriegsspiel ist dagegen nicht erkennbar.
(c) Der Senat berücksichtigt ferner im Rahmen seiner Entscheidung auch, dass die IPSC Schützen Zugriff auf Faustfeuerwaffen haben sowie über Fertigkeiten verfügen, die bei einem - unsachgemäßen / unerlaubten - Einsatz außerhalb des vereinsmäßigen Schießens eine abstrakte Gefährdung der Allgemeinheit darstellen. Ein IPSC Schütze ist aufgrund seiner körperlichen Konstitution sowie seiner Schießausbildung und ständigen Schießübung in der Lage, schnell hintereinander eine Vielzahl von Schüssen (z.B. im Long Course bis zu 32 Schüsse in einer Minute) abzugeben und sich zwischen den Schüssen noch zu bewegen. Dabei erlernt er zwangsläufig auch das schnelle Nachladen seiner Waffe. Diese Fertigkeiten sowie der Zugriff auf scharfe Waffen eröffnen jedenfalls die abstrakte Gefahr für Leib und Leben der Bevölkerung.
Die abstrakte Gefahr bei einem nicht satzungsgemäßen Gebrauch der Waffen und Fähigkeiten bedingt jedoch zur Überzeugung des Senates noch nicht einen Ausschluss der Gemeinnützigkeit des - nach dem Waffengesetz regelkonformen- IPSC-Schießens. Die Möglichkeit eines Missbrauches führt nicht dazu, dass die grundlegenden Aspekte, die den Sport als solchen als förderungswürdig (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 AO) einstufen, entfallen würden. Jede Sportart, auch das IPSC Schießen, dient nach der Intention des Gesetzgebers - unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO - der Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geistigen oder sittlichem Gebiet. Die positiven Effekte einer sportlichen Betätigung sowie die durch die durch das Vereinsleben existierende Gemeinschaft kommen dem Allgemeinwohl zugute. Ein - dem Kläger nicht anzulastender Missbrauch steht die grundsätzliche Förderung der Allgemeinheit nicht entgegen. Bei dieser Einschätzung hat der erkennende Senat auch berücksichtigt, dass auch anderen Sportarten eine abstrakte Gefahr der Schädigung anderer Personen innewohnt. So haben beispielsweise der "normale" Sportschütze oder der Jäger Zugriff auf scharfe Waffen und sind geübt im Umgang mit denselben. Insbesondere beim (olympischen) Schießen mit der Schnellfeuerpistole ist der Schütze - wie der der IPSC Schütze - in der Lage eine Vielzahl von Schüssen in sehr kurzer Zeit abzugeben (schnellste Schussfolge: 5 Schuss in 4 Sek.). Ferner verfügt auch der Kampfsportler durch das Erlernen und ständige Praktizieren seiner Sportart über Fähigkeiten, die es ihm - weit über die Möglichkeiten einer nicht in dieser Weise trainierten Person, ermöglichen, seine Mitmenschen schwer bis tödlich zu verletzen. Auch solche Kampfsportarten, wie Boxen oder Karate, sind jedoch als gemeinnützig anerkannt.
II. Die Revision war nach § 115 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen. Über die Frage der Gemeinnützigkeit des IPSC Schießens liegt nach der Recherche des erkennenden Senates bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Zudem weicht die Entscheidung des Senates von der Auffassung der Finanzverwaltung ab (vgl. AEAO zu § 52, Ziffer 6).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.