Landgericht Hannover
Urt. v. 26.03.1997, Az.: 6 O 366/96
Schadensersatzanspruch gegen Betriebsratsmitglieder wegen der Verweigerung der Rücknahme eines Konkursantrags; Vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung ; Aktivlegitimation
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 26.03.1997
- Aktenzeichen
- 6 O 366/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 14478
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:1997:0326.6O366.96.0A
Fundstelle
- AiB 1997, 731-732 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
Verfahrensgegenstand
Feststellung materieller Schadensersatzverpflichtung
In dem Rechtsstreit
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 05. März 1997
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Landgericht ... und
der Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung des Beklagten zu 4. in Höhe von 9.900,00 DM vorläufig vollstreckbar.
Für die Beklagten zu 1-3 und 5-7 ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11.500,00 DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin stellt sämtliche Geschäftsanteile an der, ... Die Firma wird vertreten durch die persönlich haftende,... GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer
Die Beklagten zu 1-6 bilden den Betriebsrat, der Beklagte zu 7 ist Gewerkschaftssekretär.
Wegen zunehmender Zahlungsschwierigkeiten der KG stellte der Beklagte zu 7 als Vertreter zahlreicher Betriebsangehöriger der KG am 13.05.1996 Konkursantrag und machte für die von ihm vertretene Belegschaft Lohn- und Gehaltsrückstände von 694.389,98 DM geltend. Das Amtsgericht Hameln eröffnete den Konkurs am 01.06.1996.
Am 31.05.1996 hatte die Geschäftsführung der GmbH den Beklagten den sofortigen Ausgleich der ausstehenden 694.389,98 DM unter der Bedingung angeboten, daß noch am selben Tage der Konkursantrag zurückgenommen werde. Es sei nämlich erreicht worden -so die Klägerin-, daß die Firma ...: per 31.05.1996 einen Betrag von 700.000,00 DM darlehnsweise zur Begleichung der offenen Löhne und Gehälter zur Verfügung stellen würde. Das Angebot wurde nicht angenommen. Hierin sieht die Klägerin einen unerlaubten Eingriff in ihren Gewerbebetrieb wie auch eine sittenwidrige Schädigung. Durch Annahme des Darlehnsangebotes hätte der Konkurs abgewendet und die KG ihre Geschäfte fortführen können. Die der Konkurseröffnung zugrundeliegende Liquiditätsberechnung des Konkursverwalters sei unzutreffend. Seitens anderer Gläubiger wäre kein Konkursantrag gestellt worden. Den Beklagten sei es erklärtermaßen aber um eine andere Geschäftsführung gegangen.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Eröffnung des Konkursverfahrens beim Amtsgericht Hameln (17 K 1/96) entstanden ist und wird.
Die Beklagten beantragen.
die Klage abzuweisen.
Sie halten die Klage aus unterschiedlichen Gründen für unbegründet, wenn nicht unschlüssig.
Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Der Beklagte zu 4 habe sich mit seinem Konkursantrag nur im Rahmen der Rechtsordnung gehalten. Die KG sei, wie im Einzelnen dargelegt, überschuldet und zahlungsunfähig gewesen. Eine Rücknahme des Konkursantrages, der im übrigen zahlreiche Betriebsangehörige hätten zustimmen müssen, sei allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn die Firma ... zuvor das Geld zur Verfügung gestellt hätte, was nicht der Fall gewesen sei.
Zur näheren Darstellung wird auf die Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die auf §§ 823, 826, 830 BGB gestützte Klage ist unter Einbeziehung des unbestritten gebliebenen Vorbringens der Beklagten unschlüssig.
Wie der Beklagte zu 4 zutreffend ausführt, ist die Klägerin nicht aktivlegitimiert, das wäre vielmehr die KG. Gleichermaßen zutreffend weist er darauf hin, daß es in Ermangelung einer Zustimmung der vom Betriebsrat vertretenen Betriebsangehörigen an der Kausalität fehle, wenn nur der Betriebsrat und der Beklagte zu 7 den Konkursantrag zurückgenommen hätten.
Überdies lagen die Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung nicht annähernd vor.
Wie keiner näheren Darlegung bedarf, war der Konkursantrag legitim. Die Interessen der Schuldnerin zu wahren, durften die Gläubiger nunmehr dem Konkursverfahren als einem staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahren überlassen (vgl. dazu -sogar für einen unbegründeten Konkursantrag- BGHZ 38, 28 ff. [BGH 20.09.1962 - II ZR 209/61]). Die Ablehnung, den Konkursantrag zurückzunehmen, könnte in Anlehnung an die zitierte Entscheidung (aaO, S. 21) allenfalls dann eine Haftung auslösen, wenn in der Weigerung eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung zu rechnen gewesen wäre. Das aber ist keineswegs der Fall. Wie die Beklagten unwidersprochen vortragen, zahlte die KG ab 1995 nur noch schleppend. Das Weihnachtsgeld für 1995 mußte eingeklagt werden. Ein Ratenzahlungsvergleich wurde ebensowenig eingehalten wie andere Zahlungsversprechen. Die Lohn- und Gehaltsrückstände beliefen sich im Mai 1996 auf nahezu 700.000,00 DM.
Wenn es die Beklagten unter diesen Umständen ablehnten, auf ein ungesichertes Darlehnsangebot einzugehen und den Konkursantrag zurücknehmen, so handelten sie nicht nur nicht sittenwidrig, sondern im Gegenteil korrekt, gebotenermaßen vorsichtig und verantwortungsbewußt Eher stellte sich das Ansinnen der GmbH als eine auf Konkursverzögerung ausgerichtete Zumutung dar.
Die mit der Klagabweisung verbundenen prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.