Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 25.11.1998, Az.: 1 UF 178/98
Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters zur Namenserteilung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 25.11.1998
- Aktenzeichen
- 1 UF 178/98
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 18338
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1998:1125.1UF178.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG ... - 19.08.1998 - AZ: 248 F 3111/98
Rechtsgrundlage
- § 1618 S. 4 BGB
Fundstellen
- MDR 1999, 873-874 (Volltext mit amtl. LS)
- OLGReport Gerichtsort 1999, 123-124
- StAZ 2000, 16-17
Verfahrensgegenstand
Namenseinbenennung der am 26. Juli 1991 geborenen ...
Sonstige Beteiligte
1. Kindesvater: Herr ...
2. Kindesmutter: Frau ...
3. Jugendamt: Jugendamt der Stadt ...
In der Familiensache hat der 1. Familiensenat des Oberlandesgerichts ...
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Braunschweig,
den Richter am Oberlandesgericht Braunschweig und
die Richterin am Oberlandesgericht Braunschweig
am 25. November 1998
beschlossen:
Tenor:
Auf die als Beschwerde geltende Erinnerung des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts -Familiengerichts - ... vom 19. August 1998 abgeändert:
Der Antrag der Kindesmutter auf Ersetzung der Zustimmung des Kindesvaters zur Namensänderung für ... wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Die außergerichtlichen Kosten der Parteien werden gegeneinander aufgehoben.
Der Geschäftswert wird auf 1.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Das betroffene Kind ist am 26. Juli 1991 in der durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - ... vom 2. November 1995 - 247 F 2014/94 - geschiedenen Ehe der Parteien geboren. ... lebt mit ihrer alleinsorgeberechtigten Mutter, die nach Verheiratung den Familiennamen ... führt, in Haushaltsgemeinschaft mit dem Stiefvater und einer Halbschwester, ... besucht derzeit die 1. Klasse der Grundschule. Zu ihrem Vater hat sie regelmäßigen 14tägigen Umgangskontakt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Schreiben der Parteien und den Bericht des Jugendamtes der Stadt ... vom 1. Oktober 1998 Bezug genommen.
Der Kindesvater hat sich dem Wunsch auf Namenseinbenennung entgegengestellt. Mit dem angefochtenen Beschluß vom 19. August 1998 hat das Familiengericht die Zustimmung des Kindesvaters zur Änderung des Familiennamens für ... in Ahrens ersetzt.
Dieser Beschluß wurde dem Kindesvater am 26. August 1998 zugestellt, hiergegen wendet er sich mit der Erinnerung vom 3. September 1998, die am 6. September 1998 beim Amtsgericht eingegangen ist.
II.
Die als Beschwerde geltende Erinnerung hat Erfolg Sie führt unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückweisung des Antrages der Kindesmutter auf Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters zur Namenserteilung.
Nach den Vorschriften über die Namenserteilung, § 1618 BGB n. F. können der alleinsorgeberechtigte Elternteil und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des betroffenen Kindes ist, durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten dem Kind den Ehenamen erteilen. Dabei besteht auch die Möglichkeit, den Namen, den das Kind zur Zeit der Erklärung führt, durch Voranstellung oder Anfügung beizubehalten. Führt das Kind bisher den Namen des anderen Elternteils, so bedarf die Namensänderung dessen Einwilligung. Verweigert der andere Elternteil seine Einwilligung, so kann das Familiengericht seine Einwilligung ersetzen, wenn die Namenserteilung zum Wohl des Kindes erforderlich ist, 1618 Satz 4 BGB.
Mit der Neufassung der Vorschrift zur Namenserteilung hat der Gesetzgeber einen neuen Akzent gesetzt und sich gegen die frühere Rechtsprechungspraxis zu § 3 Namensänderungsgesetz entschieden, wonach es für ausreichend erachtet worden ist, wenn die Namensänderung dem Kind lediglich förderlich war vgl. Bundesverwaltungsgericht. Das Standesamt, 1994, 119 ff. Die Gesetzesneufassung soll damit ausdrücklich die Bindungen des Kindes an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht auch im Bereich des Namensrechts stärken, vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BT DR 13/8511, S. 73/74 zu § 1618.
Die Antragstellerin hat nicht aufgezeigt, daß die von ihr beabsichtigte Namenserteilung für das Wohl ... erforderlich ist.
Die gesellschaftliche Entwicklung der heutigen Zeit stellt Kinder immer häufiger bei Wiederverheiratung eines Elternteils in die Situation, einen von den anderen im Familienverband lebenden Angehörigen verschiedenen Namen zu tragen. Die Namensunterschiedlichkeit kann deshalb nicht mehr als ungewöhnliche Konstellation bezeichnet werden. Kinder werden davon in ihrem normalen Alltag auch nicht nachhaltig berührt, weil den Mitschülern die Namensverschiedenheit gar nicht bekannt sein wird oder jedenfalls für sie ohne jede Bedeutung ist Deshalb werden auch Spielkontakte mit Mitschülern nicht gefährdet, dies gilt natürlich nur dann, wenn die Mutter auch dafür sorgt - wie es selbstverständlich sein dürfte - dass Janines Nachname an der Wohnungsklingel auftaucht, damit sie für Freundinnen erreichbar ist.
Die Befürchtungen der Antragstellerin, Janine könne von Mitschülern geärgert oder gehänselt werden, lassen einen denkbaren Zusammenhang mit der Namensänderung nicht erkennen. Vielmehr muß beachtet werden, daß ihre Mitschüler Janine als Janine ... kennen, folglich würde erst die Durchführung einer Namensänderung innerhalb des Klassenverbandes einen Erklärungsbedarf auslösen, der Janine unnötig belasten kann.
Ob sich Janine wegen des zu den anderen Familienmitgliedern unterschiedlichen Nachnamens als "Aussenseiterin" fühlt, wie dies von der Antragstellerin behauptet wird, hängt entscheidend vom Funktionieren des innerfamiliären Beziehungsgeflechtes ab. Wird das Stiefkind ausgegrenzt oder fühlt es sich ausgegrenzt, so begründet dies eher den Verdacht elterlichen Erziehungsversagens, weil versäumt wurde, dem Kind das vom Namen völlig unabhängige Zusammengehörigkeitsgefühl zu vermitteln. Dort wo Stiefeltern- und Elternteil gemeinsam dahin zusammenwirken, daß jedem Familienmitglied die erforderliche Beachtung geschenkt wird, kann der geführte Nachname für das Liebesbedürfnis von Kindern keine Rolle spielen. Das Konfliktpotential einer solchen Ausgrenzung, die regelmäßig tiefere Wurzeln hat, muss innerhalb des Familienverbandes gelöst werden und kann es keinesfalls rechtfertigen, die Bindung an den vom Sorgerecht ausgeschlossenen Elternteil auszuhöhlen.
Da Janine im Alter von nunmehr erst 7 Jahren die Tragweite einer Namenszuordnung nicht zu erkennen vermag, kann der von ihr geäußerte Wunsch, der durch ihre Einbeziehung in die Namensdiskussion zwischen den Elternteilen initiiert ist, keine ausschlaggebende Berücksichtigung finden.
Dem Antragsgegner kann nicht entgegengehalten werden, daß er führer bereit gewesen ist, sich von Janine durch eine Zustimmung zur Adoption seitens des Stiefvaters zu lösen. In dieser ganz schwierigen Frage muß es dem Antragsteller offenstehen, seine Meinung zu ändern.
Darüber hinaus muß bedacht werden, daß ein adoptionsbereiter Stiefvater in ganz anderer Weise dokumentiert, daß er für das Kind zur Verantwortungsübernahme bereit ist, da er infolge einer Adoption in jeglicher Hinsicht, also auch in wirtschaftlicher Hinsicht die Verantwortung für das adoptierte Kind übernimmt und in diese Verantwortungsübernahme lebenslang eingebunden bleibt. Streben Eltern- und Stiefelternteil lediglich nur die Namenseinbenennung an, so wird hieraus schon deutlich, daß der Stiefvater jedenfalls nicht zur vollen Verantwortungsübernahme bereit ist.
Nach alledem zeigt sich, daß durchgreifende Gründe für die Erforderlichkeit einer Namenseinbennung zum Wohle Janines nicht gegeben sind.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 131 Abs. 3 KostO, 13 a Abs. 1 FGG.
Streitwertbeschluss:
Der Geschäftswert wird auf 1.000,00 DM festgesetzt.