Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 25.06.2024, Az.: 6 A 1424/20

Ermessen; Greening; ökologischer Vorrangflächen (öVF); Rücknahme; Rückstellprobe; Vor-Ort-Kontrolle; Zwischenfrucht; Rücknahmebescheid Greeningprämie wegen fehlender Vorlage der Rückstellprobe der verwendeten Saatgutmischung im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
25.06.2024
Aktenzeichen
6 A 1424/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 25231
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2024:0625.6A1424.20.00

Amtlicher Leitsatz

Es liegt im Ermessen der Kontrolleure, im Rahmen ihrer Zuständigkeit auf der Grundlage der vor Ort angetroffenen Verhältnisse Gegenstand und Umfang der Vor-Ort-Kontrolle zu bestimmen. Von diesem Ermessen ist es gedeckt, wenn die Vorlage einer Rückstellprobe noch während der Vor-Ort-Kontrolle verlangt wird....

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Antrag des Klägers, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, wird abgelehnt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Landwirt. Er wendet sich gegen die teilweise Rücknahme eines Agrarförderungsbescheides.

Auf den Sammelantrag des Klägers vom 26.04.2017 setzte die Beklagte durch Bescheid vom 30.01.2018 zu seinen Gunsten für das Antragsjahr 2017 eine Greeningprämie in Höhe von 12.524,76 Euro sowie eine Erstattung von Mitteln aus der Haushaltsdisziplin des Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) in Höhe von 172,12 Euro fest. Dem zu Grunde lagen eine von dem Kläger gemeldete und durch Zahlungsansprüche hinterlegte Fläche von 146,41 ha und ein Fördersatz von 86,75 Euro je Zahlungsanspruch. Weiterhin zu Grunde lag die Angabe ökologischer Vorrangflächen (öVF) zu einer gewichteten Größe von insgesamt 7,7811 ha im Sammelantrag. Dabei handelte es sich unter anderem um die Flächen J., Schlag 3 "K." mit 3,1193 ha und L., Schlag 10 "M." mit 5,5634 ha, welche beide mit dem Kulturcode 52 - Zwischenfrucht versehen waren.

Bei einer späteren Überprüfung stellte die Beklagte fest, dass diese Vorrangflächen im Sammelantrag 2018 nunmehr mit dem Kulturcode 424 als Hauptfrucht geführt wurden. Durch Schreiben der Beklagten vom 21.06.2018 erhielt der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer möglichen Teilrücknahme des Bescheids vom 30.01.2018 für den Fall, dass er Voraussetzungen der Gewährung der Förderung, insbesondere die Vorgaben zum Umbruch der Zwischenfrucht nicht eingehalten habe. In diesem Zuge teilte der Kläger mit, er habe im Juli 2017 eine Mischung aus den Saatgutmischungen "Country Energy 2026" und "Country LeguGreen 2057" ausgesät. Ein Umbruch und anschließende Neuansaat mit Grassaat sei im März 2018 erfolgt.

Die Saatgutmischung "Country Energy 2026" enthält einen Anteil von 75 % Weidelgras und die Saatgutmischung "Country LeguGreen 2057" besteht zu einem Anteil von 70 % aus Luzerne. Um zu überprüfen, ob die vom Kläger nach dessen Angaben verwendete Mischung hieraus die Anforderung des § 31 der Direktzahlungen-Durchführungsverordnung (DirektZahlDurchfV) erfüllt, wonach keine Art einen höheren Anteil als 60 % an den Samen der Mischung haben darf, führte der Prüfdienst der Beklagten am 17.12.2018 eine unangekündigte Vor-Ort-Kontrolle des Betriebs des Klägers durch. In diesem Rahmen wurde der Kläger aufgefordert, eine Rückstellprobe der verwendeten Mischung an den Prüfdienst auszuhändigen. Dazu war der Kläger nicht in der Lage. Der Prüfdienst vermerkte dazu in der Akte, der Kläger gebe an, er habe keine Rückstellprobe. Er habe nicht gewusst, dass er eine solche benötige.

Am nächsten Tag begab sich der Kläger zum Standort der Beklagten in Bremervörde und überreichte dort eine Saatgutprobe. Dazu gab er an, es handele sich um die Rückstellprobe, die der Prüfdienst am Vortag von ihm eingefordert habe. Diese habe er auf dem Lagerboden seiner Scheune aufgefunden, nachdem er Rücksprache mit seinem ehemaligen Auszubildenden gehalten habe. Dieser hab sich erinnern können, dass dort eine Probe eingelagert sei.

Mit Anhörungsschreiben vom 17.04.2019 erhielt der Kläger Gelegenheit, sich zu einer teilweisen Rücknahme des Förderbescheids vom 30.01.2018 zu äußern. Die Beklagte führte in ihrem Schreiben aus, die nachträgliche Einreichung der Rückstellprobe sei unzulässig. Daher könne für die Flächen J., Schlag 3 "K." mit 3,1193 ha und L., Schlag 10 "M." mit 5,5634 ha eine Anerkennung als öVF nicht erfolgen.

Hierzu nahm für den Kläger dessen jetziger Prozessbevollmächtigter Stellung. Dieser führte im Wesentlichen aus, eine Nachreichung der Rückstellprobe müsse möglich sein. Es sei den einschlägigen Vorschriften nicht zu entnehmen, dass einzig eine sofort im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle vorgelegte Probe Berücksichtigung finden könne. Eine (teilweise) Rücknahme des Bescheides komme daher nicht in Frage.

Mit Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 23.10.2019 nahm die Beklagte ihren Bescheid vom 30.01.2018 teilweise zurück. Die Flächen J., Schlag 3 "K." mit 3,1193 ha und L., Schlag 10 "M." mit 5,5634 ha seien nicht als öVF anzuerkennen. Es fehle am Nachweis der korrekten Bewirtschaftung durch eine im Zeitpunkt der Kontrolle im Sinne des § 30 Absatz 4 der InVeKoS-Verordnung (InVeKoSV) vorgehaltene Rückstellprobe. Eine Probe werde nur dann vorgehalten, wenn sie jederzeit verfügbar sei und vorgezeigt werden könne. Ein Nachreichen der Probe sei nicht möglich. Der fehlende Nachweis führe dazu, dass die bei einer zu Grunde zu legenden Ackerfläche für öVF von 144,4224 ha zu erbringende öVF-Fläche von 7,2211 ha nicht (mehr) erreicht werde. Es sei von einer Fehlfläche von 2,0448 ha auszugehen. Dies führe zu einem anzusetzenden Flächenabzug von 20,4480 ha, der gemeinsam mit dem vorzunehmenden Sanktionsabzug zu einer Verringerung der beihilfefähigen Fläche von 146,4100 ha auf 117,7828 ha führe. Es ergebe sich eine Überzahlung von 2.448,94 Euro mit Blick auf die Greeningprämie und 33,65 Euro hinsichtlich der Erstattung von Mitteln aus der Haushaltsdisziplin des EGFL. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird nach § 117 Absatz 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen. Das Vorverfahren wurde angeordnet.

Unter dem 20.11.2019 ließ der Kläger Widerspruch erheben. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen darauf, dass das Vorhalten einer Rückstellprobe begrifflich mit deren Aufbewahrung gleichzusetzen sei. Gesteigerte Anforderungen an deren jederzeitige Verfügbarkeit ließen sich aus dem Wortlaut nicht ableiten. Es sei auch kein Grund dafür ersichtlich, dass Rückstellproben jederzeit verfügbar sein müssten, während dies für andere Unterlagen wie Saatgutetiketten nicht gelte. Da die Rückstellprobe nachgereicht worden sei, komme es allein darauf an, ob diese bereits bei Ausbringung der Saatgutmischung gezogen worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2020, zugegangen am Folgetag, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers kostenpflichtig zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie die Ausführungen des Rücknahmebescheides. Insbesondere sei es durch den Begriff des "Vorhaltens" ausgeschlossen, dass Rückstellproben nachgereicht werden könnten. Hier drohe eine gegenüber der aufwendigen Fälschung amtlicher Saatgutetiketten zum Zwecke der Nachreichung ungleich größere Gefahr, dass solche Proben nachträglich und nur zum Zwecke der Nachreichung hergestellt würden. Es sei auch unglaubhaft, dass der Kläger als Betriebsleiter erst durch seinen ehemaligen Auszubildenden von der Probe erfahren haben wolle.

Am 18.09.2020 erhob der Kläger Klage. Er macht geltend, der Rücknahmebescheid sei rechtswidrig. Die nachgereichte Rückstellprobe sei geeignet, den Nachweis der anforderungsgemäßen Bewirtschaftung der in Rede stehenden Flächen zu führen. Es sei insoweit auch der Zeitpunkt der Nachreichung zu berücksichtigen, eine rechtzeitige Beschaffung des betreffenden Saatgutes zur Herstellung einer gefälschten Probe sei binnen einer derartig kurzen Frist unmöglich. Der Kläger habe die Frage nach der Rückstellprobe lediglich deshalb nicht beantworten können, weil ihm entfallen gewesen sei, dass er die Zwischenfrucht durch seinen Auszubildenden habe auf die betreffenden Schläge ausbringen lassen. Nachdem allerdings die Kontrolle beendet gewesen sei, habe er dann mit seinem ehemaligen Auszubildenden telefoniert. Dieser habe ihm dann erklärt, dass er im Herbst 2017 eine Probe angelegt und auf dem besagten Lagerboden abgestellt habe, wo der Kläger sie dann auch vorgefunden habe.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2019 zum AZ in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2020 zum AZ 2.05-WS aufzuheben, und

  2. 2.

    die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der Klage entgegen und bezieht sich auf ihre Ausführungen aus dem angefochtenen Bescheid und dem Widerspruchsbescheid.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang (BA 001) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Rücknahme- und Rückforderungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht im Sinne des § 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage der Rücknahme ist § 10 Absatz 1 Satz 1 des Marktorganistionsgesetzes (MOG). Danach sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen des § 6 MOG, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen. Ein Fall des § 6 MOG ist gegeben. Dabei kann offen bleiben, ob auf § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe g MOG, welcher sich auf flächenbezogenen und produktbezogenen Beihilfen bezieht, oder auf § 6 Absatz 1 Nummer 2 MOG, welcher für Direktzahlungen gilt, abzustellen ist. Die hier in Rede stehende Greeningprämie inklusive der insoweit einschlägigen Regelungen zur Haushaltsdisziplin ist sowohl flächenbezogene Beihilfe als auch Direktzahlung (vgl. in diesem Sinne für Betriebsprämien: BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 3 C 31/13 -, Rn. 13, juris).

In formeller Hinsicht unterliegt der angefochtene Bescheid keinen Bedenken. Insbesondere ist hinreichend Gelegenheit gegeben worden, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern (§ 1 Absatz 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes [NVwVfG] i.V.m. § 28 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes [VwVfG]), wovon der Kläger auch Gebrauch machte.

Der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid der Beklagten ist auch materiell rechtmäßig. Er geht zutreffend davon aus, dass der Bewilligungsbescheid vom 30.01.2018 sich als teilweise rechtswidrig darstellt. Der Gewährung der dort festgesetzten Greeningprämie steht im Umfang der Aufhebung entgegen, dass die Anforderungen an die Ausweisung von öVF nicht erfüllt sind.

Nach Artikel 63 Absatz 1 Unterabsatz 1 VO (EU) 1306/2013 wird eine Beihilfe ganz oder teilweise zurückgenommen, wenn sich herausstellt, dass ein Begünstigter die Förderkriterien, die mit der Gewährung der Beihilfe oder Stützung verbundenen Auflagen oder andere Verpflichtungen gemäß den sektorbezogenen Agrarvorschriften nicht erfüllt. Sektorbezogene Agrarvorschriften sind gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f) VO (EU) 1306/2013 unter anderem alle anwendbaren Rechtsakte, die auf der Grundlage des Artikels 43 AEUV im Rahmen der GAP (Gemeinsamen Agrarpolitik der EU) erlassen wurden, sowie gegebenenfalls alle delegierten Rechtsakte oder Durchführungsrechtsakte, die auf der Grundlage solcher Rechtsakte erlassen wurden. Bei den Verordnungen (EU) 1307/2013 und 1306/2013 (vgl. dort jeweils die Eingangsformel) und dem folgend auch bei den Delegierten Verordnungen (EU) 640/2014 und 639/2014 handelt es sich um solche Vorschriften.

Nach Artikel 43 Absatz 1 VO (EU) 1307/2013 müssen Betriebsinhaber, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung haben, auf allen ihren beihilfefähigen Hektarflächen im Sinne von Artikel 32 Absatz 2 bis 5 VO (EU) 1307/2013 die in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten, dem Klima- und Umweltschutz förderlichen Landbewirtschaftungsmethoden (oder diesen gleichwertige Methoden) einhalten. Als eine dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethode gilt gemäß Artikel 43 Absatz 2 Buchstabe c) VO (EU) 1307/2013 die Ausweisung einer Flächennutzung im Umweltinteresse. Den Betriebsinhabern, die die für sie maßgeblichen Landbewirtschaftungsmethoden nach Artikel 43 Absatz 1 VO (EU) 1307/2013 einhalten, werden nach Artikel 43 Absatz 9 Unterabsatz 1 VO (EU) 1307/2013 Zahlungen für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden, sogenannte "Greeningprämie", gewährt, soweit sie die Anforderungen der Artikel 44 bis 46 VO (EU) 1307/2013 einhalten. Nach Artikel 46 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 1307/2013 gilt:

"Beträgt das Ackerland eines Betriebs mehr als 15 Hektar, so müssen die Betriebsinhaber ab dem 1. Januar 2015 eine Fläche, die mindestens 5 % des vom Betriebsinhaber gemäß Artikel 72 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a der VO (EU) 1306/2013 angemeldeten Ackerlands des Betriebs, einschließlich - wenn sie von dem Mitgliedstaat als im Umweltinteresse genutzte Flächen gemäß Absatz 2 angesehen werden - der in jenem Absatz Buchstaben c, d, g, h, k und l genannten Flächen, entspricht, als im Umweltinteresse genutzte Fläche ausweisen."

Dem ist der Kläger nicht gerecht geworden. Dies deshalb, weil die Flächen J., Schlag 3 "K." mit 3,1193 ha und L., Schlag 10 "M." mit 5,5634 ha entgegen der im Bewilligungsbescheid erfolgten Festsetzung nicht als öVF anzuerkennen sind. Es ist - wovon die Beklagte zutreffend ausgeht - nicht feststellbar, dass diese wie im Sammelantrag angegeben mit einer geeigneten Zwischenfrucht im Sinne des § 31 Absatz 1 Satz 1, 2 der Direktzahlungen-Durchführungsverordnung (DirektZahlDurchfV) bestellt waren. Dies geht zu Lasten des Klägers, der hierfür die Beweislast trägt. Nach § 11 MOG trägt, soweit - wie hier - EU-rechtliche Vorgaben nicht etwas anderes vorsehen, ein Begünstigter einer Beihilfe nach § 6 MOG auch nach Empfang der Vergünstigung in dem Verantwortungsbereich, der nicht zum Bereich der für die Gewährung des rechtlichen Vorteils zuständigen Stelle gehört, die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vergünstigung bis zum Ablauf des vierten Jahres, das dem Kalenderjahr der Gewährung folgt. Die Bestellung der Flächen mit einer geeigneten Zwischenfrucht ist dem Verantwortungsbereich des Klägers und nicht dem der Beklagten zuzuordnen. Die Vierjahresfrist, für deren Einhaltung es auf den Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides ankommt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2007 - 10 LA 233/05 -, Rn. 12, juris), ist ebenfalls gewahrt.

Nach § 31 Absatz 1 Satz 1, 2 DirektZahlDurchfV darf auf einer Fläche, die im Antrag auf Direktzahlung für die Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden als im Umweltinteresse genutzte Fläche mit Zwischenfruchtanbau oder Gründecke ausgewiesen wird, keine Art in einer dort ausgebrachten Kulturpflanzenmischung einen höheren Anteil als 60 Prozent an den Samen der Mischung haben. Diese vom nationalen Gesetzgeber festgeschriebene Anforderung findet ihre Grundlage in Artikel 45 Absatz 1 und Absatz 9 Unterabsatz 2 VO (EU) 639/2013. Danach müssen, damit Flächen mit Zwischenfruchtanbau oder Gründecke im Sinne des Artikels 46 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe i) der VO (EU) 1307/2013 als im Umweltinteresse genutzte Flächen gelten, die Kriterien des Absatzes 9 des Artikels 45 VO (EU) 639/2013 erfüllt sein. Dieser stellt - soweit hier relevant - Anforderungen an das zu verwendende Saatgut auf, wobei er den Mitgliedsstaaten die Aufgabe zuweist, die zu verwendenden Kulturpflanzenmischungen vorzugeben und ihnen freistellt, zusätzliche eigene Bedingungen aufzustellen, wovon mit der Vorgabe des Mischungsverhältnisses Gebrauch gemacht wurde.

Die nach den Angaben des Klägers verwendeten Saatgutmischungen "Country Energy 2026" und "Country LeguGreen 2057" allein erfüllen die Anforderungen des § 31 Absatz 1 Satz 1 und 2 DirektZahlDurchfV nicht, weil sie jeweils zu über 60 % aus Samen einer Art bestehen.

Soweit der Kläger angibt, eine Mischung dieser beiden Saatgutmischungen verwendet zu haben, ist er den Anforderungen an die Erbringung entsprechender Nachweise nicht gerecht geworden. In Umsetzung der unionsrechtlichen Bestimmungen zur Einrichtung eines Kontrollsystems (siehe Artikel 58 Absatz 2 VO (EU) 1306/2013) und gestützt auf § 15 Satz 1 und § 16 MOG hat der deutsche Gesetzgeber die InVeKoS-Verordnung geschaffen. Diese bestimmt in § 30 Absatz 4 Satz 1 und 3, dass ein Betriebsinhaber, der - wie hier - im Sammelantrag für die Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden Flächen im Sinne des Artikels 46 Absatz 2 Buchstabe i, j oder m der VO (EU) 1307/2013 ausweist, verpflichtet ist, die amtlichen Saatgutetiketten der auf den jeweiligen Flächen ausgesäten Kulturpflanzenmischungen, Arten oder Pflanzenmischungen aufzubewahren. Fehlen amtliche Saatgutetiketten, insbesondere bei der Aussaat selbst erzeugter Saatgutnachzuchten, hat der Betriebsinhaber für jede verwendete Kulturpflanzenmischung, Art oder Pflanzenmischung geeignete Nachweise, wie insbesondere Rückstellproben, vorzuhalten. Nach § 31 Absatz 1 Satz 1 InVeKoSV sind Proben durch den Betriebsinhaber auf Verlangen zum Zwecke der Überwachung zur Verfügung zu stellen. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Der Kläger hat auf Verlangen der Prüfer anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle keine Rückstellprobe vorgewiesen. Die Übergabe der Probe am folgenden Tag erfolgte entgegen der Auffassung des Klägers nicht mehr im Rahmen der Kontrolle. Mit der Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle, die insbesondere dem Schutz der finanziellen Interessen der Union dient (vgl. Artikel 58 VO [EU] 1306/2013), soll zuverlässig geprüft werden, ob die an den Betriebsinhaber gestellten Anforderungen eingehalten wurden. Es liegt dabei im Ermessen der Kontrolleure, im Rahmen ihrer Zuständigkeit auf der Grundlage der vor Ort angetroffenen Verhältnisse Gegenstand und Umfang der Kontrolle sowie die sich hieraus ergebenden Kontrollmaßnahmen näher zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 19. September 2013 - 3 C 25/12 -, Rn. 34, juris). Von diesem Ermessen ist es gedeckt, wenn - wie hier - eine Vorlage noch während der Vor-Ort-Kontrolle verlangt wird. Die hierfür geltend gemachten Gründe der Beklagten, insbesondere hinsichtlich der Gefahr einer erst nachträglichen Anfertigung der Probe und der Entwertung unangekündigter Kontrollen, verfangen. Die Rückstellprobe einer eigenen Saatgutmischung ist das Produkt eines rein betriebsinternen Vorganges. Dass dieser Vorgang nicht erst im Nachgang einer Kontrolle durchgeführt wurde, kann sich - über die bloße Angabe des Betriebsinhabers hinaus - allein aus der Vorlage der Rückstellprobe unmittelbar im Zusammenhang der Kontrolle ergeben. Jede Möglichkeit des Nachreichens eröffnet die Gefahr der "Korrektur" eines unerwünschten Ergebnisses der Vor-Ort-Kontrolle. Dass diese abstrakte Gefahr wegen der Vorlage der Rückstellprobe bereits am nächsten Tag gänzlich ausgeschlossen sein soll, vermag das Gericht nicht zu erkennen.

Darüber hinaus vermag das Gericht auch nicht zu der Überzeugung zu gelangen, dass die nachgereichte Rückstellprobe, wie von dem Kläger vorgetragen, mit Hilfe des ehemaligen Auszubildenden, der diese bei Aussaat selbstständig gezogen und verwahrt habe, auf dem Lagerboden aufgefunden werden konnte. Dieser Vortrag widerspricht den Äußerungen des Klägers im Rahmen der Kontrolle, wonach er nicht gewusst habe, dass er eine Rückstellprobe benötige. Diesen Widerspruch hat der Kläger nicht aufklären können. Auch erscheint es dem Gericht nicht glaubhaft, dass einem Betriebsinhaber der Aufbewahrungsort für Rückstellproben in seinem Betrieb nicht bekannt sein soll und er sich an einen solchen erst nach Rücksprache mit einem ehemaligen Beschäftigen zu erinnern vermag. Es wäre, wenn nicht ohnehin Kenntnis von der hier in Rede stehenden konkreten Rückstellprobe zu verlangen wäre, nach der allgemeinen Lebenserfahrung wenigstens zu erwarten gewesen, dass der Kläger die Kontrolleure zu dem vorgesehenen Aufbewahrungsort führt, um eine Nachschau zu ermöglichen.

Die Rückforderung der Beihilfe entspricht auch der Wertung, die in den allgemeinen Grundsätzen zur Vor-Ort-Kontrolle in Artikel 59 Absatz 7 VO (EU) 1306/2013 zum Ausdruck kommt. Danach wird ein Beihilfe- oder Zahlungsantrag abgelehnt, wenn der Begünstigte oder sein Vertreter die Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle verhindert, ausgenommen im Falle höherer Gewalt oder bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände. Vom Begriff der Verhinderung ist neben vorsätzlichem Handeln jedes Tun oder Unterlassen erfasst, das auf Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers oder seines Vertreters zurückgeführt werden kann und zur Folge hatte, dass die Vor-Ort-Kontrolle nicht vollständig durchgeführt werden konnte, wenn dieser Betriebsinhaber oder sein Vertreter nicht alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden konnten, um sicherzustellen, dass diese Kontrolle vollständig durchgeführt wird. Die vorstehende, vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 16.6.2011 - C-536/09 - Rn. 30, juris) zum in der Vorgängerverordnung verwendeten Begriff des "unmöglich machen" einer Kontrolle entwickelte, Definition ist auf den Begriff der Verhinderung einer solchen übertragbar (ausführlich Bayerischer VGH, Beschluss vom 1. Februar 2024 - 6 BV 23.1677 -, Rn. 31, juris; VG Lüneburg, Urteil vom 20.9.2023 - 1 A 63/21 - Rn. 33, juris). Der Kläger hat die Kontrolle in diesem Sinne durch fahrlässiges Verhalten verhindert. Es entspricht nicht der anzulegenden Sorgfalt eines Betriebsinhabers, wenn dieser gar keine Kenntnis von der gesetzlichen Anforderung besitzt, Rückstellproben eigener Saatgutmischungen zu ziehen, wie es der Prüfdienst im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle vermerkt hat. Gleiches gilt, wenn ein Betriebsinhaber in seinem Betrieb jedenfalls kein System bzw. keinen Ort zur ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Rückstellproben eingerichtet hat und deshalb eine jederzeitige Auffindbarkeit gezogener Proben nicht besteht. Ob Artikel 59 Absatz 7 VO (EU) 1306/2013 angesichts des Wortlauts, der lediglich die Antragsablehnung - und damit die Situation vor Gewährung einer Beihilfe - vorsieht und die Rücknahme jedenfalls nicht ausdrücklich erwähnt, über die wertungsmäßige Heranziehung hinaus Anwendung finden kann, kann das Gericht angesichts der vorstehenden Ausführungen, die die Rücknahme tragen, offen lassen.

Der Kläger kann sich gegenüber der Rücknahme des Bewilligungsbescheids nicht auf Vertrauensschutz berufen. Der in § 10 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 MOG enthaltene Verweis u.a. auf § 48 Absatz 2 bis 4 VwVfG ist unanwendbar. Artikel 7 Absatz 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission vom 17. Juli 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems, der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Cross-Compliance regelt den Sachverhalt abschließend und sieht keinen Vertrauensschutz vor. Ausnahmen hiervon sind nach Artikel 7 Absatz 3 Satz 1 VO (EU) 809/2014 nur in Fällen eines Irrtums der zuständigen Behörde denkbar, wofür der Fehler dem Verantwortungsbereich der Behörde zuzuordnen sein muss (Nds. OVG, Urteil vom 6.6.2023 - 10 LC 85/22, BeckRS 2023, 16877 Rn. 41). Eine solche Konstellation liegt ersichtlich nicht vor. Die Frage nach einer ordnungsgemäßen Bestellung der streitgegenständlichen Flächen liegt allein im Verantwortungsbereich des Klägers.

Bezüglich der Begründung dazu, in welcher Höhe die Rücknahme der Beihilfegewährung zu erfolgen hat, sieht das Gericht nach § 117 Absatz 5 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt der Begründung des angefochtenen Bescheides (dort S. 4 bis S. 5 [Ende des ersten Absatzes] sowie S. 6 [ab der fett gesetzten Überschrift "Greeningprämie 2017"] bis S. 7 [bis einschließlich des Abschnitts unter der fett gesetzten Überschrift "Übersicht Rückforderungsbeträge"]). Fehler des angefochtenen Bescheids sind insoweit weder vorgebracht noch ersichtlich.

Die Rückforderung zu Unrecht gewährter Direktzahlungen beruht auf § 10 Absatz 1 Satz 1 2. Halbsatz, Absatz 3 MOG i.V.m. § 49a Absatz 1 Satz 1 VwVfG. Hinsichtlich der Rückforderung sind Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Der Antrag nach § 162 Absatz 2 Satz 2 VwGO, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, bleibt ohne Erfolg. Für diesen fehlt es wegen der Kostentragungspflicht des Klägers am Rechtsbedürfnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2018 - 7 C 34/15 -, Rn. 48, juris). Die Antragsablehnung erfolgt lediglich aus Klarstellungsgründen.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Absatz 2 Nummer 3 und 4 i.V.m. § 124a Absatz 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.