Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.08.1988, Az.: 13 A 31/88

Erstattungsanspruch; Sonderabgabe; Abgaben; Pflegekind; Betreuung; Pflegefamilie; Krankenhaus; Heim

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.08.1988
Aktenzeichen
13 A 31/88
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1988, 12884
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1988:0812.13A31.88.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Schleswig 25.11.1987 - 9 A 157/84
nachfolgend
BVerwG - 06.07.1989 - AZ: BVerwG 7 B 161.88
BVerwG - 20.04.1990 - AZ: BVerwG 7 C 34/89

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 9. Kammer - vom 25. November 1987 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte; insoweit ist der Beschluß vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Der Senat hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich, so daß durch Beschluß entschieden werden kann (Art. 2 § 5 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. 3. 1978 - BGBl I S. 446 - i.d.F. des Gesetzes vom 4. 7. 1985 - BGBl I S. 1274 -). Zur Begründung wird gemäß Art. 2 § 7 Abs. 1 des Entlastungsgesetzes auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Darin hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, daß die von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsforderung rechtlich begründet ist. Dem tritt der Senat bei. Daran vermag auch das Berufungsvorbringen des Beklagten nichts zu ändern.

2

Mit seiner Berufung macht der Beklagte geltend, daß es sich bei der streitigen Erstattungsforderung der Klägerin um eine verfassungsrechtlich unzulässige Sonderabgabe handele. Diese Frage hat der Senat jedoch bereits im Urteil vom 30. Oktober 1986 - 13 OVG A 110/85 - (SchlHA 1988, 97) geprüft und dazu folgendes ausgeführt:

3

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts läßt sich auch aus der vom BVerfG für Sonderabgaben geforderten besonderen Sachnähe der Abgabenpflichtigen zum Abgabenzweck (BVerfGE 55, 274 [BVerfG 10.12.1980 - 2 BvF 3/77]) nichts gegen die Rechtmäßigkeit der Klageforderung herleiten. Bei dieser Forderung handelt es sich um keine Abgabe, d.h. eine von der berechtigten Körperschaft durch Hoheitsakt festgesetzte Geldleistung, sondern um eine auf gesetzlicher Grundlage beruhende Ausgleichsforderung, die durch Leistungsklage geltend zu machen ist (Urt. d. Sen. v. 20. 4. 1983 - 13 OVG A 26/82 -) Aber auch wenn man den vom BVerfG für Sonderabgaben aufgestellten Grundsatz der besonderen Sachnähe lediglich als Ausprägung des für alle gesetzlichen Belastungen gültigen allgemeinen Gebots der Gleichheit und Sachgerechtigkeit ansieht (vgl. BVerfGE, aaO, S. 306), bestehen gegen die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 SchulG normierte Zahlungsverpflichtung keine rechtlichen Bedenken. Die darin genannten Heime und Krankenhäuser werden im Verhältnis zu Personen, die Pflegekinder aus anderen Bundesländern bei sich aufgenommen haben, nicht in einer gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßenden Weise belastet. Denn Pflegekinder befinden sich in einer Familienpflege (§ 27 Abs. 1 Jugendwohlfahrtsgesetz - JWG -). Diese ist von der Betreuung in Heimen und anderen Einrichtungen i.S. von § 78 Abs. 1 JWG zu unterscheiden. Die Abgrenzung zwischen beiden Betreuungsformen ist insbesondere von der Zahl der aufgenommenen Kinder her zu treffen (Jans-Happe, JWG, § 78, Erl. 3 Cb). Eine Familie wird, soll das leibliche, geistige und seelische Wohl der Kinder gewährleistet sein (§ 29 Abs. 1 JWG), in der Regel nur zwei oder drei, in Ausnahmefällen auch vier Kinder aufnehmen können; fünf oder mehr fremde Kinder werden dagegen nicht ohne institutionelle Gestaltung betreut werden können (Jans-Happe, aaO). Hiernach ist davon auszugehen, daß sich aus der Aufnahme von auswärtigen Pflegekindern im allgemeinen schon von der Zahl her geringere Belastungen für einen Schulträger ergeben werden als aus einer Aufnahme in Heime oder Krankenhäuser. Hinzu kommt, daß hinter einem Heim oder Krankenhaus im allgemeinen auch ein finanzkräftigerer Träger steht. Unter diesen Umständen kann kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG darin gesehen werden, daß § 66 Abs. 1 Satz 3 SchulG nur für Heime und Krankenhäuser und nicht auch für Pflegefamilien eine Haftung für den Ausfall von Gastschulbeiträgen begründet.

4

Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liegt schließlich auch nicht darin, daß Kinderheime in Schleswig-Holstein durch die Zahlungsverpflichtung nach § 66 Abs. 1 Satz 3 SchulG im Verhältnis zu Kinderheimen in anderen Bundesländern finanziell stärker belastet werden. Solche Ungleichheiten von Land zu Land sind notwendige Folgen der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für ein bundesstaatliches System (vgl. Maunz-Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 RdNr. 233 ff).

5

An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch für den vorliegenden Fall fest. Danach war die Berufung zurückzuweisen.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 10 ZPO.

7

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

8

Dr. Dembowski

9

Dr. Hamann

10

Ladwig