Staatsgerichtshof Niedersachsen
Beschl. v. 27.02.2008, Az.: StGH 2/05

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis; Beschwerdebefugnis; Beschwerdeberechtigung; Einschätzungsprärogative; Finanzhoheit; gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum; Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; Grundsatz der Verteilungssymmetrie; Kommunale Finanzhoheit; Kommunale Verfassungsbeschwerde; Kommunalverfassungsbeschwerde; Rechtsschutzbedürfnis; Verbundquote; Verfassungsbeschwerde; Verteilungssymmetrie

Bibliographie

Gericht
StGH Niedersachsen
Datum
27.02.2008
Aktenzeichen
StGH 2/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 55141
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Verfassungsbeschwerden von Kommunen gegen eine gesetzliche Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs sind nur dann zulässig, wenn die Kommunen ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis an einer gerichtlichen Überprüfung geltend machen können. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass sich ihre finanzielle Situation nach der von ihnen angestrebten Gerichtsentscheidung verbessern kann.
2. Art. 58 NV gewährt den Kommunen einen individuellen Anspruch auf einen aufgabengerechten Finanzausgleich (Bestätigung von LVerfGE 12, 255, 285). Allerdings gewährt Art. 58 NV den Kommunen keinen individuellen Anspruch auf eine finanzielle Mindestausstattung durch das Land, die unabhängig von dessen finanzieller Leistungsfähigkeit wäre.
3. Dem Anspruch der Kommunen auf aufgabengerechte finanzielle Ausstattung ist Genüge getan, wenn diese einen Mindestbestand an freiwilligen Selbstverwaltungsangelegten wahrnehmen können. Bei Unterschreitung dieser Grenze hat das Land den Grundsatz der Verteilungssymmetrie zu beachten (Bestätigung von LVerfGE 12, 255, 286).
4. Die vom Gesetzgeber geforderte typisierende Bedarfsanalyse zur Bemessung des kommunalen Finanzbedarfs basiert auf dem Grundsatz der Aufgabenparität zwischen Land und Kommunen. Die erforderliche Gesamtbewertung der finanziellen Situation von Land und Kommunen richtet sich nach dem Prinzip der Verteilungssymmetrie. Sie ist verfassungsrechtlich nur zu beanstanden, wenn sie offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar ist.

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe

A.

Die Beschwerdeführerinnen machen mit ihren Verfassungsbeschwerden geltend, die mit Art. 1 Nr. 1 Haushaltsbegleitgesetz 2005 vom 17. Dezember 2004 (Nds. GVBl. S. 664) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 angeordnete prozentuale Herabsetzung der Verteilungsmasse in § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Regelung der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen (NFVG) vom 12. März 1999 (Nds. GVBl. S. 79, berichtigt S. 106, 360), zuletzt geändert durch Art. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 12. Dezember 2003 (Nds. GVBl. S. 446), von 16,09 v. H. auf 15,04 v. H. verletze sie in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 57 Abs. 1 bis 3, 58 der Niedersächsischen Verfassung (NV).

I.

Grundlage und Anknüpfungspunkt für die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffene Regelung im Haushaltsbegleitgesetz 2005 ist das im Rahmen einer gesetzgeberischen Neukonzeption des kommunalen Finanzausgleichs vom Niedersächsischen Landtag am 12. März 1999 beschlossene Niedersächsische Finanzverteilungsgesetz. Mit diesem Gesetz wurden die bis dahin im Niedersächsischen Gesetz über den Finanzausgleich (NFAG 1995) vom 19. Dezember 1995 (Nds. GVBl. S. 463) enthaltenen Vorschriften hinsichtlich der Zuweisungsmasse, das heißt des prozentualen Anteils der Kommunen am Steueraufkommen und an anderen Einnahmen des Landes, sowie der Höhe der Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises in einem eigenständigen Gesetz zusammengefasst. Neben dieses Gesetz trat das Niedersächsische Gesetz über den Finanzausgleich (NFAG 1999), das vom Niedersächsischen Landtag am selben Tag beschlossen wurde (Nds. GVBl. S. 79) und vorrangig Normen zur interkommunalen Verteilung der Finanzausgleichsmasse enthielt. Beide Gesetze traten rückwirkend zum 1. Januar 1999 in Kraft. Die vollständige Neukonzeption des kommunalen Finanzausgleichs war erforderlich geworden, weil der Niedersächsische Staatsgerichtshof mit Urteil vom 25. November 1997 -StGH 14/95 u.a.- (Nds. StGHE 3, 299) wesentliche Vorschriften des NFAG 1995 für mit der Niedersächsischen Verfassung unvereinbar und mit Wirkung vom 1. Januar 1995 für nichtig erklärt hatte. Die gegen die beiden Gesetze erhobenen Verfassungsbeschwerden und ein Antrag auf abstrakte Normenkontrolle vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof blieben weitgehend erfolglos (Urteil vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u.a.-, LVerfGE 12, 255).

In der Folgezeit bis einschließlich 2004 blieb das Regelungssystem in seinen Grundzügen unverändert. Die in § 1 Abs. 1 NFVG geregelte Verbundquote wurde jedoch in einem ersten Schritt mit Wirkung vom 1. Januar 2000 durch das Gesetz zur Neuregelung der Kostenabgeltung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und zur Änderung des Niedersächsischen Finanzverteilungsgesetzes und des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich vom 22. Juni 2000 (Nds. GVBl. S. 138) von 17,59 v. H. auf 17,01 v. H. abgesenkt; mit dem Gesetz zur Änderung von Vorschriften betreffend den kommunalen Finanzausgleich vom 28. August 2002 (Nds. GVBl. S. 366) erfolgte eine weitere Reduzierung mit Wirkung zum 1. Januar 2002 auf 16,09 v.H.. Die Höhe der Zuweisungen für Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis wurde in dieser Zeit stufenweise an die Entwicklung der Lohn- und Gehaltssteigerungen im öffentlichen Dienst angepasst.

II.

1. Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2005 hat der Gesetzgeber sowohl Änderungen bei der Berechnung der Verbundmasse als auch bei den Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises vorgenommen. Art. 1 des Gesetzes enthält hierzu folgende Regelungen:

„Das Niedersächsische Finanzverteilungsgesetz vom 12. März 1999 (Nds. GVBl. S. 79, 106, 360), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2003 (Nds. GVBl. S. 446), wird wie folgt geändert:

1.In § 1 Abs. 1 wird die Zahl „ 16,09 “ durch die Zahl „ 15, 04“ ersetzt.
2.§ 2 erhält folgende Fassung:

⤠2
Übertragener Wirkungskreis

Bei der Festsetzung der Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 NFAG werden

1.für das Haushaltsjahr 2002 für kreisfreie Städte 43,37 Euro und fürLandkreise 47,65 Euro,
2.für das Haushaltsjahr 2003 für kreisfreie Städte 44,24 Euro und fürLandkreise 48,60 Euro,
3.für das Haushaltsjahr 2004 für kreisfreie Städte 44,66 Euro und fürLandkreise 49,07 Euro und
4.ab dem Haushaltsjahr 2005 für kreisfreie Städte 45,17 Euro und fürLandkreise 49,63 Euro

für jede Einwohnerin und jeden Einwohner zugrunde gelegt.’“

Das Gesetz ist nach Art. 16 Abs. 1 zum 1. Januar 2005 in Kraft getreten, für die Jahre 2002 bis 2004 ergeben sich durch Art. 1 Nr. 2 keine Veränderungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage.

 2. Der Niedersächsische Landtag verabschiedete am 12. Juli 2007 das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich, des Niedersächsischen Finanzverteilungsgesetzes und des Göttingen-Gesetzes (Nds. GVBl. S. 312). Nach Art. 2 Nr. 1 dieses Gesetzes wurde die Verbundquote von 15,04 auf 15,50 v.H. angehoben. Das Gesetz trat nach Art. 5 rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft.

III.

 1. Der Gesetzgeber zog im Gesetzgebungsverfahren zum Haushaltsbegleitgesetz 2005 zur Beurteilung der finanziellen Situation von Land und Kommunen das im Bericht des Niedersächsischen Finanzministeriums zur Entwicklung der Finanz- und Haushaltslage des Landes Niedersachsen und der niedersächsischen Kommunen vom 22. Juni 2004 zusammengestellte Datenmaterial heran (vgl. Entwurfsbegründung, Nds. LT-Drs. 15/1340, S. 12). Die dort wiedergegebene Berechnung der prozentualen Anteile der freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten an den Gesamtzuschussbeträgen für die Jahre bis einschließlich 2002 beruht auf methodischen Grundlagen, die eine vom Niedersächsischen Ministerium des Innern am 29. März 1999 eingesetzte Kommission aus Vertretern der im Landtag vertretenen Fraktionen, der kommunalen Spitzenverbände sowie der Ministerin der Finanzen und des Innern (FAG-Kommission) unter Rückgriff auf Datenmaterial des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik (NLS) erarbeitet hatte (vgl. Zwischenbericht zur Unterrichtung des Landtages über den Beratungsgegenstand der Kommission vom 24. Januar 2000, Nds. LT-Drs. 14/1524 S. 3 ff. und Abschlussbericht über die Arbeit der FAG-Kommission zur Unterrichtung des Landtages vom 7. Juni 2000, Nds. LT-Drs. 14/1790, S. 3 ff.). Das NLS veränderte 2001 teilweise das methodische Verfahren zur Ermittlung der prozentualen Anteile der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, der pflichtigen und der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben (vgl. B. Maas, Statistische Monatshefte Niedersachsen 2001, S. 664 ff.)

Das Finanzministerium führte seine Untersuchungen über die Entwicklung der Finanz- und Haushaltslage des Landes Niedersachsen und der niedersächsischen Kommunen in den nächsten Jahren kontinuierlich fort und fasste seine Ergebnisse in jährlichen Berichten zusammen. Der letzte Bericht des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 4. Juli 2007 betrifft die Jahre bis einschließlich 2005, teilweise trifft er auch Aussagen zum Haushaltsjahr 2006.

2. Das NLS erließ für die Haushaltsjahre 2005 und 2006 am 6. April 2005 bzw. 20. November 2006 Bescheide über die Festsetzung der Finanzzuweisungen nach dem Niedersächsischen Gesetz über den Finanzausgleich für alle niedersächsischen Kommunen. Die Beschwerdeführerin zu 1. erhob gegen die ihr bekanntgegebenen Verwaltungsakte Widerspruch; die Rechtsbehelfsverfahren ruhen bis zur Entscheidung des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs über die Verfassungsbeschwerden. Die übrigen Beschwerdeführerinnen legten gegen die an sie gerichteten Bescheide keine Rechtsbehelfe ein.

B.

I.

Die Beschwerdeführerinnen sind niedersächsische kreisfreie Städte, Städte, Gemeinden und Samtgemeinden. Sie richten ihre Verfassungsbeschwerden gegen Art. 1 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2005 und beantragen, diese Vorschrift für nichtig zu erklären.

Die Niedersächsische Landesregierung hat sich zu den Verfassungsbeschwerden geäußert.

II.

Die Beschwerdeführerinnen halten ihre Beschwerden gemäß Art. 54 Nr. 5 NV, §§ 8 Nr. 10, 36 Nds. StGHG für zulässig, insbesondere seien sie durch das angegriffene Gesetz selbst unmittelbar und gegenwärtig in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt. Die Kommunalverfassungsbeschwerde sei als Gesetzesverfassungsbeschwerde konzipiert. Die angegriffene Verbundquote stelle die entscheidende, vom Landesgesetzgeber zu beeinflussende normative „Stellschraube“ dar, wobei die Effekte der Absenkung sich nicht auf das Haushaltsjahr 2005 beschränken würden. Die Absenkung wirke vielmehr noch derzeit (und zukünftig), da sie durch die zwischenzeitlich vorgenommene Korrektur der Verbundquote nicht vollständig wieder rückgängig gemacht sei.

Die Landesregierung äußert Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden. Soweit die Beschwerden auf eine Verletzung der in Art. 57 Abs. 1 bis 3 NV enthaltenen Rechte gestützt werde, sei dies unzulässig, weil die Ansprüche der Kommunen gegenüber dem Land auf finanzielle Zuweisungen ausschließlich in Art. 57 Abs. 4 und Art. 58 NV niedergelegt seien. Die Beschwerdeführerinnen beschrieben lediglich die Auswirkungen der Kürzung der Verbundquote durch Art. 1 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2005 auf ihre finanzielle Situation, ohne darzulegen, inwieweit die Kommunen in ihrer Gesamtheit belastet worden seien. Art. 58 NV gewährleiste den Kommunen kein subjektives Recht auf eine individuell angemessene Finanzausstattung durch die abstrakten Zuweisungsregeln des Finanzausgleichs, sondern nur ein solches auf eine aufgabenorientierte Ausstattung aller Gemeinden im Land. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass der Staatsgerichtshof die Möglichkeit der Gewährung von Bedarfszuweisungen nach § 13 NFAG zum Ausgleich individueller Härten als ausreichend erachtet habe.

Ferner seien die Beschwerdeführerinnen durch die Regelung im Haushaltsbegleitgesetz 2005 auch nicht unmittelbar betroffen. Die finanziellen Auswirkungen auf die kommunalen Finanzen würden durch die prozentuale Absenkung der Verbundquote betragsmäßig noch nicht festgelegt. Sie ergäben sich erst, sobald die Steuerverbundmasse nach § 1 Abs. 1 NFAG im Haushaltsplan in den entsprechenden Einnahmetiteln festgestellt worden sei. § 1 Abs. 2 NFAG ordne daher konsequent an, dass der Gesamtbetrag der Finanzzuweisungen für jedes Haushaltsjahr im Landeshaushaltsplan festzusetzen sei. Die Kommunen könnten sich daher mit einer Verfassungsbeschwerde nur gegen dieses Gesetz, dem wegen der Verweisung im NFAG insoweit Außenwirkung zukomme, wenden. Im Übrigen hänge die Frage einer Verletzung des Rechts auf angemessene Finanzausstattung auch von der Höhe der Finanzmasse ab, die den Kommunen für Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis als Vorab zugewiesen werde. Auch deshalb führe die prozentuale Absenkung der Verbundquote noch nicht zu einer unmittelbaren Beschwer.

Den Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen zu 2. bis 11. fehle schließlich das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Norm. Nach Eintritt der Bestandskraft der gegen sie erlassenen Festsetzungsbescheide des NLS für die Haushaltsjahre 2005 und 2006 hätten sie keine verfahrensrechtliche Möglichkeit, auch bei einer Nichtigkeitserklärung die Rücknahme der Bescheide und eine Neufestsetzung unter Berücksichtigung der früheren Verbundquote von 16,09 v.H. zu erreichen. Der begehrte Entscheidungsausspruch würde an ihrer finanziellen Situation nichts ändern.

III.

Die Beschwerdeführerinnen sehen sich durch die beanstandete Regelung in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt. Insgesamt stützen sie die von ihnen behauptete Verfassungswidrigkeit des Haushaltsbegleitgesetzes 2005 auf die folgenden Argumente:

1. Der Gesetzgeber habe mit der Reduzierung der Verbundquote und der damit für das Haushaltsjahr 2005 prognostizierten Kürzung der Verbundmasse um 150 Mio Euro das Recht der Beschwerdeführerinnen auf eine finanzielle Mindestausstattung verletzt. Grundlage für dieses Recht sei nicht allein die Regelung in Art. 58 NV, sondern unmittelbar Art. 57 Abs. 1 NV; der Anspruch sei dann verletzt, wenn einer Kommune eine finanzielle freie Spitze von weniger als 5 v.H. des Verwaltungshaushalts zur Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsangelegenheiten verbleibe. Die Beschwerdeführerinnen hätten in ihren Verwaltungshaushalten für 2005 Ausgaben für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zwischen 0,31 v.H. und 9,79 v.H. vorgesehen. Bei dieser Quote müsse beachtet werden, dass diese Ausgaben bei vielen Kommunen ganz oder überwiegend im Wege der Kreditfinanzierung durch Kassenkredite bestritten würden, womit eine strukturelle Unterfinanzierung nachgewiesen sei. Sofern einzelne Kommunen keine zusätzlichen Kassenkredite in Anspruch genommen hätten, sei der Anteil der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben am Gesamtausgabevolumen bei ihnen marginal. Das Recht auf eine finanzielle Mindestausstattung der Kommunen gehöre zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung und stehe daher nicht zur Disposition des Gesetzgebers. Die Mindestausstattung sei nicht gewährleistet, wenn die Kommunen wegen der Unausgeglichenheit ihrer Verwaltungshaushalte gezwungen seien, stetig steigende Kassenkredite aufzunehmen.

2.Der Gesetzgeber könne sich zur Rechtfertigung dieses Eingriffs nicht auf die in § 13 NFAG vorgesehene Möglichkeit der Gewährung von Bedarfszuweisungen stützen. Die niedersächsischen Kommunen seien in ihrer Gesamtheit in den letzten Jahren in eine finanzielle Notlage geraten, so dass eine Korrektur über diese Zuweisungsart wegen atypischer finanzieller Notlagen in den Kommunen ein untaugliches Mittel darstelle. Im übrigen würde Kommunen, denen derartige Zuweisungen gewährt würden, kaum ein Spielraum für eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung verbleiben.
3.Für seine Entscheidung, die Verbundmasse um prognostizierte 150 Mio Euro zu kürzen, habe der Gesetzgeber die erforderlichen Daten zusammenzustellen. So habe er versäumt, eine aktuelle Aufgabenanalyse zu erstellen, um abschätzen zu können, ob der erforderliche Finanzbedarf zur Wahrnehmung eines Mindestbestands an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben nach der Kürzung noch gedeckt sei. Die vom NLS erstellten Berechnungen des prozentualen Anteils der Kosten für freiwillige Selbstverwaltungsangelegenheiten am Gesamtzuschuss seien unbrauchbar, weil sie sich nicht auf die Streitjahre bezögen und überdies mittlerweile eingetretene Aufgabenverlagerungen zwischen Land und Kommunen nicht berücksichtigten. Zudem habe das NLS 2001 Änderungen im methodischen Verfahren vorgenommen, deren Schlüssigkeit nicht beurteilt werden könne. Der in der Entwurfsbegründung enthaltene Hinweis auf die finanzielle Notlage des Landes könne eine Kürzung der Quote um gerade 1,05 Prozentpunkte nicht erklären. Die Ermittlungsdefizite wirkten sich besonders auf die Folgejahre aus.
4.Die Begründung des Gesetzgebers, er habe durch verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Finanzausstattung der kommunalen Ebene beigetragen, könne nicht überzeugen. Die außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs erbrachten Zahlungen des Landes an die Kommunen in Höhe von etwa 2,9 Mrd. Euro beruhten entweder auf Geldern Dritter oder seien kraft Gesetzes zur Abdeckung der Aufwendungen für übertragene Aufgaben bzw. pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben bestimmt. Mit der Absenkung der Gewerbesteuerumlage sei lediglich ein rechtswidriger Zustand zulasten der Kommunen beseitigt worden. Der Verzicht des Landes auf einen kommunalen Beitrag zum Fonds „Aufbauhilfe“ habe sich ausschließlich auf das Haushaltsjahr 2003 ausgewirkt. Über die avisierten Einsparungen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe bestünden zwischen Land und Kommunen nicht ausgeräumte Differenzen, zumal ein Großteil der Einsparungen zwischenzeitlich durch die Verpflichtung zum Ausbau von Krippen- und Tagesbetreuungsangeboten wieder aufgezehrt worden sei. Die Verringerung der Aufwendungen für die Besoldung und die Beihilfe der Beamten der Kommunen könnten – wie vom Gesetzgeber erkannt – mit einem Volumen von 66 Mio. Euro die Kürzung der Verbundquote nicht ausgleichen. Von der künftigen Einführung eines strikten Konnexitätsprinzips in Art. 57 Abs. 4 NV seien die bislang übertragenen Aufgaben nicht erfasst.
5.Hilfsweise rügen die Beschwerdeführerinnen eine Verletzung des Grundsatzes der Verteilungssymmetrie. Der Gesetzgeber habe den Bedeutungsgehalt dieses Prinzips verkannt, weil er ausweislich der Entwurfsbegründung davon ausgegangen sei, es könnten nach der Änderung der Verbundquote künftig „verteilungs symmetrische Unwuchten“ auftreten, die dann ausgeglichen werden müssten. Zudem habe er, indem er bei der Beurteilung der Finanzlage von Land und Kommunen auf deren Finanzierungssalden abgestellt habe, ein untaugliches Kriterium verwandt. Dem Land seien im Vergleich zu den Kommunen verfassungsrechtlich weitergehende Möglichkeiten einer Kreditaufnahme im Vergleich eingeräumt.

IV.

Die Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet. Sie führt hierzu im Wesentlichen aus:

1.Die Verfassungsbeschwerden seien teilweise unschlüssig, weil die Beschwerdeführerinnen zu 3., 4., 6., 9., 10. und 11. nach ihren eigenen Daten 2005 über eine finanzielle Mindestausstattung für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben von mehr als 5 v.H. der Verwaltungsausgaben verfügten. Im Übrigen seien die vorgelegten Zahlenwerke hinsichtlich der beschwerdeführenden Samtgemeinden widersprüchlich, weil teilweise auf die Verhältnisse der Samtgemeinde, teilweise auf die im Samtgemeindebereich zurückgegriffen worden sei. Schließlich argumentierten die Beschwerdeführerinnen mit den Zahlen aus dem Haushaltsplan, anstatt die angefallenen Finanzierungssalden aus den tatsächlichen Kassenergebnis sen zu berücksichtigen. Ihre Angaben zu den Fehlbetragsquoten und zur Höhe der Kassenkredite seien deshalb zu berichtigen.
2.Die Beschwerdeführerinnen hätten die rechtlichen Grenzen ihres Rechts auf finanzielle Mindestausstattung verkannt. Die Feststellung einer angemessenen Mindestausstattung müsse auf einer wertenden Gesamtschau aller finanziell relevanten Daten und Zustände beruhen. Bei fehlender Leistungsfähigkeit des Landes sei es auch zulässig, diese Grenze zu unterschreiten, sofern der Grundsatz der Verteilungssymmetrie gewahrt sei. Wenn einzelnen Kommunen nach den Zuweisungen eine Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben unmöglich sei, werde ihrem Anspruch nach Art. 58 NV dann Genüge getan, wenn ihnen Bedarfszuweisungen gewährt würden. So sei in der Vergangenheit und im Jahr 2005 bei einigen Beschwerdeführerinnen verfahren worden.
3.Die von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Zahlen zur Beschreibung ihrer finanziellen Situation seien teilweise unrichtig, teilweise zumindest unvollständig. So hätten die Beschwerdeführerinnen zu 4. und 11. Ausgaben getätigt, die keinesfalls einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung genügten. Zahlungen des Landes an die Kommunen außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs in Höhe von rund 2,9 Mrd. Euro seien von den Beschwerdeführerinnen in ihren Überlegungen nicht einbezogen worden. Auch hätten die Beschwerdeführerinnen nicht in Rechnung gestellt, dass ihnen das Land die Befugnis zur Erhebung kostendeckender Gebühren, Beiträge und Entgelte eingeräumt habe. Soweit die Kommunen hiervon keinen Gebrauch machten, könne dies dem Land nicht angelastet werden. Bei der Angabe der Höhe der Zuweisungen hätten die Beschwerdeführerinnen teilweise verschwiegen, dass die Reduzierung in erster Linie auf der Stärkung ihrer Finanzkraft und nicht auf der Kürzung der Verbundquote beruhe. Die Entwicklung der Kassenkredite sei nicht bis zum Ende des Haushaltsjahres dargestellt worden und daher nicht aussagekräftig.
4.Weiterhin sei der von den Beschwerdeführerinnen gewählte Ansatz, das Recht auf finanzielle Mindestausstattung sei nur dann gewahrt, wenn eine freie Spitze von 5 v.H. gemessen an den Bruttoausgaben für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben verbleibe, nicht haltbar. Es werde nicht deutlich, wie die Beschwerdeführerinnen das Postulat von 5 v.H. aus Art. 58 NV dogmatisch herleiteten. Überdies habe der Staatsgerichtshof bei einer früheren Entscheidung beiläufig erwähnt, das Recht auf finanzielle Mindestausstattung sei jedenfalls dann gewahrt, wenn 5,3 v.H. der Nettoaufwendungen den Kommunen zur Verfügung stünden. Dies sei ausweislich der Jahresrechnung für 2004 bei den allermeisten Beschwerdeführerinnen der Fall gewesen.
5.Bei der Berechnung der freien Spitze hätten die Kommunen nicht in Rechnung gestellt, dass sie freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben teilweise durch ausgegliederte Anstalten, durch Kapitalgesellschaften oder mittels der Förderung Dritter – etwa gemeinnütziger Vereine – wahrnehmen würden. Diese Aktivitäten dürften im Rahmen der Gesamtbetrachtung nicht unberücksichtigt bleiben.
6.Die Einwände der Beschwerdeführerinnen gegen das Argument des Gesetzgebers, die Kürzung der allgemeinen Zuweisungen seien durch andere Maßnahmen des Landes überkompensiert worden, seien nicht nachvollziehbar. Für die Betrachtung der Finanzkraft der Kommunen sei zunächst unerheblich, woher die Mehreinnahmen der Kommunen und die Einsparmöglichkeiten stammten. Jede der Beschwerdeführerinnen habe im Jahr 2005 erheblich von den Maßnahmen profitiert und ihre Gesamtsituation wie auch die Gesamtheit der Kommunen erheblich verbessert.
7.Der Gesetzgeber habe auf das im Rahmen des NFAG 1999 erstellte Datenmaterial zurückgreifen können, weil den Kommunen in der Zwischenzeit keine nennenswerten Aufgaben zugewachsen oder genommen worden seien. Die Steuereinnahmen des Landes hätten sich in den Jahren 2003 und 2004 im Vergleich zu denen der Kommunen nicht so positiv entwickelt, so dass die Beibehaltung der Verbundquote von 16,09 v.H. die Kommunen begünstigt haben würde.
8.Die Landesregierung trägt hilfsweise vor, die Neuregelung wahre auch den Grundsatz der Verteilungssymmetrie. Der Gesetzgeber habe bei der notwendigen Gesamtschau auf den bereinigten Finanzierungssaldo, die Investitionsquote, die Zinslastquote, die Zinsausgabenquote, die Schuldenstände, die Kreditfinanzierungsquoten und einen Einnahmevergleich abgestellt. Das Land habe sich 2004 in seiner schwersten Finanzkrise befunden. Die Steuereinnahmen seien in historisch einmaliger Größenordnung eingebrochen, während sich für die Kommunen für 2005 eine erkennbar positivere Perspektive abgezeichnet habe. Die Nettokreditaufnahme für das Land habe seit dem Haushaltsjahr 2002 ständig die durch Art. 71 NV festgelegten Grenzen überschritten. Beginnend mit dem Landeshaushalt 2004 seien in mehreren Arbeitsdurchgängen systematisch alle dem Grunde und der Höhe nach möglichen Konsolidierungspotenziale erhoben und in der Folgezeit auch ausgeschöpft worden. Erst nachdem die Deckungslücke für das Haushaltsjahr 2005 um etwa 1,3 Mrd. Euro verringert worden sei, habe sich das Land als ultima ratio entschlossen, den Kommunen einen Konsolidierungsbeitrag in Höhe von 150 Mio. Euro abzuverlangen. Zu diesem Schritt habe man sich nicht zuletzt deshalb entschlossen, weil etwa 25 % aller Ausgaben für die Kommunen verwendet würden. Gleichwohl habe die Nettokreditaufnahme in den Jahren 2005 und 2006 die verfassungsrechtlich zulässige Grenze überstiegen.

V.

Der Landtag hat beschlossen, von einer Stellungnahme gegenüber dem Staatsgerichtshof abzusehen.

C.

Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. ist zulässig. Hinsichtlich der übrigen Verfassungsbeschwerden bestehen Zweifel, ob ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis für eine verfassungsgerichtliche Überprüfung des Art. 1 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2005 besteht.

I.

1.Gegenstand der Beschwerdeverfahren ist Art. 1 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2005 vom 17. Dezember 2004. Zwar bezeichnen die Beschwerdeführerinnen in ihrem Antrag Art. 1 dieses Gesetzes als angegriffene Rechtsnorm. Der Antrag ist jedoch dahin auszulegen, dass lediglich die in Art. 1 Nr. 1 festgelegte Absenkung der prozentualen Verbundquote und nicht auch die in Art. 1 Nr. 2 enthaltene Neuregelung der Kopfbeträge bei den Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises angegriffen worden ist.
2.Die Beschwerdeführerinnen haben die von ihnen behauptete Verletzung ihres Rechts auf kommunale Selbstverwaltung in einer den Vorgaben der Art. 54 Nr. 5 NV, §§ 36 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 StGHG i.V.m. § 23 BVerfGG genügenden Weise dargelegt. Die Bezeichnung des Art. 57 Abs. 1 bis 3 NV neben Art. 58 NV als Rechtsgrundlage ist unschädlich, weil der Niedersächsische Staatsgerichtshof in früheren Verfahren zum kommunalen Finanzausgleich auch Art. 57 NV als Maßstab herangezogen hat (Beschluss vom 15. August 1995 - StGH 2, 3, 6 bis 10/93-, Nds. StGHE 3, 136, 155; Urteile vom 25. November 1997 -StGH 14/95 u.a.-, Nds. StGHE 3, 299, 311; vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u.a.-, LVerfGE 12, 255, 273).

Die Beschwerdeführerinnen haben auch substantiiert dargelegt, gerade durch die angegriffene Vorschrift in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt zu sein. Dabei kann offen bleiben, ob die von ihnen mitgeteilten Kennzahlen aus ihren Haushalten des Jahres 2005 die Verletzung des von ihnen angenommenen individuellen Anspruchs auf finanzielle Mindestausstattung belegen können (vgl. zu den Anforderungen LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Mai 2006 -LVerfG 1, 5, 9/05-, Urteilsumdruck S. 23; ferner BVerfGE 116, 327, 376 [BVerfG 19.10.2006 - 2 BvF 3/03]). Die Beschwerdeführerinnen haben in ihrer Beschwerdeschrift – wenn auch nur hilfsweise – Sachverhaltsermittlungs- und Abwägungsmängel im Gesetzgebungsverfahren gerügt, die wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der

Verteilungssymmetrie eine Verletzung ihres Anspruchs auf angemessene Finanzausstattung nach Art. 58 NV als möglich erscheinen lassen.

3.Die Beschwerdeführerinnen sind durch die angegriffene Regelung gegenwärtig betroffen. Die gegenwärtige Betroffenheit wirkt trotz der Aufhebung der Vorschrift durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich und des Niedersächsischen Finanzverteilungsgesetzes und des Göttingen-Gesetzes vom 12. Juli 2007 (Nds. GVBl. S. 312) auch über den 1. Januar 2007 fort.
4.Entgegen der Auffassung der Landesregierung sind die Beschwerdeführerinnen durch die mit Art. 1 Nr. 1 Haushaltsbegleitgesetz 2005 angeordnete Absenkung der Verbundquote unmittelbar betroffen. Zwar erfolgt die betragsmäßige Festlegung der Verbundmasse erst durch den Haushaltsplan, der durch das Haushaltsgesetz festgestellt wird (§ 1 Satz 1 LHO). Die Kommunen können das Haushaltsgesetz jedoch verfassungsgerichtlich nicht überprüfen lassen, weil die im Haushaltsplan festgestellten Ansätze Rechtswirkungen nur im Organbereich von Landtag und Landesregierung entfalten (vgl. BVerfGE 38, 121, 126; BVerfGE 46, 268, 294 f.; BVerwG, DVBl. 1998, S. 142) und weder Ansprüche noch Verbindlichkeiten begründen (§ 3 Abs. 2 LHO; § 3 Abs. 2 HGrG). Dieser Umstand würde dazu führen, dass Gemeinden das Haushaltsgesetz mangels Außenwirkung und ein Haushaltsbegleitgesetz, das die Verbundquote verändert, mangels Unmittelbarkeit nicht mit der Verfassungsbeschwerde angreifen könnten. Hierdurch entstünde eine Rechtsschutzlücke für die kommunalen Gebietskörperschaften, die diese außer Stande setzte, die in Art. 57 und 58 NV ihnen eingeräumten Ansprüche im Wege der kommunalen Verfassungsbeschwerde geltend zu machen. Der den Kommunen durch Art. 54 Nr. 5 NV eingeräumte Rechtsschutz zur Wahrung ihres Rechts auf kommunale Selbstverwaltung würde damit partiell leerlaufen (so auch LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12. Mai 2006 -LVerfG 1, 5, 9/05-, Urteilsumdruck S. 21).

II.

Hinsichtlich der Verfassungsbeschwerden zu 2. bis 11. bestehen Zweifel, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs besteht.

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis stellt eine ungeschriebene Sachurteilsvoraussetzung für die kommunale Verfassungsbeschwerde dar (vgl. ThürVerfGH, Urteile vom 1. März 2001 -VerfGH 20/00-, juris Rdnr. 69; vom 10. September 2002 -VerfGH 8/01-, juris Rdnr. 22; VerfG Bbg, Urteile vom 15. Oktober 1998 -VfGBbg 38/97, 39/97, 24/98-, LVerfGE 9, 121, 133; vom 22. November 2007 -VfGBbg 75/05-, Urteilsumdruck unter B I 1 f.). Der Beschwerdeführer muss bei Einlegung des Rechtsbehelfs und im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein konkretes praktisches Ziel erreichen können. Für die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen zu 2. – 11. würde dies die Möglichkeit bedeuten, ihren Anspruch auf angemessene Finanzausstattung nach Art. 58 NV durchzusetzen und damit eine Verbesserung ihrer finanziellen Situation für die Geltungsdauer der angegriffenen Vorschrift zu erreichen. Dazu würde es genügen, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung eine Entwicklung in Gang setzen würde, die im weiteren Verlauf den Beschwerdeführerinnen eine realistische Chance bietet, die erstrebte Verbesserung zu erreichen (BVerfGE 22, 349, 369; 32, 157, 163; ThürVerfGH, Urteile vom 1. März 2001 –VerfGH 20/00-, a.a.O. Rdnr. 69; vom 10. September 2002 –VerfGH 8/01-, a.a.O. Rdnr. 22). Dieser Möglichkeit dürfte jedoch bei den Beschwerdeführerinnen zu 2. – 11. die Bestandskraft der Festsetzungsbescheide des Niedersächsischen Landesamts für Statistik entgegenstehen, weil sie – anders als die Beschwerdeführerin zu 1. – keine Rechtsbehelfe eingelegt haben.

Allerdings hat der Staatsgerichtshof in seinem Beschluss vom 15. August 1995 –StGH 2, 3, 6 bis 10/93– einzelne Verfassungsbeschwerden für zulässig gehalten, obwohl die Beschwerdeführer gegen die Festsetzungsbescheide nach dem Finanzausgleichsgesetz keine Rechtsbehelfe eingelegt hatten (Nds. StGHE 3, 136, 143, 144, 153). Ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist, kann indes dahinstehen, weil die Verfassungsbeschwerden jedenfalls unbegründet sind.

D.

Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet. Art. 1 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2005 vom 17. Dezember 2004 (Nds. GVBl. S. 664) ist mit der Niedersächsischen Verfassung vereinbar und verletzt die Beschwerdeführerinnen nicht in ihren Rechten aus Art. 57 und 58 NV.

I.

Prüfungsmaßstab für die angegriffene Vorschrift ist die in Art. 57 und 58 NV veranker-
te Selbstverwaltungsgarantie. Nach Art. 57 Abs. 1 NV verwalten die Gemeinden und
Landkreise (= Kommunen) ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener
Verantwortung. Mit Art. 57 Abs. 3 NV wird diese Regelung hinsichtlich des Tatbe-
standsmerkmals der eigenen Angelegenheiten konkretisiert, indem den Gemeinden die
ausschließliche Trägerschaft für die gesamten öffentlichen Aufgaben zugewiesen wird,
soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Art. 57, 58 NV ver-
wirklichen für das Land Niedersachsen die bundesverfassungsrechtliche Garantie der
kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 GG) und haben nach Zweck und Entstehungs-
geschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art. 28 Abs. 1 Sätze 2 und 3 und Abs. 2 GG (Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995 -StGH 2, 3, 6 bis 10/93-, Nds. StGHE 3, 136, 155 f.; Urteile vom 15. November 1997 -StGH 14/95 u. a.-, Nds. StGHE 3, 299, 311; vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a.-, LVerfGE 12, 255, 273; vom 6. Dezember 2007 -StGH 1/06-, NdsVBl. 2008, S. 37, 39).

Eine Ausprägung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Verfassungsgerichte der Länder die Finanzhoheit der Kommunen, die die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens umfasst. Die von dieser Befugnis terminologisch und systematisch zu unterscheidende Frage, ob darüber hinaus auch eine angemessene aufgabengerechte Finanzausstattung oder jedenfalls eine finanzielle Mindestausstattung zum Gewährleistungsinhalt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gehören, hat das Bundesverfassungsgericht bislang auch nach der klarstellenden Ergänzung des Grundgesetzes durch Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG offen gelassen (vgl. BVerfG, NVwZ-RR 1999, S. 417). Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat diese Frage unter Hinweis auf die Regelungen in Art. 57 Abs. 4 und 58 NV bejaht, ohne bislang eine Festlegung darüber getroffen zu haben, welche der beiden vom Bundesverfassungsgericht erwogenen Alternativen in der Niedersächsischen Verfassung verankert ist.

Art. 58 NV als zweite neben Art. 57 Abs. 4 NV rechtlich selbständige Säule zur finanziellen Absicherung der Kommunen beinhaltet einen individuellen Anspruch jeder niedersächsischen Kommune auf eine angemessene finanzielle Mindestausstattung im Rahmen des übergemeindlichen Finanzausgleichs (1). Ein Anspruch auf Gewährung von Finanzmitteln zur Abdeckung eines Mindestmaßes an freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Landes besteht nach Art. 58 NV nicht (2). Der Anspruch der Kommunen auf eine im Vergleich zur Leistungsfähigkeit des Landes angemessene finanzielle Mindestausstattung ist erfüllt, wenn ihnen bei wertender Betrachtung ihrer finanziellen Situation die erforderlichen Mittel zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben unter Einschluss eines Mindestbestands an freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten zur Verfügung gestellt werden. Bei Unterschreitung dieser Grenze hat das Land im Rahmen des übergemeindlichen Finanzausgleichs die finanziellen Belange von Land und kommunaler Ebene im Sinne einer aufgabenparitätischen Verteilungssymmetrie gleich zu gewichten (3). Das Erfordernis eines über Art. 57 Abs. 6 NV hinausgehenden formalisierten Verfahrens, in dem die Parameter zu ermitteln und an dem die Kommunen zu beteiligen wären, lässt sich demgegenüber aus der Fassung der Niedersächsischen Verfassung nicht ableiten (4).

1.Bereits in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u.a.- hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof entschieden, dass Art. 58 NV einen individuellen Anspruch jeder einzelnen Kommune auf einen aufgabengerechten Finanzausgleich beinhaltet (LVerfGE 12, 255 LS 5, 285). An dieser Rechtsauffassung hält der Staatsgerichtshof fest.

Nach Art. 58 NV ist das Land verpflichtet, den Kommunen „die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel (...) im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit durch übergemeindlichen Finanzausgleich zur Verfügung zu stellen.“ Die Norm beinhaltet ihrem Wortlaut nach lediglich eine Verpflichtung des Landes zu einem bestimmten Verhalten; der Annahme eines dementsprechenden individuellen Anspruchs der Kommunen steht diese Formulierung aber nicht entgegen. Entscheidend ist nur, dass die Vorschrift den Kreis der durch die auferlegte Rechtspflicht Begünstigten abschließend umschreibt und so von der Allgemeinheit abgrenzt.

Eine systematische Auslegung des Art. 58 NV im Zusammenhang mit Art. 57 Abs. 1 und 3 NV ergibt dagegen, dass jeder einzelnen Kommune ein individueller Anspruch auf finanzielle Ausstattung durch das Land eingeräumt ist. Art. 57 Abs. 1 NV gewährleistet für die Kommunen von Verfassungs wegen das Recht zur Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten. Damit unterscheidet sich die Norm deutlich von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, der seinem Wortlaut nach eine Normativbestimmung gegenüber den Landesverfassungsgebern beinhaltet, die ein bestimmtes Mindestmaß an Rechtsgarantien für die Kommunen sicherstellen soll (Nds. StGH, Zwischenurteil vom 15. Februar 1973 -StGH 2, 3/72-, Nds. StGHE 1, 163, 168). Im Gegensatz dazu räumt Art. 57 Abs. 1 NV bereits von seinem Wortlaut her den Kommunen die individuelle Befugnis zur eigenverantwortlichen Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten ein und geht damit über den Regelungsgehalt des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG hinaus (vgl. Nds. StGH, Urteile vom 13. März 1996 -StGH 1, 2, 4, 6 bis 20/94-, Nds. StGHE 3, 199, 213 f.; vom 6. Dezember 2007 –StGH 1/06-, NdsVBl. 2008, S. 37, 40) Auch die Art. 57 Abs. 1 NV ergänzende Bestimmung in Art. 57 Abs. 3 NV, wonach die Kommunen in ihrem Gebiet grundsätzlich die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Aufgaben sind, ist von ihrem Wortlaut her nicht als bloße objektive Gewährleistung, sondern als subjektive Befugnisnorm gefasst. Wenn die Niedersächsische Verfassung somit den Kommunen ein individuelles Recht auf Wahrnehmung prinzipiell aller öffentlichen Aufgaben in ihrem Gebiet einräumt, ist es zwingend, dass auch Art. 58 NV Anspruchsqualität zukommt, weil erst hierdurch die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung ermöglicht wird.

2.Art. 58 NV beinhaltet jedoch keinen individuellen Anspruch der Kommunen auf Gewährleistung einer finanziellen Mindestausstattung durch das Land, der ihnen unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Landes in einem wie auch immer zu quantifizierenden Umfang die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsangelegenheiten ermöglichte. Der Staatsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung das Bestehen eines derartigen Anspruchs zwar grundsätzlich bejaht, diesen aber unter den Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes gestellt (Urteil vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a.-, LVerfGE 12, 255, 286; ebenso StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 -GR 2/97-, LVerfGE 10, 3, 26; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Mai 2006 - LVerfG 1, 5, 9/05-, Urteilsumdruck S. 29 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 28. November 2007 -Vf. 15-VII-05-, juris Rdnr. 204). Die Auffassung der Beschwerdeführerinnen, wonach die Gewährleistung der finanziellen Mindestausstattung nicht unter dem Vorbehalt der Leistungskraft des Landes stehe, sondern davon unabhängig sei, kann aus Art. 58 NV und Art. 57 Abs. 1 bis 3 NV nicht abgeleitet werden.

Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift steht der einheitliche Anspruch der Kommunen auf Gewährung der für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen finanziellen Mittel durch das Land insgesamt unter dem Vorbehalt seiner finanziellen Leistungsfähigkeit; weder ergibt sich aus ihr eine Differenzierung nach dem Grad der Erforderlichkeit der Mittel bezogen auf den Kreis der Aufgaben noch eine Beschränkung der Anspruchsschranke, wonach es zulässig wäre, diese bei besonderen Aufgaben der Kommunen und deren Finanzierung nicht zu beachten (so für Art. 88 Abs. 1 SachsAnhVerf. auch SachsAnhVerfG – Urteil vom 13. Juli 1999 LVG 20/97 –, LVerfGE 10, 440, 462). Dieses Ergebnis der wörtlichen Auslegung des Art. 58 NV entspricht auch der Intention des historischen Verfassungsgesetzgebers. So enthielten die von den Fraktionen der SPD und der Grünen und der Fraktion der CDU vorgelegten Entwürfe weitergehende Formulierungen, wonach das Land entweder generell verpflichtet war sicherzustellen, „daß die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen können“ (Art. 45 Abs. 1 Satz 1 des Verfassungsentwurfs der Fraktionen der SPD und der Grünen, Nds. LT-Drs. 12/3 008) oder aber „den Gebietskörperschaften die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel durch übergemeindlichen Finanzausgleich zur Verfügung“ stellen musste (Art. 45 Abs. 1 des Verfassungsentwurfs der Fraktion der CDU, Nds. LT-Drs. 12/32 10). Diese Vorschläge zur Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung wurden bei den Beratungen der Landesverfassung aber verworfen, weil eine finanzielle Überforderung des Landes befürchtetwurde (vgl. Bericht zum Entwurf einer Niedersächsischen Verfassung, Nds. LTDrs. 12/5840, S. 37). Stattdessen wurde die bisherige Regelung in Art. 45 VNV wörtlich übernommen, die nach der damaligen Literatur einen nicht voll ausgebildeten Anspruch beinhaltete, der seiner Höhe nach durch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes begrenzt war (vgl. H. Neumann, Die Vorläufige Niedersächsische Verfassung, 2. Aufl. 1987, Art. 45 Rdnr. 7; H. Faber, in: Faber/Schneider, Niedersächsisches Staats- und Verwaltungsrecht, 1985, S. 245; H. Korte/B. Rebe, Verfassung und Verwaltung des Landes Niedersachsen, 2. Aufl. 1986, S. 474).

Die Heranziehung des Art. 57 Abs. 1 und 3 NV im Wege einer systematischen Auslegung stützt die Auslegung des Art. 58 NV als einheitliche lediglich relative Finanzgarantie. Art. 58 NV nimmt mit seiner Formulierung „zur Erfüllung ihrer Aufgaben“ erkennbar auf die in Art. 57 Abs. 3 NV enthaltene Definition des Aufgabenbestands der Kommunen Bezug. Mit dem Begriff der gesamten öffentlichen Aufgaben werden aber nicht nur die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, sondern auch diejenigen im übertragenen Wirkungskreis umfasst (Nds. StGH, Urteile vom 13. März 1996 -StGH 1, 2, 4, 6 bis 20/94-, Nds. StGHE 3, 199, 214, vom 6. Dezember 2007 -StGH 10/06-, juris Rdnr. 51 ff.9). Wenn die vom Land bei der Bemessung der Finanzmittel zu bewertenden Aufgaben der Kommunen derart über den von Art. 28 Abs. 2 GG erfassten Bestand hinausgehen, hätte es eines ausdrücklichen Hinweises in Art. 58 NV für den Fall bedurft, dass ein Teilbereich von Aufgaben ohne den Vorbehalt der Leistungsfähigkeit des Landes bei der Finanzausstattung der Kommunen hätte berücksichtigt werden sollen.

Der organisationsrechtlichen Einordnung der Kommunen als Teile der Länder entspricht es überdies, beide gleichgewichtig entsprechend ihrer Aufgaben an den insgesamt zur Verfügung stehenden Finanzmitteln zu beteiligen (so auch BayVerfGH, Entscheidung vom 28. November 2007 -Vf. 15-VII-05-, juris Rdnr. 205). Es ist dem Land daher nicht gestattet, sich auf Kosten der kommunalen Ebene finanzielle Freiräume zu verschaffen, um freiwillige Aufgaben wahrzunehmen. Umgekehrt dürfen die Kommunen aber auch nicht gegenüber dem Land einseitig bevorzugt werden. Ein Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung zur Wahrnehmung eines Mindestbestands an freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten könnte aber zu einer derartigen Bevorzugung gegenüber dem Land führen, wenn dieses sich in einer extremen finanziellen Notlage befände, seine Leistungsschwäche bei der Bemessung der Schlüsselmasse gleichwohl nicht zu berücksichtigen wäre und dem Land deshalb im Gegensatz zu den Kommunen keinerlei Entscheidungsspielraum zur Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben verbliebe.

3.Art. 58 NV beinhaltet einen Anspruch der Kommunen auf Bereitstellung der für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Mittel. Diesem Anspruch ist Genüge getan, wenn den Kommunen Mittel in dem erforderlichen Mindestumfang zufließen, so dass diese neben den ihnen überantworteten Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis und den pflichtigen Selbstverwaltungsangelegenheiten auch einen Mindestbestand an freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten wahrnehmen können. Eine Unterschreitung dieser Grenze ist auf Grund des in Art. 58 NV verankerten Leistungsfähigkeitsvorbehalts als einer Anspruchsschranke jedoch dann zulässig, wenn das Land bei der Bemessung der Finanzmittel den Grundsatz der Verteilungssymmetrie beachtet hat (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a-., LVerfGE 12, 255, 286).

Es besteht in der Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte Einigkeit darüber, dass sich der den Kommunen zu ermöglichende Mindestbestand an wahrzunehmenden freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten und der mit ihm verbundene Finanzbedarf nicht am Maßstab der verfassungsrechtlichen Garantien quantifizieren lässt (vgl. nur LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12. Mai 2006 -LVerfG 1,5,9/05-, Urteilsumdruck S. 28; VerfG Bbg, Urteil vom 22. November 2007 -VfGBbg 75/00-, Urteilsumdruck unter B I 2 b). Die finanzielle Mindestausstattung ist demgegenüber jedenfalls dann nicht erreicht, wenn die Kommunen auf Grund ihrer finanziellen Situation außer Stande sind, überhaupt freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen (Nds. StGH, Urteile vom 25. November 1997 -StGH 14/95 u. a.-, Nds. StGHE 3, 299, 314 f.; vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a.-, LVerfGE 12, 255, 283; VerfG Bbg, Urteil vom 16. September 1999 -VfGBbg 28/98-, LVerfGE 10, 237, 254; BayVerfGH, Entscheidung vom 27. Februar 1997 -Vf. 17-VII-94-, BayVBl. 1997, S. 303, 304). In einem solchen Fall ist das Land mit Blick auf Art. 58 NV wenn nicht verpflichtet, das Ausgleichsvolumen entsprechend zu erhöhen, dann aber verpflichtet, neue Steuerquellen zu erschließen, oder aber – sofern dies angesichts der Finanzlage ausgeschlossen ist – gehalten, die landesgesetzlich verursachten Kosten für die Erfüllung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises durch eine Verminderung der Zahl der Pflichtaufgaben bzw. eine Senkung der bei der Aufgabenerfüllung einzuhaltenden Standards zu reduzieren oder bei bundesgesetzlichen Aufgabenzuweisungen und Standards seinen Einfluss im Bundesrat geltend zu machen (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001, a. a. O., S. 283). Der Staatsgerichtshof hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass der Anspruch der Kommunen auf angemessene finanzielle Mindestausstattung gewahrt war, weil diesen nach Zuordnung auf die von ihnen wahrgenommenen drei Aufgabenbereiche in den Jahren 1995 - 1997 ein Anteil von 5,3 v.H. der seinerzeit angewandten Bemessungsgrundlage für die Erfüllung freiwilliger Aufgaben als freie Spitze zur Verfügung stand (Urteil vom 16. Mai 2001, a. a. O., S. 286). Seine damaligen Ausführungen sind nicht in dem Sinne umkehrbar, dass bei einem Unterschreiten bestimmter Schwellenwerte die finanzielle Mindestausstattung nicht mehr gewahrt ist.

Der Staatsgerichtshof hat aus der in Art. 58 NV angelegten Spannungslage zwischen den finanziellen Interessen der Kommunen zur Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben und denen des Landes auf Wahrung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit in seinem Urteil vom 25. November 1997 -StGH 14/95 u. a.- (Nds. StGHE 3, 299, 315 f.) den Grundsatz der Verteilungssymmetrie wie folgt abgeleitet:

„Der Anspruch der Kommunen aus Art. 58 NV wird aber nicht vorbehaltlos gewährt, wie das einschränkende Merkmal der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes zeigt. Dieser Vorbehalt soll dem Land eine gewisse Elastizität sichern und einen Ausgleich zwischen den finanziellen Interessen der Kommunen und denen des Landes herstellen. Die Verfassung bringt hier die Gleichwertigkeit von Landes- und Kommunalaufgaben zum Ausdruck, indem sie als Korrelat der Erfüllung finanzieller Ansprüche der Kommunen den finanzwirksamen Schutz anderer gleichwertiger Güter durch das Land sicherstellen will. Art. 58 NV enthält eine Kollisionsregelung für das normative Spannungsverhältnis zwischen den zur Aufgabenwahrnehmung ‚erforderlichen Mitteln’ einerseits und der ‚finanziellen Leistungsfähigkeit’ des Landes andererseits. Daraus folgt das Gebot einer gerechten und gleichmäßigen Verteilung bestehender Lasten. Vor dem Hintergrund einer prinzipiellen Gleichwertigkeit der Landes- und Kommunalaufgaben bedarf es daher einer Verteilungssymmetrie, um dem Land und den Kommunen die jeweils verfügbaren Finanzmittel gleichermaßen aufgabengerecht zukommen zu lassen.“

In seiner letzten Entscheidung zum kommunalen Finanzausgleich hat das Gericht hierzu ergänzend ausgeführt:

„Das System des kommunalen Finanzausgleichs ist eingebunden in den bundesverfassungsrechtlichen Finanzausgleich und in die gesamte Haushaltswirtschaft und –planung des Landes (...) Dem letztgenannten Umstand entspricht es, dass Art. 58 NV die Pflicht zur Befriedigung des kommunalen Finanzbedarfs unter den Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes stellt, der nicht nur auf die vom Land zu erbringenden Ausgleichsleistungen zu beziehen ist, sondern auch auf das vom Land im Ergebnis zu gewährende Niveau der Finanzbedarfsbefriedigung (...) Dieser Vorbehalt soll dem Land eine gewisse Elastizität sichern und einen Ausgleich zwischen den finanziellen Interessen der Kommunen und denen des Landes herstellen. Durch ihn wird die Gleichwertigkeit von Landes- und Kommunalaufgaben zum Ausdruck gebracht und verhindert, dass in Zeiten knapper Finanzen anstelle einer gleichmäßigen Verteilung des Defizits primär das Land betroffen wird (...). Die niedersächsische Verfassung enthält damit in Gestalt des Art. 58 NV eine Kollisionsregelung für das normative Spannungsverhältnis zwischen den zur Aufgabenwahrnehmung der Kommunen ‚erforderlichen Mitteln’ einerseits und der ‚finanziellen Leistungsfähigkeit’ des Landes andererseits. Daraus folgt das Gebot einer gerechten und gleichmäßigen Verteilung bestehender Lasten. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer Verteilungssymmetrie, um dem Land und den Kommunen die jeweils verfügbaren Finanzmittel aufgabengerecht zukommen zu lassen.“ (Urteil vom 16. Mai 2001 - StGH 6/99 u. a.-, LVerfGE 12, 255, 281 f.).

Aus diesem Grundsatz hat der Staatgerichtshof verschiedene Folgerungen zum Inhalt des Art. 58 NV abgeleitet. So haben die Kommunen keinen von der finanziellen Leistungsfähigkeit abgekoppelten Anspruch auf Vollabdeckung ihres erforderlichen Finanzbedarfs (Urteil vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a.-, LVerfGE 12, 255, 282). Der Gesetzgeber muss bei der Bemessung der Schlüsselmasse jedoch beachten, dass die von Kommunen und Land wahrzunehmenden und wahrgenommenen Aufgaben grundsätzlich gleichwertig sind. Wegen dieser Aufgabenparität ist es ihm daher z. B. verwehrt, durch eine Rückführung der Schlüsselmasse die Kommunen im Vergleich zum Land in stärkerem Maße zu einer Aufgabenreduzierung oder anderen Einsparungen zu zwingen (so auch ThürVerfGH, Urteil vom 3. Mai 2005 -VerfGH 28/03-, LVerfGE 16, 593, 625 f.; VerfGH NW, Urteil vom 9. Juli 1998 -VerfGH 16/96-, 7/97, DVBl. 1998, S. 1280, 1281; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 -GR 2/97-, LVerfGE 10, 3, 25 f.; VerfG Bbg, Urteil vom 16. September 1999 -VfGBbg 28/98-, LVerfGE 10, 237, 243; SachsAnhVerfG, Urteil vom 13. Juni 1999 -LVG 20/97-, LVerfGE 10, 440, 464 f.; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Mai 2006 -LVerfG 1, 5, 9/05-, Urteilsumdruck S. 40; SächsVerfGH, Urteil vom 23. November 2000 -Vf. 53-II-97-, LKV 2001, S. 223, 227). Umgekehrt können die Kommunen auch nicht auf den Fortbestand der einmal gewährten Finanzzuweisungen vertrauen, denn auch das Land darf nicht finanziell überfordert werden und muss in der Lage bleiben, andere gleichwertige Güter sicher zu stellen (Nds. StGH, Urteil vom 25. November 1997 -StGH 14/95 u. a.-, Nds. StGHE 3, 299, 315; BayVerfGH, Entscheidung vom 28. November 2007 -Vf. 15-VII-05-, juris Rdnr. 204-208). In solchen finanziellen Notzeiten fordern die Prinzipien der Verteilungssymmetrie und der Aufgabenparität eine gerechte und gleichmäßige Verteilung, d. h. eine ausgewogene Aufteilung des Defizits auf Land und Kommunen durch eine beiderseitige Reduzierung der zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben zur Verfügung stehenden Mittel (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a.-, LVerfGE 12, 253, 282 f.). Der Gesetzgeber ist ferner verpflichtet, seine einmal getroffene Entscheidung über die Gewichtung des Finanzbedarfs der Kommunen und der Finanzkraft/Leistungsfähigkeit von Kommunen und Land fortlaufend zu beobachten, um auch bei einseitigen Veränderungen der Aufgabenbelastung Anpassungen vorzunehmen (Nds. StGH, Urteil vom 25. November 1997 -StGH 14/95 u. a.-, Nds. StGHE 3, 299, 315; ebenso ThürVerfG, Urteil vom 3. Mai 2005 -VerfGH 28/03-, LVerfGE 16, 593, 626; VerfG Bbg, Urteil vom 16. September 1999 -VfGBbg 28/98-, LVerfGE 10, 237, 244 f.). Die gleiche Verpflichtung trifft den Gesetzgeber bei einer nachhaltigen Verbesserung der finanziellen Situation des Landes.

Dem Gesetzgeber steht bei der Bemessung des erforderlichen Finanzbedarfs der Kommunen zur Wahrnehmung eines Mindestbestands an freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten und der vergleichenden Betrachtung der finanziellen Belange von Land und Kommunen im Rahmen des Grundsatzes der Verteilungssymmetrie ein weiter, verfassungsgerichtlich nicht überprüfbarer Gestaltungsspielraum zu. Für die Bestimmung des finanziellen Mindestbedarfs folgt dies bereits aus dem Umstand, dass nach Art. 58 NV lediglich die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen sind. Aufwendungen der Kommunen zur Aufgabenwahrnehmung sind deshalb von vorneherein unbeachtlich, soweit sie dem Gebot sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung nicht entsprechen. Die Grenze der Erforderlichkeit gilt darüber hinaus auch für die Wahrnehmung der Aufgaben dem Grunde nach, soweit die Kommunen autonom über ihre Wahrnehmung entscheiden. Wegen des Fehlens allgemeingültiger Maßstäbe zur Bemessung eines objektiv notwendigen Finanzbedarfs ist es ausgeschlossen, die Höhe der einer Vielzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden zur Verfügung zu stellenden Finanzmittel nach objektiven Gesichtspunkten nachrechenbar quotenmäßig oder gar exakt zu ermitteln (vgl. Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a.-, LVerfGE 12, 255, 280 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 28. November 2007 -Vf. 15-VII-05-, juris Rdnr. 210, jeweils m. w. N.). Das Gericht kann insoweit einen Verfassungsverstoß nur dann feststellen, wenn die vom Gesetzgeber geforderte typisierende Bedarfsanalyse evidente Fehler aufweist. Die im Rahmen des Vergleichs der finanziellen Leistungsfähigkeit von Kommunen und Land anzustellende wertende Gesamtbetrachtung hat anhand verschiedenster Parameter zu erfolgen, deren Auswahl und sachliche Bewertung dem Gesetzgeber überantwortet ist. Das Gericht kann sich über die dabei anzustellenden Zielvorstellungen, Wertungen und Sachabwägungen nicht hinwegsetzen. Nur wenn die gesetzgeberischen Annahmen offensichtlich fehlerhaft und eindeutig widerlegbar sind oder die vorgenommene Mittelverteilung zwischen Land und Kommunen dem Grundsatz der Verteilungssymmetrie evident widerspricht, kann ein Verfassungsverstoß festgestellt werden (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 28. November 2007 -Vf. 15-VII-05-, juris Rdnr. 209 m. w. N.).

4.Ein weiteres formalisiertes Verfahren zur Ermittlung der relevanten Parameter unter besonderer Beteiligung der Kommunen lässt sich aus der Niedersächsischen Verfassung nicht ableiten. Zwar haben Verfassungsgerichte anderer Länder die verfassungsrechtliche Notwendigkeit eines derartigen Verfahrens unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG zum prozeduralen Schutz bei den Grundrechten bejaht (StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 -GR 2/97-, LVerfGE 10, 3, 26, 29 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 28. November 2007 -Vf. 15-VII-05-, juris Rdnr. 215 f.; ablehnend dagegen z. B. SachsAnh VerfG, Urteil vom 13. Juli 1999 -LVG 20/97-, LVerfGE 10, 440, 453 f.). Für Niedersachsen hat der Staatsgerichtshof hierzu entschieden, dass eine Statuierung derartiger Beteiligungsrechte der Kommunen angesichts der in Art. 57 Abs. 6 NV festgeschriebenen Anhörungspflicht der kommunalen Spitzenverbände nicht geboten ist (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a.-, LVerfGE 12, 255, 272 f.). An dieser Rechtsprechung wird festgehalten.

II.

Unter Berücksichtigung dieser verfassungsrechtlichen Grundsätze lässt sich die Verfassungswidrigkeit des Art. 1 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2005 vom 17. Dezember 2004 (Nds. GVBl. S. 664) nicht feststellen. Es kann dahingestellt bleiben, ob den Beschwerdeführerinnen in den Jahren 2005 und 2006 für die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestanden haben. Selbst wenn die Mindestausstattung zu diesem Aufgabenbereich in den Jahren 2005 und 2006 unterschritten worden wäre, wäre das von ihnen angegriffene Gesetz nicht verfassungswidrig.

Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Entscheidung über die Reduzierung der Verbundquote den vom Staatsgerichtshof aus der Verfassung abgeleiteten Grundsatz der Verteilungssymmetrie beachtet. Er hat ausweislich der Entwurfsbegründung zum Haushaltsbegleitgesetz 2005 den Grundsatz der Verteilungssymmetrie in Rechnung gestellt und die Vermutung geäußert, die gesetzliche Neuregelung werde - isoliert gesehen – nicht zu einer Störung des finanziellen Gleichgewichts führen. Genauere Analysen waren ihm allerdings nicht möglich, weil ein für diesen Grundsatz wesentliches Kriterium, nämlich der kommunale Finanzierungssaldo, zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorlag. Hierzu stellte er aber fest, dass eine rückwirkende Überprüfung seiner Einschätzung vorzunehmen sei, sobald die erforderlichen Finanzdaten vorlägen (vgl. Entwurfsbegründung, Nds. LT-Drs. 15/1340, S. 12 f.). Dieses gesetzgeberische Vorgehen ist verfassungsgerichtlich nicht zu beanstanden.

Der Staatsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a.- (LVerfGE 12, 255, 287) die Möglichkeit des Gesetzgebers, Fragen der Verteilungssymmetrie mit Hilfe einer Gegenüberstellung der Finanzierungssalden von Land und Kommunen zu beurteilen, als vertretbar bezeichnet. Sofern der Gesetzgeber nachvollziehbar darlegt, dass die finanziellen Entwicklungen von Kommunen und Land gemessen an diesem Parameter in den letzten Jahren annähernd parallel verlaufen seien, und im Prognosezeitraum parallel verlaufen würden, und die Richtigkeit seiner Einschätzung nicht widerlegt ist, sind diese Entscheidungen verfassungsrechtlich hinzunehmen. An dieser Ansicht hält der Staatsgerichtshof trotz der grundsätzlichen Einwände der Beschwerdeführerinnen fest (1.). Der Gesetzgeber war auf Grund der Haushaltsnotlage 2005 und 2006 berechtigt, die Grenze einer finanziellen Mindestausstattung der Kommunen zu unterschreiten (2.).

1. Die Gegenüberstellung der Finanzierungssalden von Land und Kommunen stellen einen geeigneten Parameter zur Beurteilung der Frage dar, ob das Land dem Gebot einer aufgabengerechten Verteilung der finanziellen Mittel nachgekommen ist. Das Argument der Beschwerdeführerinnen, der Finanzierungssaldo sei grundsätzlich ungeeignet, weil er nicht berücksichtige, dass dem Land verfassungsrechtlich weitergehende Möglichkeiten einer Verschuldung im Vergleich zu den Kommunen eingeräumt seien, schlägt zumindest für die Jahre 2005 und 2006 nicht durch. Zwar wird dem Land durch Art. 71 Satz 2 NV die Fremdfinanzierung von Investitionsmaßnahmen in nahezu unbegrenzter Höhe ermöglicht, während Investitionskredite nach § 92 Abs. 2 NGO der kommunalaufsichtlichen Genehmigung bedürfen und in der Regel die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune voraussetzen. Die Landesregierung hat allerdings dargelegt, dass sich die Investitionsquoten von Land und Kommunen in den Jahren ab 2003 annähernd parallel entwickelt haben, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, die Kommunen seien im Vergleich zum Land zu stärkeren Einsparungen gezwungen gewesen. Mit diesem Argument der Beschwerdeführerinnen lässt sich daher eine evidente Untauglichkeit des Finanzierungssaldos als Parameter nicht begründen.

Die weitergehenden Einwände der Beschwerdeführerinnen gegen die Berücksichtigung der Mehreinnahmen aus der Reduzierung der Gewerbesteuerumlage (218 Mio. €) und der weitergehenden Einsparungen des Landes infolge der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe sowie der Wohngeldreform (90 Mio. €) können ebenfalls nicht durchschlagen. Für die Ermittlung der Finanzkraft der Kommunen kann das Land sämtliche tatsächlich erzielten und erzielbaren Einnahmen berücksichtigen (Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995 -StGH 2, 3, 6 bis 10/93-, Nds. StGHE 3, 136, 163; Urteil vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a.-, LVerfGE 12, 255, 284), mithin auch die Mehreinnahmen aus der Reduzierung der Gewerbesteuerumlage, selbst wenn diese in ihrer ursprünglich festgelegten Höhe rechtswidrig gewesen sein sollte. Das Einsparpotential auf Grund der Hartz-IV-Reformen wird zwar zwischen den Kommunen und dem Land unterschiedlich hoch eingeschätzt; konkrete Anhaltspunkte, dass die damalige Prognose des Landesgesetzgebers evident falsch war, sind nicht ersichtlich.

2. Die seinerzeit vom Gesetzgeber getroffene Einschätzung hinsichtlich der Wahrung des Grundsatzes der Verteilungssymmetrie trotz der mit der Reduzierung der Verbundquote einhergehenden Kürzung der Zuweisungsmasse um geschätzt 150 Mio. € wird durch die Feststellungen des Niedersächsischen Finanzministeriums im Bericht vom 4. Juli 2007 (Niedersächsisches Finanzministerium, Entwicklung der Finanz- und Haushaltslage des Landes Niedersachsen und der niedersächsischen Kommunen vom 4.7.2007) letztlich bestätigt. Dort wird dargestellt, dass bei einem Vergleich der Finanzierungssalden des Landes – bereinigt um die mit der Nord/LB zusammenhängenden Transaktionen, die durch ein EU-Beihilfeverfahren ausgelöst wurden – und denen der kommunalen Ebene zumindest seit 2002 bis 2005 eine annähernd parallele Entwicklung zu verzeichnen ist. Der Einnahmeeinbruch und der daraus folgende Defizitanstieg zu Beginn des Jahrzehnts erfolgten auf der Kommunalebene mit einem Jahr Verzögerung. Die Gründe für die Negativentwicklung sind auf Kommunal- wie Landesebene weitgehend identisch (Auswirkungen der mehrjährigen Stagnation, steuerreformbedingte und weitere vorgesehene Einnahmeminderungen). Die Verbesserungen der Jahre 2005 und insbesondere 2006 sind spiegelbildlich auf eine bessere gesamtwirtschaftliche Situation sowie Einnahmeverbesserungen im Zusammenhang von Rechtsänderungen zurückzuführen. Die vergleichsweise verbesserte Situation des Landes 2006 beruht demgegenüber auf der in § 1 Abs. 2 NFAG angelegten verzögerten Teilhabe der kommunalen Ebene an den überraschend hohen – und daher im Haushaltsplan nicht veranschlagten – Steuereinnahmen des Landes. Diesen vertretbaren Erwägungen sind die Beschwerdeführerinnen nicht substantiiert entgegengetreten. Sie sind nicht von vorneherein unvertretbar und deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Land war unter Beachtung des Grundsatzes der Verteilungssymmetrie auch berechtigt, die Grenze einer finanziellen Mindestausstattung der Kommunen in ihrer Gesamtheit und auch von einzelnen Kommunen durch die Reduzierung der Verbundquote und die dadurch bewirkte Absenkung der Zuweisungsmasse zu unterschreiten. Das Land befand sich zumindest seit 2002 in einer dauernden Haushaltsnotlage, weil sich die Nettokreditaufnahme des Landes oberhalb der in Art. 71 Satz 2 NV verankerten Verschuldensgrenze bewegte. Nach den vom Staatsgerichtshof in seinem Urteil vom 10. Juli 1997 -StGH 10/95- (Nds. StGHE 3, 279 ff.) entwickelten Grundsätzen zur Darlegungslast des Gesetzgebers im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Art. 71 Satz 3 NV waren die in den Haushaltsplänen zugelassenen Kreditaufnahmen teilweise verfassungswidrig. Trotz eines umfangreichen ressortübergreifenden Konsolidierungsprogramms, dass für 2005 zu Einsparungen im Haushalt von insgesamt 1,3 Mrd. € führte, wies der Haushaltsplan für dieses Jahr eine Nettokreditaufnahme aus, die die Summe der eigenfinanzierten Investitionen und Investitionsmaßnahmen um 1.266,6 Mio. € überstieg (vgl. Entwurfsbegründung zum Haushaltsgesetz 2005, Nds. LT-Drs. 15/1330, S. 18 f.). Auch für 2006 wurde zum Ausgleich des Haushaltsplans in Einnahmen und Ausgaben eine Nettokreditaufnahme festgesetzt, die um 852,7 Mio. € die Grenze des Art. 71 Satz 2 NV überstieg. Der Landesgesetzgeber war sich dabei bewusst, dass die Höhe der Nettokreditaufnahme in diesen beiden Jahren am Maßstab des Art. 71 Satz 3 NV nicht zu rechtfertigen war. Ziel der andauernden Konsolidierungsmaßnahmen war die Wiederherstellung verfassungsmäßiger Haushalte (vgl. Entwurfsbegründung zum Haushaltsgesetz 2006, Nds. LT-Drs. 15/2111; S. 18; ferner Bericht des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 4. Juli 2007, S. 4). Gemessen an den in den Haushaltsplänen festgestellten Gesamtausgaben betrug der prozentuale Anteil der verfassungsrechtlich unzulässig gedeckten Ausgaben für 2005 5,8 v.H. und für 2006 3,8 v.H..

Der Grundsatz der aufgabengerechten Verteilungssymmetrie erforderte bei dieser Haushaltsnotlage des Landes in besonderer Weise eine gerechte und gleichmäßige Verteilung der bestehenden Zustände und damit eine ausgewogene Aufteilung des Defizits auf Land und Kommunen. Auch aus diesem Grunde war das Land berechtigt, den Kommunen ein „Sonderopfer“ in Höhe von 150 Mio. € als Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts abzuverlangen.

Schließlich ist bei der Frage, ob den Beschwerdeführerinnen in verfassungswidriger Weise die erforderliche finanzielle Mindestausstattung in den Jahren 2005 und 2006 vorenthalten wurde, die in § 13 NFAG geregelte Gewährung von Bedarfszuweisungen in Betracht zu ziehen (vgl. Urteil vom 16. Mai 2001 -StGH 6/99 u. a.-, LVerfGE 12, 255, 286). Ob die Höhe des prozentualen Anteils für Bedarfszuweisungen in § 2 Satz 1 Nr. 1 NFAG und die in Verwaltungsvorschriften des Innenministeriums geregelten Modalitäten bei der Ermessensentscheidung hinsichtlich der Gewährung von Bedarfszuweisungen den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechen, kann der Staatsgerichtshof indes nicht entscheiden, denn diese Vorschriften sind nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Einwand der Beschwerdeführerinnen, bei der Beurteilung der finanziellen Mindestausstattung der Kommunen bleibe der Umstand unberücksichtigt, dass diese aufgrund ihrer strukturellen Unterfinanzierung gezwungen seien, ständig steigende Kassenkredite als dauerhaftes Finanzierungsinstrument zu nutzen, ist vom Grundsatz her berechtigt, führt im vorliegenden Verfahren jedoch zu keinem abweichenden Ergebnis. Nach § 94 Abs. 1 S. 1 NGO dienen Kassenkredite (ab 2006: Liquiditätskredite) nur zur Überbrückung von vorübergehenden Liquiditätsengpässen. Im Gegensatz zu den Krediten nach § 92 NGO sind sie keine Deckungsmittel, sondern sollen nur den verzögerten Eingang von Einnahmen überbrücken und damit die Zahlungsfähigkeit der Kasse aufrechterhalten, bis die im Haushaltsplan vorgesehenen Deckungsmittel zur Verfügung stehen. Sie sind daher zurückzuzahlen, sobald die Zahlungsfähigkeit der Kasse wiederhergestellt ist. Eine längerfristige Finanzierung eines strukturellen Einnahmedefizits ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn ein Haushaltssicherungskonzept nach § 82 Abs. 6 NGO aufgestellt wird. Ein ständiger Einsatz neuer Kassenkredite ohne echte Rückzahlungsperspektive stellt dagegen einen Formenmissbrauch dar. Die Aufnahme neuer Kassenkredite in den Haushaltsjahren 2005 und 2006, die die gesetzliche Bestimmung überschreiten, führt angesichts der Haushaltsnotlage des Landes jedoch nicht zur Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Haushaltsbegleitgesetzes. Der Gesetzgeber ist bei fortschreitender Konsolidierung des Landeshaushaltes jedoch verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die entgegen den gesetzlichen Vorschriften aufgenommenen Kassenkredite auf ein zulässiges Maß zurückgeführt werden. Dies ist eine gemeinsam von Land und kommunalen Gebietskörperschaften zu bewältigende Aufgabe.

E.

Das Verfahren ist kostenfrei (§ 21 Abs. 1 StGHG). Die Auslagen der Beschwerdeführerinnen sind nicht zu erstatten (§ 21 Abs. 2 Satz 2 StGHG).