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  • ab 01.01.2018 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 3 KWKomKRdErl - Kreditähnliche Rechtsgeschäfte nach § 120 Abs. 6 NKomVG

Bibliographie

Titel
Kreditwirtschaft der kommunalen Körperschaften einschließlich ihrer Sonder- und Treuhandvermögen
Redaktionelle Abkürzung
KWKomKRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
20300

3.1 Allgemeine Grundsätze

Neben der Aufnahme von Krediten wird die Haushaltswirtschaft der Kommunen auch durch den Abschluss kreditähnlicher Rechtsgeschäfte zukünftig belastet. Das kreditähnliche Rechtsgeschäft begründet eine Zahlungsverpflichtung der Kommune, die einer Kreditaufnahme wirtschaftlich gleichkommt (vgl. § 120 Abs. 6 Satz 1 NKomVG). Für die Beurteilung, ob ein kreditähnliches Rechtsgeschäft vorliegt, kommt es auf den Einzelfall an. Entscheidend ist nicht die formale Bezeichnung und Einordnung des Geschäfts, sondern dessen wirtschaftliche Auswirkung, insbesondere im Hinblick auf die Belastung zukünftiger Haushaltsjahre. Beispiele kreditähnlicher Rechtsgeschäfte sind Leasinggeschäfte, Energieeinspar-Contracting, atypische langfristige Mietverträge ohne Kündigungsmöglichkeiten oder Nutzungsüberlassungsverträge für Gebäude auf gemeindeeigenen Grundstücken, periodenübergreifende Stundungsabreden, die Übernahme des Schuldendienstes für einen Kredit, den eine Dritte oder ein Dritter aufgenommen hat, aber auch Leibrentenverträge, Ratenkaufmodelle, die Annahme von Erbbaurechten oder Public Private Partnership (PPP)-Projekte der Kommunen mit kombinierten kreditähnlichen Vertragselementen.

3.1.1 Genehmigungspflicht

Kreditähnliche Rechtsgeschäfte sind gemäß § 120 Abs. 6 Satz 1 NKomVG genehmigungspflichtig. Unter die Genehmigungspflicht fallen auch spätere Änderungen der in § 120 Abs. 6 NKomVG genannten Zahlungsverpflichtungen, wenn sie zu einer höheren Belastung der Kommunen führen. In dem Antrag auf Genehmigung sind die tatsächlichen Verhältnisse und die finanziellen Auswirkungen im Rahmen eines Wirtschaftlichkeitsvergleichs darzustellen und auf Verlangen durch Vorlage der vertraglichen Abmachungen zu belegen.

Von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind unwesentliche Anpassungen und Rechtsgeschäfte, die als Geschäfte der laufenden Verwaltung nach § 85 Abs. 1 Nr. 7 NKomVG gelten und abgeschlossen werden.

3.1.2 Genehmigungskriterien

Kreditähnliche Rechtsgeschäfte dürfen nur im Rahmen der kommunalen Aufgabenerfüllung abgeschlossen werden. Die finanzielle Gesamtbelastung darf nicht höher sein als bei herkömmlicher Finanzierung (Wirtschaftlichkeit).

Bei der Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit gilt folgender Grundsatz:

Wenn die Haushaltslage eine Kreditfinanzierung nicht zulässt, ist auch ein kreditähnliches Rechtsgeschäft unzulässig. Bei der Entscheidung sind die laufenden und die bilanziellen Belastungen sowohl aus neuen als auch aus bereits vorhandenen Krediten und kreditähnlichen Rechtsgeschäften in einer Gesamtschau im Rahmen der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung gemäß § 118 Abs. 3 NKomVG zu betrachten. Insbesondere sind bei der Gesamtschau die geordnete Haushaltswirtschaft (Nummer 1.4.1) und die dauernde Leistungsfähigkeit (Nummer 1.4.2) zu berücksichtigen.

Die Kommune muss sich gegenüber den mit besonderen Finanzierungsarten verbundenen Risiken absichern; insbesondere sind solche Vertragsrisiken auszuschließen, die zu erheblichen Finanzierungsansprüchen an den kommunalen Haushalt in späteren Jahren führen können.

3.1.3 Nachweis der kreditähnlichen Rechtsgeschäfte

Die Kommune hat die aus kreditähnlichen Rechtsgeschäften bestehenden Finanzierungsverpflichtungen vollständig im Haushaltsplan abzubilden. Im Vorbericht zum Haushaltsplan (§ 6 KomHKVO) ist deshalb die Höhe der Belastungen aus kreditähnlichen Rechtsgeschäften (insbesondere PPP, Immobilien-Leasing) für die folgenden Jahre aufzuführen.

Entsprechendes gilt für den Jahresabschluss. In der Schuldenübersicht sind auch die Verbindlichkeiten aus kreditähnlichen Rechtsgeschäften anzugeben.

3.2 Public Private Partnership (PPP) und Leasing

3.2.1 Public Private Partnership (PPP)

Bei PPP-Projekten handelt es sich um eine langfristige, vertraglich geregelte Zusammenarbeit der Kommunen mit privaten Unternehmen. Dabei werden in der Regel die Planung, der Bau, die Finanzierung, die Instandhaltung und die Instandsetzung sowie weitere betriebliche Leistungen über den gesamten Lebenszyklus einer Liegenschaft von der privaten Partnerin oder dem privaten Partner übernommen. Die Finanzierung erfolgt über laufende Nutzungsentgelte, Leasingraten oder Mieten der Kommune. Eine frühzeitige Information der Kommunalaufsicht über beabsichtigte PPP-Projekte wird empfohlen.

3.2.1.1
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, konventioneller Vergleichswert (Public Sector Comparator [PSC])

Zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit eines genehmigungspflichtigen PPP-Projekts muss die Kommune eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorlegen, die das PPP-Projekt mit den Kosten einer kommunalen Eigenerstellung (Konventioneller Vergleichswert/PSC) vergleicht. Wirtschaftlichkeit ist gegeben, wenn die Einrichtung bei gleichem Leistungsumfang und gleicher Leistungsqualität zumindest ebenso wirtschaftlich errichtet und betrieben werden kann. Bei der Aufstellung des PSC müssen die voraussichtlichen Kosten und ggf. Erlöse der kommunalen Eigenerstellung, bezogen auf die geplante Vertragslaufzeit, geschätzt werden. Dazu gehören Investitionskosten (Planung und Bau), Finanzierungskosten, Betriebskosten (Personalkosten, Energiekosten, inklusive Instandhaltung und -setzung), Transaktions- und Verwaltungskosten, Risikokosten und ggf. Kosten oder Erlöse der Verwertung. Die Methodik des PSC im Einzelnen ist dem jeweils aktuellen Leitfaden der Finanzministerkonferenz "Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bei PPP-Projekten" zu entnehmen. Dieser steht neben weiteren Hinweisen im Internet beim "PPP-Kompetenznetzwerk Niedersachsen" unter www.ppp.niedersachsen.de zur Verfügung.

3.2.1.2
Bilanzierung des PPP-Projekts

Ob und in welcher Höhe die Bilanzierung eines PPP-Projekts bei der Kommune vorzunehmen ist, richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften der KomHKVO und den verbindlichen Zuordnungsvorschriften zum Kontenrahmen in Niedersachsen. Für eine Aktivierung und Passivierung in der kommunalen Bilanz ist das wirtschaftliche Eigentum der Kommune am Vermögensgegenstand ausschlaggebend. Aus Gründen der Vereinfachung kann im Regelfall die bilanzsteuerrechtliche Behandlung des jeweiligen Projekts zugrunde gelegt werden (vgl. hierzu die Leasingerlasse des Bundesministeriums der Finanzen in der jeweils geltenden Fassung: BMF-Schreiben vom 19.4.1971 zur ertragsteuerlichen Behandlung von Leasing-Verträgen über bewegliche Wirtschaftsgüter [Mobilien-Leasing-Erlass, IV b/2-S 2170-31/71], BMF-Schreiben vom 21. 3. 1972 zur ertragsteuerlichen Behandlung von Finanzierungs-Leasing-Verträgen über unbewegliche Wirtschaftsgüter [Immobilien-Leasing-Erlass, F/ IV B 2-S 2170-11/72], BMF-Schreiben vom 22.12.1975 zur steuerrechtlichen Zurechnung des Leasing-Gegenstandes beim Leasinggeber [Teilamortisations-Erlass, IV B 2-S 2170-161/75], BMF-Schreiben vom 23.12.1991 zur ertragsteuerlichen Behandlung von Teilamortisations-Leasing-Verträgen über unbewegliche Wirtschaftsgüter [IV B 2-S 2170-115/91]). Falls erforderlich, ist der Bauwert als Investition zu aktivieren und gleichzeitig derselbe Betrag als unterstellter Kredit (ohne Zinsen) zu passivieren.

3.2.1.3
Veranschlagung im Haushalt

Das Leistungsentgelt eines PPP-Projekts ist in seine konsumtiven und investiven Anteile aufzuteilen, sofern dies bei der gewählten Modellvariante möglich ist. Die laufenden Anteile zum Betrieb und zur Unterhaltung einer Liegenschaft sowie die Zinsanteile sind als Aufwendungen im Ergebnishaushalt zu buchen. Etwaige Erlöse aus dem Betrieb sind als Erträge im Ergebnishaushalt zu buchen.

Sofern nach Nummer 3.2.1.2 eine Bilanzierung zu erfolgen hat, sind im Finanzhaushalt abhängig von der Vertragsgestaltung und der Bilanzierung entweder Tilgungsanteile als Auszahlungen aus Finanzierungstätigkeit oder Auszahlungen für Investitionstätigkeit nachzuweisen. Entsprechend der Auszahlungen wird eine Auflösung des unterstellten Kredits vorgenommen.

Der Ausweis eines aufgrund des wirtschaftlichen Eigentums der Kommune zu aktivierenden PPP-Projekts erfolgt als Anlage im Bau, solange das Objekt nicht fertiggestellt oder die Sanierungsmaßnahme nicht abgeschlossen ist. Mit der Inbetriebnahme erfolgt eine Übernahme in die jeweils zutreffende Bilanzposition und es sind Abschreibungen auf der Grundlage des § 49 KomHKVO vorzunehmen.

Eine Veranschlagung des PPP-Projekts wird dadurch erleichtert, dass Anbieter bei der Ausschreibung aufgefordert werden, die Preise für die einzelnen Leistungsbereiche wie Bau, Betrieb, Unterhaltung und Finanzierung gesondert anzugeben.

3.2.2 Leasing

3.2.2.1
Allgemeine Grundsätze

Leasing ist die langfristige Vermietung/Anmietung von beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenständen, die von einem üblichen Mietverhältnis abweichende Besonderheiten aufweist: Der Leasinggeber ist zwar Eigentümer des Leasingobjekts, dem Leasingnehmer werden jedoch Risiken und Pflichten auferlegt, die in normalen Mietverhältnissen üblicherweise der Vermieter zu tragen hat. Dem Leasingnehmer wird in der Regel die Möglichkeit eingeräumt, das Leasingobjekt nach Beendigung des Vertrages zu kaufen (Kaufoption). In Betracht kommt auch die Vereinbarung eines Andienungsrechts, wonach der Leasinggeber bei Vertragsablauf vom Leasingnehmer den Ankauf des Gegenstandes zu einem bestimmten Preis verlangen kann.

Die Leasingrate (Miete) setzt sich aus den Kapitalkosten sowie einem Zuschlag für Kosten, Risiko und Gewinn des Leasinggebers zusammen. Kosten des Leasingobjekts wie Abgaben, Versicherungen u. Ä. werden dem Leasingnehmer meist gesondert in Rechnung gestellt. Je nach der vertraglichen Gestaltung des Leasingvertrages wird die Instandhaltung und die Unterhaltung des Objekts entweder vom Leasingnehmer oder vom Leasinggeber getragen. Sofern der Private als Leasinggeber auch für die Instandhaltung und die Unterhaltung des Objekts verantwortlich ist, handelt es sich regelmäßig zugleich um ein PPP-Projekt.

Bei den Leasing-Objekten kann es sich sowohl um unbewegliches Anlagevermögen, wie z. B. Bürogebäude oder Sportanlagen (Immobilien-Leasing), als auch um bewegliches Anlagevermögen, wie z. B. EDV-Anlagen, Telekommunikationsanlagen, Fahrzeuge (Mobilien-Leasing), handeln.

Die Finanzierung von Vermögensgegenständen über Leasing kann für Kommunen eine sinnvolle Alternative zur Finanzierung über Kredite sein. Hier ist nachzuweisen, dass die Leasingvariante für die Kommune gegenüber einer Finanzierung mit Krediten ein mindestens ebenso wirtschaftliches Ergebnis erwarten lässt. Auch bei Leasinggeschäften, die weder Betrieb noch Unterhaltung des Vermögensgegenstandes umfassen, ist der Kommunalaufsicht eine konventionelle Vergleichsrechnung vorzulegen, bei der die anfallenden Kosten und Risiken in Abhängigkeit vom konkreten Vertragsmodell entsprechend anzusetzen sind.

Bei Leasinggeschäften gilt für die Bilanzierung Nummer 3.2.1.2 entsprechend.

3.2.2.2
Sale-and-lease-back-Modelle

Im Rahmen von Sale-and-lease-back-Geschäften überträgt die Kommune das Eigentum an einem Objekt dem privaten Investor, um es zur erforderlichen kommunalen Aufgabenerfüllung von ihm wieder anzumieten. Dies ist nach Sinn und Zweck des § 125 Abs. 1 NKomVG nur dann möglich, wenn die Nutzung des Vermögensgegenstandes zur Aufgabenerledigung der Kommune langfristig gesichert und die Aufgabenerledigung dadurch zumindest ebenso wirtschaftlich ist. Die stetige Aufgabenerledigung ist in der Regel dann gesichert, wenn das Sale-and-lease-back-Geschäft zur Werterhaltung oder Wertsteigerung des Objekts bestimmt ist, und der Kommune daran zur Aufgabenerfüllung ein langfristiges Nutzungsrecht sowie eine Rückkaufoption eingeräumt werden.

3.2.3 Ausschreibung

Bei PPP-Projekten, Leasing und Sale-and-lease-back-Geschäften sind die Bestimmungen des EU-Wettbewerbsrechts, insbesondere die Gebote der Nichtdiskriminierung, der Gleichbehandlung und der Transparenz zu beachten. Bei der Vereinbarung eines solchen Vertrages durch die Kommune handelt es sich in der Regel um die Vergabe eines öffentlichen Auftrags, bei der das entsprechende EU-, Bundes- und Landesrecht für die Vergabe öffentlicher Aufträge zu beachten sind.

Außer Kraft am 1. Januar 2026 durch Nummer 6 Satz 1 des RdErl. i.d.F. vom 29. März 2023 (Nds. MBl. S. 314)