Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.07.2007, Az.: 14 K 519/03
Anzahl der verkauften Wohnungen als Abgrenzungskriterium zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel; Zeitlicher Zusammenhang zwischen Errichtung und Verkauf von Wohnungen als Indiz für einen gewerblichen Grundstückshandel; Zwischenschaltung einer ausschließlich aus nahestehenden Personen gebildeten Gesellschaft beim Grundstücksverkauf als Voraussetzung für die Annahme eines Scheingeschäftes; Voraussetzungen an einen Missbrauch der rechtlichen Gestaltung i. S. d. § 42 Abgabenordnung (AO)
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 19.07.2007
- Aktenzeichen
- 14 K 519/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 47988
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2007:0719.14K519.03.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 22.07.2010 - AZ: IV R 62/07
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 2 EStG
- § 42 AO
Fundstellen
- DStR 2008, VI Heft 35 (Kurzinformation)
- DStRE 2008, 1195-1198 (Volltext mit amtl. LS)
- DStZ 2008, 423 (Kurzinformation)
- EFG 2008, 1034-1037
- EStB 2008, 370 (Kurzinformation)
- KÖSDI 2008, 16121 (Kurzinformation)
- NWB direkt 2008, 5
- ZKF 2008, 216
- Jurion-Abstract 2007, 228705 (Zusammenfassung)
Amtlicher Leitsatz
Orientierungssatz:
Eine GbR, die ein unfertiges Objekt an eine GmbH weiterveräußert, erzielt Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel, wenn ihr der anschließende Weiterverkauf von 100 Wohnungen durch die GmbH aufgrund Gestaltungsmissbrauchs zuzurechnen ist.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin (Kl.) Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel erzielt hat.
Die ehemals aus K., C. und L. bestehende Kl. erwarb im Wege der Versteigerung durch Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts D. vom 16. März 1993 für 1.850.000 DM ein bebautes Grundstück in G. Die Gebäude waren zuvor als Motel genutzt worden. Ausweislich des bei den Akten befindlichen Gutachtens belief sich der Verkehrswert des Grundstücks auf 2.610.000 DM. Die Kl. beabsichtigte, die auf dem Grundstück befindlichen Gebäude in ein Alten- und Pflegeheim mit 60 Betten und 20 Wohnplätzen umzubauen. Daneben war ein Gebäude für betreutes Wohnen geplant. Die Planungen erfolgten in Absprache mit dem zunächst als Betreiber vorgesehenen D.-Kreisverband O. Mit notarieller Urkunde vom 12.10.1993 trat der Gesellschafter B. der Kl. bei. Laut Gesellschaftsvertrag führte die Gesellschaft die Bezeichnung "B., L. und Partner GbR".
Bereits Ende 1992 hatte die aus den Gesellschaftern D., K., C., L. und S. bestehende V. Besitz- und Verwaltungsgesellschaft b.R. dem Gemeindedirektor der Gemeinde G. das Konzept eines Alten- und Pflegeheims mit der Möglichkeit der Kurzzeit- und Tagespflege sowie betreutem Wohnen vorgelegt und insoweit um einen Gesprächstermin gebeten. Nach dem bei der Rechtsbehelfsakte des Beklagten befindlichen Konzept aus 1993 "Modelleinrichtung G. D.-Seniorenpark" waren hierfür als Investoren/Darlehensnehmer die Gesellschafter der V. Besitz- und Verwaltungsgesellschaft b.R. vorgesehen. In dem Konzept wurde darauf verwiesen, dass der Gesellschafter D. bereits in B. ein Kurzentrum mit 100 Betten errichtet und veräußert habe und dass ein weiteres Bettenhaus mit 65 Betten sowie ein Therapiezentrum mit einem Volumen von ca. 35 Mio. DM in Planung sei. Hinsichtlich des Gesellschafters S. enthielt das Konzept den Hinweis, dass dieser bereits 3 Alten- und Pflegeheime mit 200 Betten sowie 42 Wohnungen im betreuten Wohnen erbaut habe und Mitgesellschafter der Betreibergesellschaften sei.
Nach der Planung sollte das Bauvorhaben G. bis Mitte 1995 komplett erstellt werden. Um die Anmietung habe sich D. beworben, als Mietpreis werde ein Betrag von 18 DM/qm verhandelt. Nach den Prospektangaben sollte die Immobilie voraussichtlich zu einem geringen Teil im Besitz der fünf Investoren verbleiben, der überwiegende Teil sollte an Kapitalanleger veräußert werden. Nach der im Prospekt ausgewiesenen Kostenaufstellung waren Grundstückskosten (einschließlich Nebenkosten) in Höhe von 1.990.000 DM sowie weitere Kosten bis zur Baugenehmigung (einschließlich Zinsen) in Höhe von 1.910.000 DM (Gesamtsumme: 3.900.000 DM) vorgesehen. Das Konzept endet mit dem Hinweis: "Die genauen Baukosten, zusammen mit den Nebenkosten, können erst nach Abschluss der Planung festgelegt werden, sie werden sich um 21 Mio DM bewegen. Die Verkaufsaktivitäten über eine Vertriebsgesellschaft (mit Vertriebsvereinbarung) setzen vor Baubeginn ein; der überwiegende Teil soll vor Baubeginn veräußert sein. Es werden z. Zt. auch Verkaufsverhandlungen mit Fondsgesellschaften geführt".
In der Rechtsbehelfsakte des Beklagten befindet sich des Weiteren eine "Wirtschaftlichkeitsberechnung zum Bauvorhaben eines Alten-, Wohn- und Rehabilitationszentrums in G." der B.-L. & Partner GbR. Hiernach war ein Verkaufspreis von 35.527.400 DM (ausgehend von 9.602 qm Wohn-/Nutzfläche x 3.700 DM/qm) kalkuliert. Dem standen kalkulierte Baukosten einschließlich Finanzierungs- und Nebenkosten in Höhe von 30.000.000 DM gegenüber, sodass sich der kalkulierte Gewinn auf 5.527.400 DM belief. Die Baukosten sollten in Höhe von 25.500.000 DM fremdfinanziert werden. Unter Zugrundelegung einer jährlichen Mieteinnahme von 2.131.644 DM und jährlichen Finanzierungskosten von 2.001.750 DM sollte sich eine jährliche Überdeckung von 129.894 DM ergeben. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung enthält am Ende den Hinweis, dass die B.-L. & Partner GbR selbst als Investor auftreten werde, falls die Bauherren das Objekt nicht veräußern sollten.
Der mit dem D. als Betreiber vorgesehene Mietvertrag kam in der Folgezeit nicht zu Stande. Stattdessen schloss die Kl. am 26. Juli 1995 einen Mietvertrag mit der Gesellschaft für S. in W. (künftig Gf genannt) als Betreiberin. Das Mietverhältnis sollte nach baurechtlicher Abnahme, deren Betriebserlaubnis und mit der Übergabe durch den Vermieter beginnen und nach Ablauf von 25 Jahren enden. Das Mietobjekt war betriebsfertig zwischen dem 1. Februar 1997 und dem 1. Mai 1997 zu übergeben. Der Übergabezeitpunkt erfolgte unter dem Vorbehalt, dass der Baubeginn zum 1. November 1995 erfolgte, andernfalls sollte sich der Endtermin um den Zeitraum verlängern, der vom geplanten bis zum tatsächlichen Baubeginn verstrichen war.
Mit notariellem Vertrag vom 11. Dezember 1995 erwarben die Gesellschafter B., C. und K. die Geschäftsanteile einer Vorrats-GmbH. Zugleich änderten sie die Firma der Gesellschaft um in "Seniorenpark G. GmbH" (künftig GmbH genannt). Gegenstand der Gesellschaft war die Errichtung und der Betrieb einer Senioren-Wohnanlage in G. Der Gesellschafter L. trat der GmbH mit notarieller Urkunde vom 19. März 1996 mit Wirkung zum 11. Dezember 1995 bei. Mit notarieller Urkunde vom 21. Dezember 1995 erklärten die Gesellschafter der Kl. C., K., L. und B. die Teilung des am 16. März 1993 ersteigerten Grundbesitzes gem. § 8 WEG in 136 Wohneinheiten. Am selben Tag (mit nachfolgender UR-Nr. des beurkundenden Notars) veräußerte die Kl. den ersteigerten Grundbesitz in G. an die GmbH für 6.500.000 DM unter gleichzeitiger Übergabe des Kaufgegenstandes. Der vereinbarte Kaufpreis war ratierlich in vier Monatsraten fällig - beginnend ab dem 31. März 1997 - und war ab dem 1. Januar 1996 mit 7,5% Zinsen zu verzinsen. Die geschuldeten Zinsen sind von der GmbH zu keinem Zeitpunkt entrichtet worden. In § 2 des Kaufvertrages versicherte die Kl., dass ihr versteckte Fehler und Mängel des Kaufgegenstandes nicht bekannt seien. Das Vorhandensein von Altlasten sei bekannt.
In der Folgezeit stellte die GmbH das im Bau befindliche Pflegeheim fertig und veräußerte die Mehrzahl der Wohnungen zwischen 1995 und 1998. Ausweislich eines bei den Gerichtsakten befindlichen Kaufvertrages vom 16. Oktober 1998 war das Pflegeheim (Haus 1) zum 16. Mai 1997 fertig gestellt. § 3 Nr. 2 Abs. 3 des Kaufvertrags lautet: "Auf das Vorhandensein von Altlasten unterhalb der Stellplätze wurde hingewiesen. Der Boden wurde gutachterlich untersucht, gefährdende Belastungen wurden nicht festgestellt. Die zuständigen Prüfbehörden erhoben keinerlei Bedenken gegen die Baumaßnahme".
Die Kl. erklärte in ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 17.198 DM. Mit Bescheid vom 28. April 1997 veranlagte der Bekl. die Kl. erklärungsgemäß und rechnete den Beteiligten den Verlust entsprechend ihren Beteiligungsquoten zu. Im Anschluss an eine in 2000 durchgeführte Außenprüfung stufte der Bekl. die Tätigkeit der Kl. - unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 - X R 68/95, BStBl II 1998, 667 - als gewerblich ein. Der Außenprüfer schätzte die Besteuerungsgrundlagen, da ihm insoweit keine Unterlagen zur Verfügung gestellt und Auskünfte nicht erteilt wurden. Er ermittelte den Überschuss aus dem Grundstücksverkauf und die Höhe der geänderten Einkünfte wie folgt:
Einkünfte vor Ap | ./. | 17.198 DM |
---|---|---|
Verkaufspreis Motel | 6.500.000 DM | |
Ersteigerungspreis | ./. | 1.850.000 DM |
GewSt-Rückstellung | ./. | 73.000 DM |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb | 4.559.802 DM |
Der Beklagte folgte dem Prüfer und stellte mit Bescheid vom 4. Dezember 2000 Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 4.559.802 DM fest und rechnete diese zu gleichen Teilen den Gesellschaftern zu. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb weitgehend erfolglos. Übereinstimmend ermittelten die Beteiligten im Einspruchsverfahren die Höhe der Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel mit 3.175.933 DM. Die Kl. blieb jedoch dem Grunde nach bei ihrer Rechtsauffassung, dass sie die Tatbestandsmerkmale eines gewerblichen Grundstückshandels nicht erfüllt habe und demzufolge der von ihr im Streitjahr erzielte Verlust aus Vermietung und Verpachtung ./. 17.198 DM betrage. Der Bekl. stellte im Einspruchsbescheid die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr auf 3.175.933 DM fest und rechnete diese den Beteiligten jeweils gleichmäßig i.H.v. je 793.983,25 DM zu.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Kl. folgendes vorträgt: Im weiteren Verlauf der Bebauung habe sich herausgestellt, dass ein Teil des Grundstücks ursprünglich als Mülldeponie genutzt worden war. Dementsprechend habe das Grundstück in 1994 eingehend gutachterlich untersucht werden müssen. Die vom Gutachter festgestellten Giftstoffe hätten teilweise nur knapp unterhalb der Grenzwerte gelegen. Das Kreisbauamt habe die festgestellten Verunreinigungen jedenfalls für so bedenklich gehalten, dass es dem Bauvorhaben nach der ursprünglichen Planung nicht zugestimmt habe. Im entsprechenden Bebauungsplan Nr. ... vom Juni 1994 sei zur Voraussetzung gemacht worden, dass die Zugänglichkeit zum Müllkörper bei evtl. später zu erfolgenden Sanierungsarbeiten gewährleistet sei. Der Müllkörper habe daher weder versiegelt noch bebaut werden dürfen, sondern sei mit einer wasserdichten Lehmabdeckung zu versehen gewesen. Die ursprünglichen Planungsvarianten hätten noch eine Bebauung der Fläche vorgesehen, die sich dann als ehemalige Mülldeponie herausstellte. Danach habe die Planung völlig umgestellt werden müssen, um entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans die Ablagerungsfläche von der Bebauung auszunehmen. Schließlich habe die 11. Planvariante mit einem deutlichen Abstand zwischen Bebauung und Ablagerungsfläche nach einem Plan von Anfang 1995 verwirklicht werden können, nachdem alle Fachbehörden einschl. Landkreis und Gemeinde zugestimmt hätten. Dass diese umfangreiche Neuplanung nötig gewesen und verantwortungsvoll mit erheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand durchgeführt worden sei, zeige deutlich, dass die Bodenkontaminierung von allen Beteiligten sehr ernst genommen worden sei.
Die Gesellschafter der Kl. hätten die Gefahr gesehen, dass sie für eine sich möglicherweise erst in der Zukunft herausstellende Kontaminierung des Bodens voll in Haftung genommen werden könnten. Zwecks Risikominimierung hätten daher die Gesellschafter B., C. u. K. am 11. Dezember 1995 eine Vorrats-GmbH erworben und diese in Seniorenpark G. GmbH umbenannt. Entgegen der Ansicht des Beklagten handele es sich bei der von der Kl. angestrebten Haftungsminimierung keineswegs um einen unbeachtlichen Mitnahmeeffekt, sondern um den einzigen und entscheidenden Verkaufsgrund. Bei der Veräußerung des Grundstücks an die GmbH sei das Vorhandensein von Altlasten ausdrücklich bestätigt worden. Diese hätten insoweit auf Grund des vorliegenden Gutachtens nicht näher bezeichnet werden müssen. In der Folgezeit sei es zu Problemen mit der Mieterin (Gf) gekommen, die sodann im September 1997 den Mietvertrag angefochten habe. Um die schwerwiegenden Liquiditätsprobleme der GmbH zu kompensieren, habe ein großer Teil der Wohneinheiten verkauft und ein neuer Betreiber gefunden werden müssen.
Im Streitfall fehle es für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels bereits an dem Merkmal der Nachhaltigkeit gem. § 15 Abs. 2 EStG. Nach der Rechtsprechung des BFH fehle es an einer nachhaltigen Betätigung, wenn ein Objekt mit einer Vielzahl von Wohnungen - wie vorliegend - an einen einzigen Erwerber veräußert wird. Im Übrigen habe im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses der Weiterverkauf der einzelnen Wohneinheiten durch die GmbH weder festgestanden noch sei er geplant gewesen. Wie aus § 2 des Gesellschaftsvertrags eindeutig hervorgehe, sei Gegenstand der Kl. die Vermietung, nicht aber der Verkauf des Grundstücks. Hieran habe sich zum Zeitpunkt der Veräußerung an die GmbH nichts geändert gehabt. Denn in § 2 des GmbH-Gesellschaftsvertrags sei als Unternehmensgegenstand ausdrücklich die Vermietung einer Seniorenwohnanlage niedergelegt. Von einer Verkaufstätigkeit sei dagegen keine Rede gewesen; die GmbH sei nie als "Vertriebsgesellschaft" vorgesehen gewesen. Dass die Vermietungstätigkeit langfristig ausgeübt werden sollte, ergebe sich auch aus § 9 des Gesellschaftsvertrags, wonach die Kündigung erstmals zum 31. Dezember 2005 möglich war. Auch § 7 Abs. 3 des Vertrages spreche nicht für eine Verkaufsabsicht, denn dort sei explizit von Vermietung die Rede. Die Finanzierung eines Objekts lasse keine Schlüsse auf die nachfolgende Verwendung zu. Ein noch nicht erstelltes zu vermietendes Objekt müsse ebenso vorfinanziert werden wie eines, das verkauft werden solle.
Entgegen der Ansicht des Beklagten sei durch den Verkauf auch keine Wertabschöpfung erfolgt. Im vorliegenden Fall habe der von der GmbH gezahlte Kaufpreis dem Verkehrswert entsprochen. Ein deutlich höherer Kaufpreis hätte wirtschaftlich auch keinen Sinn ergeben, da die GmbH zum damaligen Zeitpunkt das Objekt habe vermieten und nicht verkaufen sollen. Ein abzuschöpfender Verkaufsgewinn sei daher nicht geplant gewesen. Die Aufteilung in Wohneinheiten zum damaligen Zeitpunkt sei im Rahmen der Erschließung sinnvoll und von Anfang an geplant gewesen. Insofern sei es aus formellen Gesichtspunkten irrelevant, ob sie von der Kl. oder der GmbH vorgenommen wurde. Dass sich die Aufteilung auf den wirtschaftlichen Wert ausgewirkt habe, werde nicht bestritten. Dies sei auch im Kaufpreis berücksichtigt worden, der den realen Marktwert widergespiegelt habe. Die von der Kl. erbrachte Leistung sei insofern der GmbH "in Rechnung gestellt worden". Da die GmbH den Marktwert und keinen überhöhten Kaufpreis bezahlt habe, hätten bei dem später notwendig gewordenen Verkauf der einzelnen Wohneinheiten erhebliche Rohgewinne erzielt werden können. Dies wäre nicht der Fall gewesen, wenn die Verkaufsintention die Umgehung des § 15 Abs. 2 EStG zum Ziel gehabt hätte, da dann eine vorweggenommene Wertabschöpfung hätte erfolgen müssen, um die steuerlichen Vorteile zu realisieren. Darauf beruhe auch die Indizienrechtsprechung des BFH, wonach nur bei Verlust oder geringem Gewinn aus dem Weiterverkauf ein Rechtsmissbrauch anzunehmen sei.
Vorliegend habe die GmbH durch den Verkauf der einzelnen Wohneinheiten in den Jahren 1996 bis 1999 einen Rohgewinn von insgesamt ca. 3.900.000 DM erzielt. Soweit der Beklagte auf den bilanzierten Gesamtgewinn von ./. 4.900 DM abstelle, sei dieser nicht aussagekräftig. Die GmbH habe sich durch die Probleme mit der Gf und deren Anfechtung des Mietvertrages in einer erheblichen finanziellen Krise befunden, die den nicht geplanten Verkauf der Wohneinheiten erforderlich gemacht habe. Diese Misere, ohne einen Betreiber als Mieter dazustehen, habe sich auch in der negativen Gesamtbilanz widergespiegelt. Bei einem Rohgewinn von insgesamt ca. 3,9 Mio. DM könne von einer vorherigen Abschöpfung des Gewinnes durch den Verkauf des Grundbesitzes von der Kl. an die GmbH somit keine Rede sein. Der Mehrwert sei auch tatsächlich im Rahmen der nicht einkommensteuerbaren privaten Vermögensebene erzielt worden. So habe sich generell der Wert von Grundstücken in G. innerhalb der drei Jahre zwischen Versteigerung und Verkauf erhöht. Eine weitere Werterhöhung habe durch die wesentlich bessere Ausnutzung der Baufläche aufgrund der Einstufung als allgemeines Wohngebiet stattgefunden.
Ebenso fehle es an einer Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr, da als Verkäuferin für das Grundstück ausschließlich die GmbH in Betracht gekommen sei. Die Verkaufsabsicht der Kl. habe sich nicht an den allgemeinen Markt gerichtet, sie sei nicht werbend tätig geworden. Die Gesellschafter der Kl. hätten nicht beabsichtigt, die Gesamtverantwortung an dem Grundstück aus den Händen zu geben; sie hätten bloß eine weniger risikoreiche Rechtsform wählen wollen. Schließlich sei weiterhin geplant gewesen, das Grundstück als Seniorenzentrum betreiben zu lassen, wofür der bereits abgeschlossene Mietvertrag spreche. Als Erwerberin sei nie eine andere Partei in Betracht gekommen, sodass keine Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr vorliege.
Darüber hinaus stelle sich vorliegend die Tätigkeit der Kl. noch als private Vermögensverwaltung dar. Nach dem Gesamtbild sei die Hauptbetätigung der Kl. nicht der Kauf und Verkauf von Immobilien gewesen. Sie habe vielmehr vor allem planerische und verwaltende Aufgaben zu erfüllen, nämlich die Erschließung und Bebauung des Grundstücks, die Konzeption eines Seniorenzentrums und dessen Verwaltung durch Vermietung an einen Betreiber. Der Verkauf an die GmbH sei dagegen nur ein einzelner Akt gewesen, der aus haftungsrechtlichen Gründen erfolgt sei und mit der Hauptbetätigung der Kl. eigentlich nichts zu tun gehabt habe. Nach dem Gesamtbild der Betätigung sei daher die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb nicht überschritten.
Es gebe keine Indizien, die auf eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht hindeuten würden. Es werde nicht bestritten, dass die Gesellschafter der Kl. bereits vor Ersteigerung des Objekts Gespräche mit der zuständigen Gebietskörperschaft über eine Änderung des vorhandenen Flächennutzungsplans und mit dem D. als möglichem Betreiber geführt hätten. Es sei aber nicht ersichtlich, warum dies auf eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht hindeuten sollte. Die Gespräche mit der Gebietskörperschaft seien notwendig gewesen, da es sich um ein "Sondergebiet Motel" handelte, der Betrieb eines Seniorenzentrums somit nicht möglich gewesen wäre. Hätte die Gebietskörperschaft die Fläche nicht in ein allgemeines Wohngebiet umgewandelt, wäre das Grundstück von den Gesellschaftern der Kl. erst gar nicht ersteigert worden. Die Gespräche mit dem D. hätten dazu gedient, eine Mieterin für den Betrieb des noch zu erstellenden Seniorenzentrums zu finden, und ließen somit eher auf eine Vermietungs- als auf eine Verkaufsabsicht schließen.
Die Kl. beantragt,
unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom 21. Juli 2003 den angefochtenen Bescheid für 1995 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 4. Dezember 2000 i.d.F. des Einspruchsbescheids vom 21. Juli 2003 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte der Kl. nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt und statt mit 3.175.933 DM mit ./. 17.198 DM angesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Ziel der Kl. sei entgegen ihrer Klagebegründung nicht auf die Bebauung des Gesamtgrundstücks und anschließende Vermietung des Seniorenobjekts an einen Betreiber beschränkt gewesen. Die gemeinsame Verwaltung habe lediglich insbesondere die Vermietung umfasst. Hinsichtlich der behaupteten - sich erst möglicherweise in der Zukunft herausstellenden - Kontaminierung des Bodens habe die Kl. kein Beweissicherungsverfahren über den tatsächlichen Deponieinhalt durchgeführt. Der bloße Erwerb einer Vorrats-GmbH und deren Umbenennung allein minimierten kein Risiko. Erst durch den Verkauf des gem. § 8 WEG aufgeteilten Gesamtobjekts durch die Kl. an die GmbH habe das vorgenannte Ziel erreicht werden können. Die nach dem Grundstücksverkauf für die GmbH in den Folgejahren geschilderten Probleme (Mietvertragsanfechtung und Liquiditätslage) seien für das Klageverfahren unbeachtlich.
Tatsächlich sei durch den Grundstücksverkauf des unfertigen Gesamtobjekts ein Objektmehrwert i.H.v. 4.650.000 DM (6.500.000 - 1.850.000 DM) innerhalb einer Zeitspanne von weniger als drei Jahren realisiert worden. Entgegen der Ansicht der Kl. sei dieser Mehrwert nicht im Rahmen der nichteinkommensteuerbaren privaten Vermögensebene erzielt worden. Denn eine verwaltende Vermietertätigkeit sei durch die Kl. nicht erfolgt, da das unfertige Objekt veräußert worden sei. Das Finden und der Nachweis der Objektanmietung durch einen Betreiber gehöre in den Bereich der Objektkonzeption, da nur dadurch die Wirtschaftlichkeit des Objekts real darstellbar sei. Spätestens mit der Aufgabe der GbR-Vermietungsabsicht durch den beabsichtigten Verkauf an die GmbH habe sich die GbR-Tätigkeit auf die Verkehrsanschauung eines typischen Gewerbetreibenden für das Unternehmen eines Grundstücksentwicklers reduziert. Für die von Anfang an bestehende Verkaufsabsicht spreche auch, dass die GmbH bereits bis Mitte 1998 100 Wohneinheiten veräußert habe.
Entgegen der Ansicht der Kl. habe eine Wertabschöpfung auf der Ebene der GbR stattgefunden, denn die Kl. habe die Gewinnermittlung des FA nicht bestritten. Der von der Kl. für die GmbH ermittelte Rohgewinn für die Jahre 1996 bis 1999 i.H.v. 3,9 Mio. DM könne für die Ermittlung der Wertabschöpfung auf der Ebene der GmbH nicht zu Grunde gelegt werden. Tatsächlich habe sich der von der GmbH erklärte bilanzielle Gesamtgewinn für diesen Zeitraum auf ./. 4.900 DM belaufen.
Die baurechtliche Marktgängigkeit des Gesamtobjekts sei durch die von der Kl. betriebene Umwidmung von einem Sondergebiet in ein allgemeines Wohngebiet wesentlich beeinflusst worden, da die Ersteigerung von dieser Umwidmung abhängig gewesen sei. Entgegen den klägerischen Ausführungen sei nicht nur die Phase der reinen Verkäufe für die Überprüfung der steuerrechtlichen Gewerblichkeit der GbR einzubeziehen; die Einstufung erfolge vielmehr nach dem Gesamtbild der Tätigkeiten. Die bedingte Verkaufsabsicht des Objekts folge bereits aus der unbestrittenen zeitlichen Spanne zwischen Erwerb und Verkauf von deutlich weniger als fünf Jahren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat der Bekl. im Streitfall den Erwerb und die Weiterveräußerung des Objekts in G. durch die Kl. als gewerblichen Grundstückshandel erfasst und den hieraus erzielten Gewinn als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Streitjahr der Besteuerung unterworfen.
1.
Nach § 15 Abs.2 EStG liegt ein Gewerbebetrieb bei einer selbständigen nachhaltigen Betätigung vor, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Tätigkeit anzusehen ist; ferner darf sich die Betätigung nicht als private Vermögensverwaltung darstellen (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 23. Oktober 1987 III R 275/83, BStBl II 1988, 293; vom 18. Januar 1989 X R 108/88, BStBl II 1990, 1051; vom 11. April 1989 VIII R 266/84, BStBl II 1989, 621).
Für die Abgrenzung von privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel bei dem Kauf und Verkauf von Wohnungen hat der BFH in einer Reihe von Entscheidungen Merkmale aufgestellt, die auch auf den Streitfall Anwendung finden müssen. Danach liegt die Grenze, ab der gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen ist, beim Verkauf von vier Wohnungen (vgl. Urteile des BFH vom 26. Februar 1988 III R 321/84, BFH/NV 1988, 561, und vom 6. April 1990 III R 28/87, BStBl II 1990, 1057 und vom 19. Dezember 1990 X R 165/87, BFH/NV 1991, 381).
Allerdings reicht der bloße Verkauf von mehr als drei Wohnungen für sich allein noch nicht aus, um die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zu überschreiten. Der gewerbliche Handel mit Wohnungen kommt vielmehr in der Regel erst dadurch zustande, dass der Veräußerer die Wohnungen zuvor gekauft oder selbst errichtet hat und sie in engem zeitlichem Zusammenhang damit veräußert. Ein enger zeitlicher Zusammenhang wird in der Regel angenommen, wenn die Zeitspanne zwischen Kauf oder Errichtung und Verkauf der Wohnungen nicht mehr als fünf Jahre beträgt (BFH-Urteile in BStBl II 1988, 293; in BStBl II 1990, 1057; in BFH/NV 1991, 381). Besteht ein solcher zeitlicher Zusammenhang, zwingt dies nach den Regeln der Lebenserfahrung mangels eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte zu der Schlussfolgerung, dass bei dem Kauf der Wohnungen zumindest eine bedingte Verkaufsabsicht bestanden hat (BFH-Urteile in BStBl II 1988, 293; in BFH/NV 1988, 561, und in BStBl II 1990, 1057).
2.
Diese Merkmale der Überschreitung der Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum gewerblichen Grundstückshandel sind im Streitfall nicht erfüllt. Denn die Kl. selbst hat vorliegend unstreitig nur ein einziges Objekt veräußert. Indes kann sich die Steuerbarkeit hier aus § 15 Abs. 2 EStG i.V.m. § 42 AO unter dem Gesichtspunkt ergeben, dass die Veräußerungen der einzelnen Wohnungen durch die GmbH der Kl. zuzurechnen ist. Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH gegeben, wenn eine Gestaltung gewählt worden ist, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 12. Juli 1988 IX R 149/83, BStBl II 1988, 942 m.w.N.). Eine allgemeine Antwort, wann der Missbrauchstatbestand im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf von Grundstücken unter Einschaltung Dritter erfüllt ist, ist nicht möglich. Die Antwort hängt ab vom Inhalt der Norm, deren Rechtsgeltung zu sichern ist, und von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall. Der BFH stellt allerdings in seiner Rechtsprechung auf bestimmte Indizien ab, die insoweit zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels führen können.
a)
Nach Ansicht des III. Senats des BFH (BFH-Urteil vom 12. Juli 1997 III R 47/88, BStBl II 1992, 143) kann im Einzelfall in der Zwischenschaltung einer ausschließlich aus nahestehenden Personen gebildeten Gesellschaft ein Scheingeschäft i.S. des § 41 AO 1977 oder ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten liegen. Letzteres sei unter dem Gesichtspunkt anzunehmen, dass es dem vom Verkäufer erstrebten Ziel meist unangemessen sei, "wenn unzusammenhängende Grundstücke nur insgesamt in einem Rechtsgeschäft oder an einen einzigen bestimmten Käufer veräußert" würden; bei einer solchen Gestaltung liege es daher nahe, daß dies ausschließlich geschehe, um die Besteuerung als gewerblichen Grundstückshandel zu vermeiden. Unabhängig davon, ob die zwischengeschaltete Gesellschaft als Strohmann tätig sei, könne eine missbräuchliche Gestaltung z.B. auch dann vorliegen, wenn die von der zwischengeschalteten Gesellschaft aufgewendeten Mittel für den Kaufpreis ganz oder zu einem erheblichen Teil vom Steuerpflichtigen selbst stammten oder im Wesentlichen erst aus dem Verkaufserlös für den Weiterverkauf der Wohnungen aufgebracht werden müssten. Eine missbräuchliche Gestaltung komme insbesondere dann in Betracht, wenn die in den Vertrieb der Grundstücke eingeschaltete Gesellschaft im Wesentlichen nur zu dem Zweck des Kaufs und Weiterverkaufs der Grundstücke gegründet worden sei und einen so hohen Kaufpreis gezahlt habe, dass von vornherein nur ein Verlust oder ein unerheblicher Gewinn aus dem Weiterverkauf zu erwarten gewesen sei. Die Anwendung des § 42 AO bewirkt nach Auffassung des III. Senats, dass sich der Verkäufer die nachhaltige Teilnahme der Gesellschaft am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zurechnen lassen muss. Nach dem BFH-Urteil vom 4. März 1993 IV R 28/92, BFH/NV 1993, 728 ist es rechtlich nicht notwendig, dass die zwischenerwerbende Gesellschaft im Wesentlichen zum Zweck des Ankaufs und des Wiederverkaufs gegründet worden ist.
b)
Der X. BFH-Senat ist dem III. Senat gefolgt. Er hat die vom III. Senat aufgestellten Kriterien in seinem Urteil vom 17. Juni 1998 X R 68/95, BStBl II 1998, 667 fortentwickelt und sowohl die Grundsätze für einen "Durchgriff durch die Gesellschaft aufgrund mittelbarer Tatherrschaft" als auch den Missbrauchstatbestand des § 42 AO als maßgebliche Besteuerungstatbestände angesehen. Soweit einvernehmlich und "gesamtplanmäßig" einzelne Tatbestandselemente, die beim Veräußerer den Tatbestand "Erzielen gewerblicher Einkünfte" vervollständigt hätte, auf eine in Bezug auf diese Tätigkeit funktionslose Gesellschaft ausgelagert würden, sei in Erwägung zu ziehen, dass auf diese Weise der Tatbestand des § 15 EStG zumindest teilweise "aufgrund mittelbarer Tatherrschaft" des Grundstücksveräußerers verwirklicht werde. Dies sei anzunehmen, wenn der Grundstücksveräußerer den einkommensteuerbaren Handlungstatbestand arbeitsteilig organisiere und sich selbst den wirtschaftlichen Erfolg der Transaktion sichere. Insbesondere eine den tatsächlichen Verkehrswerten nicht entsprechende Gestaltung des Kaufpreises und die zeitnahe Weiterveräußerung durch den Dritten indizierten einen zwischen dem Veräußerer und der Gesellschaft abgesprochenen Gesamtplan, der die in eigener Person und die "mittelbar" durch den anderen Rechtsträger verwirklichen Tatbestandsmerkmale zu dem vom Veräußerer selbst zurechenbar verwirklichen Steuertatbestand verklammere. Denn rechtlich maßgeblich sei hiernach, dass die "unmittelbaren" und zurechenbaren "mittelbaren" Tätigkeiten des Veräußerer selbst - Ankauf und zeitnahe Veräußerung zwecks Erzielung von Gewinnen aus der Umschichtung von Vermögenswerten - aufgrund einer Gesamtwürdigung als gewerblicher Handel mit Grundstücken zu qualifizieren seien.
c)
Diese rechtliche Sichtweise wird nach Auffassung des X. Senats bestätigt, jedenfalls aber rechtlich ermöglicht durch die Anwendung des § 42 AO. Insoweit sieht der X. Senat in einer unangemessenen Relation zwischen den vom Veräußerer selbst und vom Dritten erzielten Vermögensmehrungen ein Indiz dafür, dass der Dritte nur "pro forma" in die Veräußerungen der Grundstücke eingeschaltet ist. Eine solche gesamtplanmäßige Gestaltung habe letztlich den Zweck, Gewinne aus der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr in einer nichtsteuerbaren Sphäre entstehen zu lassen. Die Bewertung als "Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten" erhalte ihre rechtliche Begründung aus dem Tatbestand des § 15 EStG, dessen Rechtsgeltung gerade für den Fall zu sichern sei, dass der Steuerpflichtige der Verwirklichung gesetzlicher Tatbestandsmerkmale dadurch auszuweichen suche, dass er diese "pro forma" auf ein anderes Rechtssubjekt " auslagere". Ein solcher Umweg sei im Verhältnis zum Belastungsgrund des § 15 EStG "unangemessen", weil er das vom Steuerpflichtigen organisierte und beherrschte Geschehen "künstlich" und ohne außersteuerlichen wirtschaftlich vernünftigen Grund auf verschiedene "Rechtsträger" aufteile. Das Gericht folgt der Rechtsprechung des BFH. In Anwendung der vom BFH entwickelten Grundsätze gelangt der Senat im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu der Auffassung, dass die Verkäufe der GmbH der Kl. zuzurechnen sind.
3.
Die Kl. hat vorliegend das Grundstück insgesamt in einem Rechtsgeschäft und an einen einzigen bestimmten Käufer (hier: die GmbH) veräußert. Sie hat sich damit von vornherein der Möglichkeit begeben, durch eine Vielzahl von Einzelveräußerungen möglicherweise höhere Verkaufspreise zu erzielen. Bei einer solchen Gestaltung liegt es nach der oben zitierten Rechtsprechung des III. BFH-Senats nahe, dass dies ausschließlich geschieht, um die Besteuerung als gewerblichen Grundstückshandel zu vermeiden. Dem hält die Kl. entgegen, dass die Einschaltung der GmbH ausschließlich aus Haftungsgründen erfolgt sei, um nicht evtl. Schadensersatzansprüchen aufgrund der Kontaminierung des Bodens ausgesetzt zu sein.
a)
Der Senat hat erhebliche Zweifel an dieser Darstellung, insbesondere an dem Merkmal der Ausschließlichkeit. Denn nach Ansicht des Senats sind keine Anzeichen dafür erkennbar, dass im Verkaufszeitpunkt eine konkrete Gefährdungslage bestand, die zu einer Haftungsinanspruchnahme der Kl. hätte führen können. Bereits das von der Kl. in Auftrag gegebene Gutachten belegt dies. Der Gutachter bestätigt dort, dass die in den untersuchten Proben festgestellten Schadstoffe leicht erhöht seien, die Kohlenwasserstoffe, PCB-, PAK- und CSB-Werte aber noch nicht im Problembereich lägen. Zusammenfassend kommt er in seiner gutachterlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass aus den Ergebnissen der durchgeführten Erkundigungen die vorgestellte Altablagerung nicht als problematisch eingestuft werden könne. Emissionen über die Bodenluft und das Grundwasser seien nicht festgestellt worden, sodass keine Bedenken bestünden, die geplanten Bauvorhaben auf der Ablagerungsfläche vorzunehmen.
b)
Der von der Kl. behaupteten drohenden Haftung aufgrund der Kontaminierung des Bodens steht nach Auffassung des Senats überdies die Art der Bebauung sowie der Umstand entgegen, dass durch den von vornherein geplanten Verkauf der Wohnungen weder für die Kl. noch für die GmbH eine Inanspruchnahme als (mögliche) Zustandsstörer nach öffentlichem Recht drohte. Denn als solche wären die jeweiligen Käufer und nicht die Kl. anzusehen gewesen. Dass sich die GmbH als spätere Verkäuferin der einzelnen Wohnungen insoweit rechtlich abgesichert hatte, belegt der Hinweis in den Kaufverträgen, wonach der Boden gutachterlich untersucht worden sei, gefährdende Belastungen jedoch nicht festgestellt worden seien und die zuständigen Prüfbehörden keinerlei Bedenken gegen die Baumaßnahmen erhoben hätten.
4.
Ob die von der Kl. behauptete drohende Haftung tatsächlich die im Streitfall gewählte Auslagerung der Einzelveräußerungen auf die GmbH notwendig machte, kann der Senat jedoch letztlich dahingestellt sein lassen, da im Streitfall zusätzlich weitere Kriterien vorliegen, die die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs rechtfertigen.
a)
Soweit der III. BFH-Senat eine missbräuchliche Gestaltung darin sieht, dass die von der zwischengeschalteten Gesellschaft aufgewendeten Mittel für den Kaufpreis im Wesentlichen erst aus dem Verkaufserlös für den Weiterverkauf der Wohnungen aufgebracht werden müssen, sieht das erkennende Gericht diese Voraussetzung vorliegend als erfüllt an. Wie die Prozessbevollmächtigten der Kl. in ihren Schriftsätzen und auch in der mündlichen Verhandlung eingeräumt haben, war die finanzielle Situation der GmbH von Anfang an angespannt, sodass es mehrfach zu Gesprächen mit den finanzierenden Banken kam, in denen diese Probleme zur Sprache kamen. Die prekäre Situation der GmbH zeigt sich u.a. auch darin, dass der nach dem Kaufvertrag vereinbarte Zinssatz in der Folgezeit mehrfach reduziert wurde, tatsächlich die GmbH aber zu keinem Zeitpunkt Zinsen aus dem Kaufpreis an die Kl. entrichtet hat. Auch der Umstand, dass im weiteren Verlauf ein Teil der Gesellschafter und deren Angehörige einige der Wohnungen erwarben, damit die GmbH den Zins- und Tilgungsdienst an die Banken leisten konnte, zeigt nach Auffassung des Senats, dass die GmbH den Kaufpreis für das streitige Objekt zu keinem Zeitpunkt aus eigenen Mitteln, sondern nur aus den Erlösen der weiterverkauften Wohnungen aufbringen konnte.
b)
Mitursächlich für diese Situation war der hohe Kaufpreis, den die GmbH für den Erwerb des Grundstücks an die Kl. zu zahlen hatte. Insoweit hat die Kl. nicht glaubhaft darlegen können, worauf die hohe Differenz von 4,65 Mio. DM zwischen ihrem Einstandspreis und dem Veräußerungspreis für das Grundstück beruhte. Selbst unter Einbeziehung der der Kl. zwischenzeitlich entstandenen Aufwendungen, wie Grunderwerbsteuer, Planungs- und Provisionskosten von ca. 1 Mio. DM ergab sich für die Kl. ein verbleibender Mehrerlös von 3,65 Mio. DM, der durch reale Wertsteigerungen in diesem Umfang nicht gerechtfertigt gewesen sein kann. Die Kl. hat insoweit vorgetragen, dass der entstandene Wertzuwachs auf einer höheren Bebaubarkeit, gestiegenen Grundstückspreisen und veränderten Investitionsbedingungen beruht habe. Zwar mögen diese Faktoren den Wert des Grundstücks erhöht haben; eine Wertsteigerung dieser Größenordnung lässt sich hieraus jedoch nach Auffassung des Gerichts nicht herleiten. Hierbei hatte der Senat zum einen den kurzen Zeitraum zwischen An- und Verkauf von nur etwas mehr als 2 1/2 Jahren sowie die Tatsache zu berücksichtigen, dass sich die Kontaminierung des Grundstücks angeblich bereits kaufpreismindernd ausgewirkt haben soll. Schließlich zeigt auch der Umstand, dass die Beteiligten die Kaufpreisfindung nicht auf der Grundlage objektivierbarer Tatsachen (etwa durch Erstellung eines Verkehrswertgutachtens) vorgenommen haben, dass es vorliegend darum ging, der Kl. einen möglichst hohen Mehrerlös in der Erwartung zu sichern, dass dieser bei ihr nicht der Besteuerung unterliege.
c)
Der Senat hat bei seiner Entscheidung nicht maßgeblich darauf abgestellt, ob der GmbH tatsächlich - wie von der Kl. behauptet - kein nennenswerter Gewinn aus dem Ankauf des Grundstücks und der Weiterveräußerung der Wohnungen verblieben ist. Ein solcher wäre ohnehin nur festzustellen, wenn man der Ansicht der Kl. folgte und bei der Ermittlung des Gewinns auf den Rohgewinn und nicht auf den Reingewinn abstellen würde. Der Senat lässt im Ergebnis diese Streitfrage sowie die weitere Frage dahingestellt, ob im vorliegenden Fall eine unangemessene Relation zwischen der Vermögensmehrung der Kl. und der Vermögensmehrung durch die GmbH vorliegt. Insoweit war für ihn maßgebend, dass der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts in Anbetracht der ständigen Finanzprobleme der GmbH (diese erzielte in den Folgejahren überwiegend Verluste) im Ergebnis bei der Kl. verblieben und faktisch eine Besteuerung bei der GmbH unterblieben ist.
d)
Für eine insoweit einvernehmliche Planung spricht, dass ein Teil der Initiatoren der Kl. bereits ein Jahr vor Ersteigerung des Grundstücks an die Gemeinde herangetreten war und dieser ein entsprechendes Angebot zur Errichtung eines Seniorenparks unterbreitet hatte. Wie sich dem in 1993 erstellten Konzept entnehmen lässt, war bereits damals geplant, dass die Immobilie nur zu einem geringen Teil im Besitz der Investoren verbleiben, der überwiegende Teil jedoch an Kapitalanleger veräußert werden sollte. Die im Prospekt enthaltene Kostenaufstellung ist auf der Basis erstellt worden, dass der überwiegende Teil der Wohnungen vor Baubeginn veräußert sein sollte. Insoweit wurde bereits damals auf Verkaufsverhandlungen mit Fondsgesellschaften hingewiesen. Tatsächlich hat dann die GmbH auch abredegemäß die Wohnungen weiterveräußert. Dass eine solche Verabredung von Anfang an bestand, ergibt sich bereits auf Grund des auch vom BFH (vgl. BFH in BStBl II 1998, 671, unter II. 5.) für maßgeblich erachteten Umstands, dass die GmbH zeitnah einen Großteil der Wohnung veräußert hat. Insoweit war für den erkennenden Senat entscheidend, dass die GmbH innerhalb eines Zeitraums von nur drei Jahren 100 Wohnungen veräußert hat. Bereits die Tatsache, dass noch in 1995 (innerhalb von sieben Tagen nach Abschluss des Kaufvertrags) 6 Wohnungen von der GmbH zu einem Gesamtkaufpreis von fast 1,3 Mio. DM veräußert wurden, zeigt die bereits von Anfang an bestehende - auf die GmbH ausgelagerte - Verkaufsabsicht der Kl. Auch die von ihr noch vor dem Weiterverkauf vorgenommene Teilung des Grundstücks in 136 Wohneinheiten hat die Verkehrsfähigkeit des Objekts erhöht und belegt, dass es der Kl. vornehmlich um dessen schnelle Vermarktung durch die GmbH ging. Entgegen dem Vortrag der Prozessbevollmächtigten der Kl. wurde die Teilung des Grundstücks auch nicht deshalb von der Kl. vorgenommen, weil ohnehin ein Notartermin anstand, sondern war bereits seit langem geplant. Dies ergibt sich aus dem Schreiben des Architekten G. an die Kl. vom 22. Oktober 1995, in dem darauf verwiesen wird, dass nach den Wünschen der Kl. für alle Häuser eine Teilungsgenehmigung beantragt und die Flächen entsprechend aufgeteilt werden sollten. Unter diesen Umständen vermag der von der GmbH tatsächlich mit der Betreibergesellschaft abgeschlossene Mietvertrag die - bedingte - Verkaufsabsicht nicht zu widerlegen, zumal der Mietvertrag die Verkäufe der Wohnungen offenkundig nicht erschwert hat.
5.
Es kann dahingestellt bleiben, ob § 42 AO nur dann anwendbar ist, wenn dem Steuerpflichtigen in subjektiver Hinsicht eine Missbrauchsabsicht nachzuweisen ist. In Fällen, in denen die hier erörterte Aufspaltung der Tatbestandsverwirklichung und die Verlagerung von Wertschöpfungen einvernehmlich geplant und verwirklicht wird, ist eine Missbrauchsabsicht zu vermuten (BFH-Urteil vom 9. Dezember 1993 V R 96/91, BFH/NV 1995, 460). Diese Voraussetzung ist - wie oben dargelegt - vorliegend erfüllt.
6.
Nach alledem steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Kl. den einkommensteuerbaren Handlungstatbestand im Streitfall derart arbeitsteilig organisiert hat, dass sie die GmbH "pro forma" in die Veräußerungen eingeschaltet und sich dabei selbst den wirtschaftlichen Erfolg der Transaktion gesichert hat. Insoweit war es für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 15 Abs. 2 EStG nicht erforderlich, dass sie in eigener Person am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnahm; es reichte aus, dass ihr die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr seitens der GmbH zuzurechnen war. Eine solche Teilnahme des Steuerpflichtigen (hier: die Kl.) am Marktgeschehen kann nach der Rechtsprechung des BFH auch dann gegeben sein, wenn der Steuerpflichtige mit dem Dritten (hier: die GmbH) nur ein Geschäft tätigt, der Dritte aber in Wirklichkeit und nach außen erkennbar in der Absicht vorgeschaltet ist, sich an den allgemeinen Markt zu wenden. Voraussetzung für eine solche Annahme ist, dass es sich bei dem Steuerpflichtigen und dem Dritten um nahe stehende Personen handelt, und der Steuerpflichtige rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, über die Entscheidungen des Dritten zu bestimmen (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1995 XI R 43-45/89, BStBl II 1996, 232). Diese Tatbestandsvoraussetzungen liegen im Streitfall nach Auffassung des Senats vor. Denn die GmbH sollte sich nach außen erkennbar bei den Grundstücksveräußerungen an den allgemeinen Markt wenden. Außerdem war die Kl. auf Grund der zwischen ihr und der GmbH bestehenden Gesellschafteridentität in der Lage, tatsächlich und rechtlich das Geschehen zu bestimmen.
7.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 Abs. 1 FGO.
8.
Die Revision war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.