Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 19.10.2006, Az.: 8 A 3/06

Anspruch auf Weiterbeschäftigung; Arbeitgeber; Arbeitsplatz; Auflösung; Ausländerfeindlichkeit; Auszubildender; Bilddatei; Dienst; Dienstverhältnis; Einstellungshindernis; Freie Kameradschaft; Freiheitlich-demokratische Grundordnung; Gewalt- und Willkürherrschaft; Gewähr für Verfassungstreue; Jugendvertreter; Kraftschlag; Kündigung; Loyalitätspflicht; Menschenwürde; personalbearbeitende Dienststelle; rechte Aktivitäten; rechte Szene; Rechtsextremismus; rechtsextremistische Aktivität; Standortverwaltung; Treuepflicht; Vertretung; Weiterbeschäftigung; Zumutbarkeit; Zweifel an Verfassungstreue; öffentlicher Dienst

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
19.10.2006
Aktenzeichen
8 A 3/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 53218
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 12.12.2007 - AZ: 17 LP 4/06
BVerwG - 10.07.2008 - AZ: BVerwG 6 PB 10.08

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die Auflösung eines nach § 9 Abs. 2 BPersVG mit dem Beteiligten zu 1) auf unbestimmte Zeit zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses.

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Der Beteiligte zu 1), am E. 1986 in F. geboren, begann am 1. September 2003 in der Ausbildungswerkstatt der Techn. Schule der Luftwaffe 3 in G. eine Ausbildung zum Fluggerätemechaniker / Fachrichtung Triebwerktechnik. Der Ausbildungsvertrag wurde seinerzeit zwischen der Standortverwaltung H. und dem Beteiligten zu 1) geschlossen, nachdem dieser am 11. Dezember 2002 über seine Treuepflicht zur Verfassung belehrt worden war und er damals eine entsprd. Belehrung unterzeichnet hatte. Die Standortverwaltung I. - die Antragstellerin - wurde dann seit dem 1. Juli 2005 die personalbearbeitende Dienststelle.

3

Im Februar 2006 hörte die zuständige Personalsachbearbeiterin der Antragstellerin den Beteiligten zu 1) bezüglich solcher Daten an, die vom Militärischen Abschirmdienst - MAD - im Januar 2006 übermittelt worden waren. Der Beteiligte zu 1) gestand zu, im April 2005 auf dem Grillplatz J. an einer Veranstaltung der „Freien Kameradschaft Gifhorn“ teilgenommen, dort Musik aus dem Rechtsrockbereich gehört, gegrillt und gefeiert zu haben und in G. ein T-Shirt mit einer Aufschrift getragen zu haben, die sich an ein Lied der rechtsextremistischen Skinband „Landser“ anlehnt. Dieses „Szeneoutfit“ trage er - so gab er an - ab und zu, weil ihm der Stil gefalle, nicht aber um der politischen Aussage willen. Er unterstütze keine rechtsextremen Bestrebungen und pflege auch keine Kontakte mehr zur Szene. Er wolle nur noch seine Ausbildung beenden.

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Die Antragstellerin mahnte ihn daraufhin unter Bezug auf seine Treue- und Loyalitätspflichten mit Schreiben vom 10. März 2006 ab.

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Im April 2006 teilte die Antragstellerin dem Beteiligten zu 1) mit, dass sie ihn nicht in ein Arbeitsverhältnis als Facharbeiter übernehmen werde. Mit Schreiben vom 23. Mai 2006 verlangte dieser daraufhin seine Weiterbeschäftigung unter Hinweis darauf, dass er neuerdings seit dem 17. Mai 2006 Mitglied bei der Bezirksjugend- und Auszubildendenvertretung beim Luftwaffenamt in K. sei. Hierauf teilte ihm die Standortverwaltung I. mit Schreiben vom 21. Juni 2006 mit, dass seine Weiterbeschäftigung nicht in Betracht komme, insoweit vielmehr ein Antrag gem. § 9 Abs. 4 BPersVG beim Verwaltungsgericht gestellt werde. Bis dahin werde seine Arbeitsleistung, u.zw. ab dem 24.6.06, abgelehnt. Am 23. Juni 2006 hatte der Beteiligte zu 1) seine Ausbildung erfolgreich beendet.

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Am 5. Juli 2006 hat die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin bei der Kammer unter Vorlage einer Vollmacht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der Begründung beantragt, der Beteiligte zu 1) sei vom MAD wegen seiner rechtsextremistischen Aktivitäten als Verdachtsperson eingestuft worden, so dass der Antragstellerin eine Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten sei. Denn der Beteiligte zu 1) biete weder die Gewähr der Verfassungstreue noch erbringe er die geforderte Treue und Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber. Seine Zugehörigkeit zur „rechten Szene“ und zum näheren Umfeld der rechtsorientierten „Freien Kameradschaft Gifhorn“ sowie auch seine ausländerfeindlichen Ansichten richteten sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung iSd Grundgesetzes. Die auf seinem Handy befindlichen Bilddateien rechtsextremistischen Hintergrunds (u.a. Hakenkreuz mit Totenkopf) habe er erst nach Einschaltung des MAD gelöscht, was jedoch die aufgetretenen Zweifel an seiner Verfassungstreue nicht beseitige. Der Beteiligte zu 1) schädige mit seinen Aktivitäten das Ansehen der Bundeswehr und das Vertrauen der Bürger in sie. Das Tragen eines entsprd. T-Shirts dokumentiere das. Aus alledem ergäben sich auch erhebliche Sicherheitsbedenken, da er in einem hochsensiblen Bereich tätig sei. Schließlich sei seine Weiterbeschäftigung aber auch deshalb unzumutbar, weil in der Standortverwaltung I. ein freier Dienstposten „Fluggerätemechaniker“ nicht zur Verfügung stehe. Die Antragstellerin beantragt,

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*das mit Wirkung vom 24. Juni 2006 zwischen der Antragstellerin und dem Beteiligten zu 1) gem. § 9 Abs. 2 BPersVG begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen.

8

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

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den Antrag abzuweisen.

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Er trägt im Wesentlichen vor, der Antrag sei nicht ordnungsgemäß binnen 2 Wochen gestellt worden. Die spezielle Vollmacht sei nicht - wie erforderlich - innerhalb der Ausschlussfrist vorgelegt worden. Zudem könnten die vorgetragenen Gründe nach der Abmahnung - entsprechend dem Kündigungsschutzrecht - nicht mehr verwertet werden, da sie verbraucht seien. Das Ausbildungsverhältnis sei nach dem ausführlichen Personalgespräch vom Februar 2006 fortgesetzt worden, so dass auf die älteren Vorfälle und Erkenntnisse nicht mehr zurückgegriffen werden könne.

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Die Beteiligten zu 2) und 3) unterstützen den Vortrag des Beteiligten zu 1) hinsichtlich des Fehlens einer speziellen Vollmacht und beantragen deshalb ebenfalls, den Antrag abzuweisen.

12

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

13

Der zulässige Antrag hat Erfolg.

14

1. Zulässig ist der Antrag, weil er von der dazu gem. § 9 Abs. 4 BPersVG befugten Person innerhalb der hier geltenden Ausschlussfrist gestellt worden ist.

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Der Leiter der Standortverwaltung I. hat, so wie das durch Organisationserlasse des Bundesministers der Verteidigung vorgesehen ist (vgl. Vertretungsanordnung BMVg v. 19.12.2002 / VMBl. 2003, S. 2 und „Hinweise für die Führung personalvertretungsrechtlicher Beschlußverfahren“ v. 9.1.1998 / VMBl. 1998, S. 80) ordnungsgemäß einen Verfahrensvertreter - die hier bevollmächtigte Regierungsdirektorin - namentlich benannt und in das Vollmachtsformular „eingesetzt“ (Nr. 5 Abs. 4 der gen. Hinweise des BMVg v. 9.1. 1998 - VMBl. 1998, S. 80). Denn grundsätzlich ist den personalbearbeitenden Dienststellen die Vertretung des Bundes für die Führung von personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG ganz ausdrücklich übertragen worden (so Nr. 3 Abs. 2 der gen. Hinweise v. 9.1.1998).

16

Da das vorliegende Verfahren von der Antragstellerin als ein schwieriges Verfahren von grundsätzlicher Bedeutung angesehen wird (Nr. 5 Abs. 2 der Hinweise vom 9.1.1998), ist es - entsprechend den Verfahrenshinweisen - in der Sachbearbeitung an die Wehrbereichsverwaltung abgegeben worden, der die erforderlichen Unterlagen nebst einer „vom Leiter der betroffenen Dienststelle unterzeichneten Vollmacht (Anlage)“ (vgl. Hinweise Nr. 5 Abs. 4) vorgelegt worden sind.

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Die vom Leiter der hier betroffenen Standortverwaltung ausgestellte Vollmacht ist inhaltlich nicht zu beanstanden: In der Vollmacht sind nicht nur die Verfahrensbevollmächtigte und das angerufene Gericht namentlich benannt worden, sondern auch die betroffene Dienststelle - die Standortverwaltung I. - und der Ort M.. Daneben ist kenntlich gemacht, dass es um eine Bundespersonalvertretungssache und nicht etwa um ein anderes Verfahren geht. Wenn insoweit das Aktenzeichen nicht eingesetzt worden ist, so ist das unschädlich, weil sich aus dem engen Zusammenhang mit dem Antrag - das am 5. Juli 2006 eingegangene Fax umfasste nicht nur den Antrag, sondern zugleich auch die Vollmacht - ohne Weiteres ergibt, für welches bundespersonalvertretungsrechtliche Verfahren die Vollmacht Gültigkeit haben sollte, nämlich allein für das von der Antragstellerin geführte Verfahren - betreffend den Beteiligten zu 1). Ein weiteres Verfahren der Antragstellerin war und ist beim Gericht nicht anhängig - schon gar nicht ein bundespersonalvertretungsrechtliches Verfahren.

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Der Antrag ist auch fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses gestellt worden, da eine inhaltlich ordnungsgemäße Vollmacht per Fax am 5. Juli 2006 dem Gericht - zusammen mit dem Antrag - zugegangen ist. Dass an diesem Tage nicht schon das Original der Vollmacht vorgelegen hat, sondern dieses (erst) als Anlage zum Schreiben vom 12. Juli 2006 vorgelegt worden ist, ist unschädlich: Die Vorlage der Vollmacht per Fax reicht aus (BGH NJW 2002, 1957 [BGH 07.03.2002 - VII ZR 193/01]; BFH NJW 1996, 2183 [BFH 14.03.1996 - IV R 44/95]).

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2. Begründet ist der Antrag, da es der Antragstellerin nicht zumutbar ist, den Beteiligten zu 1) weiterhin zu beschäftigen, u.zw. zum einen wegen des Fehlens eines adäquaten Ausbildungsplatzes und zum andern wegen Vorliegens eines Einstellungshindernisses.

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Der in § 9 Abs. 4 S. 1 BPersVG enthaltene Begriff der „Zumutbarkeit“ ist nicht mit dem identisch, den § 626 Abs. 1 BGB bei der Kündigung eines Dienstverhältnisses aus wichtigem Grunde verwendet. Denn es gelten im vorliegenden Verfahren Anforderungen, die für eine Einstellung in den öffentlichen Dienst maßgeblich sind: Wenn die Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden nach § 9 Abs. 2 BPersVG durch einseitige Erklärung bewirkt werden kann und von einer Entscheidung der betr. Behörde unabhängig ist, so ist eine derartig ausgestaltete Einstellung in den öffentlichen Dienst „jedenfalls dann unzumutbar, wenn ihr gesetzliche und tarifliche Einstellungshindernisse entgegenstehen“ (Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 7. Aufl. § 9 Rdn. 16). Gründe, die eine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung rechtfertigen, können in der Person des Auszubildenden bzw. Arbeitnehmers liegen oder es können zwingende betriebliche Gründe - Fehlen eines Ausbildungsplatzes - sein.

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2.1 Ein in der Person des Auszubildenden liegender Grund, der den Antrag nach § 9 Abs. 4 S. 1 BPersVG trägt, ist das Fehlen der Gewähr, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung iSd Grundgesetzes einzutreten (BVerwGE 62, 364). Die freiheitlich demokratische Grundordnung (FDGO) ist der Kern der demokratischen Gesellschaftsordnung , die durch das Grundgesetz (Art. 18 und 21) und die es ausfüllenden Gesetze aufgestellt sowie durch das Bundesverfassungsgericht präzisiert worden ist. Bei dieser Ordnung handelt es sich um eine solche, die

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"die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt" (BVerfGE 2, 112 f [BVerfG 21.01.1953 - 1 BvR 520/52]).

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Dazu gehören vor allem die Achtung der Menschenwürde und -rechte, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Unabhängigkeit der Gerichte, die Verantwortlichkeit der Regierung und das Mehrparteienprinzip (vgl. Freiheitliche demokratische Grundordnung, Materialien I und II, hrg. v. Denninger, 1. Aufl. 1977 stw 150, S. 211). Bezüglich dieser Verfassungsinhalte ist eine aktive - sozusagen „bekennende“ - Loyalität des Bediensteten gefordert, die beim Beteiligten zu 1) fehlt.

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Diese Loyalität ist allerdings nicht allein daran zu messen, ob er etwa formales Mitglied einer bereits verbotenen Partei oder Gruppierung ist oder ob er vielmehr solchen Gruppen zugerechnet werden kann, die legal operieren und (noch) nicht verboten sind.

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Jedoch ist hinsichtlich der „Freien Kameradschaften“ festzustellen, dass sie dem rechtsradikalen Spektrum zuzuordnen sind: „Freie Kameradschaften“ sind - nach dem Zerfall der „Aktion Widerstand“ als einer Antwort auf die sozial-liberale Ostpolitik zu Beginn der 70er Jahre - hervorgegangen aus der Anfang der 80er Jahre sehr aktiven, später zerfallenen „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten“ (ANS/NA) des ehem. Bundeswehrleutnants Kühnen.. Sie sind bewusst als äußerlich lose, intern jedoch straff organisierte Gruppen geschaffen worden, die keine formale Partei-/Organisationsstruktur benötigen, daher nicht über Mitgliedslisten verfügen, sondern sich auf enge persönliche Kontakte gründen. Ohne festes Parteiprogramm stellen sie für rechtsextrem bzw. -radikal orientierte Bürger attraktive, regional tätige Organisationen dar, die für rechtsextremes Gedankengut werben.

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Zu der „Kameradschaft Gifhorn“ berichtet der Nds. Verfassungsschutz (Bericht 2005, S. 39):

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„Ebenfalls auf politisch-ideologische Außenwirkung gerichtet sind die Aktivitäten der Kameradschaft Gifhorn und der Snevernjungs aus Schneverdingen. Beide Kameradschaften veröffentlichten auf ihren Internetseiten Erlebnisberichte über die Teilnahme an Veranstaltungen oder Demonstrationen der rechtsextremistischen Szene, CD- und Buchbesprechungen. Die Kameradschaft O. tritt auch unter den Bezeichnungen Widerstand O. oder Freie Nationalisten O. in Erscheinung.“

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Der Beteiligte zu 1) hat nach den Erkenntnissen des MAD am 23. April 2005 auf dem Grillplatz J. zusammen mit der „Kameradschaft Gifhorn“ gefeiert, dort Musik gehört, gegrillt und Bier getrunken, nachdem er im Jahre 2004 schon „auf seine Bitten hin“ (S. 3 d. Schr. v. 10.1.2006) zu Treffen der gen. Kameradschaft mitgenommen worden war und in der Folgezeit an mehreren Feiern und Partys der Kameradschaft teilgenommen hatte - u.a. in einer Kneipe nahe L., wo auch eine Fahne der Kameradschaft über dem Kamin gehangen habe. Im April 2005 habe eine „Spontanparty“ mit Zugehörigen der gen. Kameradschaft in seiner Wohnung stattgefunden, bei der viel getrunken und - allerdings leise - rechte Musik abgespielt worden sei.

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Soweit der Beteiligte zu 1) behauptet, „zu keinem Zeitpunkt“ in eine rechtsextremistische Szene eingebunden gewesen zu sein (Schr. v. 3.8.2006, S. 3), kann dem unter solchen Umständen nicht gefolgt werden.

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Entscheidend für in der Person des Beteiligten zu 1) liegende Zweifel ist jedoch sein persönlicher Standort und seine individuelle Überzeugung nebst seinem wertbezogenen inhaltlichen Wirken (vgl. hierzu Matthey in GG-Kommentar, hrsg. von I. v. Münch, Bd. 2, Art. 33 Rdn. 19 m.w.N.). Dabei hat er - im Sinne eines „Bekennens“ - Gewähr zu bieten, für die Menschenwürde und -rechte nebst den genannten Verfassungsinhalten tatsächlich auch einzutreten:

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"Gewähr" bieten ist mehr als eine formal korrekte, im übrigen aber kühle und distanzierte Haltung. Sie fordert vom Beamten, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen absetzt, die den Staat oder die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen und diffamieren.“ (so OVG Koblenz, NVwZ 1998, 874).

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Der Beteiligte zu 1) hat nach den Erkenntnissen des MAD (vgl. Schr. des Amtes für den militärischen Abschirmdienst, Abt. II/II C v. 10.1.2006 / Bl. 15) eine ideologisch gefestigte rechtsextremistische Grundhaltung und bietet somit gerade nicht die Gewähr, der von ihm erklärten Treue zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung jederzeit nachzukommen. Nach der Einschätzung des MAD ist der Beteiligte zu 1) „seit Jahren in die rechtsextremistische Szene eingebunden“ und fühlt „sich dieser aus Überzeugung verbunden“. Nach der Auffassung des MAD ist eine „Loslösung aus der rechtsextremistischen Szene aufgrund seiner ideologischen Grundhaltung und seinem sozialen Umfeld nicht zu erwarten“ (Schr. v. 10.1.2006). Seine Grundhaltung ist in Anlehnung an eine „weltanschauliche Überzeugung von der Ungleichwertigkeit der Menschen“, die jedem Rechtsextremismus zugrunde liegt (vgl. Verfassungsschutzbericht Nds. 2005, S. 11), in hohem Maße von einer Überbetonung des „Deutschtums“ und „deutscher Tugenden“ bei gleichzeitigen Überfremdungsängsten und einer Ausländerfeindlichkeit bestimmt (S. 4 des gen. Schr. v. 10.1.2006).

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Er ist - nach ersten Kontakten Anfang 2004 - zu Treffen der „Freien Kameradschaft Gifhorn“ mitgenommen worden und hat sich dort hinter einer Reichskriegsflagge fotografieren (vgl. zu solchen Fotografien BVerwG, NVwZ 2001, 1413 [BVerwG 07.11.2000 - BVerwG 2 WD 18.00]) und dann auf einer Liste der NPD eintragen lassen. An entsprechende Treffen dieser „Kameradschaft“ im Februar 2005, im März/April 2005 (mit 30/40 Teilnehmern), im April 2005 in seiner eigenen Wohnung und an eine Grillparty vom 23.4.2005 in J. konnte er sich im September 2005 erinnern und räumte diese auch ein. Bis Juni 2005 hat er nach eigenen Angaben zudem die Homepage der gen. Kameradschaft, zu der er einen Zugang über Benutzernamen und auch Kennwort besessen habe, fortlaufend besucht.

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Da es „in der Szene üblich sei“, rechtsextreme Bilddateien auf dem Handy zu besitzen, die man bekomme und weiter verschicke, habe er solche auch gehabt, als sein Mobiltelefon im September 2005 durchgesehen worden sei (u.a. Reichskriegsflagge mit Hakenkreuz, Eisernes Kreuz mit Hakenkreuz u. SS-Runen, Hakenkreuz mit Totenkopf, Wehrmachtssoldat vor Hakenkreuzen mit Schriftzug „Der Sieg wird unser sein“, Eisernes Kreuz mit Hakenkreuz und Schriftzug „White Power“ usw.). Diese Bilddateien hat er nach seinen Angaben auch noch beim Personalgespräch am 10. Februar 2006 auf seinem Handy gehabt, dort auch vorgezeigt und anschließend nach seinen Angaben gelöscht (so S. 3 des Schr. v. 3.8. 2006).

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Die vom Beteiligten zu 1) im September 2005 eingeräumte „ausländerablehnende Haltung“, seine freimütig zugestandene Begeisterung für rechtsextremistische Musik, die er „einfach nur geil findet“, und der Besitz entsprechender CDs u.a. der Gruppen „Landser“ und „Stahlgewitter“ ist ebenso wie das Tragen entsprechender T-Shirts - u.a. das am 7. Juni 2005 in G. getragene „Lunikoff-T-Shirt“ als „Szeneoutfit“ - sehr deutlicher Beleg dafür, dass bei ihm die Gewähr, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung aktiv einzutreten und sich von Gruppen oder Bestrebungen zu distanzieren, die diesen Staat und/oder seine Verfassungsordnung bekämpfen, nicht in der erforderlichen Form gegeben ist.

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Soweit der Beteiligte zu 1) vorträgt (S. 3 d. Schr. v. 3.8.2006), er habe das „Lunikoff“-T-Shirt „im guten Glauben als ganz legal erhältliches T-Shirt der Band ´Lunikoff´ erworben“, die seines Wissens „keinerlei rechtsextremistisches Gedankengut“ verbreite, ist darauf zu verweisen, dass es sich bei „Lunikoff“ um den Spitznamen des Bandleaders Michael Regener der rechtsradikalen Rockband „Landser“ handelt, der seit April 2005 in der JVA Q. eine dreieinhalbjährige Haftstrafe absitzt (so Frankf. Rundschau v. 21.10. 2006). Bezüglich dieser rechtsradikalen Band „Landser“ kann auf die Pressemitteilung des Generalbundesanwalts 31/2002 vom 30.09.2002 verwiesen werden:

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„Unter Verzicht auf öffentliche Auftritte schufen die Bandmitglieder spätestens 1993 eine auf Heimlichkeit und Konspiration aufbauende Organisationsstruktur. Der Vertrieb der im Ausland produzierten CD’s erfolgte über ein abgetarntes Verteilernetz in der Bundesrepublik Deutschland. [...] Die Liedtexte [...] waren geprägt von rassistischen, nationalistischen und antisemitischen Hasstiraden. Sie riefen zu Gewalt gegen Ausländer, Juden und politisch Andersdenkende auf, und waren darauf angelegt, den Staat Bundesrepublik Deutschland sowie seine pluralistische Ordnung als untragbar zu diffamieren.“

38

Im März 2005 stufte der Bundesgerichtshof die Rockband „Landser“ als kriminelle Vereinigung ein und bestätigte eine mehrjährige Haftstrafe für den Bandleader, der vom Berliner Kammergericht im Dezember 2003 als Rädelsführer eingestuft worden war. Gegen die beiden anderen Bandmitgliedern waren Bewährungsstrafen verhängt worden.

39

Da der Beteiligte zu 1) auch noch im Herbst 2005 nach eigenen Angaben ca. 40 bis 50 CDs aller Musiksparten, darunter auch von der gen. rechtsradikalen Rockband „Landser“ besaß, daneben auf seinem - nach seinen Angaben inzwischen defekten - PC-Rechner MP3-Dateien mit ca. 10 Stunden Musikkapazität gespeichert hatte, „die meisten mit rechtsextremistischen Inhalten“ wiederum von Rechtsrockbands wie „Landser“, „Kraftschlag“, „Nordwind“, „Rennicke“ und „Stahlgewitter“, ist hinreichend belegt, in welchem Maße er trotz des in den Medien verbreiteten und allgemein bekannten Strafverfahrens gegen die Mitglieder der Gruppe „Landser“ noch an rechtsextremistischer Musik mit ihren extrem verfassungsfeindlichen Inhalten („Gewalt, Gewalt, die nackte Gewalt, was anders ist, wird umgeknallt“ oder „Kanake verrecke“ oder „Emanzenscheiße alles Mist, Türken ´raus, ich bin Sexist“) festgehalten und sie - wie er sich ausgedrückt hat - „geil“ gefunden hat. Diese offenkundige Identifikation, jedenfalls Begeisterung für rassistische Gewalt, Mord und Totschlag verherrlichende Texte steht in einem eindeutigen Widerspruch zur gebotenen Achtung der Menschenwürde und -rechte des Grundgesetzes. Ein aktives Eintreten hierfür ist vom Beteiligten zu 1) daher nicht zu erwarten.

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Zu der vom Beteiligten zu 1) abgespeicherten Musik ist folgendes festzustellen:

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Frank Rennicke greift mit seiner hauptsächlich für Gitarre komponierten Musik rechtsextreme Themen und Wertvorstellungen auf, verherrlicht den Nationalsozialismus, glorifiziert die Wehrmacht und bezeichnet z.B. die Oder-Neiße-Grenze als "Schandgrenze" und die Polen als "Beschmutzer deutscher Erde".

42

In den Liedern der Band „Kraftschlag“ wird der Nationalsozialismus verherrlicht und zu rassistischer Gewalt aufgerufen (Bsp.: "Für die Reinheit unserer Rasse sind wir bereit zu den Waffen zu greifen"). Die Tonträger der Gruppe sind wegen ihrer volksverhetzenden Inhalte überwiegend indiziert, im Falle der Alben "Trotz Verbot nicht tot" und "Nordwind" auch beschlagnahmt. Der „Frontmann“ der Band  Jens Uwe Arpe - wurde mehrfach zu Bewährungs- und Gefängnisstrafen verurteilt, so 1993 vom Amtsgericht Itzehoe zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe und 1999 zu zwei Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Aufgrund zahlreicher Auftrittsverbote absolvierte die Band fast nur noch Konzerte außerhalb Deutschlands. 2004 trat sie auf dem Pressefest der NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“ in Mücka auf. Ein weiteres Konzert auf dem NPD-Open-Air "Rock für Deutschland" am 9. Juli 2005 sagte Kraftschlag aufgrund von Auflagen durch die Stadt Gera ab.

43

Die Musikgruppe „Stahlgewitter“ wurde von Frank Krämer und Daniel "Gigi" Giese gegründet. Letzterer begann 1995 mit der Aufnahme des Albums 12 Doitsche Stimmungshits unter dem Bandnamen Die Zillertaler Türkenjäger für den rechtsradikalen Musikverleger Jens Hessler - dem Besitzer des geschlossenen rechtsradikalen Nibelungenversandes. Diese CD erlangte wegen ihrer bekannten Melodien in der Neonazi-Szene Berühmtheit. Die Gruppe trat häufig bei Konzerten von „Blood and Honour“ auf. Die 1996 veröffentlichte CD Das eiserne Gebet und die 1998 erschienene CD Germania wurden am 7. Dezember 1998 und am 9. Juni 1999 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert. Im Jahr 2002 veröffentlichte die Band ihre CD Politischer Soldat in einer Auflage von 8.000 Exemplaren. Wegen des Verdachtes der Volksverhetzung auf dieser CD durchsuchte die Polizei am 16. Dezember 2003 insgesamt sieben Wohnungen von Mitgliedern der Band in Meppen, Köln, Bonn und Winterthur (Schweiz) und beschlagnahmte dabei umfangreiches Material. Von der Staatsanwaltschaft Osnabrück wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, dem die Anklage der Produktion von Musik-CDs mit volksverhetzendem Inhalt zugrunde liegt.

44

Angesichts der Einschätzung des MAD vom 10.1.2006, eine Loslösung des Beteiligten zu 1) von einer solchen rechtsextremistischen Szene mit verfassungsfeindlichen Inhalten sei nicht zu erwarten, vermag die nach der Anhörung vom 10.2.2006 erfolgte Abmahnung der Antragstellerin vom 10. März 2006 - als Voraussetzung einer außerordentlichen Kündigung (vgl. Palandt, BGB-Kommentar, 65. Aufl. 2006, § 626 Rdn. 17,18 m.w.N.) - für das vorliegende Verfahren gem. § 9 BPersVG keine Bedeutung mehr zu entfalten - vor allem nicht in der Weise, dass ein Rückgriff auf länger zurückliegende Ereignisse etwa unzulässig sei: Die Erwartung, der Beteiligte zu 1) werde durch sein gesamtes Verhalten das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit ihrer Betonung einer allgemeinen und gleichen Menschenwürde erkennen lassen, ist angesichts der festzustellenden ideologischen Verfestigung des Beteiligten zu 1) in der rechtsextremistischen Szene nicht gerechtfertigt. Unter solchen Umständen besteht ein Einstellungshindernis, da dem Beteiligten zu 1) die erforderliche „Eignung“ iSv Art. 33 GG fehlt.

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Vielmehr ist die von der Antragstellerin vorgetragene Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung wegen Fehlens einer aktiven Verfassungstreue hinreichend belegt.

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2.2 Die Weiterbeschäftigung ist der Antragstellerin aber auch deshalb unzumutbar, weil im Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung ein auf Dauer angelegter adäquater Arbeitsplatz im Bereich der Ausbildungsstelle (vgl. BVerwG v. 11.11.2005) nicht zur Verfügung stand.

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Für die Frage, ob ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz für einen Jugendvertreter zur Verfügung steht, kommt es allein auf den Bereich der Ausbildungsdienststelle an (BVerwG, Beschl. v. 1.11.2005 - 6 P 3.05 -, PersR 2006, 382). Dabei besteht kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung auf einer nur befristeten Stelle oder auf Zusammenlegung mehrerer Teilstellen zu einer vollen Stelle. Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Schaffung einer Stelle zur Weiterbeschäftigung (Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, Kommentar, 11. Aufl. 2003, § 58 Rdn. 4 m.w.N.). Ist kein entsprechender Arbeitsplatz frei, so kann der Ausgebildete nicht verlangen, dass er auf einem zwar freien, aber seiner Ausbildung nicht entsprechenden Arbeitsplatz weiterbeschäftigt wird (BayVGH, ZBR 1988, 137; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, aaO., § 9 Rdn. 17 m.w.N.). Der Arbeitgeber ist auch nicht etwa verpflichtet, durch betriebsorganisatorische Maßnahmen eine Beschäftigungsmöglichkeit zu schaffen oder aber etwa gehalten, betriebliche und finanzielle Vorkehrungen zu treffen, um dem Mitarbeiter nach Abschluss seiner Ausbildung einen auf Dauer angelegten ausbildungsgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können (Nds.OVG, Beschl. v. 9.9.1994, PersR 1995, 90 m.w.N.).

48

Bei der Standortverwaltung I. war ein Dienstposten „Fluggerätemechaniker“ im Zeitpunkt des Ausbildungsabschlusses nicht vorhanden; auch ist ein solcher Dienstposten nicht in absehbarer Zeit frei (vgl. dazu das Schr. v. 1.6.2006 an die WBV Nord, Dez. I 3).

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Damit ist der Antragstellerin auch aus diesem Grunde - mangels Arbeitsplatz - eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1) nicht zuzumuten.

50

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Verfahren frei von Gebühren und Auslagen des Gerichts ist (§ 12 Abs. 5 ArbGG) und eine Erstattung der Aufwendungen der Beteiligten nicht vorgesehen ist ( BVerwGE 4, 357/359). Das ist im Hinblick auf die in § 44 BPersVG geregelte allgemeine Kostenerstattungspflicht auch nicht erforderlich.