Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 21.01.2021, Az.: 7 B 3/20
Bewerberauswahl; Höhergruppierung; Unbeachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung; Verfügungsgrund
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 21.01.2021
- Aktenzeichen
- 7 B 3/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 70647
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 65 Abs 2 Nr 2 PersVG ND
- § 68 Abs 2 S 6 PersVG ND
Gründe
Der am 09.12.2020 gestellte Antrag,
den Beteiligten im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren in Bezug auf die Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit und Zahlung einer persönlichen Zulage im Fachbereich 56 Jobcenter, Fachdienst 53.3 Innere Dienste Rechenstelle, fortzusetzen,
über den hier gemäß §§ 83 Abs. 2 NPersVG, 85 Abs. 2 ArbGG, 937 Abs. 2, 944 ZPO die Fachkammer durch den Vorsitzenden ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Für den Erlass einstweiliger Verfügungen gelten im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nach § 83 Abs. 2 NPersVG i. V. m. § 85 Abs. 2 ArbGG mit bestimmten Maßgaben, auf die es im vorliegenden Verfahren nicht ankommt, die Vorschriften der ZPO über die einstweilige Verfügung entsprechend. Nach § 935 ZPO sind einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsverfügung). Nach § 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, soweit die Regelung nötig erscheint (Regelungsverfügung). Nach §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO sind der zu sichernde Anspruch (Verfügungsanspruch) und der Grund, weshalb die einstweilige Verfügung ergehen soll (Verfügungsgrund), glaubhaft zu machen. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt danach das Vorliegen eines Verfügungsgrundes, also eines hinreichenden Anlasses für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, sowie eines Verfügungsanspruchs, also eines Rechtsanspruchs des Antragstellers voraus, der vorläufig, d. h. bis einer eventuellen rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, geschützt werden soll (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 07.02.1996 – 7 B 7001/96 –, S. 4 f.; vom 03.07.1998 – 7 B 7002/98 –, S. 2; vom 28.02.2012 – 7 B 1/12 –, S. 2; vom 03.01.2017 – 7 B 3/16 –, S. 2).
Der Antragsteller hat bereits einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft machen können.
An die erforderliche Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruchs und eines Verfügungsgrundes sind strenge Anforderungen zu stellen, wenn eine einstweilige Verfügung faktisch das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens vorwegnimmt. Der Antragsteller begehrt eine solche Vorwegnahme der Hauptsache, weil er mit der Verfügung dasselbe begehrt, was er mit einer im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren in der Hauptsache zu erhebenden Klage erreichen könnte; nämlich die Verpflichtung zur Fortführung des Mitbestimmungsverfahrens.
Für die Bejahung eines Verfügungsgrundes genügt es nicht, dass die Personalvertretung wegen der Dauer eines Hauptsacheverfahrens eine Missachtung ihrer gesetzlich zugewiesenen Rechte gegebenenfalls über einen längeren Zeitraum hinnehmen müsste. Vielmehr muss eine vorläufige Regelung in der Weise unabweisbar notwendig erscheinen, dass dem Personalrat andernfalls für die von ihm wahrzunehmenden Belange schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die nicht mehr ausgeglichen werden können (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14.09.2017 – 17 MP 7/17 –, juris, Rn. 11; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.02.2016 – 5 M 2/16 –, juris, Rn. 5; VG Hannover, Beschluss vom 23.04.2019 – 17 B 1668/19 –, S. 2; Bieler/Müller-Fritzsche, Niedersächsisches Personalvertretungsrecht, 18. Aufl. 2020, § 83, Rn. 38; jeweils m. w. N.). Bei der Frage, wann schlechthin unzumutbare Folgen anzunehmen sind, ist sowohl das Interesse des Personalrates als auch dasjenige der von ihm vertretenen Beschäftigten in den Blick zu nehmen. Als wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei zu berücksichtigen, inwieweit die Arbeit des Personalrates ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung generell oder für bestimmte wichtige Bereiche in einer Weise unmöglich oder eingeschränkt würde, die auch nur vorübergehend hinzunehmen dem Personalrat und/oder den von ihm vertretenen Beschäftigten nicht angesonnen werden könnte (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.02.2016, a. a. O., Rn. 6).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Dass es für den Antragsteller oder die von ihm vertretenen Beschäftigten zu schweren und unzumutbaren Nachteilen käme, wenn die beantragte einstweilige Verfügung nicht erginge, ist nicht ersichtlich. Der Antragsteller ist auf die nachträgliche Feststellung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts zu verweisen, die darin liegen könnte, dass der Beteiligte zu Unrecht dessen Zustimmungsverweigerung nach § 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG als unbeachtlich angesehen hat (vgl. so auch Nds. OVG, Beschluss vom 06.02.2001 – 18 M 4450/00 –, S. 3; VG Hannover, Beschluss vom 23.04.2019, a. a. O.; VG Braunschweig, Beschluss vom 07.01.2004 – 17 B 79/04, S. 5; offen BVerwG, Beschluss vom 27.07.1990 – 6 PB 12/89 –, juris, Rn. 4; a. A. OVG Bremen, Beschluss vom 31.07.1991 – PV-B 4/91 –, juris, Rn. 2 ff.). Ausgehend davon, dass die Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit wieder rückgängig gemacht werden kann, stellt sich die Angelegenheit nicht als dringlich im oben beschriebenen Sinne dar. Die erstrebte Fortsetzung des Mitbestimmungsverfahrens kann die Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit und Zahlung einer persönlichen Zulage im Fachbereich 56 Jobcenter, Fachdienst 53.3 Innere Dienste Rechenstelle nicht verhindern. Diese erfolgte bereits zum 01.12.2020. Die im Auswahlverfahren erfolgreiche Bewerberin, Frau E., ist im Fachbereich 53 vorübergehend – probeweise zur Bewährung – mit dem Ziel einer dauerhaften Aufgabenübertragung nach erfolgreicher Bewährung umgesetzt worden.
Es steht in Bezug auf die Position des Antragstellers lediglich die prinzipielle Frage im Raum, ob sein Mitbestimmungsrecht nach § 65 Abs. 2 Nr. 2 und 4 NPersVG bei einer vom Beteiligten vorgenommenen Umsetzung einer Tarifbeschäftigten und der Zahlung einer persönlichen Zulage verletzt worden ist. Diese Frage wäre in einem ordentlichen Beschlussverfahren zu klären. Sollte in einem solchen Verfahren festgestellt werden, dass die Zustimmungsverweigerung zu Unrecht als unbeachtlich angesehen wurde, kann das Mitbestimmungsverfahren ohne weiteres noch fortgesetzt werden.
Nur dies will der Antragsteller ausweislich seiner eigenen Begründung auch erreichen. Die Verweisung auf das ordentliche Beschlussverfahren führt, anders als der Antragsteller meint, nicht dazu, dass er ohne Erlass einer einstweiligen Verfügung seine mitbestimmungsrechtlichen Verfahrensrechte nicht wahren kann. Sein Rechtschutz würde nicht in einer gegen Art. 19 Abs. 4 GG sprechenden Weise vereitelt. Angesichts des im Landespersonalvertretungsrecht geltenden verfahrensrechtlichen Beschleunigungsgrundsatz (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 ArbGG; zur Geltung des Beschleunigungsgrundsatzes im Personalvertretungsrecht etwa OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.12.2013 – 5 L 2/13 –, juris, Rn. 40) bestehet insbesondere auch kein ausreichender Anhalt für die These des Antragstellers, ein Hauptsacheverfahren würde mindestens zwei Jahre dauern.
Auch für die Ansicht des Antragstellers, der Weg über das ordentliche Beschlussverfahren führe dazu, dass der Antragsteller quasi rechtschutzlos gestellt werde, da die Gefahr bestünde, dass der Beteiligte gesetzliche Mitbestimmungsrechte dadurch unterlaufe, dass die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers (regelmäßig) für rechtlich unbeachtlich erklärt werde, gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Soweit keine durch Tatsachen begründeten Zweifel bestehen, kann grundsätzlich von einem Dienstherrn rechtstreues Verhalten erwartet werden (anders erst bei einer regelmäßigen und offensichtlichen Missachtung von Mitbestimmungsrechten, vgl. zu einer derartigen Fallgestaltung VG Köln, Beschluss vom 16.05.2008 – 33 L 484/08.PVB –, juris, Rn. 14).
Hinsichtlich des Interesses der vom Antragsteller vertretenen Beschäftigten ist in Rechnung zu stellen, dass die im Bewerbungsverfahren unterlegenen Bewerber durch die Verzögerungen eines etwaigen ordentlichen Beschlussverfahrens ebenfalls keine schweren und unzumutbaren Nachteile erleiden. Dieses Interesse kann dem Personalrat bei der Beurteilung des Verfügungsgrundes keine weiteren Rechte vermitteln, als ihm nach dem zugrundeliegenden Mitbestimmungstatbestand, hier nach § 65 Abs. 1 Nr. 4 und 7 NPersVG, zustehen. Auf Fragen etwaiger Erfahrungsvorsprünge der Konkurrenten, auf die der Antragsteller in seiner Begründung abstellt, kann er sich für sein Mitbestimmungsrecht nicht berufen (vgl. dazu unten im Rahmen des Verfügungsanspruchs).
Darüber hinaus – selbstständig tragend – ist auch kein Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht.
Unter Beachtung des Erfordernisses eines effektiven Rechtsschutzes sind strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung auch des Verfügungsanspruchs zu stellen. Ein auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichteter Antrag kann nur Erfolg haben, wenn ein Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich erfolgreich wäre. (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14.09.2017, a. a. O.). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Umsetzung und (probeweisen) Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit und Zahlung einer persönlichen Zulage sind zwar gemäß § 65 Abs. 2 Nr. 1 und 2 NPersVG mitbestimmungspflichtige Maßnahmen (vgl. insbesondere auch zur probeweisen Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit BVerwG, Urteil vom 14.12.1962 – VII P 3.62 –, BVerwGE 15, 212; Dembowski/Ladwig/Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, § 65 NPersVG, Rn. 211), jedoch besteht kein Anspruch des Antragstellers darauf, dass das Mitbestimmungsverfahren in Bezug auf die genannten Maßnahmen im Fachbereich 56 Jobcenter, Fachdienst 53.3 Innere Dienste Rechenstelle fortgeführt wird.
Denn die für diese Maßnahme erforderliche Zustimmung des Antragstellers gilt gemäß § 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG als erteilt. Nach dieser Vorschrift ist eine Zustimmungsverweigerung u. a. unbeachtlich und gilt die Zustimmung als erteilt, wenn die von dem Personalrat aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung nach den §§ 64 bis 67 liegen.
Diese an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anknüpfende Regelung geht davon aus, dass der Personalrat nicht aus jedem ihm beachtlich erscheinenden Grund seine Zustimmung wirksam verweigern kann (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 03.03.2016 – 5 PB 31.15 –, juris, Rn. 5 f. m. w. N.). Es ist ihm nicht gestattet, von einer Mitbestimmungsbefugnis ohne inhaltlichen Bezug zu einem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand Gebrauch zu machen. Handelt es sich – wie hier bei der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit und Zahlung einer tariflichen Zulage – um personelle Maßnahmen, die auf dem Prinzip der Bestenauslese aufbauen, so ist zu beachten, dass die Beurteilung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung allein der Dienststelle obliegt. Der Dienststellenleitung ist von Verfassungs wegen aufgrund von Art. 33 Abs. 2 GG ein weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum eingeräumt, der gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar ist und in den auch der Personalrat mit seinen Einwendungen nicht eindringen darf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.09.1993 – 6 P 4.93 –, juris, Rn. 18; Nds. OVG, Beschluss vom 28.03.2019 – 18 LP 4/17 –, juris, Rn. 28). Dies gilt nicht nur für die Beamtinnen und Beamten, sondern für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes, da Art. 33 Abs. 2 GG insoweit keine Differenzierung vornimmt. Es gehört somit nicht zu den Aufgaben des Personalrats, sein eigenes Werturteil über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber anstelle der Beurteilung der Dienststelle zu setzen; eine ablehnende Begründung mit diesem Inhalt liegt deshalb offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung. Die Personalvertretung kann die Zustimmung im Hinblick auf den Mitbestimmungszweck in diesem Zusammenhang nur dann beachtlich verweigern, wenn die Dienststelle bei der Eignungsbeurteilung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.09.1992 – 6 P 24.91 –, juris, Rn. 25; Nds. OVG, Beschluss vom 28.03.2019; a. a. O.; Dembowski/Ladwig/Sellmann, § 68 Rn. 49 und 44 m. w. N.).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers zur Umsetzung und (probeweisen) Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit und Zahlung einer persönlichen Zulage im Fachbereich 56 Jobcenter, Fachdienst 53.3 Innere Dienste Rechenstelle zugunsten von Frau E. zu Recht als unbeachtlich angesehen worden, sodass die Zustimmung nach § 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG als erteilt gilt.
In formeller Hinsicht hat der Beteiligte nicht gegen seine Unterrichtungspflicht nach § 68 Abs. 2 Satz 1 NPersVG verstoßen. Der Umfang der Unterrichtung muss gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 und 4 NPersVG zwar umfassend sein und soll dem Personalrat die notwendigen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen vermitteln, die ihn zu einer sachgerechten Entscheidung befähigen. Umfassend ist die Unterrichtung der Personalvertretung durch die Dienststelle, wenn ihr das Entscheidungsmaterial in derselben Vollständigkeit zugänglich gemacht wird, in der es dem Dienststellenleiter bei seiner Meinungsbildung zur Verfügung gestanden hat (siehe § 60 Abs. 1 Satz 4 NPersVG; vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 24.02.1993 – 18 L 8484/91 –, BeckRS 2005, 20466).
Auch nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers lagen dem Schreiben des Beteiligten an den Antragsteller vom 21.10.2020 die im Schreiben unter „Bemerkungen“ in Bezug genommenen Vermerke über das Auswahlgespräch bei (siehe auch Bl. 1 ff. d. BA 002). Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, so steht ausweislich der Beschlussmitteilung des Antragstellers vom 02.11.2020 (siehe Bl. 12 f. d. GA) jedenfalls fest, dass der Auswahlvermerk dem gesamten Personalratsgremium vorlag. Dies hat den Antragsteller in die Lage versetzt, die Meinungsbildung des Beteiligten umfassend nachzuvollziehen. Der Auswahlvermerk vom 09.10.2020 ermöglichte dem Antragsteller die Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen für die Auswahlentscheidung. Daneben war eine weitere ausformulierte Begründung nicht notwendig (vgl. auch Bieler/Müller-Fritzsche, § 68, Rn. 7).
Auch in materieller Hinsicht greifen die Einwände des Antragstellers nicht durch. Der Beteiligte hat im Rahmen der Auswahlentscheidung und der damit zusammenhängenden Eignungsbeurteilung weder den anzuwendenden Begriff noch den gesetzlichen Rahmen verkannt, noch ist er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen oder hat allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers hat sich der Beteiligte bei der Auswahl von Frau E. nicht über ein im Anforderungsprofil genanntes konstitutives Merkmal hinweggesetzt (bei einem solchen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG wäre die Zustimmungsverweigerung beachtlich, vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 01.03.2011 – 8 Bf 206/10.PVL –, juris, Rn. 24 ff.).
Konstitutiv sind nur solche Kriterien, die objektiv überprüfbar, insbesondere ohne die ansonsten gebotene Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das fakultative/nicht-konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen, weil sie beispielsweise nur „erwünscht“ sind, oder die ihrer Art nach nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Faktoren – bejahend oder verneinend – festgestellt werden können. Die Abgrenzung zwischen dem konstitutiven und dem beschreibenden Teil des Anforderungsprofils ist eine Frage der Auslegung des Ausschreibungstextes, welche entsprechend § 133 BGB danach zu erfolgen hat, wie die Erklärung aus Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtung zu verstehen ist (vgl. zu Vorstehendem insgesamt Nds. OVG, Beschluss vom 03.01.2017 – 5 ME 157/16 –, juris, Rn. 33 m. w. N.).
Die danach vorzunehmende Auslegung aus Sicht des objektiven Empfängers spricht für die Einordnung als fakultatives Kriterium, da eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte/r oder der Abschluss des Angestelltenlehrgang I bzw. eine vergleichbare Qualifikation im Anforderungsprofil ausdrücklich nur „grundsätzlich“ gefordert wurde. Ferner ist diese Anforderung nicht als herausgehobenes Element in der Ausschreibung formuliert, sondern – gleichgestellt – neben den weiteren Kriterien, wie etwa Belastbarkeit, Engagement und Flexibilität, Team- und Kooperationsfähigkeit, selbstständiges Arbeiten. Aus dem der Ausschreibung beigefügten Ausschreibungsvermerk (Bl. 4 R Beiakten 001) ergibt sich, dass die Behörde ebenso wenig von einem konstitutiven Merkmal ausgegangen ist. Die Ausbildung taucht als Kriterium dort nicht einmal als wünschenswertes, geschweige denn als konstitutives Merkmal auf.
Dementsprechend handelt es sich – anders als der Antragsteller meint – bei dem Einwand Frau E. hätte nicht berücksichtigt werden dürfen, weil sie keine entsprechende Ausbildung vorweisen könne, nicht um die bloße Überprüfung eines Formalkriteriums, sondern um einen Eingriff in die Einschätzungsprärogative des Beteiligten.
Darüber hinaus stellt die Erwägung des Beteiligten im Auswahlvermerk, Frau E. solle durch ihre gute Arbeit nun die Chance gegeben werden, die höherwertige Tätigkeit dauerhaft auszuüben, keine sachwidrige Erwägung dar. Entgegen dem Verständnis des Antragstellers wird mit dieser abschließenden Aussage im Auswahlvermerk nicht eine für geleistete Arbeit vergangenheitsorientierte Belohnung für Frau E. ausgesprochen, sondern vielmehr auf ihre Erfahrung in dem Bereich abgestellt. Ferner wird aus der Formulierung eine in die Zukunft gerichtete Erwartung der Dienststelle ausgedrückt, die gerade vor dem Hintergrund zu verstehen ist, dass die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit zunächst nur zur Bewährung auf Probe erfolgt.
Auch die im Auswahlvermerk im Rahmen der Feindifferenzierung erwähnte kürzere Einarbeitungszeit von Frau E. im Vergleich zum unterlegenen Mitbewerber Herrn F. stellt keine sachfremde Erwägung dar.
Die berufliche Erfahrung eines Bewerbers kann im Rahmen seiner fachlichen Leistung berücksichtigt werden. Hier stellt der Beteiligte ersichtlich darauf ab, dass Frau E. in Bezug auf die zu besetzende Stelle bereits einschlägige fachliche Vorerfahrung mitbringt. Aus dem Gesamtkontext der Auswahlentscheidung ergibt sich, dass der Auswahlvermerk, soweit er abschließend von kürzerer Einarbeitungszeit spricht, die berufliche Erfahrung als Gradmesser für die fachliche Leistung in den Blick nehmen wollte. So wird auf Seite 3 des Auswahlvermerks auf die Vorerfahrung von Frau E. abgestellt (siehe Bl. 43 d. BA 001). Auch auf Seite 1 des Auswahlvermerks wird ihre mehrjährige Tätigkeit im Bereich der Rechenstelle hervorgehoben. Im Gegensatz dazu erwähnt der Vermerk auf Seite 3 betreffend Herrn F., dass er der einzige Bewerber sei, der noch keine Berührungspunkte mit dem Bereich der Rechenstelle vorweisen könne (siehe Bl. 41 und 43 d. BA 001). Die so verstandene Argumentation des Beteiligten ist nicht sachwidrig, da sie auf fachliche Vorerfahrung abstellt. Zudem verstößt der Auswahlvermerk, wenn er auf die Vorerfahrung von Frau E. in Bezug auf die ausgeschriebene Stelle abstellt, auch nicht gegen das beamtenrechtliche Laufbahnprinzip aus Art. 33 Abs. 2 GG. Denn das Laufbahnprinzip gilt von Verfassungs wegen nur für Beamte, nicht aber für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes (vgl. Germelmann, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2: Individualarbeitsrecht II, 4. Auflage 2018, § 254, Rn. 11). Vielmehr fordert das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung dem entsprechend, dass die im Anforderungsprofil genannten leistungsbezogenen Auswahlkriterien in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit den Anforderungen der konkret zu besetzenden Stelle stehen (vgl. nur BAG, Urteil vom 10.02.2015 – 9 AZR 554/13 –, juris, Rn. 14).
Daneben sind keine weiteren Gründe vorgebracht, die gegen die vom Beteiligten angenommene Zustimmungsfiktion nach § 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG sprechen. Soweit der Vorsitzende des Antragstellers seine abweichende Meinung zur Besetzungsentscheidung u.a. auch damit begründet hat, die Ausbildung eines Mitbewerbers sei zu Unrecht nicht als einschlägige Berufsausbildung gewertet worden, wird dieses Argument in der gerichtlichen Antragsbegründung – zu Recht - nicht – mehr – aufgegriffen. Denn aus dem Auswahlvermerk vom 09. Oktober 2020 ergibt sich nicht, dass die Auswahlentscheidung in irgendeiner Weise auf die fehlende (Berufs-) Ausbildung des Mitbewerbers abgestellt hat. Vielmehr ergibt sich daraus, dass die ausgewählte Bewerberin und ihr Mitbewerber von der Ausbildungs- und Prüfungspflicht befreit worden sind.
Für eine Kostenentscheidung ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren gemäß § 83 Abs. 2 NPersVG, § 12a ArbGG kein Raum.