Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 21.06.1996, Az.: SS 86/96

Maßstäbe für die Berechnung einer qualifizierten Rotlichtzeit

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
21.06.1996
Aktenzeichen
SS 86/96
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1996, 21432
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0621.SS86.96.0A

Fundstellen

  • NZV 1996, 503 (amtl. Leitsatz)
  • zfs 1996, 433 (Volltext mit red. LS)

Amtlicher Leitsatz

Für die Berechnung einer qualifizierten Rotlichtzeit von mehr als einer Sekunde ist es maßgeblich, wann das Fahrzeug die Haltelinie passiert (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung).

Gründe:

1

Nach den Feststellungen bog der Betroffene am 30. Januar 1995 mit seinem Kraftfahrzeug von der S Straße nach links in die B Straße ab, ohne das Rotlicht der dortigen Wechsellichtzeichenanlage zu beachten. Der Betroffene überquerte die 1,5 m hinter der Haltelinie befindliche erste Induktionsschleife mit einer Geschwindigkeit von etwa 17 km/h bei einer Rotlichtzeit von 1,1 Sekunden und die 7,9 m hinter der ersten angebrachte zweite Induktionsschleife bei 3,0 Sekunden. Das Amtsgericht ist unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Senats von einer vorwerfbaren Rotlichtzeit von 1,1 Sekunden ausgegangen.

2

Die getroffenen Feststellungen tragen jedoch keine Verurteilung wegen eines sogenannten qualifizierten Rotlichtverstoßes. Zutreffend hat allerdings das Amtsgericht nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu Grunde gelegt, dass bereits das Einfahren in den geschützten Bereich bei einer Rotlichtdauer von mehr als einer Sekunde eine erhebliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auslöst. Der Senat hat daraus gefolgert, dass für die Feststellung eines eine Sekunde überschreitenden Rotlichtverstoßes nicht der Zeitpunkt maßgeblich ist, in dem der Verkehrsteilnehmer die Haltelinie überquert, sondern derjenige, in dem er über die Fluchtlinie in die Kreuzung oder über die unterbrochene Quermarkierung in die Fußgänger-/Radwegfurt einfährt (NZV 1993, 446, Beschluss vom 19. August 1993 - Ss 150/93 -).

3

Daran hält der Senat im Interesse einer Rechtsvereinheitlichung nicht mehr fest. Er schließt sich unter Aufgabe dieser Rechtsprechung der Auffassung an, dass für die Berechnung der nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 BKatV i.V.m. Nr. 34.2 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV zur Annahme eines qualifizierten Rotlichtverstoßes erforderlichen Rotlichtzeit von mehr als einer Sekunde der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem das Fahrzeug die Haltelinie (Zeichen 294) passiert, sofern der Verkehrsteilnehmer anschließend in den durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich auch eingefahren ist (BayObLG NZV 1994, 200 f; OLG Frankfurt NZV 1995, 36 f = NJW 1995, 1229; sowie OLG Celle NdsRpfl 1996, 128).