Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 26.02.2010, Az.: L 15 AS 26/10 B ER
Ausschluss eines Antragstellers aus der gesetzlichen Krankenversicherung bei Bestehen einer privaten Krankenversicherung unmittelbar vor Bezug von Arbeitslosengeld II (ALG II); Vorliegen der Hilfebedürftigkeit unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags zur privaten Krankenversicherung durch Verminderung des Beitrags für den Basistarif für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte; Beschränkung des Zuschusses eines Grundsicherungsträgers zu den Aufwendungen für eine private Krankenversicherung der Höhe nach auf den für einen Bezieher von ALG II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Beitrag; Zugrundelegung von monatlich beitragspflichtigen Einnahmen eines ALG-II-Beziehers in Bezug auf die Festsetzung der Krankenversicherung in Höhe von 14,3 Prozent; Übernahme der Beiträge als Annexleistung zu den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB); Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung als Mindestvoraussetzung für ein menschenwürdiges Dasein durch Sicherung der Sozialleistungen
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 26.02.2010
- Aktenzeichen
- L 15 AS 26/10 B ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 15326
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2010:0226.L15AS26.10B.ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - 21.01.2010 - AZ: S 22 AS 23/10 ER
Rechtsgrundlagen
- § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II
- § 26 Abs. 3 S. 1 SGB II
- § 243 SGB V
- § 246 SGB V
- § 12 Abs. 1c S. 4, 5 VAG
- § 12 Abs. 1c S. 6 HS 2 VAG
Tenor:
Der Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 21.01.2010 wird geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig einen weiteren Zuschuss zu den Beiträgen seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 111,79 EUR monatlich für den Zeitraum vom 07.01. bis 31.05.2010 zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. bewilligt.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des von dem Antragsgegner zu gewährenden Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Antragstellers streitig.
Der am 17.08.1977 geborene Antragsteller war nach seinen Angaben bis zum 30.04.2007 Zeitsoldat. Anschließend bezog er bis zum 31.01.2009 Übergangsleistungen, in deren Rahmen er zu 70% beihilfeberechtigt und zu 30% privat versichert war. Seit dem 01.02.2009 ist der Antragsteller mit einem Tarif von 100% privat kranken- und pflegeversichert, abgesehen von einer kurzfristigen Beschäftigungszeit im März 2009. Ausweislich des Versicherungsscheins des H. Krankenversicherungsvereins aG betrug der Monatsbeitrag im Jahr 2009 für die Krankenversicherung 214,84 EUR und für die Pflegeversicherung 19,10 EUR (insgesamt: 233,94 EUR). Zum 01.01.2010 wurde der Versicherungsbeitrag auf 253,90 EUR erhöht (Krankenversicherung: 235,11, Pflegeversicherung: 18,79 EUR, vgl. Versicherungsschein vom 14.10.2009). Der Antragsteller ist gegenwärtig im Tarif PNW krankenversichert, für den eine jährliche, auf 400 EUR beschränkte Selbstbeteiligung von 10% gilt (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung Teil II, Tarif PN, Abschnitt II A, www.I ...de). Für den Basistarif hätte der Antragsteller monatlich insgesamt 309,42 EUR (Kranken- und Pflegeversicherung) aufzuwenden (Bescheinigung der Fa. H. vom 12.02.2010).
Mit dem im Hauptsacheverfahren angefochtenen Bescheid vom 25.11.2009 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in Höhe von 644,00 EUR monatlich für den Bewilligungszeitraum von Dezember 2009 bis Mai 2010. Darin enthalten war ein Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 142,11 EUR. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein und machte geltend, der gewährte Zuschuss reiche zur Deckung der Kosten für die Krankenversicherung nicht aus. Er sei nicht in der Lage, die Differenz zwischen dem Zuschuss und den tatsächlichen Beiträgen aus der Regelleistung zu zahlen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass bei seiner privaten Krankenversicherung tariflich eine Selbstbeteiligung in Höhe von 10% vorgesehen sei. Er müsse monatlich 64,93 EUR für Medikamente verauslagen, die er nur teilweise erstattet erhalte. Sollten Beitragsrückstände bei seiner Krankenversicherung entstehen, müsse er mit einem Ruhen der Leistungen sowie mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen rechnen. Im Falle eines Wechsels in den Basistarif müsse er noch höhere Beiträge zahlen (ca. 285,00 EUR monatlich). Mit einem nicht in den Akten befindlichen Widerspruchsbescheid vom 28.01.2010 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet zurück. Hiergegen hat der Antragsteller nach seinem Vorbringen mit Schriftsatz vom 03.02.2010 Klage erhoben.
Bereits am 07.01.2010 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht (SG) Osnabrück um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht und im Wesentlichen seine Widerspruchsbegründung wiederholt. Ferner hat er darauf verwiesen, dass er eine von seinem Hausarzt für notwendig erachtete Langzeit-Psychotherapie derzeit nicht antreten könne, da er die in seinem Versicherungstarif vorgesehene Selbstbeteiligung in Höhe von 10% nicht aufbringen könne. Im Übrigen habe ihm seine private Krankenversicherung auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass das Versicherungsverhältnis ruhe, sobald Beitragsrückstände aufliefen. Die von ihm benötigten Medikamente würden dann nicht mehr erstattet, da diese nicht der Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen dienten.
Der Antragsgegner hat die Auffassung vertreten, dass der Zuschuss für die Aufwendungen für die private Krankenversicherung nach§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1 c S. 6 HS 2 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) auf den für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Beitrag begrenzt sei. Auch der Zuschuss zu den Aufwendungen für die private Pflegeversicherung sei nach § 26 Abs. 3 SGB II i.V.m. § 110 Abs. 2 S. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) auf den Beitrag begrenzt, der für einen ALG-II-Bezieher in der sozialen Pflegeversicherung zu tragen sei. Es gebe keine Rechtsgrundlage, nach der der ungedeckte Differenzbetrag bei der Leistungsgewährung nach dem SGB II berücksichtigt werden könne. Im Falle von Beitragsrückständen habe der Antragsteller nach den Regelungen desVersicherungsvertragsgesetztes (VVG) weder den Verlust des Versicherungsschutzes noch ein Ruhen der Leistungen zu befürchten. Die Aufwendungen für Medikamente müssten keineswegs langfristig aus den Regelleistungen finanziert werden, da der Versicherer diese regelmäßig erstatte.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 21.01.2010 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsteller habe zumindest einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, da derzeit Beitragsrückstände nach seinem Vorbringen noch nicht entstanden seien. Soweit der Antragsteller darauf verweise, dass er die Kosten für medizinische Behandlungen und Medikamente nicht mehr lange aufbringen könne, könne ihm vorbeugender Rechtsschutz nicht gewährt werden. Darüber hinaus bestehe der Versicherungsschutz sogar bei Beitragsrückständen fort, da sich aus § 206 Abs. 1 S. 1 VVG i.V.m. § 193 Abs. 3 u. 5 VVG ein absolutes Kündigungsverbot ergebe. Ein Ruhen des Leistungsanspruchs für Hilfebedürftige nach dem SGB II sei gemäß § 193 Abs. 6 S. 6 VVG nicht möglich. Soweit der Antragsteller Kosten für Arztbehandlungen und Medikamente verauslagen müsse, erfolge regelmäßig eine zeitnahe Erstattung durch die Versicherung. Im Hinblick auf die vereinbarte Selbstbeteiligung in Höhe von 10% sei ein Wechsel in den Basistarif zu erwägen, der für den Antragsteller im Ergebnis günstiger sein könne. Dieser biete ferner den Vorteil, dass der Arzt nach § 192 Abs. 7 VVG seinen Anspruch auf Leistungserstattung auch direkt gegen den Versicherer geltend machen könne.
Gegen den ihm am 22.01.2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am selben Tag Beschwerde erhoben. Zur Begründung beruft er sich u.a. auf den Senatsbeschluss vom 03.12.2009 (Az. L 15 AS 1048/09 B ER). Aufgrund der monatlichen Deckungslücke in Höhe von 111,79 EUR, die er durch "Hungern und Sparen" aufbringen müsse, sei sein sozio-kulturelles Existenzminimum nicht mehr gewährleistet sei, so dass an einem Anordnungsgrund nicht zu zweifeln sei. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass die Ruhensregelung des § 193 VVG rechtlich sehr umstritten sei. Dies machten sich die Privatversicherer zunutze, so dass oftmals aufgerechnet und Leistungen verweigert würden. Hinsichtlich des Anordnungsanspruchs vertritt der Antragsteller die Auffassung, dass auch bei einem in einem anderen PKV-Tarif Versicherten ein Anspruch auf Übernahme derjenigen Kosten bestehe, die im Falle einer Versicherung im Basistarif entstünden. Da der Basistarif teurer sei, sei der Antragsgegner auch zu verpflichten, die verbleibende Differenz für Medikamente und Behandlungskosten zu zahlen.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des SG Osnabrück vom 21.01.2010 zu verpflichten, ab dem 01.12.2009 die Beiträge zu seiner privaten Krankenversicherung in voller Höhe von 253,90 EUR monatlich zu übernehmen und die Kosten des anfallenden Selbstbehalts bis zur Höhe der überschießenden Kosten des Basistarifs ohne Selbstbehalt zu erstatten.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Maßgeblich ist hier die Berufungssumme gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG i. H. v. 750,00 EUR. Die monatliche Differenz zwischen dem von dem Antragsgegner bewilligten Zuschuss in Höhe von 142,11 EUR und der von dem Antragsteller begehrten Kostenbeteiligung bis zur Höhe des Basistarifs (ausweislich der Bescheinigung der Fa. H. vom 12.02.2010 insgesamt 309,42 EUR) beträgt 167,31 EUR. Damit übersteigt der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes streitige Gesamtbetrag für den Bewilligungszeitraum vom 01.12.2009 bis 31.05.2010 die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG deutlich.
Die Beschwerde ist in der Sache auch teilweise begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen vor, so dass der anderslautende Beschluss des SG aufzuheben ist. Allerdings ist der Antragsgegner nur zur vorläufigen Übernahme der von dem Antragsteller in seinen derzeitigen Tarifen tatsächlich geschuldeten Beiträge zu verpflichten. Hinsichtlich der darüber hinaus begehrten Kostenerstattung für die Selbstbeteiligung bis zur Höhe der Kosten des Basistarifs besteht kein Anordnungsanspruch.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich ausArt. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es - wie hier - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden. Der elementare Bedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage in einem solchen Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschlüsse vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, Rn. 19, 26 und vom 25.02.2009 - 1 BvR 120/09, Rn. 11, jeweils zitiert nach [...]).
Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erfüllt.
Zunächst ist festzustellen, dass der Antragsgegner aufgrund des Wortlauts der einfachgesetzlichen Regelungen zutreffend davon ausgegangen ist, dass der Beitragszuschuss der Höhe nach auf den für einen Bezieher von ALG II zu tragenden Beitrag beschränkt ist. Der Antragsteller ist nach dem durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378) mit Wirkung vom 01.01.2009 neu eingefügten Absatz 5 a des § 5 SGB V von der Versicherungspflicht als Bezieher von ALG II gem. Abs. 1 Nr. 2 a ausgenommen, weil er unmittelbar vor dem Bezug von ALG II privat krankenversichert war. Mithin ist für den Antragsteller mit dem Bezug von ALG II seit dem 01.12.2009 anders als nach früherem Recht keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung eingetreten. Ebenfalls zum 01.01.2009 hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 26 Abs. 2 SGB II über den Beitragszuschuss für Bezieher von ALG II, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig und nicht familienversichert sind, neu geregelt. Für Versicherte eines privaten Krankenversicherungsunternehmens verweist§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II nunmehr auf § 12 Abs. 1 c S. 5 u. 6 VAG. Aus diesen Regelungen ergibt sich für den hier vorliegenden Fall der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags zur privaten Krankenversicherung eine Verminderung des Beitrags für den Basistarif für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte. Dabei zahlt der zuständige Träger den Beitrag, der auch für einen Bezieher von ALG II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist (§ 12 Abs. 1 c S. 6 HS 2 VAG). Nach dem Wortlaut dieser Regelungen ist danach der Zuschuss des Grundsicherungsträgers zu den Aufwendungen für eine private Krankenversicherung der Höhe nach auf den für einen Bezieher von ALG II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Beitrag beschränkt. Nach den Beitragsregelungen des SGB V bemisst sich dieser Beitrag nach den beitragspflichtigen Einnahmen (§ 223 Abs. 2 S. 1 SGB V). Für Bezieher von ALG II gilt gemäß § 232 a Abs. 1 Nr. 2 SGB V der 30. Teil des 0,3450fachen der monatlichen Bezugsgröße als beitragspflichtige Einnahme. Die monatliche Bezugsgröße beläuft sich gemäß § 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) i.V.m. § 2 Abs. 1 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2009 auf 2.520,00 EUR bzw. 2.555,00 EUR (Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2010). Für ALG II-Bezieher sind danach im Jahr 2009 beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 869,40 EUR monatlich zugrunde zu legen (2.520 x 0,345) und im Jahr 2010 881,48 EUR (2.555 x 0,345). Anzuwenden ist gemäß § 246 SGB V der ermäßigte Beitragssatz des § 243 SGB V. Dieser beträgt seit dem 01.07.2009 14,3% (§ 2 GKV-Beitragssatzverordnung in der Fassung vom 02.03.2009). Es errechnet sich somit ein für Bezieher von ALG II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragender Beitrag in Höhe von 124,32 EUR (869,40 x 14,3%) bzw. - ab dem 01.01.2010 - in Höhe von 126,05 EUR (881,48 x 14,3%). Für die Zeit ab dem 01.01.2010 ergibt sich danach schon einfachgesetzlich ein höherer Zuschuss, als der Antragsgegner ihn mit Bescheid vom 25.11.2009 bewilligt hat.
Der Antragsgegner hat in seiner Antragserwiderung zutreffend ausgeführt, dass die Übernahme des streitigen Differenzbetrages als Darlehen nach § 23 Abs. 1 S. 1 SGB II nach dem Wortlaut dieser Vorschrift daran scheitert, dass es sich bei den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung nicht um einen von den Regelleistungen umfassten Bedarf (vgl. hierzu § 20 Abs. 1 SGB II) handelt. Vielmehr hat der Gesetzgeber insoweit zusätzliche Leistungen des Grundsicherungsträgers neben der Regelleistung vorgesehen (vgl. § 26 Abs. 2 SGB II, § 251 Abs. 4 SGB V). Bei der Übernahme der Beiträge handelt es sich um eine Annexleistung zu den Leistungen nach dem SGB II (Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 26 Rn. 5; vgl. auch die Gesetzesbegründung zu Abschnitt 2 des SGB II [BT-Drucksache 15/1516, S. 55], wonach pauschale Regelleistungen zuzüglich der zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung gewährt werden).
Schließlich scheiden auch Ansprüche gegen den Sozialhilfeträger nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) aus (vgl. hierzu ausführlich: Urteil des SG Karlsruhe vom 10.08.2009 - S 5 AS 2121/09, Rn. 38 ff., zitiert nach [...]), zumal es sich nach der Rechtsprechung des BSG bei der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II einerseits und nach dem SGB XII andererseits um sich gegenseitig ausschließende Systeme handelt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 28/06 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 8, Rn. 34).
Eine analoge Anwendung anderer Vorschriften, die die Übernahme der Beiträge zur Krankenversicherung in vollem Umfang vorsehen (§ 12 Abs. 1 c S. 5 VAG, § 26 Abs. 2 Nr. 2 HS 1 SGB II), kommt nicht in Betracht, da keine planwidrige Regelungslücke vorliegt (a. A.: SG Karlsruhe, a.a.O. Rn. 23ff; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.09.2009 - L 3 AS 3934/09 ER-B, Rn. 17ff; SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 02.10.2009 - S 31 AS 174/09 ER, jeweils zitiert nach [...]; vgl. auch: Brünner in: LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 26 Rn 23). Eine Regelungslücke liegt nämlich grundsätzlich nur dann vor, wenn das Gesetz, gemessen an der Regelungsabsicht des Gesetzgebers und den gesetzesimmanenten Zwecken, planwidrig unvollständig ist. Demgegenüber hat der Gesetzgeber für die vorliegende Fallkonstellation eine ausdrückliche Regelung in§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1 c S. 6 VAG getroffen. Zwar kann eine planwidrige Regelungslücke ausnahmsweise auch dann angenommen werden, wenn das Gesetz eine nach ihrem Wortlaut anwendbare Regelung enthält, diese aber nach ihrem Sinn und Zweck nicht passt bzw. sich in dem System, in dem sie als Teil enthalten ist, als Fremdkörper erweist. Solche Systemwidrigkeiten können auch nachträglich, z.B. durch Gesetzesänderungen eintreten. Die dadurch entstandene Regelungslücke ist dann möglicherweise durch Übertragung einer für einen anderen Tatbestand im Gesetz festgelegten Rechtsfolge zu schließen. Das setzt allerdings voraus, dass der lückenhaft geregelte Sachverhalt dem geregelten ähnlich ist und deshalb rechtlich gleichbehandelt werden muss und der Gesetzgeber, hätte er die Regelungslücke erkannt, die gebotene Regelung auch getroffen hätte. Eine Gleichsetzung von Sachverhalten bzw. Tatbeständen darf jedoch nicht erfolgen, wenn dadurch die Regelungsabsicht des Gesetzgebers vereitelt werden würde (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 21.10.1998 - B 9 V 7/98 R, Orientierungssatz 1 m.w.N., zitiert nach [...]). Auch diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Zwar erscheint die Belastung von Beziehern von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II mit (anteiligen) Kosten der Krankenversicherung in der Tat systemwidrig (vgl. hierzu ausführlich: SG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 29ff). Allerdings würde die Übertragung einer anderen Rechtsfolge (Bezuschussung des hälftigen Basistarifs in voller Höhe) auf den Tatbestand eines privat krankenversicherten Leistungsbeziehers nach dem SGB II, der unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags hilfebedürftig ist, die Regelungsabsicht des Gesetzgebers vereiteln. Denn der Beitrag, den der Versicherungsgeber vom Versicherungsnehmer im Falle der Hilfebedürftigkeit verlangen kann, wird in § 12 Abs. 1 c S. 4 VAG geregelt. Diese Vorschrift sieht eine Halbierung des Beitrags vor. Der Zuschuss des Grundsicherungsträgers ist demgegenüber in § 12 Abs. 1 c S. 6 HS 2 VAG geregelt. Durch die in S. 6 angeordnete entsprechende Anwendung des S. 4 wird klargestellt, dass durch die betragsmäßige Begrenzung des Zuschusses die Beitragsschuld des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherungsunternehmen nicht reduziert wird (vgl. BT-Drucksache 16/4247 zu Abs. 1 c, S. 69: "Es bleibt bei der vorgesehenen Beteiligung der Grundsicherungsträger und der vorgesehenen Begrenzung möglicher finanzieller Belastungen der Versicherungsunternehmen in diesen Fällen."). Zwar war die Bezugnahme auf S. 4 in dem ursprünglichen Entwurf des § 12 Abs. 1 c S. 6 VAG nicht enthalten, so dass die ursprüngliche Regelung auch so hätte verstanden werden können, dass eine Beitragspflicht in der privaten Krankenversicherung nur in Höhe des Beitrags in der gesetzlichen Krankenversicherung für Bezieher von ALG II bestehen sollte (vgl. Gegenüberstellung in der BT-Drucksache 16/4200, S. 209). Die auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit erfolgte Klarstellung in S. 6 macht jedoch deutlich, dass die nur anteilige Bezuschussung des hälftigen Beitrags im Basistarif der Regelungsabsicht des Gesetzgebers entspricht, auch wenn dieser - wie der Antragsteller in der Beschwerdebegründung meint - die Folgen dieser Regelung möglicherweise nicht überblickt hat. Wenn das LSG Baden-Württemberg dementsprechend in seinem Beschluss vom 30.06.2009 (Az.: L 2 SO 2529/09 ER-B, Rn. 19, zitiert nach [...]) zutreffend darauf hinweist, dass die Regelung des § 12 Abs. 1 c S. 6 VAG "politisch entschieden" worden und eine abschließende Lösung der Problematik in den Verhandlungen nicht zu erreichen gewesen sei (so auch Hessisches LSG, Beschluss vom 14.12.2009 - L 7 SO 165/09 B ER, Rn. 76), ist bei dieser Sachlage für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke kein Raum (ebenso: SG Dresden, Beschluss vom 18. September 2009 - S 29 AS 4051/09 ER; SG Berlin, Beschluss vom 27.11.2009 - S 37 AS 31127/09, Rn. 23; vgl. auch Brünner, a.a.O. Rn. 21: "bewusst in Kauf genommen"). Vielmehr bedarf es insoweit einer Korrektur durch den Gesetzgeber (vgl. hierzu die bereits vorliegenden vielfältigen Vorschläge etwa in der "Position des Deutschen Vereins zur Beitragslücke gem. § 12 Abs. 1 c S. 6 VAG" [www.deutscher-verein.de], des Bundesrates [BT-Drucksache 16/12677, S. 17], der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. [Ausschussdrucksache 16(14)0514(41)] und des Deutschen Städtetages [Erwartungen und Forderungen des Deutschen Städtetages an den neuen Bundestag und die neue Bundesregierung, S. 25/26, www.staedtetag.de] sowie die entsprechende Diskussion im Ausschuss für Gesundheit [BT-Drucksache 16/13260]). In der abgelaufenen Legislaturperiode wurden die Regelungen des § 26 SGB II zwecks Schließung einer Regelungslücke zwar noch dahingehend ergänzt, dass für Versicherungspflichtige in der gesetzlichen Krankenversicherung der Beitrag im notwendigen Umfang übernommen wird, wenn allein durch den Krankenversicherungsbeitrag Hilfebedürftigkeit entsteht (§ 26 Abs. 2 S. 2 SGB II, neu eingefügt mit Wirkung vom 01.01.2009 durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Dagegen ist es nicht gelungen, für Mitglieder einer privaten Krankenversicherung, die ihre Beiträge nicht zahlen können, eine konsensfähige Regelung zu finden (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drucksache 16/13428, S. 83; Beratung und Beschlussfassung des Deutschen Bundestags in der Sitzung am 02.07.2009, Plenarprotokoll 16/230, S. 25925ff), obwohl auch die damalige Bundesregierung insoweit Handlungsbedarf sah [vgl. BT-Drucksache 16/13965, S. 25f])).
Da der Antragsteller in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei ist, besteht für die Zeit des Leistungsbezugs auch keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung, § 20 Abs. 1 S 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI). Den Beitragszuschuss des Grundsicherungsträgers zur privaten Pflegeversicherung regelt § 26 Abs. 3 S. 1 SGB II. Danach werden für Bezieher von ALG II, die in der sozialen Pflegeversicherung nicht versicherungspflichtig und nicht familienversichert sind, für die Dauer des Leistungsbezugs die Aufwendungen für eine angemessene private Pflegeversicherung im notwendigen Umfang übernommen. Hierzu bestimmt § 110 Abs. 2 S. 3 bis 5 SGB XI ergänzend, dass für Personen, die im Basistarif nach § 12 VAG versichert sind und deren Beitrag zur Krankenversicherung sich nach § 12 Abs. 1 c S. 4 oder 6 VAG vermindert, der Beitrag 50% des sich nach Abs. 1 Nr. 2 e ergebenden Beitrags (Höchstbeitrag der sozialen Pflegeversicherung) nicht übersteigen darf. Für die Aufbringung der nach S. 3 verminderten Beiträge wird die entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 1 c S. 5 o. 6 VAG angeordnet. Dabei gilt S. 6 mit der Maßgabe, dass der zuständige Träger den Beitrag zahlt, der auch für einen Bezieher von ALG II in der sozialen Pflegeversicherung zu zahlen ist. Hieraus ergibt sich, dass auch hinsichtlich der Beiträge zur privaten Pflegeversicherung der Zuschuss des Grundsicherungsträgers auf den Betrag begrenzt ist, der für einen Bezieher von ALG II in der sozialen Pflegeversicherung zu tragen ist. Bei der Berechnung dieses Beitrags ist nach § 57 Abs. 2 SGB XI abweichend von § 232a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V der 30. Teil des 0,3620fachen der monatlichen Bezugsgröße als beitragspflichtige Einnahme zugrunde zu legen, mithin im Jahr 2009 912,24 EUR (2.520 x 0,3620) und im Jahr 2010 924,91 EUR (2555 x 0,3620) monatlich. Der Beitragssatz beträgt 1,95% (§ 55 Abs. 1 S. 1 SGB XI), so dass sich danach für ALG II-Bezieher ein Beitrag von 17,79 EUR (2009) bzw. 18,04 EUR (2010) errechnet.
Die danach in den einfachgesetzlichen Regelungen vorgesehene lediglich anteilige Bezuschussung der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung führt seit dem 01.07.2009 bei den privat versicherten Beziehern von ALG II zu einer monatlichen Deckungslücke von 178,53 EUR (ab 01.01.2010: 183,11 EUR), wenn diese im Basistarif zum Höchstbeitrag versichert sind. Für die Krankenversicherung gilt insoweit § 12 Abs. 1 c S. 1 VAG, wonach der Basistarif den Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen darf. Dabei wird im Jahr 2009 zur Berechnung des Höchstbeitrags der allgemeine Beitragssatz der Krankenkassen vom 01.01.2009 zugrunde gelegt. Dieser betrug 15,5% (§ 1 GKV-BSV in der Fassung vom 29.10.2008). Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung lag im Jahr 2009 bei monatlich 3.675,00 EUR, so dass sich der Höchstbeitrag auf 569,63 EUR (3.675 x 15,5%) belief. Der um die Hälfte reduzierte Beitrag im Basistarif beträgt danach 284,82 EUR. Der gemäß § 110 Abs. 2 S. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e SGB XI maßgebliche Höchstbeitrag in der sozialen Pflegeversicherung beläuft sich auf 71,66 EUR (3.675 x 1,95%). Hieraus errechnet sich ein um die Hälfte reduzierter Beitrag von 35,83 EUR. Auch für das Jahr 2010 ist nach § 12 Abs. 1 c S. 1 HS 2 VAG bei der Berechnung des Höchstbeitrags in der gesetzlichen Krankenversicherung von dem allgemeinen Beitragssatz vom 01.01.2009 - mithin 15,5% - auszugehen. Die monatliche Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2010 beträgt 3.750,00 EUR, so dass sich der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2010 EUR auf 581,25 EUR (3750 x 15,5%) beläuft (Hälfte: 290,63 EUR) Für die Pflegeversicherung im Jahr 2010 errechnet sich ein Höchstbeitrag von 73,13 EUR (Hälfte: 36,57 EUR).
Im Hinblick auf die durch die nur anteilige Bezuschussung entstehende erhebliche Deckungslücke in Höhe von 178,53 EUR bzw. 183,11 EUR monatlich sind § 12 Abs. 1 c S. 6 HS 2 VAG sowie § 110 Abs. 2 S. 4 HS 2 SGB XI zur Überzeugung des Senats verfassungswidrig (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 03.12.2009 - L 15 AS 1048/09 B ER, [...]). Sie verstoßen gegen die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates zur Sicherstellung des Existenzminimums, welche aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde i.V.m. dem Sozialstaatsgebot folgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 - 1 BvL 20/84 u.a., BVerfGE 82, 60, 80 sowie insbesondere Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 u. 1 BvL 4/09 zur Verfassungswidrigkeit der Regelleistungen). Nach den Verfassungsnormen desArt. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ist der Staat verpflichtet, dem mittellosen Bürger die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein durch Sozialleistungen zu sichern. Dazu gehört auch die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung (BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 1984 - 1 BvR 35/82 u.a., BVerfGE 68, 193, 209; BSG, Urteil vom 22 April 2008 - B 1 KR 10/07 R, SozR 4-2500 § 62 Nr. 6 Rn. 31). Vor diesem Hintergrund wurden in nahezu allen veröffentlichten sozialgerichtlichen Entscheidungen zur Deckungslücke bei den Beiträgen privat krankenversicherter Bezieher von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII zumindest Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der getroffenen Regelungen geäußert. Soweit ersichtlich hat lediglich die 37. Kammer des SG Berlin (Urteil vom 27.11.2009 - S 37 AS 31127/09) die Zuschussregelung des § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1 c S. 6 HS 2 VAG ausdrücklich als verfassungsgemäß angesehen.
Die in § 12 Abs. 1 c S. 6 HS 2 VAG vorgesehene Beschränkung der Zuschüsse auf die Beträge, die für einen in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung versicherten Leistungsbezieher anfallen, führt zu einer existenzgefährdenden Bedarfsunterdeckung, da die Differenz zwischen den Zuschüssen und den tatsächlich zu zahlenden Beiträgen nicht aus der Regelleistung bestritten werden kann. Denn obwohl der Gesetzgeber auf der einen Seite für Leistungsbezieher nach dem SGB II, die privat versichert sind, keine ausreichenden Leistungen zur Deckung des Bedarfs bereitstellt, hat er diesem Personenkreis auf der anderen Seite durch die gesetzlichen Neuregelungen zum 01.01.2009 die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu gesetzlich festgelegten Beiträgen auferlegt. So wurde durch das GKV-WSG vom 26.03.2007 mit Wirkung vom 01.01.2009 für alle Einwohner Deutschlands eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung eingeführt, um durch gesetzliche und private Krankenversicherungen als jeweils eigene Säule für die ihnen zugewiesenen Personenkreise einen dauerhaften und ausreichenden Versicherungsschutz gegen das Risiko der Krankheit auch in sozialen Bedarfssituationen sicherzustellen. Hierzu wurden zahlreiche Vorschriften des SGB V, des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) und des VAG sowie der Kalkulationsverordnung geändert (vgl. zum Regelungskonzept im Einzelnen: BVerfG, Urteil vom 10.06.2009 - 1 BvR 706/08 u.a., Rn 13ff., zitiert nach [...]). Danach besteht für alle Personen, die weder gesetzlich krankenversichert sind noch einem dritten Sicherungssystem angehören, eine Pflicht zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung einer Krankheitskostenversicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen (§ 193 Abs. 3 VVG). Entsprechendes gilt für die private Pflegeversicherung, § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XI.
Vor diesem Hintergrund wäre der Gesetzgeber zur Überzeugung des Senats von Verfassungs wegen verpflichtet gewesen, die Beitrags- und Zuschussregelungen so auszugestalten, dass auch die Leistungsbezieher nach dem SGB II, deren Hilfebedürftigkeit - wie bei dem Antragsteller - unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags besteht (§ 12 Abs. 1 c S. 6 VAG), die Beiträge zu ihrer privaten Kranken- und Pflegeversicherung aus den Leistungen des Grundsicherungsträgers aufbringen können. Denn die trotz der Halbierung des Beitrags im Basistarif gem. § 12 Abs. 1 c S. 4 VAG entstehende Deckungslücke zwischen dem vom Grundsicherungsträger gewährten Zuschuss einerseits und dem zu zahlenden hälftigen Basistarif-Beitrag andererseits kann nicht aus der Regelleistung nach § 20 SGB II bestritten werden. Schließlich ist die Regelleistung so bemessen, dass sie ausreichen soll, um den Lebensunterhalt zu sichern (insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben,§ 20 Abs. 1 SGB II; vgl. im Einzelnen zur Zusammensetzung der aktuell geltenden Regelleistungen im SGB II: BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 u. 1 BvL 4/09; Schwabe, ZfF 2009, 145ff.). Wie bereits ausgeführt, dient die Regelleistung dagegen nicht - auch nicht anteilig - der Bestreitung der Kosten einer Absicherung im Krankheitsfall. Dies belegt auch eine Gegenüberstellung der im Falle eines zum Höchstbeitrag des Basistarifs versicherten Leistungsbeziehers einschlägigen Beträge: So verbliebe (im Jahr 2009) bei einer Zahlung der vom Grundsicherungsträger nicht übernommenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (178,53 EUR) aus der Regelleistung für Alleinstehende (359,00 EUR) lediglich noch ein Betrag von 180,47 EUR pro Monat zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im Falle des Antragstellers muss aus der Regelleistung monatlich ein Betrag in Höhe von 111,79 EUR (im Jahr 2010) aus der Regelleistung für ungedeckte Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aufgebracht worden, so dass lediglich noch ein Betrag in Höhe von 247,21 EUR zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht. Angesichts der aktuellen Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 zum Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bedarf es keiner weiterer Begründung, dass mit einer monatlichen Leistung von 180,47 EUR oder 247,21 EUR die verfassungsrechtliche Untergrenze des sozialrechtlich zu sichernden Existenzminimums eines in der Bundesrepublik Deutschland lebenden alleinstehenden Erwachsenen unterschritten und das zum Lebensunterhalt Unerlässliche nicht gewährleistet ist (im Ergebnis ebenso: SG Stuttgart, Beschluss vom 13. August 2009 - S 9 AS 5003/09 ER, Rn 28f; vgl. auch Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V., a.a.O.: "sozialstaatlich unvertretbare Regelungslücke"; zu den verfassungsrechtlichen Untergrenzen des sozialrechtlich zu sichernden Existenzminimums ausführlich: BVerfG a.a.O..; BSG, Urteil vom 22.04.2008 - B 1 KR 10/07 R, Rn. 16ff mit zahlreichen Nachweisen aus Rspr. und Lit.). In dieser bereits im Senatsbeschluss vom 03.12.2009 (L 15 AS 1048/09 B ER) vertretenen Rechtsauffassung sieht sich der Senat durch die aktuelle Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 bestätigt. Danach verlangt Art. 1 Abs. 1 GG, der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schützt, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt wird. Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG gebiete es, auch einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf zu decken, wenn dies im Einzelfall für ein menschenwürdiges Existenzminimum erforderlich sei (BVerfG a.a.O., Rn. 205f). Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch nicht der Auffassung der 37. Kammer des SG Berlin zu folgen, wonach die Begrenzung des Beitragszuschusses mit dem überragenden Gemeinwohlinteresse gerechtfertigt werden könne, die Versicherungswirtschaft mit in die Pflicht zu nehmen, eine systemimmanente Lösung für wirtschaftlich schwache Versicherte zu entwickeln, um nicht dauerhaft Beitragsschulden in hohem Umfang verwalten zu müssen (Urteil vom 27.11.2009 - S 37 AS 31127/09, Rn. 38). Denn diese Auffassung nimmt in Kauf, dass es zumindest im Einzelfall (wenn nicht sogar in einer Vielzahl von Fällen) zu einer verfassungswidrigen Bedarfsunterdeckung kommt.
Ob daneben auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegt, weil § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1 c S. 6 VAG anders als § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB II für freiwillige Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung eine betragsmäßige Begrenzung der Beitragsübernahme vorsieht (für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift: SG Karlsruhe, Urteil vom 10.08.2009 - S 5 AS 2121/09, Rn. 56), kann der Senat offen lassen (vgl. zu einem möglichen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz auch: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. September 2009 - L 3 AS 3934/09 ER-B, Rn. 24ff; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.11.2009 - L 7 B 334/09 AS).
Die Regelungen nach § 12 Abs. 1 c S. 6 HS 2 VAG und nach § 110 Abs. 2 S. 4 HS 2 SGB XI, wonach bei privat Kranken- und Pflegeversicherten, deren Hilfebedürftigkeit unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags besteht, erhebliche Deckungslücken zwischen der Beitraglast einerseits und dem vom Grundsicherungsträger gewährten Zuschuss andererseits auftreten, können auch nicht deshalb als verfassungsgemäß angesehen werden, weil mit Inkrafttreten desGKV-WSG zum 1. Januar 2009 für den Fall des Eintritts von Beitragsrückständen zusätzlich auch weitreichende Schutzvorschriften zugunsten der Versicherten geschaffen wurden (a. A. SG Berlin, a.a.O., Rn. 31). Denn der Hilfebedürftige kann - entgegen der Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 12. Oktober 2009 - L 7 B 197/09 AS) - nicht darauf verwiesen werden, eine Gefährdung seines Existenzminimums dadurch abzuwenden, seine Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung zukünftig nur noch in Höhe des Zuschusses des Grundsicherungsträgers zu zahlen und dadurch monatliche Beitragsschulden bei seinem Krankenversicherungsunternehmen anzuhäufen. Zwar würde der Hilfebedürftige dadurch seinen Versicherungsschutz jedenfalls nicht unmittelbar gefährden, weil nach § 206 Abs. 1 S. 1 VVG jede Kündigung einer Krankheitskostenversicherung, die - wie hier - eine Pflicht nach § 193 Abs. 3 S. 1 zur Aufrechterhaltung einer solchen Versicherung erfüllt, durch den Versicherer ausgeschlossen ist. Dies gilt auch für den Fall des Zahlungsverzugs, in dem unter den in § 193 Abs. 6 VVG näher bestimmten Voraussetzungen das Ruhen des Leistungsanspruchs eintritt. Denn das Ruhen endet unter anderem dann, wenn der Versicherungsnehmer hilfebedürftig i.S.d. SGB II wird. Nach zutreffender Ansicht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.10.2009 - L 20 B 56/09 SO ER, Rn. 32; SG Dresden, Beschluss vom 18.09.2009 - S 29 AS 4051/09 ER; Klerks, Der Beitrag für die private Krankenversicherung im Basistarif bei hilfebedürftigen Versicherungsnehmern nach dem SGB II und dem SGB XII, info also 2009, Seite 153, 158) tritt das Ruhen zudem von vornherein dann nicht ein, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier der Antragsteller - bereits im Leistungsbezug nach dem SGB II steht. Auch dürfte eine Aufrechnung rückständiger Beitragsansprüche gegen Erstattungsansprüche des Versicherungsnehmers ausgeschlossen sein (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; Klerks, a.a.O.).
Der Antragsteller kann allerdings vom Gericht - entgegen der offensichtlich vom SG vertretenen Auffassung - nicht darauf verwiesen werden, sich rechtsuntreu zu verhalten und gegen seine gesetzliche Verpflichtung zur Aufrechterhaltung seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu (im Basistarif) gesetzlich festgelegten Beiträgen zu verstoßen. Auch zeigen die von der Sozialgerichtsbarkeit bislang entschiedenen Fälle, dass die gesetzlichen Vorgaben von den privaten Krankenversicherungsunternehmen durchaus nicht immer eingehalten werden. Vor diesem Hintergrund ist es dem Antragsteller, der nach seinem glaubhaften Vorbringen einer laufenden medikamentösen Behandlung bedarf und sich derzeit einer Langzeit-Psychotherapie unterzieht, nicht zuzumuten, seine Beitragszahlung teilweise einzustellen und damit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sowie eine Auseinandersetzung mit seiner privaten Krankenversicherung über den Umfang seines Krankenversicherungsschutzes zu provozieren, die ggf. über den kostenpflichtigen Zivilrechtsweg zu führen wäre (ebenso: SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 2. Oktober 2009 - S 31 AS 174/09 ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. Juni 2009 - L 2 SO 2529/09 ER-B; Hessisches LSG, Beschluss vom 14.12.2009 - L 7 SO 165/09 B ER, Rn. 75). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Schutzvorschrift des § 193 Abs. 6 VVG das Ruhen der Leistungen nur solange ausschließt, wie der Antragsteller im Leistungsbezug nach dem SGB II steht. Sollte der Leistungsbezug enden, etwa durch Wiederaufnahme einer bedarfsdeckenden Erwerbstätigkeit, könnte der Versicherer umgehend wegen der bis dahin aufgelaufenen Beitragsrückstände das Ruhen der Leistungen feststellen mit der Folge, dass er nur noch für Aufwendungen haften würde, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderlich sind (vgl. § 193 Abs. 6 S. 5 VVG). Der Staat kommt seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zur Sicherung des Existenzminimums nicht mehr hinreichend nach, wenn er - anstatt selbst die existenzsichernden Kosten zu übernehmen - lediglich Regelungen schafft, nach denen Dritte existenzsichernde Leistungen zu erbringen haben (hier: Kostenübernahme für medizinische Versorgung bzw. Pflegeleistungen durch die private Kranken- bzw. Pflegeversicherung), hierdurch zugleich jedoch eine erhebliche Verschuldung des Hilfebedürftigen eintritt (nämlich in Höhe der o.g. Deckungslücke von 178,53 EUR bzw. 183,11 EUR pro Monat). Die Verletzung der verfassungsrechtlichen Pflicht zur Sicherung des Existenzminimums entfällt auch nicht dadurch, dass dem kraft Gesetzes zur Leistung verpflichteten Dritten (hier: private Kranken- und Pflegeversicherung) für die Zeit der Hilfebedürftigkeit i.S.d.SGB II (allerdings auch nur für diese Zeit) untersagt wird, infolge der Störung des gegenseitigen Vertragsverhältnisses (hier: Aussetzen der Beitragszahlung in Höhe der Deckungslücke von 178,53 EUR bzw. 183,11 EUR) seine Leistungen zu begrenzen oder einzustellen. Eine solche Verlagerung der Kosten der Existenzsicherung auf Dritte bzw. den Hilfebedürftigen ist von Verfassungs wegen ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat der Auffassung des SG nicht zu folgen, wonach mangels Vorliegens von Beitragsrückständen ein Anordnungsgrund nicht gegeben sei.
Schließlich kann der Antragsteller auch nicht darauf verwiesen werden, die durch den Zuschuss des Antragsgegners nicht gedeckten Beiträge aus seinem Schonvermögen (Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 2.887,00 EUR) zu finanzieren. Ein Verweis auf das sog. Schonvermögen kommt in aller Regel dann nicht in Betracht, wenn laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Streit stehen (vgl. hierzu etwa: Wündrich, Sozialgerichtsbarkeit 2009, S. 26 m.w.N.; Beschluss des 13. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen vom 13. Februar 2008 - L 13 AS 237/07 ER).
Der Senat ist berechtigt und aufgrund seiner Verpflichtung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Absatz 4 GG) sogar gehalten, dem Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung aufgrund des festgestellten Verfassungsverstoßes zumindest vorläufige Leistungen zuzusprechen. In diesem Zusammenhang hat der Senat die Rechtsprechung des BVerfG zu berücksichtigen, wonach sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen müssen und dieses ganz besonders dann gilt, wenn es - wie bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende - um die Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens geht. Aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip folgt die Pflicht der Rechtsprechung, diese Grundsätze bei der Anwendung des einfachen Rechts zu beachten. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte nach der Rechtsprechung des BVerfG zu verhindern (Beschlüsse vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, Rn. 26, und vom 25.02.2009 - 1 BvR 120/09, Rn. 11ff). Zwar hat das dem BVerfG vorbehaltene Verwerfungsmonopol nachArt. 100 GG zur Folge, dass ein Gericht Folgerungen aus einer von ihm angenommenen Verfassungswidrigkeit eines formellen Gesetzes - jedenfalls im Hauptsacheverfahren - erst nach deren Feststellung durch das BVerfG ziehen darf. Die Fachgerichte sind jedoch durch Art. 100 Abs. 1 GG nicht daran gehindert, schon vor der im Hauptsacheverfahren einzuholenden Entscheidung des BVerfG auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn dies nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsacheentscheidung dadurch nicht vorweggenommen wird (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1992 - 1 BvR 1028/91, BVerfGE 86, 382, Rn 29 - zitiert nach [...]; Beschlüsse vom 19. Juli 1996 - 1 BvL 39/95, vom 16. November 1993 - 2 BvR 1587/92, 12. Oktober 1993 - 2 BvQ 46/93 sowie vom 25. August 1992 - 1 BvR 1502/91; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b Rn 39; Sieckmann in: Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, 4. Auflage, Art. 100 Rn 10f.; ebenso zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung im finanzgerichtlichen Verfahren: BFH, Beschluss vom 3. März 1998 - IV B 49/97, BFHE 185, 418, Rn 16; Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 2.03.2007 - 7 V 21/07, StRE 2007, 547; ebenso zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren: Kuhla in: Posser/Wolff, Beck'scher Online-Kommentar zur VwGO, § 123 Rn 164ff. mit umfangreichen Nachweisen; ähnlich: Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 123 Rn 16; differenzierend etwa: Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage 2008, Rn 357 sowie Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2008, § 123 Rn 128ff.).
Der erkennende Senat nimmt durch die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung nur vorläufiger Leistungen nicht die Hauptsache vorweg, da die vorläufige Leistungsgewährung durch eine Rückabwicklung (Erstattung der nur vorläufig erhaltenen Leistungen) unschwer auch nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit korrigiert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 2009 - 1 BvR 120/09, Behindertenrecht 2009, 98).
Der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gebietet es, bereits im vorliegenden Eilverfahren zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Antragsteller eine einstweilige Anordnung über die Gewährung vorläufiger Leistungen gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG zu treffen. Gegen eine Vorlage an das BVerfG gem. Art. 100 GG im Rahmen des vorliegend zu entscheidenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sprechen - wie regelmäßig in Eilverfahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.1996 - 1 BvL 39/95, Rn. 9; Krodel, a.a.O, Rn 357 m.w.N.; Sieckmann, a.a.O" Rn 10, 11) - die akute Notsituation des Antragstellers und die durch den hiermit verbundenen Zeitverlust zu befürchtenden weiteren Rechtsbeeinträchtigungen. In diesem Zusammenhang hat das BVerfG wiederholt auf die Pflicht der Instanzgerichte hingewiesen, Fragen des Grundrechtsschutzes bereits im Einverfahren umfassend zu berücksichtigen (vgl. nur Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, Rn. 25 m.w.N.). Nach alledem fällt die insoweit anzustellende Folgenabwägung zu Lasten des Antragsgegners aus. Würde die einstweilige Anordnung nicht ergehen, wäre das Existenzminimum des Antragstellers nicht gedeckt. Diese möglicherweise längere Zeit dauernde, erhebliche Beeinträchtigung kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Der Umstand, dass im Gesetzgebungsverfahren bislang eine Lösung der seit längerem bekannten Problematik nicht gefunden werden konnte, kann nicht zu Lasten des Antragstellers gehen, die zur Sicherstellung ihres Existenzminimums auf Grundsicherungsleistungen angewiesen ist. Vor diesem Hintergrund hat das fiskalische Interesse der Antragsgegner zurückzustehen.
Die danach im Wege der einstweiligen Anordnung auszusprechende Verpflichtung des Antragsgegners, vorläufig einen höheren Zuschuss zu erbringen, ist der Höhe nach zu begrenzen auf die Differenz zwischen dem im Bescheid vom 25.11.2009 festgesetzten Zuschuss (142,11 EUR) und dem vom Antragsteller in seinem derzeitigen Tarif tatsächlich geschuldeten Beitrag (ab 01.01.2010: 253,90 EUR). Für die vom Antragsteller begehrte Bezuschussung seiner Selbstbeteiligung bis zur Höhe der Kosten des Basistarifs (309,42 EUR lt. Bescheinigung vom 12.02.2010) ist eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. § 26 SGB II sieht nach seinem Wortlaut lediglich die Gewährung eines Zuschusses zu Versicherungsbeiträgen vor, nicht aber eine Kostenbeteiligung hinsichtlich eines im Versicherungsvertrag vereinbarten Selbstbehalts. Das dargestellte Regelungskonzept geht ersichtlich davon aus, dass Versicherte bei Eintritt ihrer Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II in den Basistarif wechseln. Auf einen solchen Wechsel besteht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 b) VVG ein Rechtsanspruch. Die Wahl des Basistarifs ist zumutbar, da das Leistungsniveau demjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht und damit dem verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung Genüge getan ist (vgl. hierzuHessisches LSG, Beschluss vom 14.12.2009 - L 7 SO 165/09 B ER, Rn. 58). Ein Wechsel in den Basistarif dürfte vor diesem Hintergrund vom privat versicherten Hilfebedürftigen zu verlangen sein, da dieser nach § 2 Abs. 1 S. 1 SGB II verpflichtet ist, alle Möglichkeiten zur Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Der Basistarif bietet für den Antragsteller neben der - wie dargestellt - verfassungsrechtlich gebotenen Bezuschussung der Beiträge in voller Höhe den Vorteil, dass nach § 192 Abs. 7 VAG der Leistungserbringer (u.a. der Arzt oder Psychotherapeut) seinen Anspruch auf Leistungserstattung auch direkt gegenüber dem Versicherer geltend machen kann. Solange der Antragsteller nicht in den Basistarif gewechselt ist, ist der Antragsgegner lediglich verpflichtet, die Beiträge in der Höhe zu bezuschussen, in der sie tatsächlich anfallen.
Einer solchen Verpflichtung des Antragsgegners steht allerdings nicht entgegen, dass § 12 Abs. 1 c VAG nur die Gewährung eines Zuschusses zum Basistarif, nicht aber zu anderen Tarifen der privaten Krankenversicherung vorsieht. Auch unter Berücksichtigung der vereinbarten Selbstbeteiligung von 10%, die auf 400 EUR jährlich begrenzt ist und damit auf 12 Monate verteilt (höchstens) 33,33 EUR beträgt, sind die Kosten für den derzeitigen Tarif mit 278,23 EUR (Monatsbeitrag von 253,90 EUR zzgl. Selbstbeteiligung in Höhe von 33,33 EUR) geringer als die Kosten des Basistarifs (309,42 EUR). Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsgegner für den vom Antragsteller gewählten Tarif überhaupt keinen Zuschuss zu gewähren hat (vgl. für den Fall unangemessen hoher Kosten des vom Hilfebedürftigen gewählten Tarifs: Bayr. LSG, Beschluss vom 15.05.2009 - L 8 SO 51/09 B ER, Rn. 21), zumal auch bisher bereits ein Zuschuss (wenn auch der Höhe nach begrenzt) geleistet worden ist und damit der Antragsgegner selbst offenbar von einem Anspruch dem Grunde nach ausgeht. Ob zukünftig für den Fall, dass der Antragsteller nicht in den Basistarif wechselt, eine andere Beurteilung zu erfolgen hat, kann der Senat hier offen lassen.
Der Zeitraum, für den der Antragsgegner die verfassungswidrige Unterdeckung durch Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abzudecken hat, beginnt am 07.01.2010, dem Tag des Eingangs des Eilantrags beim SG Osnabrück. Auf diesen Zeitpunkt ist bei dem Erlass einstweiliger Anordnungen grundsätzlich abzustellen, da diese nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG zur Abwendung einer gegenwärtigen Notlage getroffen werden und daher - von hier nicht vorliegenden Ausnahmekonstellationen abgesehen - für in der Vergangenheit liegende Bedarfslagen nicht in Betracht kommen. Der Senat hat die vorläufige Regelung auf den 31.05.2010, d.h. auf das Ende des in dem Bescheid vom 25.11.2009 ausgewiesenen Bewilligungszeitraums beschränkt. Leistungsansprüche des Antragstellers für den Folgezeitraum wird der Antragsgegner zu gegebener Zeit unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Anspruchs des Antragstellers auf Sicherung des Existenzminimums zu prüfen haben.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Rechtsstreits.
Dem Antragsteller war für das Beschwerdeverfahren antragsgemäß Prozesskostenhilfe zu gewähren, da er die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann (§ 73 a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 S. 1 Zivilprozessordnung).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
F.
G.