Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.11.2010, Az.: 6 K 240/09
Glücksspielabgaben als zu den unter die Anwendung des § 8 Nr. 1f S. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) fallenden Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten; Ursächlicher Zusammenhang zwischen der Überlassung des Rechts auf Veranstaltung oder Durchführung von Glücksspielen durch Erteilung der Erlaubnis und einer Glücksspielabgabe; Anwendbarkeit von § 8 Nr. 1f S. 1 GewStG im Hinblick auf nicht final, sondern nur kausal begründete Aufwendungen im Zusammenhang mit der Überlassung eines Rechts als Gegenleistung im weitesten Sinn; Staatliche Erlaubnis zur Veranstaltung und Durchführung von öffentlichen Glücksspielen als Lizenz bzw. Konzession i.S.d. GewStG und des Glücksspielstaatsvertrages
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 11.11.2010
- Aktenzeichen
- 6 K 240/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 29223
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2010:1111.6K240.09.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 31.01.2012 - AZ: I R 105/10
Rechtsgrundlagen
- § 6 GewStG
- § 7 S. 1 GewStG
- § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG
- § 3 Abs. 1 NGlüSpG
- § 4 NGlüSpG
- § 13 Abs. 3 S. 2 NGlüSpG
- § 4 GlüStV
Fundstelle
- EFG 2011, 655-657
Hinzurechnung von Glücksspielabgaben nach § 8 Nr. 1 f GewStG
Tatbestand
In dem Verfahren ist streitig, ob die von der Klägerin nach § 13 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes vom 17. Dezember 2007 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt - NdsGVBl - 2007, 756 - NGlüSpG -) gezahlten Glücksspielabgaben Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten im Sinne des § 8 Nr. 1 f des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) darstellen und somit dem Gewinn aus Gewerbebetrieb anteilig hinzuzurechnen sind.
Die Klägerin führt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein Unternehmen mit Sitz in X., dessen Gegenstand das gewerbsmäßige Veranstalten öffentlicher Wetten über die Ziehung von Zahlen (Zahlenlotto) oder den Ausgang sportlicher Wettkämpfe (Sportwetten) und das gewerbsmäßige Veranstalten von Lotterien oder Ausspielungen ist. Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.xx gegründet. Das Stammkapital beträgt x Millionen DM, als Geschäftsführer mit dem Recht der gemeinsamen Vertretungsbefugnis sind A. sowie B. bestellt.
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 27. April 2009 gegenüber der Klägerin den Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen ab 2008 in Höhe von 1.680.206,00 EUR fest. Dabei berücksichtigte der Beklagte einen von der Klägerin mitgeteilten vorläufigen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 39.205.967,00 EUR sowie einen Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 1 f GewStG in Höhe von 8.800.000,00 EUR. Dieser Betrag beruhte auf der Angabe der Klägerin, sie habe im Jahr 2008 Glücksspielabgaben in Höhe von etwa 141.000.000,00 EUR an das Land Niedersachsen gezahlt.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung vertrat sie die Ansicht, die Glücksspielabgabe unterfalle nicht der Regelung des § 8 Nr. 1 f GewStG.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg; der Beklagte wies diesen durch Einspruchsbescheid vom 2. Juni 2009 als unbegründet zurück. Die Glücksspielabgaben seien Aufwendungen, die für die zeitlich befristete Überlassung eines Rechts entstünden. Damit erfüllten die Glücksspielabgaben den Tatbestand des § 8 Nr. 1 f GewStG. In diesem Zusammenhang verwies der Beklagte auch auf den Inhalt der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (Bundesgesetzblatt I 2007, 1912, Bundessteuerblatt - BStBl - I 2007, 630 -UntStRefG 2008 -) vom 4. Juli 2008 (BStBl I 2008, 730), nach dessen Inhalt in Rdnr. 35 Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 f GewStG auch vorliegen können, "wenn das Recht durch die öffentliche Hand überlassen wird (z.B. Glücksspiellizenzen an Spielbanken oder...)".
Außerdem diene die Einführung des § 8 Nr. 1 f GewStG durch Art. 3 Nr. 1 UntStRefG 2008 nicht nur der Stärkung des Objektsteuercharakters der GewSt, sondern auch der Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage.
Hiergegen hat die Klägerin am 1. Juli 2009 Klage erhoben mit dem Begehren, eine Hinzurechnung der Glücksspielabgaben nach§ 8 Nr. 1 f GewStG nicht vorzunehmen. Zur Begründung führt sie aus:
Die Auffassung des Beklagten widerspreche dem Wortlaut des § 8 Nr. 1 f GewStG. Bei der Glücksspielabgabe gemäß § 13 NGlüSpG handele es sich weder um eine Konzession noch um eine Lizenz, sondern um eine Abgabe, die per Gesetz in Abhängigkeit von bestimmten Spielumsätzen bzw. Spielkapital zu entrichten sei. Die Glücksspielabgaben stellten auch keine Aufwendungen für die zeitliche befristete Überlassung von Rechten dar, denn die Glücksspielabgabe sei keine Gegenleistung für die Überlassung des Rechts zur Durchführung von öffentlichen Glücksspielen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Zahlung der Glücksspielabgabe nach § 4 NGlüSpG keine Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis zur Durchführung eines öffentlichen Glücksspiels genannt ist. Allenfalls könnte die Verwaltungskostengebühr für die Erteilung der Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes vom 25. April 2007 (NdsGVBl 2007, 172) als Gegenleistung zu sehen sein.
Eine Konzession liege auch aufgrund der Monopolstellung der öffentlichen Hand begrifflich nicht vor, da es an einer Gewährung eines Rechtes der öffentlichen Hand im Rahmen eines für jedermann zugänglichen Marktes fehle.
Dementsprechend habe der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 8. März 1995 (II R 10/93, BStBl II 1995, 432) für die Spielbankabgabe nach dem Niedersächsischen Spielbankgesetz vom 25. Juli 1973 (NdsGVBl 1973, 253 - NSpG -) entschieden, dass es sich bei der Spielbankabgabe um eine Steuer im Sinne des § 3 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) handele; die Spielbankabgabe stelle keine Gegenleistung für eine besondere Leistung der öffentlichen Hand dar und sei auch nicht als Genehmigung (Konzession) zum Betrieb der Spielbank anzusehen. Die von der Klägerin im Streitjahr 2008 gezahlten Glücksspielabgaben seien in ihrem Aufbau und Charakter mit der Spielbankabgabe vergleichbar. In beiden Fällen werde die Geldleistungspflicht einseitig durch hoheitlichen Akt auferlegt, der Schuldner der Abgabe, die Bemessungsgrundlage und der Steuersatz seien im Gesetz geregelt. Beide Abgaben hätten abschöpfenden Charakter.
Eine Hinzurechnung der Glücksspielabgaben sei auch vor dem Hintergrund der Zielsetzung des Gesetzgebers bei der Ausweitung der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 8 Nr. 1 f GewStG nicht begründet. Sinn und Zweck der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen sei die Besteuerung des objektiven Gewerbeertrags durch Gleichbehandlung der Betriebe mit Eigen- oder Fremdkapital. Die von § 8 Nr. 1 f GewStG erfassten Rechte stellten dabei eine Fremdfinanzierung in Form der zeitlichen Überlassung von Sachkapital dar. Bei der Zahlung der Glücksspielabgaben handele es sich allerdings nicht um ein Entgelt, das für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital geleistet werde. Die Zahlung der Abgabe stehe in keinem Zusammenhang mit der Kapitalausstattung des Betriebs, im Streitfall der der Klägerin. Ziel der gesetzlichen Regelung des Glücksspielbetriebes durch den Staat sei vielmehr die Abwehr von Gefahren aus der mit Wetten verbundenen Folge- und Begleitkriminalität sowie die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht. Daneben sollten die Glücksspielteilnehmer vor betrügerischen Machenschaften und vor Zahlungsunfähigkeit des Veranstalters geschützt werden (Hinweis auf den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland - Glücksspielsstaatsvertrag - GlüStV -, NdsGVBl 2007, 768).
Nachdem die Klägerin am 30. September 2009 die Gewerbesteuererklärung 2008 beim Beklagten eingereicht hatte, setzte dieser gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 12. November 2009 den Gewerbesteuermessbetrag 2008 fest. Dieser Bescheid erging unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2009 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin den Gewerbesteuermessbetrag 2008 in geänderter Höhe fest. Die Bescheidänderung stützte der Beklagte auf § 164 Abs. 2 AO. Im Rahmen dieser Festsetzung berücksichtigte der Beklagte Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG wie folgt:
Aufwendungen für Konzessionen und Lizenzen etc. | 141.355.195,00 EUR |
---|---|
hiervon 25 vom Hundert | 35.338.798,00 EUR |
andere Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Gewerbesteuergesetz | 65.201,00 EUR |
Summe: | 35.403.999,00 EUR |
abzüglich Freibetrag | 100.000,00 EUR |
Summe: | 35.303.999,00 EUR |
davon 25 vom Hundert | 8.825.999,00 EUR |
Die Beträge sind zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 12. November 2009 in der Fassung des Bescheides vom 28. Dezember 2009 mit der Maßgabe zu ändern, dass eine Berücksichtigung der an das Land Niedersachsen gezahlten Glücksspielabgaben in Höhe von 141.355.195,00 EUR im Rahmen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 f GewStG unterbleibt, und der Gewerbesteuermessbetrag 2008 entsprechend herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung fest und verweist auf die dortigen Ausführungen. Ergänzend äußert er die Ansicht, die Glücksspielabgabe sei mit der Spielbankabgabe nicht vergleichbar, weil erstere im Gegensatz zur letzteren keine die übrigen Steuern abgeltende Wirkung besitze (vgl. § 5 NSpG). Im Übrigen stehe die Erlaubnis zum Betreiben von Glücksspielen entgegen der Ansicht der Klägerin in einem engen wechselseitigen kausalen Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Zahlung der Abgabe (vgl. auch § 17 GlüStV und § 13 Abs. 3 Satz 2 NGlüSpG). Die Erlaubnis könne nicht hinweggedacht werden, ohne dass die Verpflichtung zur Zahlung der Abgabe entfiele. Die Klägerin werde auf der Grundlage eines vom Staat abgeleiteten Rechts tätig. Diese Situation sei vergleichbar mit einem Gewerbebetrieb, der mit Fremdkapital arbeite.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1.
Der Bescheid für 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 12. November 2009 in der Fassung des Bescheides vom 28. Dezember 2009 ist gemäß § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden. Denn § 68 FGO ist anwendbar, wenn ein Gewerbesteuermessbescheid für Vorauszahlungszwecke durch einen Gewerbesteuermessbescheid für das Kalenderjahr ersetzt wird.
Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Klageerhebung durch einen anderen Verwaltungsakt geändert oder ersetzt, so wird gemäß § 68 Satz 1 FGO der ändernde oder ersetzende Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Die Vorschrift findet auch Anwendung, wenn an die Stelle eines Gewerbesteuermessbescheides für Zwecke der Vorauszahlungen (§ 19 Abs.3 Satz 3 GewStG) ein Gewerbesteuermessbescheid (§ 14 GewStG) tritt; denn dieser Bescheid ersetzt jenen (BFH-Urteil vom 9. September 1986 VIII R 198/84, BStBl II 1987, 28; zur Einkommensteuer: BFH-Beschluss vom 26. Mai 2006 IV B 147/04, [...], m.w.N. zur Rechtsprechung).
2.
Der Bescheid für 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 12. November 2009 in der Fassung des Bescheides vom 28. Dezember 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat zutreffend die an das Land Niedersachsen gezahlten Glücksspielabgaben in Höhe von 141.355.195,00 EUR im Rahmen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 f GewStG berücksichtigt.
Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist nach § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Dieser ist nach § 7 Satz 1 GewStG der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge.
a)
Gemäß § 8 Nr. 1 werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus den in § 8 Nr. 1 a - fGewStG benannten Aufwendungen hinzugerechnet, soweit die Summe den Betrag von 100.000,00 EUR übersteigt. Zu der Summe zählen nach§ 8 Nr. 1 f Satz 1 GewStG ein "Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen)."
b)
Entgegen der Ansicht der Klägerin zählen die Glücksspielabgaben nach § 13 NGlüSpG zu den unter die Anwendung des § 8 Nr. 1 f Satz 1 GewStG fallenden Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten.
aa)
Rechte i.S. des § 8 Nr. 1 f Satz 1 GewStG sind subjektive Rechte, insbesondere Immaterialgüterrechte, die eine Nutzungsbefugnis und entsprechende Abwehrrechte beinhalten (vgl. Keß in Lenski/Sternberg, GewStG, § 8 Nr. 1 f Rdnr. 9; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 7. Auflage 2009, § 8 Nr. 1 f Rdnr. 3).
Durch die Beauftragung der Klägerin zur Veranstaltung oder Durchführung von Glücksspielen durch das Land Niedersachsen nach § 3 NGlüSpG durch die Erlaubnis nach § 4 NGlüSpG hat das Land Niedersachsen der Klägerin das Recht auf Veranstaltung oder Durchführung von Glücksspielen überlassen, für das das Land Niedersachsen nach §§ 4, 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, § 2 NGlüSpG eine monopolistische Nutzungsbefugnis innehat. Diese Überlassung ist im Rahmen der zeitlichen Begrenzung der Erlaubnis und damit im Gegensatz zu einer endgültigen Rechtsübertragung, die von § 8 Nr. 1 f GewStG nicht erfasst wird (vgl. den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum UntStRefG 2008, Drucksache des Deutschen Bundestags - BT-Drucks. - 16/4841, 80; Keß, a.a.O., Rdnr. 16; Güroff, a.a.O., Rdnr. 6) zeitlich befristet.
Dabei ist nicht erforderlich, dass es sich bei dieser Überlassung des Rechts um eine Konzession oder eine Lizenz i.S. des Klammerzusatzes des § 8 Nr. 1 f Satz 1 GewStG handelt, da im Klammerzusatz insbesondere Konzessionen und Lizenzen benannt sind, der Tatbestand der Norm damit auch andere Arten der Überlassung von Rechten erfasst. Allerdings wird auch die Erlaubnis zur Veranstaltung oder Durchführung eines öffentlichen Glücksspiels nach §§ 3, 4 NGlüSpG dem Wortlaut nach als Konzession bzw. Lizenz (als gesetzlichen Spezifizierungen zeitlich befristet überlassener Rechte) von der Regelung des § 8 Nr.1 f Satz 1 GewStG erfasst. Denn unter Lizenz (vom lateinischen "licet": "es ist erlaubt") erfasst wird begrifflich die "Erlaubnis, Dinge zu tun, die ohne diese verboten sind" (so auch Keß, a.a.O., Rdnr. 12). Lizenzen dienen dem Staat zur Regulierung von bestimmten Bereichen, u.a. von gesellschaftlich sensiblen Bereichen wie etwa dem Glücksspiel. Unter Konzession (vom lateinischen "concedere": "zugestanden, erlauben") wird verstanden die "Verleihung eines Nutzungsrechts an einer öffentlichen Sache oder Bewilligung zur Ausübung einer Tätigkeit, die einer Person des öffentlichen Rechts vorbehalten ist", z.B. die behördliche Bewilligung zum Betrieb eines bewilligungspflichtigen Gewerbes, sprich die Veranstaltung oder Durchführung eines öffentlichen Glücksspiels (ebenso Keß, a.a.O., Rdnr. 10 und 18 und Güroff, a.a.O., Rdnr. 5). Dementsprechend spricht auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Zusammenhang mit der Erlaubnis öffentlichen Glücksspiels nach § 4 GlüStV von einer Konzession (EuGH-Urteil vom 8. September 2010 C-316/07 u.a., [...]).
bb)
Die Glücksspielabgaben nach § 13 NGlüSpG sind Aufwendungen für diese Überlassung des Rechts auf Veranstaltung oder Durchführung von Glücksspielen i.S. des § 8 Nr. 1 f Satz 1 GewStG. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die Erteilung der Erlaubnis zur Veranstaltung oder Durchführung von Glücksspielen nicht ohne Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Zahlung der Glücksspielabgaben betrachtet werden. Denn aus der Regelung des § 13 NGlüSpG, die den Veranstaltern nach § 3 Abs. 1 NGlüSpG und damit den durch Erteilung einer Erlaubnis Beauftragten die Abführung der Glücksspielabgabe auferlegt, wird deutlich, dass die Zahlung der Glücksspielabgaben im ursächlichen Zusammenhang mit der Überlassung des Rechts auf Veranstaltung oder Durchführung von Glücksspielen durch Erteilung der Erlaubnis steht. Zudem bestimmt § 13 Abs. 3 Satz 2 NGlüSpG, dass Näheres zur Leistung der Glücksspielabgabe in der Erlaubnis geregelt werde, so dass auch ein Verfahrenszusammenhang besteht. Ebenfalls wird der Zusammenhang der Erteilung der Erlaubnis mit der Pflicht zur Leistung der Glücksspielabgabe deutlich aus dem Zweck der Regelungen zum Glücksspielbetrieb. Denn den benannten Zielen in § 1 GlüStV und § 1 Abs. 3 NGlüSpG:
"1. das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Spielsuchtbekämpfung zu schaffen,
2. das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern,
3. den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten,
4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität einschließlich der Geldwäsche abgewehrt werden."
dienen gleichermaßen sowohl das begrenzte Zulassen von Glücksspielveranstaltungen durch Erteilung und Überwachung von Erlaubnissen an bestimmte zuverlässige Personen als auch die Verpflichtung zur Zahlung einer Glücksspielabgabe. Denn letztere führt durch ihre abschöpfende Wirkung dazu, das Streben nach Gewinn durch die Veranstaltung von Glücksspielen - die Abgabe schmälert den Gewinn des Veranstalters - und durch Teilnahme an solchen - die Abgabe schmälert die Spielausschüttungen - und damit den Gewinnsucht auslösende Charakter des Glücksspiels einzudämmen.
Der Senat vertritt hierbei die Ansicht, dass der Zusammenhang der Aufwendungen mit der Überlassung des Rechts i.S. des § 8 Nr. 1 f Satz 1 GewStG ("für") nicht nur final, sondern auch kausal begründet werden kann. Denn unter Berücksichtigung des Zwecks der Hinzurechnungen, den objektivierten Gewerbeertrag der Gewerbesteuer (vgl. den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum UntStRefG 2008, BT-Drucks. 16/4841, 78; BFH-Vorlage vom 27. Mai 2009 I R 30/08, BFH/NV 2009, 2059) zugrunde zu legen, ist unerheblich, ob die Aufwendungen zielgerichtet im Hinblick auf die Nutzung des Rechts ("Zahlung, um zu nutzen") oder ursächlich aufgrund der Nutzung des Rechts ("Zahlung, weil genutzt wird") entstehen. Damit ist im Rahmen der Subsumtion unter den Tatbestand des § 8 Nr. 1 f Satz 1 GewStG auch nicht - entgegen der Auffassung der Klägerin - ein synallagmatisches Verhältnis zwischen Rechtsüberlassung und Aufwendungen im Sinne von Leistung und Gegenleistung erforderlich. Es genügt vielmehr, dass die Aufwendungen im Endeffekt dafür aufgebracht werden, dass das Recht berechtigterweise überlassen wird (so auch Güroff, a.a.O., Rdnr. 9, der von einer "Gegenleistung im weitesten Sinn" spricht). Aus diesem Grund führt auch die Berücksichtigung des von der Klägerin angeführten Urteils des BFH vom 8. März 1995 (II R 10/93, a.a.O.), in dem der BFH entschieden hat, dass es sich bei der Spielbankabgabe nach dem NSpG um eine Steuer und nicht um eine Gegenleistung für eine besondere Leistung der öffentlichen Hand handele, nicht zu einem anderen Ergebnis. Im Übrigen hat der BFH in seiner Entscheidung - worauf der Beklagten zutreffend hinweist - maßgeblich auf die Abgeltungswirkung der Spielbankabgabe nach § 5 NSpG abgestellt, die der Glücksspielabgabe nach dem NGlüStG nicht zukommt.
Im Ergebnis ist die Klägerin nach § 13 NGlüSpG zur Abführung der Glücksspielabgaben verpflichtet für die Nutzung des Rechts zur Veranstaltung und Durchführung von Glücksspielen aufgrund der Erlaubnis nach § 4 NGlüSpG.
c)
Dies Ergebnis steht auch im Einklang mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck bei Einführung des § 8 Nr. 1 f GewStG. Nach dem Inhalt des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum UntStRefG 2008 sollte durch die Ausweitung der unter die gewerbesteuerliche Hinzurechung fallenden Eigenkapitalsubstitute die Steuerbemessungsgrundlage der Gewerbesteuer zur Stabilisierung der Gemeindesteuern verbreitert werden (BT-Drucks. 16/4841, 32). Dabei begreift der Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Besteuerung des objektivierten Gewerbeertrags auch die Überlassung von Rechten als Sachkapitalausstattung (BT-Drucks. 16/4841, 78, 80).
Auch im Streitfall erhält die Klägerin mit der Erlaubnis zur Veranstaltung und Durchführung von Glücksspielen einen einer Sachkapitalausstattung vergleichbaren wirtschaftlichen Vorteil durch Nutzung des zeitlich befristet überlassenen Rechts. Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass ein Vergleich zu einem Rechtserwerb im Streitfall tatsächlich nicht möglich ist, da die Alternative eines Eigentumserwerbs an dem Recht auf Veranstaltung und Durchführung von Glücksspielen nach dem Inhalt und dem Zweck der Regelungen über Glücksspiele nicht gegeben ist. Allerdings bemisst sich die Glücksspielabgabe nach § 13 Abs. 1 NGlüSpG am Spielkapital, also an der Größe des wirtschaftlichen Nutzens der Rechtsüberlassung für den Veranstalter des Glücksspiels, so dass gedanklich ein kalkulatorischer Vergleich mit einem hypothetischen Rechtserwerb auch zu einem Finanzierungsanteil der Glücksspielabgabe führt. In diesem Zusammenhang typisiert der Gesetzgeber in zulässiger Weise aufgrund der Vielzahl der möglichen Gestaltungen (vgl. BT-Drucks. 16/4841, 80) einen pauschalen Finanzierungsanteil von 25 v.H. bei zeitlich befristeten Rechtsüberlassungen (im Ergebnis mit § 8 Nr. 1 Satz 1 GewStG: 6,25 v.H.), der zur Ermittlung des objektivierten Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet wird.
Demnach hat der Beklagte den Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG zutreffend wie folgt ermittelt:
Aufwendungen für Konzessionen und Lizenzen etc. | 141.355.195,00 EUR |
---|---|
hiervon 25 vom Hundert | 35.338.798,00 EUR |
andere Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Gewerbesteuergesetz | 65.201,00 EUR |
Summe: | 35.403.999,00 EUR |
abzüglich Freibetrag | 100.000,00 EUR |
Summe: | 35.303.999,00 EUR |
davon 25 vom Hundert | 8.825.999,00 EUR |
Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da eine Entscheidung des BFH zur Auslegung des § 8 Nr. 1 f Satz 1 GewStG und damit zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist.