Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 04.07.2017, Az.: 12 B 1966/17

Artenschutz; Artenschutzleitfaden; artenschutzrechtliches Tötungsverbot; Kernkraftwerk; naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative; Sicherheitsabstand; Stromversorgung; Windenergieanlage; Windenergieerlass

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
04.07.2017
Aktenzeichen
12 B 1966/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 53703
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000.00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem der Antragsgegner der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von acht Windenergieanlagen erteilt hat.

Der Antragsteller ist eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung.

Unter dem 25.04.2016 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von acht Windenergieanlagen des Typs Vestas V 136 mit jeweils einer Nabenhöhe von 149 m, einem Rotordurchmesser von 136 m, einer Gesamthöhe von 217 m und einer Nennleistung von 3,45 MW in der Gemeinde Emmerthal. Der Standort der Anlagen befindet sich auf den im Antrag im Einzelnen bezeichneten Flurstücken der Gemarkung Kirchohsen und der Gemarkung Grohnde. Zu den Antragsunterlagen zählen unter anderem ein „Fachbeitrag zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ des Ingenieurbüros F. vom 15.04.2016 (im Folgenden: Fachbeitrag), eine Umweltverträglichkeitsstudie desselben Büros vom 31.05.2016 (im Folgenden UVS), ein - ebenfalls von diesem Büro erstelltes - „Fachgutachterliches Maßnahmenkonzept zu den Vermeidungsmaßnahmen für den WEA-empfindlichen Rotmilan und der Kompensationsmaßnahmen im Rahmen der geplanten Errichtung und Betrieb von acht WEA bei Grohnde“ vom 23.11.2016 (im Folgenden: Maßnahmenkonzept) eine „Gutachtliche Stellungnahme zur Risikobeurteilung Eisabwurf/Eisabfall, Rotorblattbruch und Turmversagen am Windenergieanlagen-Standort Grohnde“ des TÜV Nord vom 28.07.2016, eine „Gutachtliche Stellungnahme zum Mindestabstand und zur Auswirkung der Nachlaufströmung von Windenergieanlgen auf Hochspannungsleitungen im Windpark Grohnde“ des TÜV Nord vom 03.08.2016 sowie ein „Hydrogeologisches Gutachten zum Planstand des Windparks Grohnde“ der Firma G. vom 15.07.2016 (im Folgenden: Hydrogeologisches Gutachten).

Das Regionale Raumordnungsprogramm (RROP) des Antragsgegners aus dem Jahre 2001 enthält keine Festlegung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung. Der Vorhabenstandort befindet sich jedoch in einem Bereich, für den das RROP ein Vorranggebiet für die Trinkwassergewinnung festlegt (vgl. UVS, S. 17). Der am 15.04.2016 in Kraft getretene „Sachliche Teil-Flächennutzungsplan der Gemeinde Emmerthal“ stellt die Fläche, auf der die Anlagen errichtet werden sollen, als Sonderbaufläche mit der Zweckbestimmung „Konzentrationsfläche Windenergie“ (B) dar.

Unter dem 03.06.2016 erteilte die Gemeinde Emmerthal ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben.

Der Vorhabenstandort und dessen nähere Umgebung wird in dem mit dem Antrag vorgelegten nachstehenden Auszug aus den Geobasisdaten der Niedersächsischen Vermessungs- und Katasterverwaltung dargestellt:

Der Fachbeitrag beschreibt die räumliche Situation des westlich von Grohnde und südlich der Ortschaft Kirchohsen gelegenen Vorhabenstandorts wie folgt:

Das Projektgebiet liegt am ostexponierten Hang des Scharfenbergs, der im Westen bis auf 246 m ü.NN und im Südwesten auf 292 m ü.NN ansteigt und von Buchen- und Nadelmischwäldern bedeckt ist, in einer Höhenlage von etwa 90 bis 150 m ü.NN (siehe …). Nördlich des Projektgebietes befindet sich ein großes Umspannwerk, von dem zahlreiche Hochspannungsfreileitungen überwiegend nach Norden und Osten verlaufen, zwei weitere Leitungstrassen durchqueren das Projektgebiet zunächst in Richtung Süden und knicken an dessen Südrand nach Südwesten ab, wo sie den an dieser Stelle etwa 180 m hohen, bewaldeten Bergrücken überqueren. Unmittelbar östlich des Projektgebiets verlaufen die Schienen einer Museumsbahn sowie im Abstand von etwa 700 m die Bundesstraße 83 durch die Weseraue. Diese Bundesstraße durchquert die Ortschaft Grohnde, zu der das Projektgebiet einen Abstand von 1.000 m einhält, und umfährt die Ortschaft Kirchohsen, die einen Abstand von 1.500 m zum Projektgebiet aufweist. Das Atomkraftwerk Grohnde befindet sich nordöstlich des Projektgebietes in einer Entfernung von 1 bis 1,5 km. Die Weser verläuft östlich in einem Abstand von 1,6 bis 2 km zum Projektgebiet. Ebenfalls in 2 km Abstand verläuft im Westen und Nordwesten das Emmerthal mit der Emmer und den Ortschaften Amelgatzen und Hämelschenburg. Dort befindet sich mit dem gleichnamigen Schloss ein bedeutendes Baudenkmal der Weserrenaissance. Das Projektgebiet ist durch intensive Ackernutzung geprägt und bis auf wenige Gehölze entlang von Wegen oder im Umfeld von Mastfüßen weitgehend gehölzfrei. Lediglich am Südostrand umfasst die Gebietsabgrenzung auch einen Teil einer Grünlandparzelle und einer Obstwiese sowie einige Hecken. Hier verlaufen auch zwei im westlich angrenzenden Wald entspringende kleine Fließgewässer in Richtung Weser, die allerdings grabenartig ausgebaut sind.

Der Fachbeitrag kommt zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen sowie der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen keiner der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG beim Bau oder beim Betrieb der geplanten Windenergieanlagen erfüllt wird.

Mit Bescheid vom 22.12.2016 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Genehmigung, das unter Nr. I des Bescheides beschriebene Vorhaben „entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen (jeweils letzter Stand), die Bestandteile dieses Bescheides sind“, durchzuführen.

Die Genehmigung enthält in Abschnitt II. u.a. folgende Bedingungen und Auflagen:

II.2.2.2.1

Sollten die Maschinenhäuser der WEA 01, 02 und 03 mit Blick vom Schlosshof des Schlosses Hämelschenburg über die Geländeoberkante (ohne Bewuchs) des Scharfenbergs herausragen, ist die rechtlich erforderliche Nachtkennzeichnung als Hindernisfeuer am Turm der Windenergieanlagen als bedarfsgerechte Befeuerung (Hinderniskennzeichen ausschließlich bei Annäherung von Flugobjekten) auszuführen. …

II.2.2.2.7

Vor Baubeginn sind, gemäß Tabelle 6 der gutachtlichen Stellungnahme zu Mindestabständen und Nachlaufströmungen der Windenergieanlagen auf die Hochspannungsleitungen (vom 08.07.2016), die zusätzlichen schwingungsdämpfenden Maßnahmen auszuführen und nachzuweisen.

II.2.3.2.5

Durch Eisabwurf von den Rotoren einer Anlage kann eine Gefährdung von Personen und Sachen ausgehen. Die WEA sind daher so einzurichten, dass die in Zusammenhang stehenden Werte Windgeschwindigkeit, Drehzahl, Blattwinkel und Leistungsabgabe erfasst und überwacht werden. Wird eine Abweichung von den implementierten Vorgabewerten festgestellt, ist die Windenergieanlage automatisch stillzusetzen. Auf mögliche Gefahren ist Vorsorge durch geeignete Hinweisschilder und eventuelle Absperrungen zu treffen.

II.2.3.4.

1. Das von der Antragstellerin vorgelegte und mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmte Maßnahmen- und Ablenkungskonzept vom 23.11.2016 ist Bestandteil dieser Genehmigung. Dieses Konzept ist für die Betriebszeit der Anlagen vertraglich mit den Eigentümern der Flächen abzusichern.

2. Darüber hinaus werden in Umsetzung des Leitfadens ,,Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung von Windenergieanlagen in Niedersachsen", Anlage 2 (Nds. MBI. Nr. 7/2016, S. 212 ff.) gem. Kap. 7.2 folgende temporären Betriebszeitenbeschränkungen zur Minimierung des Vogelschlagrisikos festgesetzt:

Zugvöqel (Kraniche)

Die acht WEA sind während der Hauptzugzeit im Frühjahr vom 20.02. bis zum 20.03. jeden Jahres unter bestimmten Bedingungen temporär abzuschalten. Die WEA sind ab dem 3. Tag des Massenabflugs vom Lac du Der-Chantecoq in Frankreich über die nächsten drei bis fünf Tage zwischen der morgendlichen bürgerlichen Dämmerung und der abendlichen bürgerlichen Dämmerung abzuschalten. Der angegebene Zeitraum dient als Richtwert. Die realen Abschaltzeiten richten sich nach dem tatsächlichen Eintreffen größerer Zuggruppen, wenn eine der tatsächlichen Bedingungen für schlechte Witterungsverhältnisse erfüllt wird:

● Wind aus Nord bis Ost

● Nebel, Schneefall bzw. schlechte Sicht (Sichtweite unter 200 m)

Die Überwachung der Witterungsverhältnisse hat durch die ökologische Betriebsbegleitung entweder über eine Webcam in Gondelhöhe und über die Messung der Windverhältnisse an den WEA oder alternativ über die Wettervorhersage für Emmerthal zu erfolgen. Die Überwachung der Zugbewegungen der Kraniche ist durch Abfrage der einschlägigen Informationsseiten im Internet durchzuführen. Die Untere Naturschutzbehörde (UNB) ist umgehend über temporäre Abschaltungen zu unterrichten. Die dazugehörenden Zug- und Wetterdaten sowie die Betriebsdaten sind zu protokollieren und der UNB zur Verfügung zu stellen.

Rotmilan

Die acht WEA sind ab Beginn bodenwendender Bearbeitungen und Erntearbeiten in einem 100 m-Umkreis um den Mastfuß für drei Tage zwischen dem 1. März und 15. August im Zeitraum zwischen der morgendlichen bürgerlichen Dämmerung und der abendlichen bürgerlichen Dämmerung abzuschalten.

Die im Maßnahmenkonzept auf den Seiten 2+3 beschriebenen, zusätzlich zu bildenden Abschaltgruppen sind gemäß Beschreibung und Kartendarstellung zwingend umzusetzen. Als weitere zusätzliche Abschaltgruppe sind die Korridore der WEA 1 und 2 mit aufzunehmen, da die Zuflugmöglichkeiten wegen der Enge und der Nähe zum Wald nur begrenzt möglich sind:

● Bei der temporären Abschaltung der WEA 01 wird zudem die WEA 02 abgeschaltet.

● Bei der temporären Abschaltung der WEA 02 wird zudem die WEA 01 abgeschaltet.

3. Die Mastfußbereiche einschließlich der Kranstellflächen sind an allen acht WEA-Standorten so zu gestalten, dass diese für den Nahrung suchenden Rotmilan möglichst unattraktiv sind:

● Primär ist eine früh hochwachsende Gras-Ruderalflur vorzusehen, welche jährlich einmalig ab Oktober gemäht werden kann.

● Alternativ ist eine Schotterschicht aufzutragen, welche das Aufkommen von Vegetation verhindert.

Die Entwicklung von Brachflächen ist nicht zugelassen.

4. Darüber hinaus sind in Umsetzung des Leitfadens gem. Kap. 7.3 folgende Abschaltalgorithmen zum Schutz von Fledermäusen festzusetzen:

Es ist ein artspezifisches bzw. artgruppenspezifisches Abschaltszenario im Zeitraum vom 15.07. bis zum 31.10. eines jeden Jahres zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang bei definierten Witterungsverhältnissen (Temperaturen über 10°C, Windgeschwindigkeiten unter 6 m/s und kein Regen) an den acht WEA gemäß Artenschutzleitfaden (Pkt. 7.3 a)) und den vorliegenden Informationen zur konkreten räumlichen Situation vorzusehen. Das Abschaltszenario kann dann im laufenden Betrieb durch das begleitende Gondelmonitoring (siehe Kapitel 4 des Maßnahmenkonzeptes) einzelfallbezogen im Sinne des Artenschutzleitfadens nach Zustimmung der UNB optimiert werden.

Gondelmonitoring

Es ist ein mind. Gondelmonitoring an den WEA 1, 2, 4 und 6 nach der Methodik Brinkmann et al. (2011) gemäß Artenschutzleitfaden (Pkt.8) durchzuführen, welches mit Inbetriebnahme der WEA zu beginnen ist. Dabei sind vom 1. April bis 30. November die Fledermausaktivitäten, insbesondere auch zur Erfassung der Zugdaten sowie der späten Aktivitäten der Zweifarbfledermaus, aufzuzeichnen und auszuwerten. Die Ergebnisse sind der UNB vorzulegen und auszuhändigen.

8. Eine Prüfung der FHH-Verträglichkeit ist bis zum 31.03.2017 nachzureichen.

II.2.3.7.6

Die Baumaßnahmen sind so durchzuführen, dass eine Verunreinigung des Gewässers und der Wegeseitengräben ausgeschlossen ist.

II.2.3.7.12

Zwischen den WEA 06 und 07 und dem Brunnen (Br.) 3 gibt es keinen Standort, der im Rahmen der Überwachung des Grundwassers und unter dem Aspekt eines vorsorgenden Grundwasserschutzes Informationen zur Grundwasserbeschaffenheit liefern könnte. Da sich der Br. 3 der WGA Kirchohsen im direkten Grundwasserabstrom dieser beiden WEA befindet, ist hier dem vorsorgenden Trinkwasserschutz Rechnung zu tragen. Für eine qualitative Überwachung des Grundwasserleiters sind vor Beginn der Bauarbeiten jeweils an nachstehend genannten Standorten … zwei Grundwassermessstellen gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 121 einzurichten: … .

13. Darüber hinaus befindet sich der Br. 2 der WGA Kirchohsen im direkten Grundwasserabstrom der WEA 01 und 02. Um auch hier dem Trinkwasserschutz Rechnung zu tragen, ist abstromig dieser beiden WEA am Standort … der flachen Grundwassermessstelle M4 (Lockergestein) zur Überprüfung der Grundwasserqualität im Festgestein eine tiefe Festgesteinsgrundwassermessstelle (M4tief) gemäß DVGW Arbeitsblatt W 121 einzurichten. Die Messstelle M4 ist dabei zu erhalten und zukünftig mit  M4flach ZU bezeichnen. Auch dieser Standort ist vor Beginn der Bauarbeiten zu errichten.

Unter dem 19.01.2017 erhob der Antragsteller gegen die Genehmigung vom 22.12.2016 Widerspruch.

Am 07.03.2017 hat er um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Mit Bescheid vom 11.04.2017 hat der Antragsgegner die der Beigeladenen erteilte Genehmigung hinsichtlich einzelner Nebenbestimmungen geändert und die Nebenbestimmung Nr. II.2.3.4.8 (Vorlage einer FFH-Verträglichkeitsprüfung) aufgehoben.

Auch gegen diesen Änderungsbescheid hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt.

Zur Begründung seines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz trägt der Antragsteller vor:

Er sei antragsbefugt. Der Antragsgegner habe es unterlassen, eine fehlerfreie Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen. Allein aus diesem Grund sei die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung aufzuheben. Dem Vorhaben der Beigeladenen stünden außerdem öffentliche Belange des Naturschutzes, des Landschafts- und Denkmalschutzes sowie wasserrechtliche Belange entgegen. Das Vorhaben halte die erforderlichen Sicherheitsabstände zu dem in der Nähe gelegenen Umspannwerk, zu den in der Nähe gelegenen Freileitungen und der im Osten verlaufenden Bahnstrecke Emmerthal-Grohnde-Kemnade, die ab Juli 2017 wieder in Betrieb genommen werden solle, nicht ein. Dadurch werde das Stromversorgungssicherheitskonzept des nahe gelegenen Kernkraftwerks Grohnde geschwächt und das Bahnpersonal gefährdet. Der Antragsgegner habe es auch unterlassen, die Auswirkungen der geplanten Windenergieanlagen auf die seismologische Erdbebeninstrumentierung des Kernkraftwerks, auf die Radarortung von Flugkörpern und auf die Richtfunkstrecken für das Umspannwerk zu untersuchen.

Im Einzelnen trägt der Antragsteller vor:

Sowohl die im Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Emmerthal als auch die im Genehmigungsverfahren vorgelegten naturschutzfachlichen Gutachten seien methodisch falsch, unvollständig und unrichtig. Nach der von ihm in Auftrag gegebenen naturschutzfachlichen Stellungnahme von H. und I. vom 01.09.2016 (im Folgenden: Stellungnahme J.) blende der von der Beigeladenen vorgelegte Fachbeitrag eine Reihe von Arten in unzutreffender Weise völlig aus. Im Übrigen seien die Bestandserfassungen und -bewertungen unzureichend und - methodisch - fehlerhaft. Nicht einmal der mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmte Untersuchungsumfang sei eingehalten worden. Das Artenspektrum der kollisionsgefährdeten Vogelarten sei nicht vollständig abgearbeitet. Der Fachbeitrag verlasse darüber hinaus die gesetzlich gebotene individuenbezogene Betrachtung. Die Ausführungen hinsichtlich der Raumnutzungsanalyse seien völlig unzureichend. Für den Rotmilan sei von einem Aktionszeitraum von Ende März bis Ende September mit einer mittleren täglichen Aktivitätszeit von mindestens 14 Stunden auszugehen. Die Beobachtungszeit des Fachbeitrags umfasse lediglich 40 Stunden und damit lediglich 1,3 % der Aktivitätszeit. Hochgerechnet auf 25 Jahre Betriebslaufzeit reduziere sich diese Beobachtungszeit auf 0,05 % und stelle somit nur eine „kleine unbedeutende Stichprobe“ dar. Diese Einwände würden auch für die in dem Raum vorkommenden Arten Wespenbussard, Schwarzmilan, Wanderfalke, Baumfalke und Wiesenweihe gelten. Höchstwahrscheinlich würden dort auch die Arten Schwarzstorch, Weißstorch, Uhu, Rohrweihe und Kornweihe anzutreffen sein. Soweit Untersuchungen überhaupt erfolgt seien, hätten sich diese auf einen Radius von 1.500 m um die Konzentrationsfläche beschränkt. Dabei werde verkannt, dass nach der Prüfliste der Länderarbeitsgemeinschaften der Vogelschutzwarten 2015 (im Folgenden: LAG-Papier) der erweiterte Suchbereich für Rotmilane und Schwarzmilane 4.000 m (wobei Rotmilane einen Aktionsradius bis zu 10.000 m hätten), für Uhu und Schwarzstörche bis zu 10.000 m und auch für Wiesenweihe und Rohrweihe der Aktionsradius über 1.500 m betrage. Das erhebliche Kartierungsdefizit werde durch die Sichtungen zahlreicher Gewährsleute belegt. Allein die Fülle der festgestellten Horste zeige, dass es sich bei der Umgebung des Vorhabenstandortes um ein artenschutzrechtlich höchst relevantes Gebiet handele. Bei der Fläche handele es sich nicht um eine „Agrarbrache/strukturarme Ackerfläche“, sondern um kleinere Ackerflächen, die im Wechsel bebaut und bearbeitet würden. Hinzukämen Feldgehölze, Hecken, Obstbäume, Streuobstwiesen und „Greeningflächen“. Dadurch dass der Vorhabenstandort nahezu von drei Seiten von Wald umgeben sei, stellten die Flächen ein ideales Jagdgebiet für Großvögel bzw. Greifvögel, insbesondere für Rot- und Schwarzmilane dar. Diese ließen sich von einem angestammten Jagdgebiet auch nicht dadurch ablenken, dass ihnen an irgendeiner anderen Stelle ein kleines Gebiet hergerichtet werde. Derartige Vermeidungsmaßnahmen besäßen allenfalls „Feigenblatt-Charakter“ ohne jedweden naturschutzrechtlichen Hintergrund. Abgesehen davon, dass streitig sei, ob sich Greifvögel überhaupt lenken ließen, werde durch das hier vorgelegte Lenkungskonzept das Tötungsrisiko für die betrachteten zwei Rotmilanbrutpaare signifikant erhöht, da das Konzept davon ausgehe, dass das Brutpaar und die Jungvögel am Vorberg stets zu den Lenkungsflächen C und B fliegen würden und die Vögel des Horstes am Steinberge stets zu den Lenkungsflächen F und E. Würden sie die entgegengesetzten Lenkungsflächen aufsuchen, müssten sie stets den Windpark queren. Die in der Stellungnahme J. geübte Kritik an dem Fachbeitrag werde vom NABU in dessen Stellungnahme vom 13.07.2016 sowie von der Landesjägerschaft in deren Stellungnahmen vom 25.02.2016, 18.07.2016 und 17.01.2017 bestätigt.

Auch der Umstand, dass der Fachbeitrag in Bezug auf den Zug- und Rastvogelbestand zu extrem geringen Zahlen gelange, entbehre jeder realen Grundlage und stehe in Widerspruch zu der soliden Datenbasis anderer im Untersuchungsgebiet ansässiger Vogelkundler. Danach handele es sich bei dem Vorhabenstandort um ein überregional bedeutsames Gebiet nicht nur für Brutvögel, sondern auch für Zug- und Rastvögel. Daher hätten insbesondere zu den Zeiten erhöhten Vogelzugaufkommens im Oktober/November und März/April massive Überwachungen und Beobachtungen unter Berücksichtigung des Umstandes, dass 2/3 des Vogelzuges nachts stattfinde, durchgeführt werden müssen.

Eine artenschutzrechtliche Prüfung hinsichtlich der Fledermäuse habe ebenfalls nicht oder nur unzureichend stattgefunden, obwohl der Vorhabenstandort von Wald umgeben sei und Waldränder bis zu einer Entfernung von mindestens 200 m intensiv durch Fledermäuse genutzt würden. Nicht nachvollziehbar sei daher, dass der Fachbeitrag die Situation der Fledermäuse als durchschnittlich einstufe. Hinsichtlich der Fledermäuse müsse eine Dauererfassung vom 1. April bis 15. November an jeweils 14 Terminen durchgeführt werden. Drei Termine sollten im Frühjahr, drei im Sommer und drei im Herbst stattfinden. Weder habe der Gutachter der Beigeladenen eine Erfassung im Frühjahr durchgeführt noch fänden sich in dem Fachbeitrag Ergebnisse zur Dauererfassung in dem o.g. Zeitraum. Ab August seien keine ganzen Nächte mehr kartiert worden. Vor allem im Oktober hätten keine Erfassungen bis Mitternacht stattgefunden. Das angewandte Bewertungsschema sei weder wissenschaftlich erwiesen noch fachlich zu rechtfertigen. In ca. 13 km Entfernung befinde sich darüber hinaus das FFH-Gebiet „Mausohrwochenstuben-Gebiet Polle“. Große Mausohren könnten über zehn bis zwanzig km weit von den Wochenstuben-Quartieren (Gebäude) in die Jagdgebiete (Wälder) fliegen. Daher habe hier eine FFH-Vorprüfung stattfinden müssen, um ausschließen zu können, dass es zu einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebietes  bzw. seiner Erhaltungsziele komme (§ 34 BNatSchG). Gleiches gelte für das FFH-Gebiet Emmer.

Dem Vorhaben der Beigeladenen stünden auch Belange des Landschaftsschutzes entgegen, da die geplanten Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils über 200 m und der damit einhergehenden enormen Fernwirkung die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigten. Da die vorhandenen Freileitungen lediglich eine Höhe von maximal 35 bis 40 m erreichten und es sich dabei um „ruhende Artefakte“ handele, könne auch nicht von einer vorhandenen Vorbelastung ausgegangen werden.

Schließlich stünden dem Vorhaben auch wasserrechtliche Belange entgegen. Der Standort des Vorhabens befinde sich in einem Trinkwasserschutzgebiet. Das hydrogeologische Gutachten vom 15.07.2016 sehe einen erheblichen Konflikt zwischen Windkraftanlagen und Grundwasser und bemängele, dass das derzeitige Grundwassermessstellennetz nicht ausreichend sei. Auch sei das Verschlechterungsverbot der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu beachten. Die der Genehmigung beigefügten Nebenbestimmungen könnten die drohende Gefahr für das Trinkwasser nicht beseitigen. Offen bleibe insbesondere, auf welche Weise überwacht werden solle, dass die Auflagen eingehalten würden.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22.12.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides des Antragsgegners vom 11.04.2017 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die von dem Antragsteller vorgetragenen Gründe seien bereits in der angefochtenen Genehmigung berücksichtigt. Die von dem Antragsteller im gerichtlichen Verfahren vorgelegte gutachterliche Kurz-Stellungnahme von K. vom 01.03.2017, die die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Zug- und Rastvögel zum Gegenstand habe, könne das von seiner Unteren Naturschutzbehörde in Auftrag gegebene Gutachten des Büros L. nicht in Frage stellen, da dieses die am Vorhabenstandort vorhandenen Groß- und Greifvögel als Brutvögel untersuche. Im Übrigen gelte hinsichtlich der Kurz-Stellungnahme vom 01.03.2017 Folgendes: Zur ausreichenden Berücksichtigung des Kranichzugs seien Vorgaben zur Abschaltung während der Hauptzugzeiten im Frühjahr in der Genehmigung festgesetzt. Alle darüber hinausgehenden Abschaltzeiten auch für andere unvorhersehbare Zugereignisse würden durch die im Bescheid (unter II.2.3.4.2 am Ende) geregelte „Ökologische Betriebsbegleitung“ abgedeckt. Mit dem durch die Untere Naturschutzbehörde angeregten und geforderten Lenkungskonzept solle durch gezielte Nutzung von geeigneten Flächen oder Wegeseitenrändern der Nahrungsraum außerhalb des Windparks attraktiver gestaltet werden, um ein Queren des Parks und damit die Gefahr einer Kollision zu minimieren. In den Darstellungen des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) sei der betroffene Landschaftsraum nicht als Gebiet mit überregionaler Bedeutung für Brut- und Zugvögel oder als Dichtezentrum für Vögel dargestellt. Die Auflistung der Vogelarten mit Brutplatzaufgabe im direkten Umfeld der Windräder enthalte Arten, die mit den vorliegenden Erfassungen sowie den Darstellungen der Verbreitungskarten der staatlichen Vogelschutzwarte (www.umweltkarten-niedersachsen.de) für dieses Gebiet nicht bestätigt werden könnten (Raubwürger und Heidelerche), für die schlaggefährdeten Vogelarten Schwarzstorch und Uhu lägen keine Brutnachweise im Umfeld vor.

Zu der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahme J. sei Folgendes auszuführen: Der Umfang der faunistischen Erhebungen sei auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Datenerhebung anzuwendenden Arbeitshilfe des Niedersächsischen Landkreistags “Naturschutz und Windenergie“, Stand Oktober 2014 (im Folgenden: NLT-Arbeitshilfe) festgelegt worden. Als Grundlage hätten die Landschaftsbildbewertung des Planungsraums - dargestellt als strukturarme Ackerlandschaft der mittleren Wertstufe - sowie die Darstellung in Arten und Biotope als Bereich mit allgemeiner Bedeutung des Landschaftsrahmenplans von 2001 gedient. Ergänzt worden sei diese Einschätzung durch die Abfrage der Umweltkarten des NLWKN. Die verschiedenen Hinweise in der Stellungnahme J. zum vermuteten bzw. potentiell zu erwartenden Vorkommen des Feldhamsters beruhe auf einer Darstellung einer Verbreitungskarte des NLWKN aus den Vollzugshinweisen C06 - Feldhamster, die jedoch keine aktuellen Hinweise für das Gebiet des Landkreises Hameln-Pyrmont enthalte. Lediglich aus dem Zeitraum 1950 bis 1993 gebe es außerhalb des Planungsraumes zwei Eintragungen, die jedoch nicht durch aktuelle Darstellungen bestätigt würden.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

den Antrag abzulehnen.

Die ihr erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtmäßig.

Soweit der Antragsteller Ermittlungs- und Bewertungsfehler, also mangelhafte Untersuchungen oder falsche naturschutzfachliche Einschätzungen, geltend mache, handele es sich nicht um Verfahrensfehler, die einen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung begründen könnten, sondern um materielle Verstöße gegen das Natur- und Artenschutzrecht.

Der der Genehmigungsbehörde zustehende naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum beziehe sich sowohl auf die Erfassung des Bestandes der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Risiken, denen diese bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt seien. Welche der vorkommenden Arten windenergiesensibel und daher zu erfassen seien, richte sich nach dem Leitfaden „Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Niedersachsen“, Anlage 2 zum Gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz vom 24.02.2016 (Windenergieerlass, Nds. MBl., S. 212, im Folgenden: Artenschutzleitfaden) und nicht nach dem Papier der Länderarbeitsgemeinschaften der Staatlichen Vogelschutzwarten (LAG-Papier) oder der NLT-Arbeitshilfe, bei denen es sich um fachlich höchst umstrittene Stellungnahmen handele. Die Vogelarten Mäusebussard, Turmfalke, Baumpieper und Feldlerche hätten daher von vornherein aus der Betrachtung herausfallen dürfen. Soweit neben den betriebsbedingten Einflüssen auch baubedingte Maßnahmen bei der Freimachung des Baufeldes zu Eingriffen führen könnten, werde dem durch Anordnung entsprechender Maßnahmen begegnet. Auch für die als windenergiesensibel geltenden Vogelarten sei das Tötungsrisiko durch die geplanten Anlagen nicht signifikant erhöht. Die dem Fachbeitrag zugrundeliegende Untersuchung sei nicht bereits deshalb unzureichend, weil der nach dem LAG-Papier vorgesehene erweiterte Suchbereich nicht Gegenstand der Bestandsaufnahme gewesen sei. Die von dem Ingenieurbüro für Umweltplanung F. vertretene Auffassung zum Untersuchungsbereich sei ebenso gut vertretbar. Die von dem Büro durchgeführte Bestandsaufnahme sei bereits vor Inkrafttreten des Artenschutzleitfadens in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde des Antragsgegners durchgeführt worden. Die Horstsuche aller Groß- und Greifvogelarten sei im 1.500-m-Radius, die Revierkartierung sei in einem Umkreis von 2.000 m erfolgt. Signifikante Unterschiede zwischen den Feststellungen der vom Antragsteller genannten „Gewährsleute“ und den Feststellungen der Fachleute des Büros F. zu den  tatsächlich vorhandenen Arten, deren Anzahl, Horst- und Nistplätzen sowie deren Raumnutzung seien nicht zu erkennen. Die Raumnutzung sei vom Büro F. allerdings erheblich detaillierter dargestellt worden. Die Ergebnisse der Untersuchung würden zudem durch die von dem Antragsgegner in Auftrag gegebene Untersuchung des Büros L. plausibilisiert. Soweit für innerhalb des 1.000 m-Ra-dius festgestellte Brutvogelarten ein signifikant erhöhtes Tötungsrisikos vermutet werde, werde diese Vermutung durch die in der Genehmigung angeordneten Vermeidungsmaßnahmen widerlegt. Hinsichtlich des Rotmilans werde ohnehin zunehmend in Frage gestellt, ob er unter den Bedingungen der heute üblicherweise errichteten Windenergieanlagen überhaupt noch zu den kollisionsgefährdeten Vogelarten zähle, da er sich in den hier relevanten Höhen über 80 m (Rotorblattbereich) nur äußerst selten aufhalte. Für das Vorhabengebiet komme hinzu, dass der für die Jagdflüge zahlreicher Greifvogelarten besonders relevante Höhenbereich von 10 bis 30 m von nicht weniger als neun Hochspannungsleitungen gekreuzt werde. Bei dem Vorhabenstandort handele es sich auch nicht um eine strukturreiche, sondern um eine durch Ackerbau geprägte Landschaft. Für andere Greifvogelarten sei nach dem Fachbeitrag sowie nach dem Vermerk des Büros F. vom 12.10.2016 zu den im Genehmigungsverfahren erhobenen Einwendungen ebenfalls keine über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende signifikante Tötungsgefahr anzunehmen. Soweit der Vermerk der Unteren Naturschutzbehörde vom 12.10.2016 auf Erfassungen des Antragstellers in Bezug auf Wachtelkönig und Waldschnepfe hinweise, sei von Folgendem auszugehen: Die Waldschnepfe sei ein Waldbewohner. Da sich die geplanten Windenergieanlagen im offenen Land befänden, lägen keine ernstzunehmenden Hinweise auf Vorkommen der Waldschnepfe im Bereich des Vorhabens vor. Beim Wachtelkönig handele es sich - wenn überhaupt - um die - immer mögliche - Beobachtung eines Durchzüglers außerhalb der Brutzeit. Eine Störungsempfindlichkeit werde allenfalls bei Brutvorkommen angenommen. Dafür hätten sich aber überhaupt keine Anhaltspunkte ergeben, denen weiter hätte nachgegangen werden müssen. Dem Schutz von Bodenbrütern sei durch entsprechende Bauzeitenregelungen bzw. Vergrämungsmaßnahmen, die sicherstellten, dass sich in den Baufenstern keine zu schützenden Bodenbrüter ansiedeln, Rechnung getragen.

Kraniche zögen normalerweise ausreichend hoch und gerieten daher nicht in Konflikt mit sich drehenden Rotoren. Ihr Flug könne allenfalls bei schlechten Wetterlagen „nach unten“ gedrückt werden. Für diesen Fall sei entsprechend der Forderung der Unteren Naturschutzbehörde in deren Stellungnahme vom 12.12.2016 eine Abschaltung während der Hauptflugzeit im Frühjahr vorgesehen.

Nach dem Artenschutzleitfaden könne eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos selbst bei Vorkommen windenergieempfindlicher Fledermausarten von vornherein durch Installation eines sog. Fledermausabschaltalgorithmus vermieden werden. Eine Abschaltung sei nach der Genehmigung für alle acht Windenergieanlagen für den Zeitraum vorgesehen, in dem hier aufgrund der durchgeführten Voruntersuchungen überhaupt mit dem Auftreten von Fledermäusen in einer nennenswerten Zahl gerechnet werden könne. Zusätzlich sei ein Gondelmonitoring angeordnet worden, um eventuelle Prognoserisiken abzusichern.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich und werde nach dem Änderungsbescheid vom 11.04.2017 auch zur Klarstellung nicht mehr gefordert. Sowohl in der Umweltverträglichkeitsstudie (unter 3.1.5.1) als auch in dem Fachbeitrag (unter 7.1.3 und 7.2.3) und in dem Vermerk des Ingenierubüros F. zu den Einwendungen vom 12.10.2016 (unter 3.14) fänden sich umfangreiche Ausführungen zur FFH-Verträglichkeit in Bezug auf das FFH-Gebiet „Emmer“. Nach diesen Ausführungen würden die Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG durch das Vorhaben nicht berührt, so dass nach der Systematik des Artenschutzleitfadens eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Darüber hinaus sei das Vorhaben unter Berücksichtigung des arttypischen Verhaltens, des derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstands sowie der konkreten räumlichen Situation schon grundsätzlich und offensichtlich nicht geeignet, das FFH-Gebiet direkt oder indirekt erheblich zu beeinträchtigen. Beeinträchtigungen von im Schutzgebiet geschützten Vögeln könnten sich nur ergeben, wenn der Windpark eine sog. Barrierewirkung entfalte und die im Schutzgebiet geschützten Vögel dadurch daran gehindert werden könnten, das Gebiet überhaupt zu erreichen. Darüber hinaus seien Beeinträchtigungen des Schutzgebietes denkbar, wenn sich der Lebensraum der Vögel im Schutzgebiet verkleinere bzw. verschlechtere. Das sei bei den hier vorliegenden Entfernungen zwischen Habitat und Vorhaben schlechterdings undenkbar.

Das Vorhaben verunstalte schon im Hinblick auf die Vorbelastung des Gebiets durch das Kernkraftwerk, das Umspannwerk und die Hochspannungsleitungen nicht das Landschaftsbild. Jedenfalls seien etwaige Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes im Rahmen der Bauleitplanung ebenso „weggewogen“ worden wie etwaige Beeinträchtigungen des denkmalgeschützten Schlosses „Hämelschenburg“. Abgesehen davon, dass der gerügte Verstoß nicht zu den satzungsgemäßen Zielen des Antragstellers gehören dürfte, werde etwaigen Beeinträchtigungen des Denkmals durch die Nachtkennzeichnung durch die Auflage II.2.2.2.1 Rechnung getragen.

Dem Vorhaben stünden auch wasserrechtliche Belange nicht entgegen. Zweifelhaft sei bereits, ob der Antragsteller Verstöße gegen das Wasserwirtschaftsrecht rügen könne. Zum Ausschluss einer Gefährdung des Grundwassers in dem Trinkwassergewinnungsgebiet Kirchohsen sei unabhängig davon, dass dieses unter keinem besonderen rechtlichen Schutz stehe und die Windenergieanlagen jeweils über ausreichende Auffangwannen verfügten, ein hydrologisches Gutachten vorgelegt worden, auf dessen Grundlage umfassende Nebenbestimmungen in die Genehmigung aufgenommen worden seien. Die gefahrlose Ableitung des Niederschlagswassers von den Kranstellflächen und Zuwegungen sei ebenfalls durch umfassende Nebenbestimmungen in der Genehmigung gewährleistet.

Soweit der Antragsteller die Störanfälligkeit des nahegelegenen Kernkraftwerks durch Stromausfall, Störung von Erdbebenmessgeräten oder Richtfunkverbindungen geltend mache, sei bereits zweifelhaft, ob ihm insoweit eine materielle Rügebefugnis zustehe. Auf der Grundlage seiner Satzung könne er jedenfalls nicht verlangen, dass Sicherheitsstandards eingehalten würden, nur um wirtschaftliche Schäden des Betreibers des Kernkraftwerks abzuwenden, die dadurch verursacht würden, dass das Werk vorübergehend vom Netz genommen werden müsse. Die Sicherheit der Bevölkerung/der Umwelt vor nuklearen Schädigungen sei in den entsprechenden atomrechtlichen Genehmigungen durch die teilweise mehrfach redundante Auslegung der einzelnen Sicherheitssysteme gewährleistet. Darüber hinaus sei eine Gefährdung des Umspannwerks ausweislich des Risikogutachtens des TÜV Nord vom 28.07.2016 (Bl. 1.371 ff. VwV) selbst bei unterstelltem Turmversagen und Rotorblattversagen nicht gegeben. Gegen die Gefahr durch Eisabwurf sei durch die in der Genehmigung geregelte Abschaltverpflichtung (II.2.3.1.5) hinreichend Vorsorge getroffen worden. Vor diesem Hintergrund sei das Risiko eines Stromausfalls durch Beschädigung einer Hochspannungsleitung/Freileitung äußerst gering. Der Betreiber des Umspannwerks müsse ohnehin durch technische Vorkehrungen sicherstellen, dass der Ausfall einer von neun (!) zum Umspannwerk führenden Leitungen nicht zum Ausfall des Umspannwerks insgesamt führe. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit könne daher allenfalls ein ausreichend großer Abstand zu der Freiluftleitung gefordert werden, die vom Umspannwerk zum Kernkraftwerk führe. Ein solcher Abstand werde hier jedoch eingehalten. Auch im Übrigen entsprächen die Abstände zu den Freileitungen der DIN EN 50341-2-4. Für die behauptete Beeinflussung von Richtfunkstrecken fehle jeder nachvollziehbare Anhaltspunkt. Inwiefern durch die - vom Antragsteller behauptete - Beeinträchtigung seismologischer Instrumente durch die geplanten Windenergieanlagen die Sicherheit des Kernkraftwerks beeinträchtigt werde, sei nicht ersichtlich. Ob der Antragsteller eine Beeinträchtigung der Bahnstrecke rügen könne, sei zweifelhaft. Sofern eine Beeinträchtigung von Gefahrguttransporten geltend gemacht werde, sei einer solchen Gefahr durch die Auflage II.2.3.1.3 hinreichend Rechnung getragen. Die im Genehmigungsverfahren beteiligten Eigentümer bzw. Betreiber hätten darüber hinaus Beeinträchtigungen der Bahnstrecke nicht geltend gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen; ihr Inhalt war Gegenstand der Beratung.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zulässig (1.), jedoch unbegründet (2.).

1. Der Antragsteller ist antragsbefugt.

Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29.05.2017 (BGBl. I, S. 1298) kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung erstens geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1    UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, zweitens geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen berührt zu sein, und drittens zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG berechtigt war.

Der Antragsteller ist eine anerkannte Vereinigung im Sinne des Umwelt-Rechtsbehelfs-gesetzes (§ 3 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a UmwRG i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG über die Zulässigkeit eines Vorhabens. Für das in Rede stehende Vorhaben nach Nr. 1.6.2 Spalte 2 Anlage 1 zum UVPG kann unter den Voraussetzungen der §§ 3c und 12 UVPG i. V. m. der Anlage 2 eine UVP-Pflicht im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG bestehen. Nach Nr. 1.6.2 Spalte 2 Anlage 1 zum UVPG ist bei einer Errichtung und einem Betrieb von sechs bis weniger als zwanzig Windkraftanlagen in einer Höhe von jeweils mehr als 50 m eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorzunehmen. Hier geht es um die Errichtung und den Betrieb von acht Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils 217 m. Der Antragsgegner hat eine allgemeine Vorprüfung durchgeführt, dabei die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung anerkannt und diese auch durchgeführt.

Jedenfalls soweit der Antragsteller Bedenken und Einwendungen gegen das Vorhaben in planungs-, habitatschutz- und artenschutzrechtlicher Hinsicht vorbringt, macht er geltend, in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der „Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen durch Naturschutz und Landschaftspflege sowie durch Umwelt- und Lebensschutz“ (§ 2 Abs. 1 der Vereinssatzung, M.) durch die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung berührt zu sein   (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG).

2. Der nach § 80 Abs. 5 VwGO auch im Übrigen zulässige Antrag ist unbegründet.

Die für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegebene Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung wird bereits genügt, wenn überhaupt eine schriftliche, einzelfallbezogene und nicht lediglich formelhafte Begründung vorhanden ist, die die von der Behörde getroffene Interessenabwägung erkennen lässt. Diese Voraussetzungen werden von der hier gegebenen Begründung erfüllt. Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise mit den der Beigeladenen ansonsten drohenden erheblichen wirtschaftlichen Risiken sowie damit begründet, dass sich im Genehmigungsverfahren keine Anhaltspunkte ergeben hätten, die Zweifel an der Bestandskraft (richtig wohl: an der Rechtmäßigkeit) der Genehmigung zur Folge haben könnten.

Das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung überwiegt auch nach Auffassung des Gerichts das private Interesse des Antragstellers.

Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO bedarf es einer Abwägung der gegenseitigen Interessen der Beteiligten. Maßgeblich ist, ob das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs oder das Interesse des Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der Genehmigung überwiegt. Dabei sind die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von besonderer Bedeutung. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn bereits die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene summarische Überprüfung ergibt, dass der Verwaltungsakt voraussichtlich seine Rechte verletzt. Umgekehrt überwiegt bei voraussichtlicher Rechtmäßigkeit in der Regel das Interesse des Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der Genehmigung. Gemessen daran überwiegt hier das Interesse der Beigeladenen.

Dahingestellt bleiben kann, ob der Einwand des Antragstellers, die tatsächlichen Grundlagen für die Beurteilung der möglichen Umweltauswirkungen des Vorhabens seien in vielfacher Hinsicht nur unzureichend ermittelt und bewertet worden, zur Fehlerhaftigkeit der Umweltverträglichkeitsprüfung und damit zu einen Anspruch des Antragstellers auf Aufhebung der Genehmigung nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG führt. Denn sollten die Ermittlungen des Antragsgegners bzw. der Beigeladenen tatsächlich unzureichend sein, wirkte sich dies unmittelbar materiell-rechtlich aus und stellte einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot dar.

Die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt jedoch voraussichtlich nicht gegen - materielle - Rechtsvorschriften, die für die Genehmigung von Bedeutung sind. Jedenfalls berührt der Verstoß nicht Belange, die zu den Zielen gehören, die der Antragsteller nach seiner Satzung fördert (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG).

Die Genehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

Die Genehmigung verstößt voraussichtlich nicht gegen - hier allein in Betracht kommende - öffentlich-rechtliche Vorschriften.

Da die Windenergieanlagen im Außenbereich der Gemeinde Emmerthal errichtet werden sollen, richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach     § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Danach sind Windenergieanlagen als privilegierte Vorhaben im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist.

a) Das Vorhaben verstößt voraussichtlich nicht gegen Belange des Naturschutzes, insbesondere nicht gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände (§ 35 Abs. 3    Satz 1 Nr. 5 BauGB).

Artenschutzrechtliche Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG "zugleich" Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, die einem privilegierten Außenbereichsvorhaben bauplanungsrechtlich nicht entgegenstehen dürfen. Das Naturschutzrecht konkretisiert die öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Ist über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB zu entscheiden, hat die zuständige Behörde daher auch die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen. Können artenschutzrechtliche Verbote naturschutzrechtlich nicht überwunden werden, stehen sie einem gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zwingend entgegen. Das Vorhaben ist dann bauplanungsrechtlich unzulässig. Es decken sich also die bauplanungsrechtlichen Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, soweit sie "naturschutzbezogen" sind, mit den Anforderungen des Naturschutzrechts. Artenschutzrechtliche Verbote, von denen weder eine Ausnahme noch eine Befreiung erteilt werden kann, stehen einem immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Außenbereichsvorhaben deshalb stets zwingend entgegen, und zwar sowohl als verbindliche Vorschriften des Naturschutzrechts als auch als Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (BVerwG, Urt. v. 27.06. 2013 - 4 C 1.12 -, juris Rdnr. 6).

Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt voraussichtlich nicht gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG.

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Tötungstatbestand, der nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG nur absichtliche Formen der Tötung umfasst, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (vgl. EuGH, Urt. v. 30.01.2002 - C-103/00 -, juris Rdnr. 26; Urt. v. 20.10. 2005 - C-6/04 -, juris Rdnr. 113).

Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine "deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko einer Kollision durch das Vorhaben deutlich und damit in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2013 - 4 C 1.12 -, juris Rdnr. 11).

Bei der Prognose, ob die Errichtung von Windkraftanlagen ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für eine besonders geschützte Tierart nach sich ziehen wird, so dass der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG eingreift, steht der Genehmigungsbehörde ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, juris Rdnr. 65 ). Die der Genehmigungsbehörde zustehende naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative bezieht sich sowohl auf die Erfassung des Bestandes der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Risiken, denen diese bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sind (BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 - BVerwG 7 C 40.11 -, juris Rdnr. 19). Grund für die Zuerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative ist der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen. Eine naturschutzfachliche Meinung ist einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder "strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird. Die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative folgt nicht aus einer bestimmten Verfahrensart oder Entscheidungsform, sondern aus der Erkenntnis, dass das Artenschutzrecht außerrechtliche Fragestellungen aufwirft, zu denen es jedenfalls nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine eindeutigen Antworten gibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2013 - 4 C 1.12 -, juris Rdnr. 15). Daraus folgt, dass die Darlegung einer angeblich bestehenden Unzulänglichkeit der Bestandserfassung sich nicht darauf beschränken kann, geltend zu machen, dass einzelne Individuen im Untersuchungsbereich durch diese Ermittlungen nicht erfasst wurden. Erforderlich ist vielmehr darüber hinaus die Darlegung, inwiefern das behauptete Defizit des Ermittlungsergebnisses gerade auf der Anwendung von solchen Methoden der Bestandserfassung beruht, die naturschutzfachlich nicht für vertretbar gehalten werden dürfen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.11.2016 - 12 ME 132/16 -, juris Rdnr. 79).

Die Einräumung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative führt zwar zu einer Einschränkung der gerichtliche Kontrolle. Das Gericht bleibt jedoch verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2013 - 4 C 1.12 -, juris Rdnr. 16).

Hiervon ausgehend ist die Einschätzung des Antragsgegners, eine Verletzung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände sei durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht zu erwarten, nicht zu beanstanden.

aa) Der Antragsgegner hat aller Voraussicht nach in rechtmäßiger Weise von seiner Einschätzungsprärogative in Bezug auf Brutvögel Gebrauch gemacht.

Die Prüfung, ob einem Vorhaben naturschutzrechtliche Verbote, insbesondere solche

nach § 44 BNatSchG entgegenstehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme im Vorhabenbereich vorhandener Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Das verpflichtet die Behörde jedoch nicht, ein lückenloses Arteninventar zu erstellen. Methodik und Untersuchungstiefe unterliegen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und hängen maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Hinweise von fachkundigen Dritten sind nur beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Sind von Untersuchungen keine weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten, müssen sie auch nicht durchgeführt werden. Untersuchungen quasi "ins Blaue hinein" sind nicht veranlasst. Der individuumsbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt jedoch Ermittlungen, deren Ergebnisse die Behörde in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen. Hierfür benötigt sie Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, juris Rdnr. 54; Nr. 5 Artenschutzleitfaden).

Für die Genehmigung von Windenergieanlagen ist in  Niedersachsen der für die Genehmigungsbehörde verbindliche „Windenergieerlass“ zu berücksichtigen. Der in dessen Anlage 2 enthaltene „Leitfaden zur Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen“ ist im Dialogprozess von einer Unter-Arbeitsgruppe mit Vertretern der Umweltverbände, der Windenergiebranche, der Fachbehörde für Naturschutz, der Unteren Naturschutzbehörde, des Niedersächsischen Kreistages, Planungsbüros und Mitarbeitern des Umweltministeriums erarbeitet worden. Der Artenschutzleitfaden führt in Nr. 3 (Abbildung 3) die windenergieempfindlichen Brut- und Rastvogelarten auf und geht in Nr. 5.1.2 davon aus, dass das Regeluntersuchungsgebiet für Brutvogelkartierungen mindestens 500 m, für Greif- und Großvögel 1.000 m um die äußeren Anlagen gemessen (Vorhabenfläche) beträgt. In Kombination mit der Standardkartierung (Revierkartierung an 12  Geländetagen) sollte außerdem ein Mindestmaß an Raumnutzungsanalyse (Standardraumnutzungskartierung) innerhalb des Regeluntersuchungsgebiets für Greif- und Großvogelarten (1.000 m-Radius) durchgeführt werden. Hierbei sind in der Regel vier Stunden Dauerbeobachtung pro Geländetermin unter Beachtung der Hauptaktivitätszeiten anzusetzen (Stufe I der Artenschutzprüfung, vgl. Abbildung 1 zu Nr. 2.1 Artenschutzleitfaden). Wird innerhalb eines Kreises um eine geplante Windenergieanlage mit diesem Radius das Brutvorkommen eines - in der Tabelle in Nr. 3 des Artenschutzleitfadens aufgeführten - kollisionsgefährdeten oder störempfindlichen Brutvogels festgestellt, so bedarf es einer vertiefenden artenschutzrechtlichen Prüfung (Stufe II der Artenschutzprüfung, vgl. Abbildung 1 zu Nr. 2.1 Artenschutzleitfaden), insbesondere  einer zusätzlichen, vertieften Raumnutzungsanalyse, deren Ablauf in Nr. 5.1.3.1 des Leitfadens im Einzelnen dargestellt ist. Die auf der ersten Stufe der Artenschutzprüfung durchzuführende Brutvogelbestandsaufnahme sollte zwölf Bestandserfassungen - in strukturarmen Agrarlandschaften mindestens sechs - auf der gesamten Fläche, verteilt auf die gesamte Brutzeit und unter Beachtung artspezifischer Besonderheiten, umfassen. Zwischen den einzelnen Erfassungstagen sollen Abstände von mindestens einer Woche liegen. Die ermittelten Brutvogelreviere und Neststandorte sind in Kartenausschnitten darzustellen. Die Unterlagen des Vorhabenträgers sind dabei im Hinblick auf die Bewertung des Kollisionsrisikos nur ausreichend, wenn die empfohlene Zahl der Beobachtungstage eingehalten, die Beobachtungstage auf die sensible Phase der betroffenen Art angemessen verteilt wurden und eine Raumnutzungsanalyse erfolgte (vgl. Nr. 5.1.3.1 der Anlage 2 des Windenergieerlasses).

Nach dem Fachbeitrag des Ingenieurbüros F. vom 15.04.2016 erfolgte die Brutvogelerfassung in mindestens einwöchigen Abständen an acht Terminen, davon zwei in den Nachtstunden, von Mitte März bis Anfang Juli. Eine Horstsuche fand zusätzlich in der unbelaubten Zeit am 10.03.2015 statt. Das Untersuchungsgebiet umfasste dabei für alle gefährdeten Brutvogelarten einen Radius von 1.000 m um die Vorhabenfläche. Die Horstsuche in Bezug auf Groß- und Greifvogelarten erfolgte in einem Umkreis von 1.500 m, die Revierkartierung hinsichtlich wertbestimmender, gefährdeter Brutvögel in einem Umkreis von 1.000 m und hinsichtlich windenergieempfindlicher Vogelarten in einem Umkreis von 2.000 m. Dabei wurden 15 besetzte Horste gefunden, sieben von Mäusebussarden, vier von Rotmilanen, zwei von Kolkraben und jeweils einer vom Habicht bzw. Wanderfalken. Reviere wurden sowohl von Offenlandarten (Baumpieper, Bluthänfling, Feldlerche, Feldsperling, Kuckuck, Nachtigall, Neuntöter, Rauchschwalbe, Rebhuhn, Wachtel, Wiesenpieper und Ziegenmelker) als auch von typischen Waldbewohnern (Schleiereule, Schwarzspecht, und Waldkauz) und von Groß- und Greifvögeln (Habicht, Kolkrabe, Mäusebussard, Rotmilan, Schwarzmilan, Sperber, Turmfalke, Wanderfalke, Wespenbussard und Wiesenweihe) abgegrenzt. Nach dem Fachbeitrag erfolgte darüber hinaus eine Raumnutzungsanalyse in Bezug auf die windenergieempfindlichen Vogelarten an zehn Terminen von jeweils etwa vier Stunden im Zeitraum März bis August.

Damit hat das von der Beigeladenen beauftragte Ingenieurbüro F. bei der von ihm vorgenommenen Bestandsaufnahme in Bezug auf - windenergieempfindliche - Brutvögel die im Artenschutzleitfaden geregelten Vorgaben für die erste Stufe der artenschutzrechtlichen Prüfung eingehalten. Die Begrenzung der Erfassung auf acht Termine ist im Hinblick darauf, dass das Untersuchungsgebiet etwa zur Hälfte aus strukturarmer Agrarlandschaft bestehen dürfte (siehe Abbildung 6 auf S. 21 des Fachbeitrags), naturschutzfachlich vertretbar und nicht zu beanstanden. Dies gilt auch, soweit die letzte Brutvogelerfassung am 05.07.2015 erfolgte und damit möglicherweise nicht die gesamte Brutzeit bis Mitte Juli erfasst. Darüber hinaus sind nach Nr. 9 des Leitfadens keine weitergehenden Untersuchungen erforderlich, wenn - wie hier am 09.04.2015 - bereits vor Inkrafttreten des Leitfadens der Untersuchungsrahmen für ein Vorhaben zwischen der Unteren Naturschutzbehörde und dem Vorhabenträger abgestimmt worden ist und wenn von weitergehenden Untersuchungen kein entscheidungsrelevanter Erkenntnisgewinn zu erwarten ist.  Anhaltspunkte dafür sind nicht ersichtlich, zumal die von dem Antragsteller angeführten Beobachtungen durch Gewährsleute die in dem Fachbeitrag dargestellten Ergebnisse nicht grundlegend in Frage stellen (vgl. etwa Karte 3 des Fachbeitrags einerseits und die mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 03.04.2017 übersandte Karte, Bl. 83 der Gerichtsakte, andererseits) und auch die von der Unteren Naturschutzbehörde in Auftrag gegebene Untersuchung  von L. das Ergebnis der von dem Ingenieurbüro F. vorgenommenen Erfassung hinsichtlich der Greif- und Großvögel im Wesentlichen bestätigt.

Die im Artenschutzleitfaden vorgesehene - vom Ingenieurbüro F. ohnehin überschrittene - Größe des Untersuchungsraums ist naturschutzfachlich vertretbar. Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29.03.2016 (- 22 B 14.1875 -, juris Rdnr. 14) offenbar die Auffassung vertritt, die von der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten herausgegebenen „Abstandsempfehlungen 2015“ (LAG-Papier) seien im gesamten Bundesgebiet verbindlich und daher der Brutvogelerfassung zugrunde zu legen, kann dem nicht gefolgt werden.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 16.11.2016 (- 12 ME 132/16 -, juris Rdnr. 75) zu den auch als „Helgoländer Papier“ bezeichneten Abstandsempfehlungen der Vogelschutzwarten Folgendes ausgeführt:

Die Auffassung des Antragstellers, dass sich die Inhalte des sogenannten „Helgoländer Papiers“ bereits als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hätten, sodass gegenteilige Standpunkte als nicht (mehr) vertretbar angesehen werden könnten, entbehrt jeder näheren Begründung. Schon wegen dieses Darlegungsmangels eignet sie sich nicht, um den Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts zu erschüttern. Im Übrigen überschätzt der Antragsteller objektiv die rechtliche Bedeutung der als „Helgoländer Papier“ bezeichneten Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Staatlichen Vogelschutzwarten für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten. Diese Empfehlungen haben sich keineswegs bereits als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt (vgl. Schlacke/Schnittker, Gutachterliche Stellungnahme zur rechtlichen Bedeutung des Helgoländer Papiers der Länderarbeitsgemeinschaft der Staatlichen Vogelschutzwarten, 1. Aufl. 2015, unter 4.2 bis 4.4 und 4.7).

Sind somit weiterhin verschiedene Methoden bei der Erfassung kollisionsgefährdeter Vogelarten wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen.

Das Ergebnis der somit in naturfachlich vertretbarer Art und Weise durchgeführten Bestandsaufnahme wird im Fachbeitrag (S. 2) wie folgt bewertet:

Hinsichtlich der nachgewiesenen kollisionsgefährdeten WEA-empfindlichen Vogelarten (Baumfalke, Graureiher, Korn-, Rohr- und Wiesenweihe, Schwarzmilan, Wanderfalke und Wespenbussard) wird der 500 bzw. 1.000 m-Radius zur vertiefenden Prüfung zwischen WEA und den bekannten Brutplätzen nach den vorliegenden Untersuchungen bei keiner Art unterschritten. Der Baumfalke, Graureiher, Korn- und Rohrweihe treten im Umfeld als sehr vereinzelte Nahrungsgäste bzw. Durchzügler auf, so dass sich mögliche Brutplätze der Art in größerer Entfernung zum Vorhaben befinden. Der Schwarzmilan und der Wanderfalke haben ihre Brutplätze in ca. 3,1 km bzw. 1,5 km Entfernung zum Vorhaben. Der Wespenbussard und die Wiesenweihe traten nur in einem engen Zeitfenster im Untersuchungsgebiet auf, so dass es sich nur um Ansiedlungsversuche bzw. Brutzeitfeststellungen handelt. Insofern liegen die geplanten WEA-Standorte weder in Nestnähe, noch gehören sie unter Berücksichtigung der Raumnutzungskartierung zu den essentiellen Nahrungshabitaten oder befinden sich zwischen den Brutplätzen und den potenziell essentiellen Nahrungshabitaten der genannten WEA-empfindlichen Vogelarten. Demzufolge sind Flugaktivitäten, welche als konfliktreich angenommen werden, an den geplanten WEA-Standorten nicht zu prognostizieren. Jedoch wird die offene Feldflur westlich von Grohnde ihre Eignung als potenzielles Nahrungshabitat für die WEA empfindlichen Vogelarten nicht verlieren. Insofern sind Flugbewegungen im Nahbereich der geplanten WEA nie völlig auszuschließen. Da aber die geplanten WEA-Standorte weder in Nestnähe liegen noch zu den essentiellen Nahrungshabitaten gehören, erfolgen solche Flüge gelegentlich und nicht häufig. Daraus lässt sich keine hohe Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Individuen ableiten, welche zu einem überdurchschnittlich häufigen Auslösen von Kollisionen führen könnte. Einzelne Kollisionen können zwar nie völlig ausgeschlossen werden, eine nennenswerte Zunahme von Kollisionen ist jedoch nicht vorherzusehen. Insofern ist eine signifikante Erhöhung der Tötungs- oder Verletzungsrate über das allgemeine Lebensrisiko hinaus bei keiner der genannten WEA-empfindlichen Vogelarten zu erwarten.

Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Sie berücksichtigt das Ergebnis der - wie oben ausgeführt - in naturschutzfachlich vertretbarer Art und Weise durchgeführten Bestandserhebung ebenso wie die empfohlenen Abstände und die im Artenschutzleitfaden unter Nr. 4.4.1 genannten Kriterien der zeitgleichen Anwesenheit zahlreicher Individuen (a) bzw. der regelmäßigen oder häufigen Nutzung am Anlagenstandort (b). Diese - von dem Antragsgegner übernommene - Bewertung hinsichtlich der insoweit genannten Vogelarten wird vom dem Antragsteller, der sich ausschließlich gegen das angeblich erhebliche Kartierungsdefizit wendet, nicht in Frage gestellt.

Hinsichtlich des Rotmilans wird im Fachbeitrag (S. 2) Folgendes ausgeführt:

Bezüglich des Rotmilans liegen aktuell zwei Brutplätze etwa 850 m von der nächstgelegenen geplanten WEA entfernt. Im Ergebnis zeigt die durchgeführte Raumnutzungsanalyse bezüglich des Rotmilans, dass Flugbewegungen im Nah- und Gefahrenbereich der geplanten WEA-Standorte zu erwarten sind. Insbesondere die geplanten WEA-Standorte 03, 06 und 07 bergen auf Grund der vorliegenden Untersuchungen ein erhöhtes Konfliktpotenzial. Der aus dem Artenschutzleitfaden Niedersachsens abzuleitende Bewertungsmaßstab für das Überschreiten der Relevanz- oder Signifikanzschwelle (die „Aufenthaltswahrscheinlichkeit“) wird unter Berücksichtigung der aus der Rechtsprechung angenommenen Schwellenwerte an keinem der geplanten WEA-Standorte im Nahbereich oder im Gefahrenbereich sowie in dem gesamten Windpark überschritten. Davon unabhängig kann insbesondere hinsichtlich der geplanten WEA-Standorte 03, 06 und 07 eine erhöhte Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Rotmilans nicht vollständig ausgeschlossen werden. Auch wenn sich aus der vorliegenden Bewertung – nach den aus der Rechtsprechung angenommenen Schwellenwerten – eine Überschreitung der Relevanz- oder Signifikanzschwelle nicht herleiten lässt, werden hier nach dem Artenschutzleitfaden entsprechende Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen / vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen vorsorglich vorgesehen, so dass die Kollisionsgefahr sicher unterhalb der Gefahrenschwelle verbleibt, die im Naturraum immer gegeben ist. Im Ergebnis können zwar einzelne Kollisionen von Rotmilanen nie völlig ausgeschlossen werden, eine nennenswerte Zunahme von Kollisionen ist jedoch unter Berücksichtigung vorgesehener Vermeidungsmaßnahmen nicht zu erwarten. Insofern ist eine signifikante Erhöhung der Tötungs- oder Verletzungsrate über das allgemeine Lebensrisiko hinaus nicht zu erwarten.

Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Bewertung des Tötungsrisikos in Bezug auf den im Untersuchungsraum (1.500 m) vorkommenden Rotmilan naturschutzfachlich vertretbar ist oder nicht. Denn der Antragsgegner ist dieser Bewertung nicht gefolgt. In ihrer Stellungnahme vom 12.10.2017 hat die Untere Naturschutzbehörde festgestellt, dass für den Rotmilan aufgrund des Vorkommens von vier Brutpaaren im Umfeld der Planung zumindest von einer regionalen, wenn nicht sogar von einer landesweiten Bedeutung ausgegangen werden müsse. Bei Überlagerung der Erfassungsdaten des Fachbeitrags mit den Erfassungen von L. und der Bürgerinitiative sei eine intensive Nutzung des gesamten beantragten Planbereichs als Nahrungsraum oder für sonstige Flugaktivitäten belegt. Die im Fachbeitrag angenommene Unterschreitung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit könne nicht nachvollzogen werden. Die eingeräumte partielle Aufenthaltswahrscheinlichkeit für drei Standorte sei daher für den gesamten Planungsbereich festzustellen mit der Folge, dass festzulegende Abschalt- und Lenkungsmaßnahmen nicht nur für einzelne Windenergieanlagen, sondern für den gesamten Windpark anzuwenden seien. Dieser Forderung ist der Antragsgegner mit den Auflagen Nr. II.2.3.4.1 (Anlage von attraktiven Nahrungshabitaten laut Maßnahmen- und Ablenkungskonzept vom 23.11.2016), Nr. II.2.3.4.2 (Abschaltzeiten) und Nr. II.2.3.4.3 (Ausgestaltung des Mastfußbereichs) nachgekommen. Dass diese Maßnahmen grundsätzlich nicht geeignet sind, dass Tötungsrisiko für den Rotmilan unter die Signifikanzschwelle zu  senken, kann nicht angenommen werden. Soweit der Antragsteller die Geeignetheit dieses Ablenkungskonzepts für den Fall in Frage stellt, dass die Vögel die jeweils entgegengesetzten Ablenkungsflächen aufsuchen, verkennt er, dass auch Vögel bei der Nahrungssuche den jeweils kürzesten Weg nehmen dürften. Soweit der Antragsteller offenbar Ablenkungsflächen auch für Mäusebussarde, Kolkraben, Habichte und Wanderfalken fordert, übersieht er, dass diese Vogelarten entweder nicht zu den windenergieempfindlichen Arten zählen oder in Vorhabennähe nicht angetroffen wurden (Wanderfalke).

bb) Der Antragsgegner hat aller Voraussicht nach auch in Bezug auf Zug- und Rastvögel in rechtmäßiger Weise von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.

Dem Fachbeitrag ist zu entnehmen, dass das Ingenieurbüro F. den Untersuchungsrahmen unter Berücksichtigung der konkreten räumlichen Situation, der fehlenden Hinweise auf Gastvögel im Untersuchungsgebiet sowie der vorliegenden Erkenntnisse aus dem Frühjahr mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt hat. Danach wurde auf eine weitere Gastvogelerfassung mit Ausnahme des herbstlichen Kranichzuges verzichtet. Die Kartierung hat an acht Terminen im Frühjahr zwischen Mitte März und Anfang Mai sowie an drei weiteren Terminen zwischen Ende Oktober und Mitte November stattgefunden. Gegen diese  Erfassungsmethode hat der Antragsteller eingewandt, es handele sich bei dem Vorhabenstandort auch für Zug- und Rastvögel um ein überregional bedeutsames Gebiet. Daher hätten insbesondere zu den Zeiten erhöhten Vogelzugaufkommens massive Überwachungen und Beobachtungen durchgeführt werden müssen. Damit wendet sich der Antragsteller offenbar lediglich gegen die Art und Weise der Zugvogelerfassung. Ob diese Kritik berechtigt ist und ob die Zugvogelerfassung den Anforderungen des Artenschutzleitfadens (vgl. dort. Nr. 5.1.3.3) genügt oder jedenfalls nach Nr. 9 des Artenschutzleitfadens keine weiteren Untersuchungen erforderlich sind,  kann dahingestellt bleiben. Denn die Untere Naturschutzbehörde ist in ihrer Stellungnahme vom 12.10.2016 der Feststellung des Fachbeitrags, es seien keine Zugbewegungen registriert worden nicht gefolgt. Abhängig von der Wetterlage - so die Stellungnahme - überqueren Kraniche alljährlich den Landkreis. Bei ihrem Zug orientieren sie sich an der Weser. Gerade bei invasiven Wetterlagen im Frühjahr (Nebel, Wind, Schneefall) fliegen Kraniche in geringen Flughöhen und rasten zuweilen auch auf wesernahen Acker- und Grünlandflächen. Die Untere Naturschutzbehörde hat daher eine Ergänzung des fachgutachterlichen Maßnahmenkonzepts gefordert. Dieser Forderung ist der Beigeladene durch Vorlage des überarbeiteten Maßnahmenkonzepts vom 23.11.2016 nachgekommen. Der Antragsgegner hat das Maßnahmenkonzept in der Nebenbestimmung Nr. II.2.3.4.1 zum Gegenstand der Genehmigung gemacht hat und in der Nebenbestimmung Nr. II.2.3.4.2 zur Minimierung des Vogelschlagrisikos Betriebszeitenbeschränkungen für die Dauer der Hauptzugzeit im Frühjahr festgesetzt. Dass diese Maßnahme grundsätzlich nicht geeignet ist, das Tötungsrisiko für den Kranich unter die Signifikanzschwelle zu  senken, ist nicht ersichtlich und wird von dem Antragsteller auch nicht geltend gemacht.

cc) Auch in Bezug auf Fledermäuse hat der Antragsgegner von seiner Einschätzungsprärogative voraussichtlich in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht.

Nach dem Fachbeitrag wurde das Untersuchungsprogramm auch insoweit mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt. Die Lokalpopulation wurde von Anfang Juni bis Ende Juli in vier Detektorbegehungen im Umkreis bis maximal 1.000 m um das Plangebiet auf vorhandene und potenzielle Quartiere untersucht, der Fledermausherbstzug in sechs Detektorbegehungen von August bis September/Oktober. Parallel dazu wurden mit digitalen Zeiterfassungsgeräten ausgestattete Horchboxen an den acht geplanten Standorten der Windenergieanlagen zur Erfassung der Fledermausaktivitäten angebracht. Anschließend fand eine quantitative und qualitative Auswertung bezüglich der Durchflughäufigkeit statt.

Im Fachbeitrag wird ausgeführt:

Bezogen auf kollisionsgefährdete WEA-empfindliche Fledermäuse (hier: Breitflügelfledermaus, Kleiner und Großer Abendsegler, Rauhautfledermaus, Zwergfledermaus und Mückenfledermaus) wird im Allgemeinen und nach der aktuellen Rechtsprechung erst bei überdurchschnittlichen Fledermausaktivitäten in Bodennähe von einem erhöhten Gefährdungspotenzial durch Windenergieanlagen ausgegangen. Dieser Sachverhalt liegt im konkreten Fall nicht vor. So wurden die Arten nur sehr vereinzelt bis durchschnittlich häufig erfasst und die artbezogenen Aktivitäten waren mit Ausnahme der Zwergfledermaus nur gering. Die großflächig ackerbaulich genutzte Fläche der geplanten WEA-Standorte stellt – unter Berücksichtigung der arttypischen Habitatansprüche – kein besonders geeignetes Nahrungshabitat dar. Strukturen, die als Nahrungshabitat für die WEA-empfindlichen Fledermausarten potenziell besonders geeignet erscheinen, kommen im Bereich der geplanten WEA-Standorte nicht vor. Ferner sind keine Wochenstuben oder Paarungsquartiere im 1.000 m-Umfeld oder intensiv genutzte Flugrouten im Nahbereich (250 m-Umfeld) bekannt, in dessen Umfeld bei den WEA-empfindlichen Fledermausarten ein erhöhtes Konfliktpotenzial angenommen wird. Damit ergeben sich keine Besorgnis tragenden Hinweise, dass es zu einer relevanten Zunahme von Kollisionen durch das geplante Vorhaben kommen könnte. Einzelne Kollisionen sind zwar nicht vollständig auszuschließen, eine signifikante Erhöhung der Kollisionswahrscheinlichkeit ist jedoch insgesamt unwahrscheinlich.

Gegen diese Erfassungsmethode hat der Antragsteller eingewandt, die Anzahl und der zeitliche Umfang der Begehungen seien unzureichend. Auch hätten keine Begehungen im Frühjahr stattgefunden. Ob diese Kritik berechtigt ist und ob die Fledermauserfassung den Anforderungen des Artenschutzleitfadens (vgl. dort v.a. Nr. 5.2.3.2) genügt oder jedenfalls nach Nr. 9 des Artenschutzleitfadens keine weiteren Untersuchungen erforderlich sind, kann dahingestellt bleiben. Denn der Antragsgegner ist der auf der durchgeführten Erfassung beruhenden Bewertung des Fachbeitrags nicht gefolgt, wonach es sich bei dem Großen Mausohr um eine  Waldart handeln und es keinen Hinweis auf Quartiere und auf ein überdurchschnittliches herbstliches Zuggeschehen von weiteren kollisionsgefährdeten Arten geben soll. Vielmehr - so die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 12.10.2017 - stelle die hohe Anzahl an Registrierungen/Signalen in den (nur) 10 Untersuchungsnächten ein repräsentatives Ergebnis des Raumes dar. In den ersten Ergebnissen aus einer Gondelerfassung eines benachbarten Vorhabens spiegele sich die hohe Qualität auch in der Höhe wieder. Die Untere Naturschutzbehörde hat daher zum Schutz der im Plangebiet vorkommenden kollisionsgefährdeten Arten (Kleiner und Großer Abendsegler, Rauhhaut- und Zwergfledermaus) gefordert, die Windenergieanlagen in niederschlagsfreien Nächten mit Windgeschwindigkeiten < 6 m/sec (gemessen in Gondelhöhe) und Temperaturen über 10°C abzuschalten. Dieser Forderung ist der Antragsgegner in der Nebenbestimmung Nr. II.2.3.4.4 nachgekommen. Dass diese Maßnahme, die Nr. 7.3 Abs. 1 des Artenschutzleitfadens entspricht und deren Wirksamkeit im Rahmen des in Auflage Nr. II.2.3.4.4 angeordneten Gondelmonitorings an den Windenergieanlagen 01, 02, 04 und 06 überprüft werden wird, grundsätzlich nicht geeignet, ist das Tötungsrisiko für die im Plangebiet vorkommenden Fledermäuse unter die Signifikanzschwelle zu senken, ist nicht ersichtlich und wird von dem Antragsteller auch nicht geltend gemacht.

dd) Soweit der Antragsteller geltend macht, Vorkommen des Feldhamsters, der Wildkatze und des Luchses seien nicht untersucht worden, ist der Antragsgegner seinen Bedenken mit nachvollziehbaren Argumenten entgegengetreten (Feldhamster) bzw. hat der Antragsteller die angebliche Unzulänglichkeit der Bestandserfassung nicht dargelegt (Wildkatze und Luchs).

b) Dem Vorhaben der Beigeladenen steht entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht entgegen, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist und, nachdem der Antragsgegner die Auflage Nr. II.2.3.4.8 mit Bescheid vom 11.04.2017 aufgehoben hat, auch nicht mehr nachgeholt werden soll. Das Ingenieurbüro F. hat in seinem Vermerk vom 12.10.2016 darauf hingewiesen, dass von einer erheblichen Beeinträchtigung von FFH-Gebieten, die zur Unzulässigkeit des Vorhabens führen würde (vgl. § 34 Abs. 2 BNatSchG) dann nicht auszugehen sei, wenn - wie hier - im Zusammenhang mit betriebsbedingten Auswirkungen der Windenergieanlagen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nicht erfüllt seien. Dies ist nachvollziehbar und wird von dem Antragsteller, insoweit folgerichtig, da er diese Tatbestände als erfüllt ansieht, nicht in Frage gestellt.

c) Dem Vorhaben der Beigeladenen stehen auch nicht andere in § 35 Abs. 3 Satz 1  Nr. 5 BauGB genannte Belange entgegen.

Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung beeinträchtigt es weder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert noch verunstaltet es das Orts- und Landschaftsbild.

Ein Vorhaben beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, wenn die Landschaft in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart nicht bewahrt bleibt. So sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden, die der Landschaft wesensfremd sind oder die der Allgemeinheit Möglichkeiten der Erholung entziehen (Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand November 2015, § 35 Rdnr. 96). Dabei betrifft der Belang der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswertes die funktionelle Abweichung des Vorhabens von der Umgebung (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 16.04.2003 - 4 K 2477/01 -, juris Rdnr. 57; Dürr in Brügelmann, BauGB, Stand Mai 2012, § 35 Rdnr. 92) und kommt es insoweit nicht darauf an, ob das Vorhaben mehr oder weniger auffällig in Erscheinung tritt oder der Sicht entzogen ist. Entscheidend ist allein, ob das Vorhaben der in der Umgebung vorhandenen Bodennutzung entspricht (vgl. Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand November 2015, § 35 Rdnr. 96; Dürr in Brügelmann, BauGB, Stand Mai 2012, § 35 Rdnr. 92).

Zwar weichen die geplanten Windenergieanlagen funktionell von der in der Umgebung vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzung des Bodens ab. Das Baugrundstück wird der vorherrschenden Bodennutzung jedoch nicht entzogen, da gleichzeitig zu der Nutzung der einzelnen Standorte für die Windenergieanlagen eine landwirtschaftliche Nutzung der Fläche möglich bleibt. Auch eine Beeinträchtigung des Erholungswertes der Landschaft lässt sich nicht feststellen. Wie dem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Kartenmaterial sowie den im Internet (https://maps.google.de/) vorhandenen Satellitenbildern des Vorhabenstandorts und dessen Umgebung zu entnehmen ist, dürfte  der Erholungswert der Landschaft bereits durch das in der Nähe befindliche Atomkraftwerk, die zahlreichen Hochspannungsleitungen und -masten, das Umspannwerk sowie durch nordöstlich gelegene weitere Windparks erheblich geschmälert sein. Der Eindruck einer von Stromerzeugung und Stromversorgung geprägten Landschaft setzt sich bis in den - im Verhältnis zum gesamten Vorhabengebiet recht kleinen - von drei Seiten mit Wald umgebenen Bereich fort, auf dem die Windenergieanlagen 01 und 02 errichtet werden sollen.

Das Vorhaben verunstaltet auch nicht das Landschaftsbild. Zwar soll durch § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht nur die förmlich unter Schutz gestellte Landschaft vor ästhetischen Beeinträchtigungen bewahrt, sondern auch jede andere schutzwürdige Landschaft vor Verunstaltungen durch bauliche Anlagen geschützt werden (VG Karlsruhe, Urteil vom 16.04.2003 - 4 K 2477/01 -, juris Rdnr. 60). Eine Verunstaltung des Landschaftsbilds ist jedoch nur anzunehmen, wenn die Umgebung des Standortes wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdig ist oder die Errichtung der Anlage zu einem besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild führt (vgl. dazu BVerwG, Beschl v. 18.03.2003 - 4 B 7/03 -, juris; Thür. OVG, Urt. v. 14.05.2007 - 1 KO 1054/03 - juris). Beides ist hier im Hinblick auf die oben beschriebene erhebliche Vorbelastung des Landschaftsbildes mit Einrichtungen der Stromerzeugung und -versorgung nicht der Fall.

Soweit der Antragsteller - ohne nähere Begründung - geltend macht, dem Vorhaben der Beigeladenen stehe der Belang des Denkmalschutzes entgegen, ist bereits fraglich, ob dieser Belang zu den Zielen gehört, die er nach seiner Satzung fördert. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn etwaigen Beeinträchtigungen des denkmalgeschützten Ensembles Schloss Hämelschenburg wird durch die Nebenbestimmung Nr. II.2.2.2.1 Rechnung getragen.

d) Dem Vorhaben der Beigeladenen steht voraussichtlich auch eine Gefährdung der Wasserwirtschaft als öffentlicher Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB nicht entgegen.

§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB kann als Zulassungshindernis eingreifen, wenn die örtlichen Gegebenheiten außerhalb des Anwendungsbereichs wasserrechtlicher Schutzvorschriften die Annahme rechtfertigen, dass die Wasserwirtschaft gefährdet wird. Ist beispielsweise nach wasserwirtschaftlichen und technischen Erkenntnissen aufgrund der geologischen oder hydrologischen Verhältnisse, etwa der Geländegestaltung, des Grundwasserstandes und der Grundwasserfließrichtung oder der Wasserdurchlässigkeit des Bodens, davon auszugehen, dass ein Bauvorhaben geeignet ist, eine vorhandene Trinkwassergewinnungsanlage in ihrer Funktionsfähigkeit zu beeinträchtigen oder die künftige Wasserversorgung nachteilig zu beeinflussen, so erkennt der Gesetzgeber diesem Umstand die Qualität eines öffentlichen Belangs unabhängig davon zu, ob sich aus dem allgemeinen oder dem gebietsbezogenen besonderen Wasserschutzrecht bestimmte Handlungsgebote oder -verbote herleiten lassen oder nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 4 C 5.00 -, juris Rdnr.  27).

Das Grundwasser in dem Trinkwassergewinnungsgebiet Kirchohsen, bei dem es sich nicht, wie der Antragsteller meint, um ein Trinkwasserschutzgebiet handelt, wird durch die Errichtung und den Betrieb der geplanten Windenergieanlagen voraussichtlich nicht gefährdet. Die Beigeladene weist zu Recht darauf hin, dass die Windenergieanlagen jeweils mit ausreichenden Auffangwannen ausgestattet sind und einer etwaigen Gefährdung des Grundwassers - dem vorgelegten hydrogeologischen Gutachten entsprechend - durch die Nebenbestimmungen Nr. II.2.3.7.1 bis II.2.3.7.46 begegnet wird. Anhaltspunkte dafür, dass die in den Nebenbestimmungen getroffenen Anordnungen nicht geeignet sind, Gefahren für das Trinkwasser auszuschließen sind, sind nicht ersichtlich und werden von dem Antragsteller auch nicht substantiiert vorgetragen. Soweit dieser bemängelt, das derzeitige Grundwassermessstellennetz sei nicht ausreichend, übersieht er offenbar, dass in den Nebenbestimmungen II.2.3.7.12 und II.2.3.7.13 die Einrichtung weiterer Grundwassermessstellen vor Baubeginn angeordnet wird. Warum es nicht möglich sein soll, die Einhaltung dieser Auflagen mit dem dafür zur Verfügung stehenden Instrumentarium des Bundesimmissionsschutzgesetzes zu überwachen, ist nicht ersichtlich.

e) Dem Vorhaben stehen auch der Belang der Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB) oder sonstige - ungeschriebene - öffentliche Belange nicht entgegen.

Der Begriff der öffentlichen Belange ist gesetzlich nicht näher definiert. Zu ihnen gehören nicht nur die in § 35 Abs. 3 BauGB beispielhaft genannten öffentlichen Belange, sondern alle Gesichtspunkte, die für das Bauen im Außenbereich irgendwie rechtserheblich sein können (BVerwG, Urt. v. 29.04.1964 - 1 C 30.62 -, BVerwGE 18, 247; Urt. v. 06.12.1967 - 4 C 94.66 -, BVerwGE 28, 268). Als öffentliche Belange sind danach auch andere in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange zu berücksichtigen. Soweit der Antragsteller geltend macht, das Vorhaben halte die erforderlichen Sicherheitsabstände zu dem Umspannwerk, zu den Freileitungen bzw. der Bahnstrecke nicht ein, dadurch werde das Stromversorgungssicherheitskonzept des Kernkraftwerks Grohnde geschwächt bzw. das Bahnpersonal gefährdet, auch habe der Antragsgegner es unterlassen, die Auswirkungen der geplanten Windenergieanlagen auf die seismologischen Erdbebeninstrumentierung des Kernkraftwerks zu untersuchen, könnte der in  § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB genannte Belang der allgemeinen Anforderungen an die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung betroffen sein. Die von dem Antragsteller behaupteten  Gefahren bestehen jedoch nicht bzw. stehen die von diesen Gefahren betroffenen Belange dem Vorhaben der Beigeladenen voraussichtlich nicht entgegen.

aa) Von den geplanten Windenergieanlagen geht voraussichtlich keine Gefahr für die Stromversorgung des Kernkraftwerks Grohnde aus.

Der Betreiber des Kraftwerks hat im Genehmigungsverfahren unter dem 04.08.2016 mitgeteilt, dass die geplanten Windenergieanlagen das Sicherheitsniveau des Kraftwerks nur beeinträchtigten, wenn nicht ausgeschlossen sei, dass das Umspannwerk oder die für die Energieversorgung des Kraftwerks notwendigen Freileitungen beschädigt würden. Dafür müsse sichergestellt werden, dass der Abstand der geplanten Windenergieanlagen zum Umspannwerk größer sei als die rechnerisch mögliche Flugweite eines Bruchstücks der Anlage. Außerdem müsse sichergestellt sein, dass der Betreiber des Umspannwerks auch bei möglichen Beschädigungen einzelner Freileitungen die Energieversorgung des Kraftwerks gewährleisten könne. Diese Anforderungen werden von den geplanten Windenergieanlagen erfüllt.

Die gutachtliche Stellungnahme des TÜV Nord zur Risikobeurteilung Eisabwurf/Eis-abfall, Rotorblattbruch und Turmversagen vom 28.07.2016 stellt in Abbildung 6 die maximale Fallweite für Eisobjekte, in Abbildung 7 die Auftreffpunkte bei Rotorblattbruch und in Abbildung 10 die maximalen Gefährdungsradien bei Turmversagen dar. Danach liegen das Umspannwerk und die Erweiterungsfläche für das Umspannwerk außerhalb sämtlicher Gefährdungsradien. Der Betreiber des Umspannwerks hat im Genehmigungsverfahren unter Bezugnahme auf die gutachtliche Stellungnahme des TÜV Nord vom 08.07.2016 zum Mindestabstand und zur Auswirkung der Nachlaufströmung von Windenergieanlagen auf Hochspannungsleitungen im Windpark Grohnde unter dem 03.08.2016 mitgeteilt, dass der Mindestabstand der geplanten Windenergieanlagen zu den Hochspannungsleitungen zwar eingehalten, jedoch unterhalb des dreifachen Rotordurchmessers liege. Die daher erforderlichen Detailprüfungen hätten ergeben, dass sich einige Freileitungsabschnitte der 110kV- und 380kV-Freileitungen im schädigenden Einflussbereich der Nachlaufströmung von mindestens einer der geplanten Windenergieanlagen befänden und daher zusätzliche schwingungsdämpfende Maßnahmen an diesen Freileitungen erforderlich seien. Die Kosten dafür seien von der Beigeladenen zu tragen. Da nach der Nebenbestimmung Nr. II.2.2.2.7 die Beigeladene vor Baubeginn die zusätzlichen schwingungsdämpfenden Maßnahmen an den in der gutachtlichen Stellungnahme des TÜV Nord vom 08.07.2016 genannten Freileitungen auszuführen und nachzuweisen hat, dürfte ausgeschlossen sein, dass das Umspannwerk oder die für die Energieversorgung des Kraftwerks notwendigen Freileitungen durch den Betrieb der geplanten Windenergieanlagen beschädigt werden.

bb) Soweit der Antragsteller eine Gefährdung der Bahnstrecke geltend macht, ist schon fraglich, ob die Sicherheit des Bahnverkehrs Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die er nach seiner Satzung fördert. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn die von dem Antragsteller geltend gemachte Gefahr für die Sicherheit der Bahnstrecke steht dem Vorhaben der Beigeladenen ebenfalls nicht im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB entgegen.

Ob ein öffentlicher Belang einem privilegierten Vorhaben entgegensteht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in „nachvollziehender" Abwägung zu ermitteln. Dabei sind die öffentlichen Belange je nach ihrem Gewicht und dem Grad ihrer nachteiligen Betroffenheit einerseits und das kraft der gesetzlichen Privilegierung gesteigert durchsetzungsfähige Privatinteresse an der Verwirklichung des Vorhabens andererseits einander gegenüber zu stellen (BVerwG, Beschl. v. 5.9.2006  - 4 B 58.06 -, juris Rdnr. 5). Bei nur geringer Betroffenheit des öffentlichen Belangs wird sich in der Regel das privilegierte Vorhaben gegenüber diesem Belang durchsetzen (so z.B. bei nur geringfügiger Störung der Funktionsfähigkeit eines Wetterradars Bayer. VGH, Urt. v.18.09.2015 - 22 B 14.1263 -, juris Rdnr. 62 ).

Davon ist hier auszugehen. Von den geplanten Windenergieanlagen geht für die - zur Zeit noch nicht einmal betriebene - Bahnstrecke lediglich eine geringe Gefahr aus, die dem Vorhaben der Beigeladenen nicht entgegen steht. Zwar kann der TÜV Nord aufgrund der Nähe der Windenergieanlage 08 Gefahren für die Bahnstrecke nicht ausschließen, da die Bahnstrecke durch den Gefährdungsradius bei Turmversagen und durch die möglichen Trefferbereiche bei Eisabwurf und Rotorblattbruch verläuft. Im Hinblick auf die vom TÜV Nord in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 28.07.2016 prognostizierte Wahrscheinlichkeit derartiger Ereignisse (alle 6.032 Jahre ein Treffer durch Rotorblattbruch, alle 44.455 Jahre ein Treffer durch Turmversagen) sowie im Hinblick darauf, dass für Schienenfahrzeuge von keiner direkten Personengefährdung durch Eisabwurf ausgegangen wird (vgl. S. 17 des Gutachtens) und dieser Gefahr ohnehin durch die in der Nebenbestimmung Nr. II.2.3.2.5 angeordnete Abschaltung der Windenergieanlagen Rechnung getragen wird, setzt sich das privilegierte Vorhaben der Beigeladenen gegenüber dem Belang der Sicherheit der Bahnstrecke durch.

cc) Gleiches gilt für die von dem Antragsteller geltend gemachten Gefahren durch fehlende Untersuchungen der Auswirkungen der geplanten Windenergieanlagen auf die seismologische Erdbebeninstrumentierung des Kernkraftwerks, auf die Radarortung von Flugkörpern und auf die Richtfunkstrecken für das Umspannwerk. Zwar hat der Antragsteller zur möglichen Beeinflussung seismologischer Messgeräte umfangreich vorgetragen. Anhaltspunkte für eine darauf beruhende konkrete Gefährdung des - nicht in einem erdbebengefährdeten Gebiet liegenden - Kernkraftwerks Grohnde sind jedoch nicht ersichtlich und werden von dem Antragsteller ebenso wenig substantiiert geltend gemacht wie etwaige Gefahren für die Radarortung von Flugkörpern oder die Richtfunkstrecken für das Umspannwerk, so dass sich das privilegierte Vorhaben der Beigeladenen auch gegenüber diesen Belangen durchsetzt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und Nr. 1.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57). Angesichts der nicht unbeträchtlichen Auswirkungen der begehrten Entscheidung auf die vertretenen Interessen erachtet die Kammer einen Streitwert am oberen Rand des nach dem Streitwertkatalog in der Hauptsache regelmäßig zwischen 15.000,- und 30.000,- EUR festzusetzenden Streitwerts für interessengerecht (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 26.10.2016 - 12 ME 58/16 -, juris Rdnr. 49).