Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 26.08.2003, Az.: 3 A 191/01
Abschiebungsschutz; Aufenthaltsbefugnis; Auflage; Familieneinheit; Wohnsitzauflage
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 26.08.2003
- Aktenzeichen
- 3 A 191/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48210
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 14 Abs 2 S 1 AuslG
- § 51 Abs 1 AuslG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Hat ein Ausländer Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG erhalten und ist im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis, kann ihm nach § 14 Abs. 2 Satz 1 AuslG der Wohnsitz in einem bestimmten Landkreis aufgegeben werden. Das durch die Vorschrift eröffnete Ermessen ist durch den Erlass des Innenministeriums vom 16. Oktober 2002 vorgegeben. Der Erlass verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Nach dem Erlass ist die Wohnsitzauflage im konkreten Fall nicht fehlerhaft.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen eine Wohnsitzauflage in ihrer Aufenthaltsbefugnis.
Die Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie hat Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG erhalten. Sie hat einen internationalen Reiseausweis und ihr wurden bislang jeweils befristete Aufenthaltsbefugnisse erteilt.
In der am 11. Januar 2001 erteilten Aufenthaltsbefugnis, die bis zum 27. Januar 2003 Gültigkeit hatte, traf die Beklagte folgende Nebenbestimmung:
„Wohnsitznahme erforderlich im Bereich: Stadt und Landkreis Lüneburg“.
Auch die Aufenthaltsbefugnis, die ab Januar 2003 Geltung hat, weist wieder eine entsprechende Nebenbestimmung auf.
Die Klägerin legte im Januar 2001 Widerspruch gegen die Nebenbestimmung in der Aufenthaltsbefugnis ein. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 5. Juni 2001 zurückgewiesen.
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 11. Juni 2001 hat die Klägerin am 11. Juli 2001 Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor: Sie sei seit 1999 verheiratet und habe ein im Jahre 2000 geborenes Kind (die Klägerin hat jetzt zwei Kinder). Ihr Ehemann habe in Berlin eine Freiheitsstrafe verbüßt. Jetzt sei er wieder frei und wohne in Lüneburg. Nach wie vor beabsichtige die Familie, von Lüneburg nach Berlin umzuziehen. Die Wohnsitzauflage verhindere den Wohnsitzwechsel.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die Auflage in der von der Beklagten am 11. Januar 2001 erteilten und bis Januar 2003 gültigen Aufenthaltsgenehmigung mit dem Inhalt „Wohnsitznahme erforderlich im Bereich: Stadt und Landkreis Lüneburg“ und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 5. Juni 2001 rechtswidrig gewesen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass die Klägerin nach wie vor Sozialhilfe beziehe.
Die Klägerin ist in der mündlichen Verhandlung zu ihrer persönlichen Situation und ihren Umzugswünschen befragt worden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie das Terminsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage wurde ursprünglich statthafterweise als Anfechtungsklage erhoben. Die Wohnsitzauflage stellt eine selbständig anfechtbare belastende Teilregelung der Aufenthaltsbefugnis dar (vgl. u.a. OVG Lbg., Beschl. v. 6.6.2001 - 9 LB 1404/01 -); im Zeitpunkt der Klageerhebung am 11. Juli 2001 haben die Aufenthaltsbefugnis - die von Januar 2001 bis Januar 2003 Geltung hatte - und die damit verbundene Auflage noch Wirkungen gehabt.
Nachdem die die Klägerin belastende Auflage mit dem Ablauf der Geltungsdauer der Aufenthaltsbefugnis am 27. Januar 2003 ihre Erledigung gefunden hat, kann die ursprünglich zulässige Anfechtungsklage nur noch als Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weitergeführt werden. Nach der genannten Vorschrift kann, wenn sich ein Verwaltungsakt (etwa durch Zeitablauf wie hier die Auflage) erledigt hat, das Gericht aussprechen, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
Ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung kann im vorliegenden Fall bejaht werden, weil in der neuen im Januar 2003 erteilten Aufenthaltsbefugnis eine inhaltsgleiche Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Damit hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in einem sich gegen die neue Auflage richtenden noch möglichen Widerspruchsverfahren präjudizierende Wirkung. Auch wenn die Klägerin die entsprechende Auflage in der neuen ab 2003 geltenden Aufenthaltsbefugnis noch nicht mit dem Widerspruch angefochten hat, kann sie, weil der Auflage keine Rechtsbehelfsbelehrung beigegeben worden ist, innerhalb eines Jahres Widerspruch erheben (§ 58 Abs. 2 VwGO).
2. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Wohnsitzauflage während ihrer Geltungsdauer vom 11. Januar 2001 bis zum 27. Januar 2003 rechtswidrig gewesen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
Die Wohnsitzauflage hatte und hat ihre Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 2 Satz 1 AuslG. Danach kann die Aufenthaltsgenehmigung mit Auflagen verbunden werden. § 14 Abs. 2 Satz 1 AuslG ist eine Ermessensvorschrift. Zur Anwendung der Ermessensvorschrift hat das Innenministerium einen Erlass veröffentlicht. Der Runderlass vom 16.Oktober 2002 (Nds. MBl. 2002 S. 938) hat dabei den Vorgängererlass vom 15. Juli 1998 abgelöst. Nach der zentralen Vorschrift in Ziff. 2.1 des neuen Erlasses werden Aufenthaltsbefugnisse mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen, wenn die Ausländerin oder der Ausländer Sozialhilfe oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Anspruch nimmt oder nehmen muss. Dies hat der alte Erlass in gleicher Weise vorgesehen.
a) Eine Ermessensregelung des Ministeriums zur räumlichen Beschränkung der Aufenthaltsbefugnis ist zulässig.
An der räumlichen Beschränkung der Aufenthaltsbefugnis sozialhilfeberechtigter Ausländer besteht ein öffentliches Interesse. Sozialhilfelasten, die mit der Aufnahme und Unterbringung von Ausländern verbunden sind, sollen möglichst gleichmäßig und gerecht auf die Länder und Kommunen verteilt werden. Durch wohnsitzbeschränkende Auflagen wird eine Binnenwanderung von sozialhilfebeziehenden Ausländern verhindert, und es wird missbräuchlicher, namentlich mehrfacher Inanspruchnahme von Sozialhilfe vorgebeugt. Der Zuzug von Ausländern in Ballungszentren wird vermieden. Die Erlasse tragen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Rechnung. Denn insbesondere der neue Erlass sieht vor, dass Wohnsitzauflagen geändert oder gestrichen werden können, etwa zur Herstellung der Familieneinheit, bei Erwerbstätigkeit, durch die der Lebensunterhalt gesichert wird, oder in speziellen Lebenssituationen. Dies dient einem angemessenen Interessenausgleich.
Auch sonst verstoßen die Erlasse von 1998 und vom Oktober 2002 nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention, das Zusatzprotokoll hierzu und gegen das Europäische Fürsorgeabkommen (vgl. hierzu insbesondere Nds. OVG, Beschl. v. 6.6.2001 - 9 LB 1404/01 -; zur Wohnsitzauflage allgemein vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 27.5.2003 - 7 LB 207/02 -, VG Dresden, Urt. v. 7.11.2001 - A 14 K 1427/01 -, InfAuslR 2002 S. 242; VG Osnabrück, Urt. v. 24.11.1999 - 5 A 193/99 -, InfAuslR 2000 S. 140; VG Düsseldorf, Entscheidung vom 3.11.1999 - 7 K 1413/99 - Juris).
b) Ausgehend von diesen Grundlagen ist die Wohnsitzauflage im konkreten Fall von Januar 2001 bis Januar 2003 nicht rechtswidrig gewesen. Die Klägerin hat während der gesamten Zeitdauer Sozialhilfe bezogen. Ihre Arbeit im Altenheim, während der sie auf Sozialhilfe nicht angewiesen war, endete vor dem Januar 2001.
Gründe für eine Streichung oder Veränderung der Wohnsitzauflage sind nicht gegeben gewesen.
aa) Die Auflage musste nicht zur Herstellung der Familieneinheit aufgehoben werden (Ziffer 5.1 des Erlasses vom Oktober 2002).
Der Ehemann der Klägerin war bis Juli 2001 in Berlin in Haft und ist dann entlassen worden. Eine Familieneinheit mit einem gemeinsamen „Wohnsitz“ konnte während der Haftzeit weder in Berlin noch anderswo begründet werden. Auch wenn der Ehemann zuletzt im offenen Vollzug gewesen ist, hat er jedoch nach seiner Arbeit in die Justizvollzugsanstalt zurückkehren müssen. Um während der gelegentlichen Freigänge mit ihrem Ehemann zusammen zu sein, war eine Wohnsitzverlegung der Klägerin von Lüneburg nach Berlin nicht erforderlich; insoweit konnte die Klägerin ohne Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ermessensfehlerfrei auf zeitlich befristete Besuchsreisen verwiesen werden. Dies gilt gerade unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin und ihr Ehemann damals offenbar noch keine abschließende Entscheidung getroffen hatten, ob sie sich gemeinsam in Berlin, Lüneburg oder einer anderen Stadt niederlassen.
Für die Zeit nach der Haftentlassung ist die Beibehaltung der Wohnsitzauflage durch die Beklagte ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Es bestand keine Pflicht der Beklagten, zur Herstellung der Familieneinheit die Auflage für die Zeit nach Haftentlassung des Ehemannes aufzuheben. Bei der Frage der Beibehaltung einer Wohnsitzauflage ist allerdings auf berechtigte Wünsche der betreffenden Eheleute Rücksicht zu nehmen, wobei auch von Bedeutung ist, ob einer der Ehepartner ausreichenden Wohnraum hat oder einer Erwerbstätigkeit nachgeht, die er bei einem Wohnsitzwechsel aufgeben müsste. Nach der Haftentlassung hat sich der Ehemann jedoch bei der Klägerin aufgehalten, er hat sich in Lüneburg um Arbeit bemüht und wollte einen Führerschein machen (Schriftsatz der Beklagten vom 3.2.2003, Schriftsatz der Klägerin vom 15.4.2003). Die Familieneinheit wurde also in Lüneburg hergestellt, und in Lüneburg gab es eine gemeinsame Wohnung für die Familie. In Berlin bestand demgegenüber nur bei der Schwiegermutter der Klägerin eine Unterkunftsmöglichkeit, und in Berlin gab es keine Arbeitsstelle für den Ehemann. Dies sind Gesichtspunkte, die die Beibehaltung der Wohnsitzauflage bei der Klägerin gerechtfertigt haben.
Die tatsächlichen Umstände haben sich bis heute nicht grundlegend geändert. Der Ehemann wohnt nach wie vor in Berlin bei seinen Eltern, manchmal bei der Mutter, manchmal bei dem Vater, weil die Eltern getrennt sind. Der Ehemann wohnt aber auch bei der Klägerin. Er weiß nicht so recht, wo er hingehört, er ist öfter in Lüneburg als in Berlin. In Berlin jedenfalls hat er keine eigene Wohnung und keine Arbeit. Die Klägerin selbst wohnt mit ihren beiden Söhnen und mit ihrer Schwester in Lüneburg demgegenüber in einer räumlich ausreichenden Wohnung. Zu berücksichtigen ist im konkreten Einzelfall noch Folgendes: Die Klägerin und ihre zwei Kinder sind eher in Lüneburg als in einer anderen Stadt in Deutschland verwurzelt, immerhin haben damit drei von vier Mitgliedern der Kernfamilie hier ihre jahrelangen sozialen Beziehungen. Die Klägerin hat in Lüneburg ihre Eltern und Geschwister, die sie mit Rat und Tat unterstützen können, eine Schwester wohnt mit ihr in der Wohnung zusammen. Der Familienzusammenhalt ist groß und gut. Die Klägerin selbst hat vielleicht auch eher hier als anderswo eine Berufsperspektive: Vor ihrem Mutterschaftsurlaub hat die Klägerin in der Altenpflege gearbeitet, nämlich im Anna-Vogeley-Heim. Das Einkommen hat damals für den Lebensunterhalt ausgereicht, und die Klägerin hat keine Sozialhilfe bekommen. Ihr hat die Arbeit „Spaß gemacht“, und sie hofft, dass sie im Oktober dieses Jahres, wenn ihr Sohn einen Kindergartenplatz bekommt, dort auch wieder anfangen kann. Bei realistischer Sicht der Dinge wird der Ort der Familieneinheit der Klägerin, ihres Mannes und der Kinder letztlich vom Ort einer künftigen Arbeitsstelle abhängig sein. Dem Ehemann ist es egal, wo er arbeitet, er würde auch in Hamburg arbeiten, Hauptsache er bekommt irgendwo einen „Job“. Der Ehemann ist damit nicht auf Berlin oder eine andere Gemeinde außerhalb von Stadt und Landkreis Lüneburg festgelegt, was es nahe legen könnte, „schon jetzt“ vor Abschluss des Arbeitsvertrages die Wohnsitzauflage der Klägerin aufzuheben, damit sich die Familie in den Einzugsbereich der künftigen Arbeitsstelle umziehen kann.
Dies alles sind Gesichtspunkte, die bei unveränderter Situation die Beibehaltung der Wohnsitzauflage nicht ermessensfehlerhaft machen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht nach § 114 VwGO (nur) prüfen kann, ob die Stadt Lüneburg durch die Wohnsitzauflage die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder von ihrem durch § 14 Abs. 2 Satz 2 AuslG i.V.m. den Erlassen von 1998 und 2002 eröffneten Ermessen einen unsachgemäßen Gebrauch gemacht hat. Dem Gericht ist es verwehrt, eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen und diese an die Stelle der Behördenentscheidung zu setzen. Das Gericht muss eine Behördenentscheidung im Ermessensbereich auch dann hinnehmen und kann die Behördenentscheidung nicht aufheben, wenn das Gericht der Überzeugung ist, dass in der Sache eine andere Lösung als die von der Behörde getroffene Entscheidung zweckmäßiger gewesen wäre, solange die Grenzen des Ermessens von der Behörde nicht überschritten werden. Ermessensüberschreitung oder Ermessensfehlgebrauch der Stadt Lüneburg kann das Gericht im vorliegenden Fall jedoch nicht feststellen.
bb) Eine Aufhebung der Wohnsitzauflage wegen Erwerbstätigkeit scheidet ebenfalls aus. Nach Ziffer 5.2 des Erlasses von 2002 kommt eine Streichung der Auflage in Betracht, wenn die Betroffenen nachweisen, dass ihr Lebensunterhalt (einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes) durch Erwerbstätigkeit oder ein sonstiges Einkommen gesichert ist. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, da die Klägerin während der Geltungsdauer der Wohnsitzauflage von 2001 bis Januar 2003 Sozialhilfe bezog und im Übrigen immer noch Sozialhilfe bezieht.
cc) Die spezielle Lebenssituation der Klägerin macht die Wohnsitzauflage ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft.
Nach Ziff. 5.3 des Erlasses von 2002 kommt eine Streichung der Auflage in Betracht aufgrund der speziellen Lebenssituation eines Betroffenen, wenn dieser ein gewichtiges Interesse daran hat, dauerhaft außerhalb des Zuständigkeitsbereiches zu wohnen und eine Arbeitsaufnahme auf absehbare Zeit nicht zumutbar oder möglich ist (z. B. alleinerziehende Mutter mit Kleinkindern).
Die Voraussetzungen zur Anwendung dieser Ausnahmevorschrift sind nicht gegeben. Denn die Klägerin ist keine dauerhaft alleinerziehende Mutter, sondern lebt die überwiegende Zeit mit ihrem Ehemann zusammen. In der mündlichen Verhandlung hat sie erklärt, ihr Ehemann sei öfter in Lüneburg als in Berlin. Abgesehen davon ist ein gewichtiges Interesse daran, dauerhaft außerhalb des Zuständigkeitsbereiches von Stadt und Landkreis Lüneburg zu wohnen, nicht gegeben: Allein der bloße Wunsch, nach Berlin umzuziehen, ist kein ausreichender gewichtiger Grund, der die beklagte Stadt Lüneburg zwingt, die Wohnsitzauflage aufzuheben.
Im Ergebnis:
Belastend für die Klägerin ist nicht die Wohnsitzauflage, sondern eher der Umstand, dass - aus welchen persönlichen Gründen auch immer - ihr Ehemann nicht dauerhaft bei ihr und den Kindern wohnt. Ginge es nur um den Wunsch der Eheleute, zusammen zu leben, wäre dies in der Wohnung der Klägerin in Lüneburg problemlos möglich, die Wohnsitzauflage ist deshalb kein Hindernis zur Herstellung der Familieneinheit. Belastend für die Klägerin ist möglicherweise auch, dass ihr Ehemann keine Arbeit hat, und sie beide deshalb nicht wissen, „wohin sie gehören“.
Wenn der Ehemann erst einmal Arbeit gefunden hat, durch die der Lebensunterhalt auch der Klägerin und der Kinder gesichert wird, kann die Wohnsitzauflage gestrichen werden. Die Auflage kann auch dann gestrichen werden, wenn die Klägerin im Herbst dieses Jahres nach dem Mutterschaftsurlaub selbst Arbeit findet und sie unabhängig von der Sozialhilfe lebt. Dann sollte sich die Klägerin unverzüglich an die Beklagte wenden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Berufung wird zugelassen, da es immer noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, ob Wohnsitzbeschränkungen ergehen können, um „Binnenwanderungen“ ausländischer Sozialhilfeempfänger entgegenzuwirken (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; vgl. zur Zulassung der Revision wegen dieser Frage Nds. OVG, Beschl. v. 6.6.2001 a.a.O.).