Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 23.04.1997, Az.: 2 U 118/96
Anspruch auf Räumung und Herausgabe gewerblich genutzter Räume; Vorzeitige Beendigung eines Mietverhältnisses mit dem Zugang einer fristlosen Kündigung; Anspruch auf Räumung eines Objekts wegen Verzugs mit Mietzinszahlungen; Rechte und Pflichten nach der Beendigung eines Mietverhältnisses; Abwicklung eines Mietverhältnisses; Wichtiger Grund für die Kündigung eines Mietverhältnisses; Nichtzahlung der vereinbarten Mietkaution; Unzumutbarkeit der Fortsetzung eines Mietverhältnisses
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 23.04.1997
- Aktenzeichen
- 2 U 118/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 23534
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1997:0423.2U118.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 11.04.1996 - AZ: 6 O 433/95
Rechtsgrundlagen
- § 554a BGB
- § 556 Abs. 1 BGB
Fundstellen
- IPuR 1998, 57
- NJW-RR 1998, 585-586 (Volltext mit red. LS)
- NZM 1998, 265-267
- OLGReport Gerichtsort 1998, 76-78
- ZMR 1998, 272-274
Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... und
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 1997
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. April 1996 verkündete und durch Beschluß vom 11. April 1996 berichtigte Teilurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 350.000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird gestattet, Sicherheit auch durch die selbstschuldnerische, unbefristete, unwiderrufliche, unbedingte, schriftliche Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse zu leisten.
Die Beschwerde der Beklagten übersteigt 60.000 DM.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten neben weiteren Zahlungsansprüchen aus einem Mietverhältnis die Räumung und Herausgabe gewerblich genutzter Räume.
Mit schriftlichem Vertrag vom 29. August 1994 nebst anliegender Baubeschreibung vermietete die Klägerin im Hause ... gelegene Gewerberäume zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäftes für Inneneinrichtungen sowie Lagerräume und 2 Pkw-Stellplätze für die Zeit vom 01.01.1995 auf die Dauer von 10 Jahren an die Beklagte (Bl. 16, 106 d.A.). Die Klägerin verpflichtete sich gegenüber der Beklagten zur Durchführung von Um- und Ausbauarbeiten gemäß der beigefügten Baubeschreibung. Als Mietzins vereinbarten die Parteien monatlich 12.200 DM zuzüglich 800 DM Betriebskostenabschlag und Mehrwertsteuer. Die Beklagte verpflichtete sich, bei Übergabe der Mieträume eine Kaution von 3 Monatsmieten (36.600 DM), ersatzweise durch Bankbürgschaft oder Sparbuchhinterlegung, zu leisten.
§ 6 des Mietvertrages lautet:
"Aufrechnung und Zurückbehaltung
Der Mieter kann gegenüber Mietforderungen mit Gegenforderungen nur aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens 1 Monat vor der Fälligkeit der Miete schriftlich angezeigt und dem Vermieter ausreichend Gelegenheit gegeben hat, etwaige Mängel zu beseitigen."
§ 19 des Mietvertrages lautet auszugsweise:
"Kündigung aus wichtigem Grund
1.
Der Vermieter kann den Mietvertrag aus wichtigemGrund mit sofortiger Wirkung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn der Mieter seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt (erhebliche Belästigungen der Vermieter oder anderer Mieter, vertragswidriger Gebrauch, unbefugte Überlassung an Dritte usw.). Ein wichtiger Grund liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Mieter sich mit mehr als einer Monatsmiete (ohne Nebenkostenpauschale) länger als 10 Tage im Verzug befindet ..."
Die Beklagte bezog die Mieträume zum 01.01.1995. Bereits mit Schreiben vom 06.01.1995 (Bl. 71 d.A.) und 03.04.1995 (Bl. 74 d.A.) rügte sie Mängel der Mietsache. Insbesondere machte sie geltend, daß die Schaufenster bei Sonnenlicht spiegelten und damit die Sicht auf das Ladenlokal stark behinderten. In dem Schreiben vom 06.01.1995 fragte die Beklagte bei der Klägerin zudem an, wann diese die Zahlung des Mietzinses erwarte. Während die Beklagte Mietzinszahlungen für die Monate Februar bis Mai 1995 leistete, erbrachte sie auf den Mietzins für Januar und Juni 1995 keine Zahlungen und minderte die Mietzinsen für Juli 1995 und August 1995 um 3.335 DM und 3.047,50 DM.
Mit Schreiben vom 29.05.1995 forderte die Klägerin die Beklagte zu Händen ihrer Verfahrensbevollmächtigten zur Zahlung der Mietkaution und der ausstehenden Miete für den Monat Januar 1995 auf. Mit Anwaltsschreiben vom 07.06.1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie sehr wohl bereit sei, die vereinbarte Miete zu bezahlen, wenn eine mangelfreie Übergabe des Objektes gegeben sei. Tatsächlich sei das Objekt nicht übergabereif gewesen. Auch die Herren der Klägerin gingen offensichtlich davon aus, daß die Schaufensterscheiben nicht in Ordnung seien. Die Beklagte bestehe daher auf der angekündigten Mietminderung. Sogleich erteilte die Beklagte der Klägerin eine Mietabrechnung für den Monat Juni 1995. Darin bezifferte sie unter Berücksichtigung einer Mietminderung von 25 % (2.650 DM netto) die Miete für den Monat Juni 1995 einschließlich der Betriebskostenvorauszahlungen auf brutto 11.902,50 DM. Von diesem Betrag setzte sie für die Monate Februar bis Mai 1995 jeweils monatlich 2.650 DM netto, mithin insgesamt 12.190 DM brutto, als Mietminderung ab und errechnete so ein Guthaben zu ihren Gunsten von 287,50 DM. Schließlich teilte die Beklagte der Klägerin im Schreiben vom 07.06.1995 mit, daß die Bankbürgschaft bzw. die Sicherheitsleistung nach Fertigstellung der Mietsache erfolge. Mit Schreiben vom 30.06.1995 mahnte die Klägerin die Mietzahlung für Juni 1995 und verlangte unter Fristsetzung die Begleichung sämtlicher bereits geltend gemachter Forderungen.
Mit Schreiben vom 03.08.1995 (Bl. 50 der Beiakten) erklärte sich die Klägerin gegenüber der Beklagten im. Rahmen einer gütlichen Einigung zum Austausch der Schaufensterscheiben des Mietobjekts gegen die Zahlung sämtlicher, auf 85.593,89 DM bezifferter ausstehender Zahlungen einschließlich der Mietkaution bis zum 16.08.1995 bereit. Zugleich wies sie darauf hin, daß der Vergleichsvorschlag ohne Anerkennung der von der Beklagten behaupteten angeblichen Mängel erfolge. Darüber hinaus teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß sie das Mietverhältnis fristlos kündigen werde, wenn bis zu dem vorbezeichneten Zeitpunkt kein Zahlungseingang zu verzeichnen sei.
Mit Schreiben vom 25.08.1995 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses mit Rücksicht auf die unterbliebene Zahlung des im Schreiben vom 03.08.1995 bezifferten Betrages. Zugleich forderte sie die Beklagte vergeblich zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts einschließlich der Stellplätze auf und widersprach einer Verlängerung des Mietverhältnisses. Die Beklagte wies mit Anwaltsschreiben vom 29.08.1995 die fristlose Kündigung mit der Begründung als unberechtigt zurück, daß die von der Klägerin behaupteten Rückstände nicht bestünden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
- 1.
die von ihr innegehalten Räume im Hause ... ... in ..., nämlich Verkaufsraum im Erdgeschoß sowie Kellerraum, Herren-WC, Damen-WC und Küche/Abstellraum im Kellergeschoß sowie 2 Pkw-Stellplätze im Hof zu räumen und an die Klägerin herauszugeben;
- 2.
an die Klägerin 75.898,49 DM nebst jeweils 7,6 % Zinsen auf 42.789,69 DM seit dem 01.08.1995, auf 3.047,50 DM seit dem 05.08.1995, auf 3.047,50 DM seit dem 06.09.1995, auf 3.047,50 DM seit dem 06.10.1995, auf 3.047,50 DM seit dem 06.11.1995, auf 3.047,50 DM seit dem 06.12.1995, auf 7.187,50 DM seit dem 05.01.1996, auf 5.577,50 DM seit dem 06.02.1996 und auf 5.577,50 DM seit dem 06.03.1996, abzüglich am 05.02.1996 gezahlter 1.610 DM zu zahlen;
- 3.
als Nutzungsentschädigung über den freiwillig gezahlten Betrag von 9.372,50 DM hinaus weitere 5.577,50 DM jeweils bis zum 3. Werktag eines jeden Monats nebst 7,6 % Zinsen ab dem dem 3. Werktag folgenden Tage, erstmalig ab April 1996 zu zahlen, und zwar bis zur Herausgabe der Räumlichkeiten gemäß dem Klagantrag zu 1 an die Klägerin, längstens zunächst bis September 1996.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, daß ihr wegen des nicht vertragsgemäßen Zustandes der Mieträume gegenüber dem Anspruch auf Zahlung der Mietkaution ein Zurückbehaltungsrecht zustehe und daß sie die Miete zu Recht gemindert habe. Aus diesem Grunde sei sie auch mit der Mietzahlung nicht in Verzug geraten.
Als Hauptmangel sei die fehlerhafte Schaufensterverglasung anzusehen. Infolge der Verwendung eines Mehrscheiben-Sonnenschutz-Isolierglases mit einem hohen Sonnenschutzfaktor von ca. 50 % sei eine Spiegelung vorhanden, die den Einblick in das Ladeninnere erheblich erschwere und dazu führe, daß die Ausstellungsgegenstände nur beschränkt einsehbar seien und sich auch der farbige Kontrast erheblich verliere. Dieser Mangel rechtfertige nach den zutreffenden Feststellungen in dem Privatgutachten des Glasermeisters S. vom 14.07.1995 (Bl. 60 d.A.) eine Mietminderung in Höhe von 25 %. Da die Mieträume als Verkaufsfläche zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäftes vermietet worden seien, sei die Beschaffenheit der Schaufenster im Rahmen der vertragsspezifischen Zweckbestimmung zu sehen. Es liege auf der Hand, daß die Durchsichtigkeit der Schaufensterverglasung für ein Einzelhandelsgeschäft ein entscheidendes Mittel für die Gewinnung von Kunden sei.
Außerdem seien weitere Mängel vorhanden.
Die nach der Baubeschreibung vorgesehene durchgehende leichte Alu-Vordachkonstruktion mit Plexiglas-Verglasung an der Straßenseite sei auch mehr als 1 Jahr nach Abschluß des Mietvertrages noch nicht vorhanden. Die Kellerräume seien nicht, wie vertraglich vorgesehen, als großer Lagerraum, WC-Räume und Teeküche zu nutzen. Durch die aus bautechnischen Gründen erforderliche Aufschüttung des Kellerraums sei lediglich eine Deckenhöhe von 1,78 m bis 1,98 m und damit ein bauordnungswidriger Zustand entstanden. Der vorhandene Zustand entspreche nicht den Brandschutzvorschriften. Es müßten Flurtüren und neue Trennwände errichtet werden. Danach sei die Nutzung der gemieteten Kellerräume aus bauordnungsrechtlichen Gründen unzulässig. Im Erdgeschoß sei statt der vorgesehenen Fußbodenheizung eine Deckenheizung installiert worden, die aufgrund der lautstarken Ventilatoren mit einer Fußbodenheizung nicht gleichzusetzen sei. Die eingebaute normale Flügeltür sei mit der in der Baubeschreibung vorgesehenen Automatiktür nicht zu vergleichen. Die anstelle der vorgesehenen neuen Stahltreppenanlage eingebaute Holztreppe entspreche nicht den Brandschutzvorschriften.
Zwischen den Parteien sei es bis Juni 1995 zu verschiedenen Gesprächen bezüglich der Mängelbeseitigung gekommen, wobei der Austausch der Schaufensterscheiben im Vordergrund gestanden habe. Der Leiter der Organisations- und Bauabteilung der Klägerin, H. habe nach dem Eintreffen der Mahnung vom 18.04.1995 hinsichtlich der Januarmiete erklärt, daß die Mahnung gegenstandslos sei, weil die Frage der mangelhaften Schaufensterscheiben noch nicht abgeklärt sei. Das Übergabeprotokoll vom 20.12.1995 betreffe nur das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Bauleitung.
Das Landgericht hat mit seinem am 10. April 1996 verkündeten und hinsichtlich der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit durch Beschluß vom 11. April 1996 berichtigten Teilurteil der Räumungsklage stattgegeben und zugleich die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu der behaupteten Mangelhaftigkeit der Verglasung der Schaufensterfront beschlossen.
Es hat angenommen, daß die Klage hinsichtlich des Räumungsanspruchs entscheidungsreif sei. Die Klägerin könne von der Beklagten die Räumung des Mietobjekts beanspruchen, weil das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 25.08.1995 beendet worden sei, nachdem die Beklagte ihre Verpflichtung zur Zahlung der Mietkaution bei Übergabe der Mieträume schuldhaft verletzt habe. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen der behaupteten Mängel der Mietsache habe der Beklagten nicht zugestanden. Aus dem Sinn und Zweck der Kaution, nämlich der Befriedigung des Sicherungsbedürfnisses des Vermieters, und aus den gesetzlichen. Gewährleistungsregeln folge, daß wegen angeblicher Mängel die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes nicht zulässig sei. Die Mietkaution diene zur Absicherung des Vermieters hinsichtlich aller künftigen Ansprüche aus dem Mietverhältnis. Da der Vermieter das Mietobjekt mit Beginn des Mietverhältnisses zur Verfügung stellen müsse und ab diesem Zeitpunkt das Risiko der Bezahlung des Mietzinses trage, müsse die Mietkaution ebenfalls zu diesem Zeitpunkt geleistet werden, weil der Mieter ansonsten ungerechtfertigt bevorzugt würde. Müßte der Vermieter zunächst die Mängel beseitigen, um die Bezahlung der Mietkaution zu erwirken, wäre er in der Zwischenzeit gegen vom Mieter verursachte Schäden an der Mietsache oder den Verzug des Mieters mit Mietzinszahlungen nicht abgesichert.
Gegen das zusammen mit dem Berichtigungsbeschluß am 6. Mai 1996 zugestellte Teilurteil richtet sich die am 6. Juni 1996 eingegangene und innerhalb der bis zum 8. August 1996 verlängerten Frist begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagte ist der Ansicht, daß ein Teilurteil hinsichtlich des Räumungsantrages nicht habe ergehen dürfen, weil die Kündigung des Mietverhältnisses allenfalls auf einen Zahlungsrückstand gestützt werden könnte, der Rechtsstreit jedoch insoweit wegen der angeordneten Beweiserhebung über die mangelhafte Sonnenschutz-Isolierverglasung noch nicht zur Entscheidung reif sei. Die Nichtzahlung der vereinbarten Mietkaution rechtfertige die fristlose Kündigung nach § 554 a BGB nicht. Infolge der von den Parteien in § 19 des Mietvertrages vorgenommenen inhaltlichen Begrenzung des Kündigungsrechtes scheide die fehlende Zahlung der Kaution als Grund für die fristlose Kündigung aus. Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne die Beklagte gegenüber dem Anspruch auf Zahlung der Mietkaution ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Es sei allgemein anerkannt, daß das Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB nicht durch die Gewährleistungsansprüche der §§ 537 ff. BGB ausgeschlossen sei. Vielmehr trete der Herstellungsanspruch des Mieters, den er mit seinem Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB in Höhe des 3- bis 5fachen Betrages des Beseitigungsaufwandes geltend machen könne, neben die mietvertraglichen Minderungsansprüche. Aus dem Gutachten des Glasermeisters S. ergebe sich, daß die Kosten für den Austausch der Schaufensterverglasung 12.545,60 DM betrügen. Der 3fache Betrag übersteige die Höhe der vereinbarten Kaution.
Im übrigen rechtfertige allein die Nichtzahlung der Kaution nicht die Feststellung einer die fristlose Kündigung rechtfertigenden nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses der Mietparteien und die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung. Vielmehr müßten neben der Sicherheitsleistung noch monatliche Mietzinsbeträge, die tatsächlich fällig seien, nicht gezahlt worden sein, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Zweifelhaft sei auch, ob das Schreiben der Klägerin vom 29.05.1995 die Anforderungen an eine mietvertragliche Abmahnung erfülle, weil die Konsequenzen seitens der Klägerin weder angedroht worden noch ersichtlich seien. Das Schreiben vom 30.06.1996 nehme ohnehin lediglich pauschal auf alle weiteren bereits geltend gemachten Forderungen Bezug. Jedenfalls sei der Klägerin die Fortsetzung des Mietverhältnisses im Rahmen einer Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls deshalb nicht unzumutbar, weil kein besonderes Sicherungsbedürfnis der Klägerin bestehe, da die Beklagte den geminderten Mietzins pünktlich gezahlt habe. Dabei habe die Beklagte jeweils darauf hingewiesen, wie sich der von ihr gezahlte Betrag aus ihrer Sicht errechne. Das ergebe sich insbesondere aus dem Schreiben vom 30.09.1995. Die von ihr geleisteten Zahlungen von Februar bis Mai 1995 machten zudem deutlich, daß sie imstande gewesen sei, den erheblichen Mietzins von monatlich 14.950 DM fortlaufend zu zahlen. Infolge der berechtigten Minderung der Beklagten aufgrund der im ersten Rechtszug im einzelnen dargelegten Mängel sei ein Zahlungsverzug nicht eingetreten. Die mangelhafte Verglasung der Schaufensterfront sei auf eine Fehlplanung der Architekten der Klägerin zurückzuführen. Aus der Nichtzahlung der Kaution und der Mietminderung könne auch nicht auf die Unzuverlässigkeit der Beklagten geschlossen werden. So habe die Beklagte in ihrem Schreiben vom 07.06.1995 ausdrücklich klargestellt, daß die Bankbürgschaft bzw. Sicherheitsleistung nach Fertigstellung des Mietobjekts erfolgen werde. Ebenso habe sie in ihrem Schreiben vom 28.08.1995 hervorgehoben, daß die Mietkaution in den nächsten Tagen bei ihren früheren Prozeßbevollmächtigten eingehen werde und daß die Originalbürgschaftsurkunde nach dem Austausch der Schaufensterscheiben überreicht werden solle. Die Parteien seien sich bei Abschluß des Vertrages auch darüber einig gewesen, daß der Keller auch als Ausstellungsfläche genutzt werden solle.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Teilurteils die Räumungsklage abzuweisen,
hilfsweise ihr nachzulassen, Sicherheit auch durch die unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische und schriftliche Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die gegnerische Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
als Sicherheit im Rahmen des § 711 ZPO die unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische und schriftliche Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse zuzulassen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Sie ist der Ansicht, zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen zu sein, weil die Beklagte sich geweigert habe, die ausdrücklich vereinbarte Kaution zu leisten und die Miete unberechtigt gekürzt habe, so daß einschließlich Nebenkosten und Zinsen per 16. August 1995 nahezu 50.000 DM Rückstände aufgelaufen seien. Überdies sei das außerordentliche Kündigungsrecht durch weitere schwerwiegende Vertragsverletzungen der Beklagten gerechtfertigt. Diese habe das lediglich zu Lagerzwecken vermietete Kellergeschoß vertragswidrig als Ausstellungs- und Verkaufsraum genutzt und in der Folgezeit die Klägerin daran gehindert, die daraufhin von der Landeshauptstadt ... veranlaßten Bauauflagen zu erfüllen. § 19 des Mietvertrages enthalte nur eine beispielhafte Aufzählung von Kündigungsgründen. Auf den Zeitpunkt des Verzugseintritts der Beklagten mit der Leistung der Mietsicherheit komme es schon deshalb nicht an, weil die Beklagte weiterhin die Ansicht vertrete, zur Zahlung der Mietsicherheit nicht verpflichtet zu sein. Angesichts des die Kautionshöhe bereits überschreitenden Zahlungsrückstandes seien die Sicherheitsinteressen der Klägerin massiv verletzt gewesen, so daß die Nichtzahlung der Kaution die Kündigung rechtfertige. Mängel der Mietsache hätten nicht vorgelegen. Außerdem sei der Mieter beim Vorliegen von Mängeln allenfalls nach entsprechender Vorankündigung zur Mietminderung berechtigt. Nach Beseitigung des Mangels schulde er den uneingeschränkten Mietzins, auf den sich die Mietkaution beziehe, so daß eine vorübergehende Minderung des Mietzinses nichts an der Höhe der Kaution ändere. Die Kaution sei nach ihrem Zweck überdies von vorübergehenden Mietminderungen unabhängig und diene dem Schutz des Vermieters vor einer Zahlungsunfähigkeit des Mieters. Diese Besorgnis sei im vorliegenden Fall um so größer, als die Beklagte selbst durch ihren Anwalt auf die schlechte Geschäftslage habe hinweisen lassen. Der Mieter könne allenfalls eine Herabsetzung der Kaution verlangen, wenn er wegen eines nicht behebbaren Mangels den Mietzins bis zum vertraglichen Ablauf des Mietverhältnisses mindern könnte. Darum handele es sich im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil die Beklagte selbst davon ausgehe, daß die vermeintlichen Mängel abgestellt werden könnten.
Die Beklagte sei überdies weder zum Einbehalt der Januarmiete noch zur Mietminderung in der Folgezeit berechtigt gewesen. Auf das mit Schreiben vom 27.06.1995 geltend gemachte Mietminderungsrecht könne sich die Beklagte nicht stützen, weil sie unstreitig für die Monate Februar bis Mai 1995 die Mieten ohne Vorbehalt gezahlt habe. Das Gutachten des Sachverständigen ... vom 28.10.1996 habe ergeben, daß tatsächlich kein Mangel vorliege. Im übrigen komme es darauf auch nicht an, ob die Klägerin das Mehrscheiben-Sonnenschutz-Isolierglas auf ausdrücklichen Wunsch der Beklagten eingebaut habe, um die von ihr ausgestellten Gegenstände vor zu hohen Temperaturen zu schützen. Der nach dem Vertrag vorgesehenen Anbringung einer Vordachkonstruktion habe sich die Beklagte trotz rechtzeitiger Ankündigung der Arbeiten selbst entgegengestellt, so daß sie nicht berechtigt sei, aus diesem Umstand eine Mietminderung abzuleiten.
Die fortgesetzte hartnäckige Weigerung der Beklagten, der Klägerin die Vornahme von Brandschutzmaßnahmen in dem von der Beklagten vertragswidrig als Ausstellungs- und Verkaufsräume genutzten Kellergeschoß zu gestatten, rechtfertige eine erneute fristlose Kündigung, die spätestens in der Klageerhebung und sodann in der Antragstellung im Termin am 20. März 1996 zu sehen sei.
Die Akten 6 O 324/95 LG Hannover lagen vor und wurden zum Zwecke der Information des Senats zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Entscheidung des Landgerichts beruht insbesondere nicht auf einem erheblichen Verfahrensfehler.
Das angefochtene Teilurteil ist nicht als unzulässig anzusehen. Das Landgericht hat zwar der Räumungsklage stattgegeben, obwohl zwischen den Parteien die Mangelhaftigkeit der Mietsache seit Vertragsbeginn streitig ist und hinsichtlich des Zahlungsanspruches ein Sachverständigengutachten über die behauptete Mangelhaftigkeit der Schaufensterscheibe eingeholt worden ist, das sich zwischenzeitlich bei den Akten befindet. Mehrere weitere streitige Mängelrügen der Beklagten hat das Landgericht ebenfalls nicht beschieden.
Indessen beruht die Verurteilung der Beklagten zur Räumung des streitbefangenen Objekts nicht auf einem Verzug der Beklagten mit Mietzinszahlungen.
Die Beklagte ist zur Räumung und Herausgabe der streitbefangenen Gewerberäume und Stellplätze gemäß § 556 Abs. 1 BGB verpflichtet, weil das zwischen den Parteien mit schriftlichem Vertrag vom 29.08.1994 (Bl. 16 ff.) fest auf die Dauer von 10 Jahren begründete Mietverhältnis vorzeitig mit dem Zugang der fristlosen Kündigung der Klägerin im Schreiben vom 25.08.1995 (Bl. 53 Beiakten) zum Ablauf der darin angegebenen Auslauffrist am 01.09.1995 wirksam beendet worden ist. Einer Verlängerung des Mietverhältnisses nach § 568 BGB hatte die Klägerin im Kündigungsschreiben widersprochen.
Zutreffend hat das Landgericht angenommen, daß die fristlose Kündigung der Klägerin wegen der Nichtzahlung der bei Übergabe der Mieträume zum 01.01.1995 gemäß § 3 Ziffer 6 des Mietvertrages geschuldeten Kaution in Höhe von 36.600 DM gemäß § 554 a BGB gerechtfertigt war. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine Kündigung aus wichtigem Grund wegen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung auch nicht durch § 19 Ziffer 1 des Mietvertrages ausgeschlossen. Danach kann der Vermieter den Mietvertrag aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn der Mieter seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Hinsichtlich der in einem Klammerzusatz aufgeführten Beispiele und der gesonderten Regelung des Kündigungsrechtes aus wichtigem Grund im Falle des Verzuges mit einer Monatsmiete für "länger als 10 Tage" handelt es sich lediglich um qualifizierte Regelbeispiele, die die Anwendung des allgemeinen Kündigungstatbestandes des § 554 a BGB nicht ausschließen. Dies ergibt sich aus der Verwendung der Worte "usw." und "insbesondere".
Auch wenn die Nichtzahlung der vereinbarten Mietkaution für sich allein regelmäßig nicht ausreichen mag, die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter als unzumutbar im Sinne des § 554 a BGB erscheinen zu lassen (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 1100 [OLG Düsseldorf 12.01.1995 - 10 U 36/94]), kann doch die Nichterfüllung der Verpflichtung zur Zahlung der Mietsicherheit nach Beginn des Mietverhältnisses unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls eine aus diesem Grund erklärte fristlose Kündigung nach vorheriger Abmahnung des Mieters durch den Vermieter begründen (vgl. Bub/Treier/von Martius, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl., III Rdnr. 760). Maßgeblich ist dabei, ob die Weigerung des Mieters, die vereinbarte Kaution zu erbringen, das Sicherungsbedürfnis des Vermieters erheblich tangiert (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.). So liegen die Dinge im vorliegenden Fall.
Die Beklagte befindet sich seit Zugang des Mahnschreibens der Anwälte der Klägerin vom 29.05.1995 (Bl. 28 d.A.) mit der Beibringung der vereinbarten Mietsicherheit in Verzug. Es kann offenbleiben, ob die Erinnerung der Klägerin im Anwaltsschreiben vom 30.06.1995 an die Begleichung der bereits geltend gemachten Forderungen als erneute Mahnung anzusehen ist. Jedenfalls hat die Klägerin in ihrem Anwaltsschreiben vom 03.08.1995 die Einzahlung der Mietkaution erneut angemahnt und zugleich die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses angedroht, sofern nicht sämtliche in dem vorgenannten Schreiben aufgeführten Zahlungen, einschließlich der Kaution, bis zum 16.08.1995 erbracht würden. Die Beklagte hat jedoch bis zum Zugang der fristlosen Kündigung vom 25.08.1995 die geleistete Kaution, und zwar auch nicht in der als Alternative vorgesehenen Form einer Bankbürgschaft, geleistet. Aus der Anlage zur Berufungsbegründung ergibt sich dabei, daß die fristlose Kündigung der Klägerin am 29.08.1995 zugegangen ist. In dem Schreiben der Beklagten vom 28.08.1995 (Bl, 189 d.A.) wird zwar die Überreichung einer Bankbürgschaft über den Betrag der Mietkaution angekündigt. Zum einen ist die Aushändigung der Originalbürgschaftsurkunde in dem Schreiben jedoch von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht. Zum anderen hat die Beklagte nicht behauptet, daß der Klägerin bis zum 29.08.1995 eine Bürgschaftsurkunde oder auch nur das vorbezeichnete Schreiben vom 28.08.1995 zugegangen ist.
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte gegenüber dem Anspruch auf Zahlung der Mietsicherheit auf ein mit angeblichen Mängeln der Mietsache begründetes Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB.
Insoweit fehlt es schon an dem für die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erforderlichen Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Verpflichtung zur Beibringung der Mietkaution und der von dem Vermieter geschuldeten Überlassung der Sache in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand gemäß §§ 535, 536 BGB. Die vorbezeichnete Hauptpflicht des Vermieters korrespondiert vielmehr mit der Verpflichtung des Mieters, das vereinbarte monatliche Entgelt zu entrichten und die vereinbarten Schönheitsreparaturen vorzunehmen.
Vor allem aber scheidet ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen der gerügten Mängel der Mietsache sowohl gemäß § 320 BGB als auch gemäß § 273 Abs. 1 BGB mit Rücksicht auf die besondere Eigenart der von der Beklagten übernommenen Verpflichtung zur Sicherheitsleistung aus. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, daß bei Mängeln der bereits überlassenen Mietsache der Mieter an der von ihm noch nicht geleisteten Mietsicherheit kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann, weil er durch §§ 537, 538 BGB hinreichend geschützt ist und Sinn und Zweck der Kaution als Mittel zur Befriedigung des Sicherungsbedürfnisses des Vermieters entgegenstehen (vgl. Bub/Treier/von Martius, a.a.O., Rdnr. 762 m.w.N.). Dem kann der Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB durch die Gewährleistungsansprüche der §§ 537 ff. BGB nicht ausgeschlossen sei. Der Mieter kann zwar bei Mängeln der Mietsache hinsichtlich der laufenden Mietzinszahlungen neben seinen Gewährleistungsansprüchen auch von dem Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 BGB Gebrauch machen, dessen Bestehen allein bereits im Umfang des geltend gemachten Leistungsverweigerungsrechts den Eintritt des Schuldnerverzuges auf Mieterseite ausschließt. Indessen besteht kein Grund, dem Mieter auch gegenüber dem Anspruch auf Beibringung der Mietsicherheit ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht, zumindest aus § 273 Abs. 1 BGB, zuzubilligen. Die Mietsicherheit soll ihrer Natur nach ohne Rücksicht auf einen Streit der Parteien über die Berechtigung von Gegenrechten des Mieters (z.B. Minderung) in Bezug auf seine Verpflichtung zur Entrichtung des vereinbarten Entgeltes sicherstellen, daß der Vermieter wegen etwaiger verbleibender Ansprüche bis zur Höhe des Betrages der Sicherheit ohne Rücksicht auf mögliche negative Veränderungen der Leistungsfähigkeit des Mieters Befriedigung erlangen kann. Demgemäß bleibt der Mieter regelmäßig selbst nach Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet, eine ausstehende Mietsicherheit zu erbringen oder gemäß § 234 BGB wieder aufzufüllen (vgl. Bub/Treier/von Martius, a.a.O., 763; Senat, WuM 1993, 291; Urteil vom 28.04.1993 - 2 O 88/92 -). Die Kaution wird zudem erst zur Rückzahlung fällig, wenn das Mietverhältnis beendet worden, die Mietsache zurückgegeben und eine angemessene Frist für den Vermieter zur Prüfung etwaiger Gegenansprüche aus dem Mietverhältnis fruchtlos verstrichen ist (vgl. Senat, OLGR 1994, 66). Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Mieter weder ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber seiner Verpflichtung zur Beibringung der Kaution geltend machen noch mit einem vermeintlichen Rückzahlungsanspruch aufrechnen. Durch den Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts wird der Mieter auch nicht unbillig benachteiligt, weil ihm ein Rückforderungsrecht verbleibt, soweit der Vermieter die Mietsicherheit nicht zur Befriedigung berechtigter Ansprüche benötigt. Der Vermieter ist nämlich aufgrund des zwischen ihm und dem Mieter in Bezug auf die Sicherheit bestehenden Treuhandverhältnisses verpflichtet, die Sicherheit in der vereinbarten Art nur soweit und nur dann zu verwerten, wie und wenn er sie benötigt, um tatsächlich bestehende Forderungen aus dem Mietverhältnis abzudecken.
Durch die hartnäckige Mißachtung der Verpflichtung zur Beibringung der Mietkaution trotz mehrfacher Abmahnung ist das Sicherungsinteresse der Klägerin als Vermieterin wesentlich berührt worden. Zweifelhaft ist schon die Rechtsauffassung der Beklagten, wonach ein zusätzlicher Mietrückstand grundsätzlich Voraussetzung für die Kündigung aus wichtigem Grund wegen Nichtzahlung der Kaution sein soll. Gerade bei der Geschäftsraummiete ist nach der Überlassung der Mietsache an den Mieter zu berücksichtigen, daß die Kaution nicht nur zur Absicherung der laufenden Mietzinsansprüche, sondern auch der weiteren Forderungen des Vermieters zu dienen bestimmt ist. Im vorliegenden Fall gilt dies namentlich für die in §§ 12, 13 Mietvertrag vereinbarte Verpflichtung zur Instandhaltung der Mieträume und, auf Verlangen der Vermieterin, zur Wiederherstellung des ursprünglichen baulichen Zustandes der Mietsache auf Kosten der Beklagten.
Letztlich kann aber dahinstehen, ob dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses trotz unterbliebener Leistung der Mietsicherheit dann zuzumuten ist, wenn und solange der Mieter den laufenden Mietzins entrichtet oder nur geringe Mietrückstände entstehen. Immerhin hat es der Senat als treuwidrig angesehen, wenn der Vermieter eine Sicherheitsleistung aus dem beendeten Mietverhältnis verlangt, obwohl ihm erkennbar keine oder nur geringe Ansprüche gegen den Mieter zustehen (vgl. OlG Celle, WuM 1983, 291).
Im vorliegenden Fall bestanden jedoch im Zeitpunkt der Kündigung nicht unerhebliche Mietzinsrückstände, so daß die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses mit Rücksicht auf die fehlende Beibringung der Mietkaution berechtigt war.
Die Beklagte befand sich nämlich mindestens mit einem Betrag in Höhe von 10.982,50 DM für den Monat Juni 1995 in Rückstand, der gemäß § 3 Ziffer 3 des Mietvertrages spätestens am 3. Werktag des Monats Juni 1995 zu entrichten war. Allerdings kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte sich trotz der von ihr erhobenen Mängelrügen mit der Zahlung des vorgenannten Betrages auch in Verzug befand. Es genügt, daß das Sicherungsbedürfnis der Klägerin als Vermieterin durch die ausstehende Zahlung und den Ungewissen Ausgang des Streites der Parteien über die Berechtigung von Gegenforderungen der Beklagten erheblich berührt war.
Die Klägerin hat in ihrem Schreiben vom 07.06.1995 für den Monat Juni 1995 einen restlichen Mietzinsbetrag in Höhe von 11.902,50 DM für das Erdgeschoß, das Kellergeschoß und die Kfz-Stellplätze trotz der geltend gemachten Mietminderung von 25 % zugestanden. Selbst wenn die in diesem Betrag enthaltene Vorauszahlung für Betriebskosten (800 DM netto) im Hinblick auf die zwischenzeitlich für das Jahr 1995 eingetretene Abrechnungsreife abgesetzt wird, verbleiben noch 10.982,50 DM.
Zwar errechnet die Beklagte sich letztlich auch für den Monat Juni 1995 dadurch ein Guthaben, daß sie von dem Mietbetrag für Juni 1995 weitere Mietminderungsbeträge für die Monate Februar 1995 bis Mai 1995 in Höhe von insgesamt 10.600 DM zuzüglich Mehrwertsteuer in Abzug bringt. Indessen war die Beklagte zu einem derartigen Abzug nach den - im Termin erörterten - vertraglichen Vereinbarungen nicht berechtigt. Unstreitig hat sie nämlich die vollen Mietzinsbeträge für die Monate Februar bis Mai 1995 zunächst an die Klägerin entrichtet (Bl. 5 d.A.). Vor diesem Hintergrund stellt sich die in dem Schreiben der Beklagten vom 07.06.1995 vorgenommene Verrechnung mit Mietminderungsansprüchen für die vorbezeichneten Monate als Aufrechnung dar. Die Beklagte war zu dieser Aufrechnung indessen nicht berechtigt, weil sie, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert worden ist, entgegen § 6 des Mietvertrages nicht dargelegt hat, daß sie der Klägerin mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Juni-Miete ihre Absicht angezeigt hat, gegenüber der Mietzinsforderung mit Mietminderungsansprüchen für die Monate Februar bis Mai 1995 aufzurechnen und daß sie der Klägerin zugleich ausreichend Gelegenheit gegeben hat, etwaige Mängel zu beseitigen. Die Schreiben der Beklagten vom 02.01. und 02.02.1996 (Bl. 141, 142 d.A.) beziehen sich lediglich auf die Mietzinszahlung für den Monat Januar 1996. In den Schreiben vom 06.01. und 03.04.1995 (Bl. 71, 74 d.A.) ist ebenfalls keine entsprechende Ankündigung der Aufrechnung mit Mietminderungsansprüchen enthalten. Mit Anwaltsschreiben vom 07.06.1995 hat die Beklagte zwar zugleich ausgeführt, daß sie auf der "angekündigten Mietminderung" bestehe. Konkreter Vortrag zu einer fristgemäßen schriftlichen Vorankündigung im Sinne von § 6 Mietvertrag fehlt jedoch.
Die Regelung in § 6 des Mietvertrages hält auch einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz stand. Ein Aufrechnungsverbot im Sinne von §§ 9, 11 Nr. 3 AGB-Gesetz ist in der Klausel ohnehin nicht enthalten. Zwar geht die Regelung über die schon im Wohnraummietrecht zulässige qualifizierte Absichtsanzeige gemäß § 552 a BGB voraus, weil sie zugleich verlangt, daß dem Vermieter ausreichend Gelegenheit zur Mängelbeseitigung gegeben wird. Indessen begegnet diese Verschärfung im Bereich der Geschäftsraummiete keinen Bedenken, weil sie lediglich festschreibt, daß die Absicht der Aufrechnung so frühzeitig angekündigt werden muß, daß dem Vermieter noch angemessene Zeit zur Mängelbeseitigung verbleibt. Dies ist ohnehin in der Mehrzahl der Fälle bereits innerhalb der Mindestfrist von einem Monat gewährleistet.
Nach alledem kann offenbleiben, ob die Regelung in § 6 des Mietvertrages wegen der weiter vorgesehenen Anzeigeobliegenheit für die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts gegenüber Mietforderungen auch soweit reicht, daß der Beklagten die Berufung auf eine Mietminderung erst nach vorheriger schriftlicher Anzeige möglich ist, so daß auch der teilweise Einbehalt von Mietzinsen für Januar, Juni und Juli 1995 nicht gerechtfertigt war.
Schließlich kommt dem Umstand keine Bedeutung zu, daß die Klägerin eine fristlose Kündigung im Mahnschreiben vom 03.08.1995 nicht allein von der Nichtzahlung der Mietkaution abhängig gemacht hat. Dies ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil der Kündigungstatbestand des § 554 a BGB entgegen der Ansicht der Beklagten eine ausdrückliche Androhung der Kündigung nicht voraussetzt (vgl. Bub/Treier/Grapentin, a.a.O., Rdnr. 191, 167).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die weiteren Nebenentscheidungen finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 und 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Die Beschwerde der Beklagten übersteigt 60.000 DM.