Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 31.01.2022, Az.: 7 B 3908/21

Anerkennung als sachkundige Person

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
31.01.2022
Aktenzeichen
7 B 3908/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59529
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die zuständige Behörde kann in Form eines Verwaltungsaktes eine Person als sachkundige Person im Sinne des § 15 AMG feststellen (feststellender Verwaltungsakt), wenn eine entsprechende Feststellung beantragt ist, die Benennung der Person der Disposition der Antragstellerin obliegt und ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung besteht. Ein dementsprechender Verwaltungsakt ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil in dem AMG eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage zur Entscheidung durch Verwaltungsakt nicht vorgesehen ist.

Tenor:

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 25.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 28. Dezember 2021 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. Dezember 2021 (7 A 3907/21), mit dem dieser die Anerkennung von Herrn D. als sachkundige Person im Sinne des § 14 AMG vom 18. Juni 2020 zurückgenommen hat, hat keinen Erfolg.

Nach § 80 Abs. 1 VwGO hat eine Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde - wie hier - gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der angefochtenen Verfügung im öffentlichen Interesse angeordnet hat. Diese Anordnung ist gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich zu begründen, wobei die Begründung erkennen lassen muss, dass sich die Behörde bei ihrer Entscheidung hinreichend mit den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls auseinandergesetzt hat.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene, originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs (Suspensivinteresse). Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung. Nach diesen Grundsätzen war die aufschiebende Wirkung vorliegend nicht durch das angerufene Gericht wiederherzustellen und der Eilantrag folglich in der Sache abzulehnen.

In der Hauptsache wird die Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben, weil die Klage bereits unzulässig, im Übrigen auch unbegründet ist.

Der Antrag der Antragstellerin ist bereits unzulässig, da die Antragstellerin nicht antragsbefugt ist. Antragsbefugt ist im Verfahren des § 80 Abs. 5 VwGO im Hinblick auf die Akzessorietät des vorläufigen Rechtsschutzes nur derjenige, der hinsichtlich des Verwaltungsaktes im Hauptsacheverfahren gemäß § 42 Abs. 2 VwGO wegen der Möglichkeit einer eigenen Rechtsverletzung klagebefugt ist. Daran fehlt es hier, da die Antragstellerin weder Adressatin des Bescheides des Antragsgegners vom 16. Dezember 2021 ist, noch von der darin enthaltenen Regelung unmittelbar betroffen ist. Die Antragstellerin (D. GmbH) mit Geschäftssitz in der A-Straße in A-Stadt, deren Geschäftsführer Herr E. ist (vgl. Eintragung im Handelsregister, Registernummer: HRB F., Registergericht: Amtsgericht A-Stadt) ist auch nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht Adressatin des Bescheides, denn der zurückgenommene Bescheid vom 18. Juni 2020 war gegenüber der G. GmbH ergangen, deren Rechtsnachfolgerin die H. GmbH (Eintragung im Handelsregister, Registernummer: HRB I., Registergericht: Amtsgericht J.), Zweigniederlassung Oldenburg geworden ist. Die H. GmbH ist demzufolge in die Rechte und Pflichten ihrer Rechtsvorgängerin eingetreten. Dass der Rechtsnachfolger im Falle dieser Gesamtrechtsnachfolge auch in öffentlich-rechtliche Pflichten- und Rechtsstellungen des Rechtsvorgängers einrückt, wird als allgemeiner Rechtsgrundsatz angesehen und bedarf deshalb keiner besonderen rechtlichen Anordnung (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 43 Rn. 13c m.w.N. in Fn. 30). Die Antragstellerin ist entgegen ihres Vorbringens auch nicht in ihrer wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit betroffen, da die Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG, zu deren Erteilung unter anderem der Nachweis der Beschäftigung einer sachkundigen Person im Sinne von § 14 Abs. 1, § 15 AMG erforderlich ist, nicht gegenüber der Antragstellerin erteilt wurde, sondern gegenüber der Rechtsvorgängerin der K. Deutschland GmbH, also einer von der Antragstellerin zu unterscheidenden Rechtsperson.

Dass der Geschäftsführer der Antragstellerin im eigenen Namen geltend macht, dass bei ihm die Voraussetzungen als sachkundige Person im Sinne des § 15 Abs. 1 AMG erfüllt seien und er demnach in seinen Rechten verletzt sei, was jedenfalls zum Gegenstand einer gerichtlichen Feststellungsklage der betroffenen Person gemacht werden kann (VG Weimar, Urteil vom 15. April 2015 – 3 K 411/14 –, juris) und demzufolge eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO denkbar sein könnte, ist mit dem Antrag nicht geltend gemacht worden, der sich allein auf eine Rechtsverletzung der Antragstellerin beruft.

Der Antrag ist darüber hinaus auch nicht begründet.

Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rücknahme der Anerkennung als sachkundige Person formell rechtmäßig erfolgt ist, was nur dann der Fall ist, wenn sie den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Diese Vorschrift verpflichtet die Behörde mit einer schriftlichen Begründung das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung darzulegen. Zweck des Begründungserfordernisses ist es, den Betroffenen über die Gründe, welche die Behörde zur Vollziehungsanordnung bewegt haben, in Kenntnis zu setzen. Die hier in der Vollzugsanordnung des Antragsgegners angeführten Gründe lassen ihr zu Grunde liegenden Erwägungen erkennen. Wegen der öffentlichen Bedeutung der Arzneimittelsicherheit und der rechtlichen Anforderungen die an eine sachkundige Person im Sinne des § 15 AMG deshalb gestellt werden, könne es nicht hingenommen werden, dass bis zum Abschluss eines möglicherweise langwierigen Verwaltungsstreitverfahrens von der Antragstellerin eine Person in diesem Bereich einsetzt wird, die die erforderliche Qualifikation nicht aufweist, sondern sich nur angemaßt habe.

Jedenfalls mit der Antragserwiderung hat der Antragsgegner seine diesbezüglichen Erwägungen weiter und nunmehr jedenfalls hinreichend im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO substantiiert, wonach es nicht hingenommen werden könne, dass das Unternehmen durch Umgehung der gesetzlichen Vorgaben zur Bestellung einer sachkundigen Person bessergestellt werde als andere Unternehmen, die sich gesetzeskonform verhielten. Der Gesetzgeber habe klare Voraussetzungen für die Qualifikation einer sachkundigen Person definiert, die zentraler Verantwortungsträger für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln und somit Garantenträger für die Arzneimittelsicherheit sei. Es sei nicht hinnehmbar, dass eine Person, die diese gesetzlichen Anforderungen nicht erfülle, dennoch Arzneimittel freigebe bzw. an der Freigabe mitwirke wie hier durch Zertifizierung von Prüfergebnissen. Darüber hinaus entstehe über § 15 Abs. 6 AMG ein Rechtsschein, auf den sich auch andere Behörden berufen könnten. Nach dieser Vorschrift entfalte die Überprüfung der erforderlichen Sachkenntnis durch eine Behörde eine entsprechende Vermutungswirkung, die – solange keine Anhaltspunkte für Zweifel erkennbar seien – dazu führe, dass andere Behörden ohne weitere Prüfung von der Berechtigung des entsprechenden Betroffenen zur Tätigkeit als sachkundige Person ausgingen und diese somit ihrer eigenen Entscheidung über die Bestätigung der sachkundigen Person zugrunde legen würden. Damit würde sich der rechtswidrige Zustand weiter ausweiten und auch für andere Herstellungsbetriebe wäre dann eine sachkundige Person tätig, die die gesetzlichen Anforderungen dafür tatsächlich nicht erfülle. Daran vermöge auch der Hinweis der Antragstellerin darauf, dass Herr L. approbierter Apotheker ist, nichts zu ändern. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG fordere ausdrücklich neben der Approbation noch den Nachweis über die entsprechende praktische Tätigkeit, sodass die Approbation allein bereits nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht ausreichend sei. Dass es bislang zu keinen Beanstandungen gekommen ist, sei ebenfalls irrelevant, da es hier um den Nachweis der grundlegenden Voraussetzungen für die Tätigkeit als sachkundige Person gehe und nicht um die Beurteilung der bisherigen – in diesem Fall sogar unrechtmäßigen – Aufgabenwahrnehmung als sachkundige Person. Schließlich gebe es keine unumkehrbaren Folgen einer sofortigen Vollziehung, da aus oben genannten Gründen die Rücknahme des Anerkennungsbescheides nicht zur Rücknahme der Herstellungserlaubnis führe. Auch sei zu keiner Zeit ein Berufsverbot ausgesprochen. Eine unbillige Härte sei insoweit nicht erkennbar.

Soweit umstritten ist, inwieweit eine Begründung für die Anordnung sofortiger Vollziehung im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden kann (vgl. zum Meinungsstand, Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl., § 80 Rn. 87), folgt der Einzelrichter der Auffassung des 12. Senats des Nds. OVG (Beschluss vom 24. Juli 2012 – 12 ME 158/12 –, m.w.N., V.n.b.). Danach könnte ein Einwand, es fehle am Vollzugsinteresse, dem Eilantrag im Ergebnis nicht zum Erfolg verhelfen. Denn im Falle einer derart im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründeten Anordnung der sofortigen Vollziehung ist einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO regelmäßig der Erfolg zu versagen, wenn sich in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergibt, dass der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache unterliegen wird. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das gerichtliche Eilverfahren ebenso wie ein etwaiges Hauptsacheverfahren der Durchsetzung des materiellen Rechts dient. Dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kommt nicht die Funktion zu, Positionen einzuräumen oder zu belassen, die einer Nachprüfung im Hauptsacheverfahren nicht standhalten werden – Grundsatz der sog. materiell-rechtlichen Akzessorietät –. Deshalb könnte gegen eine voraussichtlich rechtmäßige Verfügung – wie hier, dazu im Folgenden – nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse nicht bestehe. Ein solches Interesse ist zwar gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO Voraussetzung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung und deshalb von der zuständigen Behörde zu prüfen; dem entspricht (hier) aber ein eigenständiges subjektives Recht des Betroffenen nicht (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 3. Juni 1993 – 12 M 2023/93 –, OVGE 44, 327; Beschluss vom 22. März 2007 – 12 ME 137/07 –, VkBl. 2007, 402 f. m.w.N.). Ob die von der Behörde abgegebene Begründung zur Anordnung der sofortigen Vollziehung zutreffend ist, ist erst im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit von Bedeutung.

Die behördliche Anordnung vom 16. Dezember 2021 ist formell rechtmäßig, insbesondere hat der Antragsgegner die K. Deutschland GmbH mit Schreiben vom 23. November 2021 zur beabsichtigten Rücknahme der Bestätigung der Anerkennung der Sachkenntnis für Herrn L. angehört (Beiakte 001, Bl. 30 ff.). Dass sodann die beauftragen Rechtsanwälte gegenüber dem Antragsgegner angaben, nicht die K. Deutschland GmbH, sondern die Antragstellerin zu vertreten (Beiakte 001, Bl. 34 f.) und um Fristverlängerung in deren Namen baten, dem der Antragsgegner teilweise nachkam, lässt die ordnungsgemäße Anhörung der späteren Adressatin des Rücknahmebescheides unberührt. Der Antragsgegner hat die im Rahmen des Anhörungsverfahrens geltend gemachten Gründe gegen den Erlass des beabsichtigten Bescheides auch bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt.

Der Rücknahmebescheid vom 16. Dezember 2021 ist aller Voraussicht nach auch materiell rechtmäßig.

Der Antragsgegner war gemäß § 48 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 VwVfG berechtigt, den Bescheid vom 18. Juni 2020 zurückzunehmen. Danach kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder Vergangenheit zurückgenommen werden, wenn die Rücknahme nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes ausgeschlossen ist.

§ 48 VwVfG ist hier jedenfalls analog anwendbar, auch wenn man der Auffassung folgt, dass es der zuständigen Behörde verwehrt sei, das Vorliegen der Sachkunde einer angezeigten Person mangels einer im AMG enthaltenen Ermächtigungsgrundlage durch einen verbindlich feststellenden Verwaltungsakt zu regeln (so: VG Weimar, Urteil vom 15. April 2015 – 3 K 411/14 –, juris Rn. 21; VG Neustadt, Urteil vom 27. Mai 2019 – 5 K 1361/18 -, juris Rn. 19; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2019 – 16 L 676/19 -, juris Rn. 10; Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Aufl., 2022, § 15 Rn. 55). Bei der behördlichen Verfügung vom 18. Juni 2020 (Beiakte 001, Bl. 13 f.) handelt es sich nämlich jedenfalls um einen Verwaltungsakt im formellen Sinne. Dies ist dann der Fall, wenn die Verwaltung den Anschein eines Verwaltungsaktes setzt, wodurch die Maßnahme damit zwar nicht zu einem Verwaltungsakt wird, wohl aber im Hinblick auf die Anfechtbarkeit durch den Betroffenen wie ein Verwaltungsakt behandelt wird. Ein solcher Anschein ist gesetzt, wenn eine behördliche Maßnahme, die zwar nicht explizit als Verwaltungsakt bezeichnet ist, so deutlich mit den typischen Formelementen eines Verwaltungsakts ausgestattet ist, dass sich bei dem Adressaten der Eindruck eines Verwaltungsaktes im formellen Sinn aufdrängen muss (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 35 Rn. 3b). Ein solch typisches Formelement eines Verwaltungsaktes stellt etwa – wie hier – eine in dem behördlichen Schreiben enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung dar. § 48 VwVfG ist analog anwendbar auch auf solche Maßnahmen, die zwar einen Regelungscharakter haben, also verbindliche Entscheidungen über Rechte und Pflichten treffen, den aber aus anderen Gründen die Verwaltungsaktqualität fehlt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 48 Rn. 23). Dies gilt etwa für Zusagen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 2. Juli 1990 – 8 S 524/90 –, NVwZ 1991, 80) sowie Zusicherungen im Sinne von § 38 VwVfG (sofern man diese nicht ohnehin als Verwaltungsakte klassifiziert), sowie für vergleichbare vertrauensbegründende einseitige Handlungen der Verwaltung aufgrund öffentlichen Rechts im Über- und Unterordnungsverhältnis (vgl. OVG B-Stadt, Urteil vom 27. März 1987 – Bf I 33/86 –, NVwZ 1988, 73), wobei die entsprechende Anwendung des § 48 VwVfG stets eine dem Verwaltungsakt ähnliche Bindungswirkung voraussetzt. Eine derartige vergleichbare vertrauensbegründende Handlung des Antragsgegners ist in der Bestätigung, dass Herr L. die Tätigkeit als sachkundige Person gemäß § 15 AMG in dem Unternehmen der Rechtsvorgängerin der K. Deutschland GmbH ausüben darf, zu sehen, was sich bereits aus der Bedeutung der Anerkennung einer Person als sachkundige Person als eine der Voraussetzungen für die Erteilung einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG ergibt.

Der Einzelrichter teilt indes nicht die Auffassung der Beteiligten, dass der (Schein-)Bescheid vom 18. Juni 2020 bereits deshalb rechtswidrig sei, weil er mangels Ermächtigungsgrundlage im AMG nicht in der Form eines Verwaltungsaktes habe ergehen dürfen. In der Rechtsprechung ist die Frage bisher nicht abschließend geklärt, ob Behörden auch für verbindliche Feststellungen einer Rechtslage durch Verwaltungsakt einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedürfen. Feststellende Verwaltungsakte sind solche, durch die keine Gebote oder Verbote ausgesprochen, sondern bestimmte rechtserhebliche Eigenschaften einer Person oder einer Sache und das Bestehen oder Nichtbestehen bestimmter Rechtsverhältnisse oder von Teilen von ihnen verbindlich festgelegt werden (vgl. Appel/Melchinger, VerwArch 1993, 349 [369]). Das Bundesverwaltungsgericht geht von dem Grundsatz aus, dass eine Ermächtigung jedenfalls immer dann erforderlich ist, wenn der Verwaltungsakt etwas feststellt, was der Betroffene erkennbar nicht für rechtens hält (BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2003 – 6 C 23/02 –, juris). Hieraus folgt zunächst nur, dass keine Ermächtigung erforderlich sein soll, wenn die Rechtsauffassung des Betroffenen bestätigt wird (BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2003 – 6 C 23/02 –, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. § 35 Rn. 24 m.w.N. in Fn. 44). Ergänzt man diese Formulierung um das Erfordernis der Feststellung innerhalb eines Rechtsverhältnisses (so: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 35 Rn. 24), so kommt es darauf an, ob sich die Feststellung im Einzelfall für den Betroffenen als belastende Maßnahme darstellt, also eine Rechtsbeeinträchtigung auslösen kann (BVerwG, Urteil vom 29. November 1985 – 8 C 105/83 –, juris), was vom konkreten Inhalt der Feststellung abhängt und davon, welche Funktion sie erfüllen soll. Danach ist hier zu konstatieren, dass sich die Bestätigung der Anerkennung des Herrn L. als sachkundige Person im Sinne des § 15 AMG, als Voraussetzung für die Erteilung einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG nicht als eine das betroffene Unternehmen belastende Feststellung darstellt. Da die Rechtsvorgängerin der K. Deutschland GmbH die entsprechende Feststellung beantragt hat und die Benennung des Herrn L. durch die Rechtsvorgängerin als sachkundige Person deren Disposition unterlag und sie darüber hinaus im Hinblick auf die Erteilung einer Herstellungserlaubnis ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung besaß, konnte ein dementsprechender feststellender Verwaltungsakt ohne besondere gesetzliche Grundlage ergehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 1985 – 8 C 105/83 –, juris; BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2003 – 6 C 23/02 –, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 1983 – 10 S 774/82 –, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 4. Dezember 1981 – 5 K 226/81 –, V.n.b; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 35 Rn. 25; Knack/Henneke, VwVfG, 11. Aufl., 2020, § 35 Rn. 139).

Der Verwaltungsakt des Antragsgegners vom 18. Juni 2020 in Form der Anerkennung des Herrn L. als sachkundige Person für das Unternehmen Quality Services International GmbH war gleichwohl rechtswidrig, weil die materiellen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung objektiv nicht gegeben waren. Dabei ist es insoweit für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit nicht von Bedeutung, dass der Antragsgegner vor der Feststellung der Anerkennung des Herrn L. als sachkundige Person gemäß § 15 Abs. 6 AMG wegen der bereits zuvor vorgenommenen Überprüfung der erforderlichen Sachkenntnis durch die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien Hansestadt Bremen und der dementsprechenden Feststellung vom 7. April 2020 auf eine erneute Überprüfung (zunächst) verzichtete. Nach § 15 Abs. 6 AMG berechtigt eine nach Überprüfung der erforderlichen Sachkenntnis durch die zuständige Behörde rechtmäßig ausgeübte Tätigkeit als sachkundige Person auch zur Ausübung dieser Tätigkeit innerhalb des Zuständigkeitsbereichs einer anderen zuständigen Behörde, es sei denn, es liegen begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass die bisherige Sachkenntnis für die neu auszuübende Tätigkeit nicht ausreicht. Im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Antragsgegner waren derartige begründete Anhaltspunkte dem Antragsgegner (noch) nicht bekannt, auch wenn diese zu diesem Zeitpunkt bereits objektiv gegeben waren. Werden jedoch begründete Anhaltspunkte bekannt, die Zweifel dahingehend begründen, dass die bisherige Sachkenntnis für die neu auszuübende Tätigkeit nicht ausreicht, steht § 15 Abs. 6 AMG einer vollständigen Prüfung durch die zuständige Behörde nicht entgegen (VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2019 – 16 L 676/19 –, juris).

Derartige Erkenntnisse wurden dem Antragsgegner hier durch die Bremer Behörde am 22. September 2021 mitgeteilt, was im Ergebnis dazu führte, dass sich die ursprüngliche Anerkennung des Herrn L. als sachkundige Person als fehlerhaft und damit rechtwidrig darstellte. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG wird der Nachweis der erforderlichen Sachkenntnis als sachkundige Person nach § 14 AMG durch die die Approbation als Apotheker sowie eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der qualitativen und quantitativen Analyse sowie sonstiger Qualitätsprüfungen von Arzneimitteln erbracht.

Ein geeigneter Nachweis einer zweijährigen praktischen Tätigkeit auf dem Gebiet der qualitativen und quantitativen Analyse sowie sonstiger Qualitätsprüfungen von Arzneimitteln durch Herrn L. wurde nicht erbracht.

Hinsichtlich des pharmazeutischen Qualitätssystems sind auf der Grundlage des Artikels 47 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel und Artikels 51 der Richtlinie 2001/82/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel die EU-Leitlinien für die Gute Herstellungspraxis (GMP) bekanntgemacht. Dieses Dokument bietet eine Anleitung für die Auslegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Arzneimittel entsprechend der Richtlinie 2003/94/EG für Humanarzneimittel und der Richtlinie 91/412/EWG für Tierarzneimittel. Kapitel 1 dieser EU-Leitlinien bestimmt, dass der Inhaber einer Herstellungserlaubnis Arzneimittel so herstellen muss, dass ihre Eignung für den vorgesehenen Gebrauch gewährleistet ist, sie, soweit anwendbar, den Anforderungen der Arzneimittelzulassung oder der Genehmigung der klinischen Prüfung entsprechen und die Patienten keiner Gefahr wegen unzureichender Sicherheit, Qualität oder Wirksamkeit aussetzen. Für die Erreichung dieses Qualitätszieles ist die Geschäftsleitung eines Unternehmens verantwortlich und erfordert die Beteiligung und Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter in vielen verschiedenen Abteilungen und auf allen Ebenen eines Unternehmens sowie die der Zulieferer und Vertriebsunternehmen. Um das Ziel zuverlässig zu erreichen, muss das Unternehmen über ein umfassend geplantes und korrekt implementiertes Pharmazeutisches Qualitätssystem verfügen, das die Gute Herstellungspraxis und ein Qualitäts-Risikomanagement beinhaltet. Dieses System sollte vollständig dokumentiert sein und seine Funktionstüchtigkeit überwacht werden. Alle Bereiche des Pharmazeutischen Qualitätssystems sollten angemessen mit kompetentem Personal sowie mit geeigneten und ausreichenden Räumlichkeiten und Ausrüstungen ausgestattet sein. Für den Inhaber der Herstellungserlaubnis und für die sachkundige(n) Person(en) bestehen zusätzliche rechtliche Verpflichtungen. Die Geschäftsleitung hat die ultimative Verantwortung zur Sicherstellung, dass ein wirksames Pharmazeutisches Qualitätssystem vorhanden und mit angemessenen Mitteln ausgestattet ist und dass Funktionen, Verantwortlichkeiten und Befugnisse überall in der Organisation festgelegt, kommuniziert und eingeführt sind. Die Führung und aktive Beteiligung der Geschäftsleitung im Pharmazeutischen Qualitätssystem ist essentiell. Diese Führung sollte die Unterstützung und das Engagement des Personals auf allen Ebenen und in allen Betriebsstätten innerhalb der Organisation für das Pharmazeutische Qualitätssystem sicherstellen. Es sollten regelmäßig wiederkehrende Überprüfungen des Funktionierens des Pharmazeutischen Qualitätssystems durch das Management (Management review), unter Einbeziehung der Geschäftsleitung durchgeführt werden, um Möglichkeiten für eine Verbesserung der Produkte, Prozesse und des Systems selbst zu identifizieren. Das Pharmazeutische Qualitätssystem sollte festgelegt und dokumentiert werden. Ein Qualitätshandbuch oder ähnliche Dokumentation sollte etabliert werden, das eine Beschreibung des Qualitätsmanagementsystems einschließlich der Verantwortlichkeiten des Managements beinhaltet.

Hinsichtlich des einzusetzenden Personals bestimmt Kapitel 2, dass die einwandfreie Herstellung von Arzneimitteln hiervon insbesondere abhängt. Daher muss qualifiziertes Personal in ausreichender Zahl vorhanden sein, um alle in der Verantwortung des Herstellers liegenden Aufgaben auszuführen. Die individuellen Verantwortungsbereiche sollten von jedem Einzelnen klar verstanden und aufgezeichnet sein. Alle Mitarbeiter sollten über die sie angehenden Grundsätze der Guten Herstellungspraxis Bescheid wissen und zu Beginn ihrer Tätigkeit und fortlaufend geschult werden, einschließlich der Hygieneunterweisungen, soweit sie für sie von Bedeutung sind. Ziffer 2.2 regelt, dass der Hersteller ein Organigramm haben muss, in dem die Beziehungen zwischen den Leitern der Herstellung, der Qualitätskontrolle und, soweit zutreffend, der Qualitätssicherung oder der Qualitätseinheit, wie in Abschnitt 2.5 genannt, und der Position der sachkundigen Person(en) in der Führungshierarchie klar gezeigt werden. Die Geschäftsführung sollte gemäß Ziffer 2.5 das Personal des Schlüsselmanagements festlegen, einschließlich des Leiters der Herstellung, des Leiters der Qualitätskontrolle sowie, wenn nicht mindestens einer der beiden Genannten für die in Art. 51 der Richtlinie 2001/83/EG1 beschriebenen Aufgaben verantwortlich ist, eine ausreichende Anzahl, aber mindestens eine hierfür zuständige(n) sachkundige(n) Person(en). Normalerweise sollten Schlüsselpositionen mit Vollzeitbeschäftigten besetzt werden. […] Nach Ziffer 2.6 sind die Aufgaben der sachkundigen Person(en) in Artikel 51 der Richtlinie 2001/83/EG beschrieben und können folgendermaßen zusammengefasst werden: für die innerhalb der Europäischen Union hergestellten Arzneimittel muss eine sachkundige Person sicherstellen, dass jede Charge unter Beachtung der in dem Mitgliedstaat geltenden Gesetze und in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Zulassung hergestellt und geprüft wurde. Bei Arzneimitteln, die aus Drittstaaten kommen, unabhängig davon, ob das Produkt in der Europäischen Union hergestellt wurde, muss eine sachkundige Person sicherstellen, dass jede importierte Charge in einem Mitgliedstaat einer vollständigen qualitative Analyse, einer quantitativen Analyse mindestens aller Wirkstoffe und aller anderen notwendigen Tests oder Überprüfungen zur Sicherstellung der Qualität der Arzneimittel in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Arzneimittelzulassung unterzogen wurde. Die sachkundige Person muss zu dem Zeitpunkt, zu dem die Arbeitsgänge durchgeführt werden und vor jeder Freigabe in einem Register oder einem gleichwertigen Dokument bescheinigen, dass jede Herstellungscharge den Bestimmungen des Artikels 51 genügt. Die für diese Aufgaben verantwortlichen Personen müssen die in Artikel 493 der Richtlinie niedergelegten Qualifikationsanforderungen erfüllen, sie müssen dem Inhaber der Herstellungserlaubnis ständig und fortlaufend zur Verfügung stehen, um ihren Verpflichtungen nachkommen zu können. Die Verantwortlichkeiten der sachkundigen Person können delegiert werden, jedoch nur an andere sachkundige Personen. Ausführliche Anleitungen für die Aufgaben der sachkundigen Person finden sich in Anhang 16 der Richtlinie, auf die bezüglich der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird.

Bereits aus dieser Darstellung der Verantwortlichkeiten und Dokumentationspflichten erhellt sich, dass Herr L. nicht in nennenswertem Umfang im Bereich der Qualitätskontrolle bei der die Arbeitgeberbescheinigung vom 22. Dezember 2018 ausstellenden M. GmbH tätig gewesen ist bzw. eine derartige zweijährige Tätigkeit nicht nachgewiesen ist, was indes Aufgabe des die Person, die zur sachkundigen Person bestellt werden soll, beschäftigenden Unternehmens ist (VG Lüneburg, Urteil vom 15. November 2021 – 6 A 11/19 –, V.n.b.). Zwar wird ni der Arbeitgeberbescheinigung bestätigt, dass Herr L. vom 16. Dezember 2015 bis zum 18. Dezember 2018 neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer auch als stellvertretender Leiter der Qualitätskontrolle tätig gewesen sei und er in dieser Position die notwendige praktische Erfahrung in der Qualitätskontrolle erworben habe.

Diese Bestätigung widerspricht aber bereits dem von Herrn L. selbst unterzeichneten Organigramm vom 21. September 2017 (Beiakte 001, Bl. 18 i.V.m. der Mitarbeiterliste Bl. 28). Nach diesem Organigramm, in dem gemäß der GMP-Leitlinien die Beziehungen zwischen den Leitern der Herstellung, der Qualitätskontrolle und, soweit zutreffend, der Qualitätssicherung oder der Qualitätseinheit, wie in Abschnitt 2.5 genannt, und der Position der sachkundigen Person(en) in der Führungshierarchie klar gezeigt werden sollen, ist Herr L. allein für die Geschäftsführung verantwortlich. Gerade aufgrund der Vorgabe, dass die Beziehungen in dem Organigramm klar aufgezeigt werden sollen, als sachkundige Personen dort jedoch nur Herr Dr. N. und Herr Dr. Sven Oliver Kruse verzeichnet sind, belegt, dass Herr L. eine derartige Qualitätskontrolle nicht in nennenswerten Umfang ausführte, zumal eine nachvollziehbare Erklärung, wieso die vorgetragene Tätigkeit von Herrn L. in der Qualitätskontrolle dort nicht dokumentiert ist, nicht abgegeben wurde.

Es ist auch dem Vorbringen des Antragsgegners nicht konkret entgegengetreten worden,dass bei der vom Antragsgegner durchgeführten Routineinspektion bei der M. GmbH am 24. Oktober 2017 Herr L. lediglich bei der Eingangsbesprechung anwesend war, er ausschließlich in seiner Funktion als Geschäftsführer auftrat, er nach der Eingangsbesprechung die Betriebsstätte verließ und bei der Nachbesichtigung am 5. Dezember 2017 er nicht in der Betriebsstätte anwesend war. All dies spricht gegen die Wahrnehmung der Aufgaben der Qualitätskontrolle durch Herrn L..

Gerade vor dem Hintergrund der in der GMP-Richtlinie aufgezeigten Dokumentationspflichten hinsichtlich der Qualitätskontrolle und der Tätigkeit in der Qualitätskontrolle durch verantwortliche Personen, spricht auch gegen eine derartige Tätigkeit des Herrn L., dass im Rahmen der bei der Routineinspektion eingesehenen Dokumente durch den Antragsgegner unwidersprochen keine praktische Mitarbeit des Herrn L. im Labor dokumentiert war, wo aber nach Kapitel 6 des Teils I des EU-GMP-Leitfadens gerade der Schwerpunkt der Prüfungstätigkeit im Bereich der Kontrolle liegt, sodass die praktische Tätigkeit überwiegend dort abgeleistet worden sein muss (VG Köln, Urteil vom 17. Dezember 2007 – 24 K 2342/07 –, juris). Vielmehr hätten sich sämtliche von ihm abgegebene Unterschriften auf seine Tätigkeit als Geschäftsführer, etwa Unterschriften im Qualitätssicherungssystem oder im Vertrags- und Geschäftsführungsbereich ergeben.

Dem Antragsgegner ist auch darin beizupflichten, dass der zeitliche Umfang des Herrn L. im Rahmen der Qualitätskontrolle nicht nachvollziehbar ist. Die Ausübung der praktischen Tätigkeit in den in § 15 Abs. 1 AMG genannten Zeiträumen muss zwar nicht zwingend in einer Vollzeitstelle erfolgt sein. Allerdings muss im Regelfall von einer Vollzeitbeschäftigung ausgegangen werden, wenn auch im Einzelfall ausnahmsweise der Nachweis gestattet sein muss, dass während einer überwiegenden Teilzeitbeschäftigung die notwendigen Erfahrungen gesammelt wurden (Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Aufl., 2022, § 15 Rn. 15), nach anderer Ansicht (Kloesel/Cyran, AMG, 3. Aufl., 2021, § 15 Anm. 7; Krüger, in Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, AMG, 3. Aufl., 2020, § 14 Rn. 109) wird ein Korrektiv bei Teilzeitbeschäftigung in einer Verlängerung des Zeitraums für die praktische Tätigkeit entsprechend dem Umfang der Teilzeitbeschäftigung gesehen. Zwar war Herr L. nicht nur in Teilzeit bei der M. GmbH beschäftigt, aber die behauptete Tätigkeit in der Qualitätskontrolle nahm er neben seiner Geschäftsführertätigkeit jedenfalls nur zum Teil war, sodass die Grundsätze für die Beschäftigung im Rahmen einer Teilzeit hier eine entsprechende Anwendung finden können. Es wurde jedoch weder nachvollziehbar belegt, durch die Wahrnehmung welcher Tätigkeiten die notwendigen Erfahrungen gesammelt worden sein sollen, noch in welchem Umfang eine Teilzeitbeschäftigung in der qualitativen und quantitativen Analyse und sonstiger Qualitätskontrolle von Arzneimitteln in einem längeren Zeitraum (also über zwei Jahre) konkret wahrgenommen wurde.

Soweit die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat, dass es ihr bzw. Herrn L. weder rechtlich noch tatsächlich möglich sei, die nachträglich von dem Antragsgegner verlangten Nachweise hinsichtlich seiner Tätigkeit in der qualitativen und quantitativen Analyse sowie sonstiger Qualitätskontrolle, etwa durch von Herrn L. unterschriebene Analysezertifikate, Prüfanweisungen, Besprechungsprotokolle zu Qualitätskontrolle-Themen o. ä., vorzulegen, weil Herr L. den Arbeitgeber zwischenzeitlich gewechselt habe und ihm die Mitnahme derartiger Unterlagen sowohl arbeits- als auch wettbewerbsrechtlich untersagt sei, trifft dies so weder tatsächlich noch rechtlich zu. So handelt es sich bei der derzeitigen Arbeitgeberin des Herrn L., der K. Deutschland GmbH um die Rechtsnachfolgerin der Quality Service International GmbH, deren Rechtsvorgängerin wiederum die die M. GmbH gewesen ist. Wie bereits ausgeführt tritt die Gesamtrechtsnachfolgerin in die Rechte und Pflichten ihrer Rechtsvorgängerin ein, sodass aufgrund der Geschäftsfortführung ohnehin davon ausgegangen werden kann, dass die K. Deutschland GmbH über die entsprechenden Unterlagen aus der vorangegangenen Zeit verfügt. Selbst wenn dies nicht so wäre und eine formelle Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen Herrn L. und der M. GmbH vorläge, wäre diese bzw. andernfalls bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch deren Rechtsnachfolgerin, diese, auch gegenüber Herrn L. aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinem Arbeitnehmer verpflichtet, diesem gegenüber bei der Wahrung und Entstehung von Ansprüchen des (ggf. früheren) Arbeitnehmers mitzuwirken (vgl. BAG, Urteil vom 24. September 2009 – 8 AZR 444/08 –, NJW 2010, 1098). Daraus ist die Arbeitgeberin des Herrn L. Dritten – hier dem Antragsgegner gegenüber – zur Hergabe der (nötigenfalls zur Wahrung von Wettbewerbsnachteilen teilweise geschwärzten) entsprechenden Unterlagen verpflichtet, wozu die Arbeitgeberin tatsächlich auch in der Lage wäre. Im Übrigen dürfte es auch bereits ohne die Besorgnis gegen Wettbewerbsverbote zu verstoßen, ohne weiteres möglich sein, Unternehmensunterlagen wie etwa Belege über Schulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Qualitätskontrolle vorzulegen. Auch derartiges ist indes nicht erfolgt.

Der Einzelrichter teilt nicht die Auffassung der Antragstellerin, dass der Rücknahme § 48 Abs. 3 VwVfG entgegenstünde; der Antragsgegner hat sein Ermessen hinsichtlich der Entscheidung, seinen Bescheid aufzuheben, fehlerfrei ausgeübt. Für die Zulässigkeit der Rücknahme von rechtswidrigen begünstigen Verwaltungsakten, die nicht – wie hier – Geld- oder Sachleistungen im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG betreffen, gilt zunächst die Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, wonach die Rücknahme im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht. § 48 Abs. 3 VwVfG sieht ergänzend dazu eine Ausgleichspflicht für den Fall schutzwürdigen Vertrauens vor. Die Regelung beruht auf dem Grundgedanken, dass bei rechtswidrigen Verwaltungsakten grundsätzlich die Möglichkeit bestehen müsse, rechtmäßige Zustände wiederherzustellen, und dass ein entgegenstehender Vertrauensschutz durch den Ausgleich von Vermögensnachteilen hinreichend berücksichtigt werden könne. Da die Rücknahme in den Fällen des § 48 Abs. 3 VwVfG an keine weiteren Voraussetzungen als die Rechtswidrigkeit geknüpft wird, kommt dem Ermessen hier eine erhebliche Bedeutung zu, weil nur dadurch die beiden Elemente des Rechtsstaatsprinzips, nämlich das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf der einen und das Prinzip der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes auf der anderen Seite, zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden können. Dabei sind die Gesichtspunkte für die Aufhebung des rechtswidrigen Verwaltungsaktes und die für die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes und dem Bestandsschutz sprechenden Gesichtspunkte gerecht abzuwägen.

Unter Berücksichtigung des bei der Frage von Vertrauensschutz heranzuziehenden Rechtsgedankens des § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, wonach das Vertrauen in der Regel schutzwürdig ist, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann, ergibt sich für die Ansicht der Antragstellerin kein schutzwürdiger Gesichtspunkt. Denn die Antragstellerin hat bereits nicht vorgetragen und derartiges ist auch nicht anderweitig ersichtlich, welche Leistungen die Antragstellerin bzw. die Adressatin des Bescheids aufgrund er zwischenzeitlichen Anerkennung des Herrn L. als sachkundige Person verbraucht habe oder welche Dispositionen getroffen wurden, die nicht mehr rückgängig zu machen wären. Da die Bescheidadressatin um von der Herstellungserlaubnis des § 13 AMG Gebrauch machen zu dürfen und überhaupt im Besitz dieser Erlaubnis bleiben zu können, ohnehin eine sachkundige Person beschäftigen muss, sind die im Hinblick darauf getätigten Dispositionen jedenfalls erforderlich und wirken weiterhin fort, unabhängig davon, welche Person sachkundig ist.

Soweit die Antragstellerin vorbringt, auf den Bestand des Bescheides vertraut zu haben und dieses Vertrauen als schutzwürdig einordnet, da sowohl die Freie Hansestadt Bremen als auch zunächst der Antragsgegner Herrn L. als sachkundige Person anerkannte, übersieht die Antragstellerin geflissentlich, dass diese Anerkennungen auf unzureichenden Tatsachen basierten. Seitens der Rechtsvorgängerin der K. Deutschland GmbH wurden Unterlagen zum Nachweis der Sachkunde des Herrn L. vorgelegt, die – wie ausgeführt – keinen hinreichenden Nachweis über die praktischen Erfahrung von Herrn L. auf dem Gebiet der qualitativen und quantitativen Analyse sowie sonstiger Qualitätsprüfungen von Arzneimitteln erbringen, was sowohl Herrn L. als auch der M. GmbH, in deren Rechtsstellung die K. Deutschland GmbH eintrat, auch bekannt war. Er war damit bereits im Zeitpunkt der Antragstellung, Herrn L. als sachkundige Person anzuerkennen, dort bekannt, dass er nicht im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 AMG in ausreichendem Umfang praktisch in der Qualitätskontrolle tätig gewesen ist. Auf das Argument, Herr L. habe seine Sachkenntnis bereits nachgewiesen, kann sich die Antragstellerin hinsichtlich eines schutzwürdigen Vertrauens deshalb nicht berufen.

Der Einzelrichter tritt auch nicht der Auffassung der Antragstellerin bei, dass keine neuen Tatsachen eingetreten seien, die von dem Antragsgegner zu überprüfen gewesen seien, sondern, dass es sich lediglich um eine neue Bewertung der bereits bekannten Tatsachen gehandelt habe. Ausweilich des Verwaltungsvorgangs erhielt der Antragsgegner erst durch die Mitteilung der Freien Hansestadt Bremen vom 22. September 2021 Kenntnis darüber, dass bei der Bremer Behörde erhebliche Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen für die Anerkennung der Sachkenntnis nach § 15 AMG bezüglich des Herrn L. aufgekommen seien (Beiakte 001, Bl. 16/16 Rs). Erst damit ergab sich für den Antragsgegner der Anlass die Unterlagen in eigener Zuständigkeit zu prüfen, da er sich zuvor gemäß § 15 Abs. 6 AMG auf die Bestätigung der Freien Hansestadt Bremen berufen durfte.

Der Antragsgegner hat auch die Rücknahmefrist nach § 48 Abs. 4 VwVfG gewahrt. § 48 Abs. 4 VwVfG bestimmt, dass, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig ist.

Auf der Grundlage des § 15 Abs. 6 AMG hat der Antragsgegner gegenüber der M. GmbH als Rechtsvorgängerin am 18. Juni 2020 Herrn L. als sachkundige Person anerkannt und dabei gemäß § 15 Abs. 6 AMG allein die von der Freien Hansestadt Bremen durchgeführte Überprüfung der erforderlichen Sachkunde zugrunde gelegt. Wie der Antragsgegner zutreffend ausgeführt hat, sind keinerlei Anhaltspunkte für den Antragsgegner ersichtlich und damit auch nicht bekannt gewesen oder hätten dort bekannt sein müssen, dass die Behörde in Bremen eine Anerkennung nicht auf Grundlage einer detaillierten Prüfung der Sachkenntnisse durchgeführt hat. § 15 Abs. 6 AMG knüpft gerade an eine rechtmäßig ausgeübte Tätigkeit an (VG Neustadt, Urteil vom 27. Mai 2019 – 5 K 1361/18 –, juris), so dass der Antragsgegner keinen Anlass hatte, von vornherein davon ausgehen zu müssen, dass ein ausreichender Beleg für die Sachkunde des Herrn L. bei der Bremer Behörde nicht vorlag. Die Ausnahmevorschrift des § 15 Abs. 6 AMG hat nämlich den Zweck, dass sich die Prüfung der neu zuständigen Behörde grundsätzlich darauf beschränken kann, ob die bisherige Tätigkeit der sachkundigen Person, durch die der Nachweis der Sachkenntnis bereits erbracht worden ist, und die neu auszuübende Tätigkeit vergleichbar sind (BR-Drs. 601/16, Seite 39), wozu es hier keinen Anlass zu Zweifeln gab. Da mit der Ausnahmeregelung des § 15 Abs. 6 AMG aber kein allgemein anzuerkennender Qualifikationsnachweis geschaffen wurde, darf die Behörde im Interesse der Arzneimittelsicherheit immer dann, wenn aufgrund begründeter Anhaltspunkte Zweifel an der Sachkenntnis bestehen, ergänzende Nachweise verlangen und erforderlichenfalls eine vollständig eigene Sachkenntnisprüfung vornehmen (VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2019 – 16 L 676/19 –, juris Rn. 23 ff.; VG Neustadt, Urteil vom 27. Mai 2019 – 5 K 1361/18 –, juris Rn. 30).

Die Kenntnis über die Tatsache, dass jedenfalls der Umfang und damit die praktische Erfahrung von Herrn L. auf dem Gebiet der qualitativen und quantitativen Analyse sowie sonstiger Qualitätsprüfungen von Arzneimitteln nicht der notwendigen zweijährigen Dauer genügt und die Erfahrung auch nicht anderweitig nachgewiesen wurde (siehe oben), erlangte der Antragsgegner erst durch die Mitteilung der Bremer Behörde am 22. September 2021. Die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 VwVfG war danach im Zeitpunkt des Erlasses der Rücknahme am 16. Dezember 2021 nicht verstrichen.

Die Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den Angaben der Antragstellerin hinsichtlich der sich für sie ergebenden Bedeutung der Sache (§ 52 Abs. 1 GKG) und berücksichtigt Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11). Da im vorliegenden Eilverfahren lediglich eine vorläufige Regelung getroffen wird, ist der Wert danach zu halbieren (25.000,00 €).