Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 31.05.2017, Az.: 6 A 32/16
Krankenhausfinanzierung; Krankenhausplan; Sicherstellungszuschlag; Versorgungsbedarf
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 31.05.2017
- Aktenzeichen
- 6 A 32/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53627
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs 2 KHEntgG
- § 17b KHG
Tenor:
Die Beteiligten streiten darüber, ob für die Vorhaltung zweier Fachabteilungen eines von der Klägerin betriebenen Krankenhauses ein Sicherstellungszuschlag für das Jahr 2014 zu vereinbaren ist.
Tatbestand:
Die Klägerin betreibt in E. ein Krankenhaus. Im Jahr 2014, für das der Sicherstellungszuschlag begehrt wird, war es mit insgesamt 110 vollstationären Betten - davon 40 im Fachbereich Chirurgie, 10 im Fachbereich Frauenheilkunde und Geburtshilfe (je 5 für jede der beiden Unterdisziplinen), je 1 in den Fachbereichen Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Urologie sowie 58 im Fachbereich Innere Medizin - in den Krankenhausplan aufgenommen worden. Mit Schreiben vom 14. August 2014 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass eine Absenkung der vollstationären Betten für das Jahr 2015 auf 99 - 30 statt 40 Betten im Fachbereich Chirurgie, 8 statt 10 Betten im Fachbereich Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Wegfall des Bettes im Fachbereich Urologie sowie 60 statt 58 Betten im Fachbereich Innere Medizin und weiterhin das Bett im Fachbereich Hals-Nasen-Ohrenheilkunde - beabsichtigt sei, weil der vorgegebene Bettennutzungsgrad seit mehreren Jahren nicht erreicht werde.
Mit Antrag vom 14. November 2014, beim Beklagten am 18. November 2014 eingegangen, begehrte die Klägerin die Feststellung, dass die Vorhaltung von Krankenhausleistungen der Fachabteilungen Chirurgie sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe durch die von ihr betriebene Klinik in E. aufgrund eines geringen Versorgungsbedarfs mit den Fallpauschalen nicht kostendeckend finanzierbar sei, die Vorhaltung dieser Leistungen zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung notwendig sei und dass diese Krankenhausleistungen nicht durch ein anderes geeignetes Krankenhaus erbracht werden könnten. Für die Vorhaltung sei daher von den Pflegesatzparteien für den Vereinbarungszeitraum des Kalenderjahres 2014 ein Sicherstellungszuschlag nach § 5 Abs. 2 Krankenhausentgeltgesetz zu vereinbaren oder von der Schiedsstelle festzusetzen. Weiterhin beantragte die Klägerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung des begehrten Bescheides. Ihren Antrag begründete die Klägerin damit, dass der Kostenträger ihren Antrag auf die Vereinbarung eines Sicherstellungszuschlages sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im Namen aller an der Pflegesatzvereinbarung beteiligten Sozialleistungsträger abgelehnt habe. Daher müsse nun der Beklagte als zuständige Landesbehörde dem Grunde nach über die Zuschlagsgewährung entscheiden. In den Bereichen Chirurgie sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe sei ein geringer Versorgungsbedarf anzutreffen, weil der Landkreis F. mit 78 Einwohnern pro Quadratkilometer eine besonders geringe Bevölkerungsdichte aufweise. Im Fachbereich Chirurgie werde der geringe Versorgungsbedarf durch eine vergleichsweise schlechte Auslastung von 58,8 % bestätigt. Die Fachabteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe sei erheblich kleiner als der Bundesdurchschnitt. Auch im niedersächsischen Vergleich handele es sich um besonders kleine Fachabteilungen. Der geringe Versorgungsbedarf sei auch ursächlich dafür, dass eine kostendeckende Finanzierung nicht möglich sei. Dies belege eine Stellungnahme der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft G., die keine Wirtschaftlichkeitspotentiale in Bezug auf den Personaleinsatz, aber erhebliche Fehlbeträge für die einschlägigen Fachabteilungen ermittelt habe. Die im Klinikum H. erbrachten Leistungen könnten nicht durch ein anderes geeignetes Krankenhaus ohne Zuschlag erbracht werden. Mit Ausnahme des auch von der Klägerin betriebenen Krankenhauses in I., das 27 km entfernt liege und für das ebenfalls ein Sicherstellungszuschlag beantragt werde, seien die nächstgelegenen Krankenhäuser deutlich über 25 km von E. entfernt. So liege das J. Klinikum K. 27 km und das Kreiskrankenhaus L. 40 km entfernt; die Fahrzeiten betrügen zu allen umliegenden Krankenhäusern mindestens 30 Minuten. Die sofortige Vollziehung sei notwendig, weil ein weiteres Zuwarten die Versorgungssicherheit ernsthaft gefährde.
Mit Bescheid vom 1. Dezember 2015 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 14. November 2014 ab. Er führte aus, dass es dem geltend gemachten Anspruch zwar nicht entgegenstehe, dass nähere Vorgaben zu den Einzelheiten der Voraussetzungen für die Gewährung eines Sicherzustellungszuschlages fehlten. Allerdings seien die Voraussetzungen für die Gewährung eines solchen Zuschlages nicht gegeben. Mit dem Sicherstellungszuschlag solle ausschließlich die Vorhaltung der zur Sicherstellung der Bevölkerung notwendigen Leistungen garantiert werden; das Instrument ziele grundsätzlich nicht auf alle angebotenen Leistungen eines Krankenhauses ab, sondern nur auf die Vorhaltung bestimmter Leistungen. Daher sei nicht die wirtschaftliche Lage des Krankenhauses als Ganzes für die Beurteilung entscheidend, sondern die der einzelnen Abteilung, für die ein Sicherstellungszuschlag begehrt werde. Es liege für die Abteilungen Chirurgie sowie Frauen- und Geburtsheilkunde eine Kostenunterdeckung von 1.234.376,00 Euro bzw. 473.951,00 Euro vor. Trotz seiner vergleichsweise geringen Bevölkerungsdichte weise der Landkreis F. mit rund 162.000 Einwohnern ein Versorgungspotential auf, das nicht von vornherein auf einen geringen Versorgungsbedarf schließen lasse. Die Krankenhaushäufigkeit, d. h. die Relation der in einem bestimmten Gebiet wohnenden Patienten, die im Laufe eines Jahres stationär behandelt würden, liege für die Fachrichtung Chirurgie mit 48,7 sogar leicht über dem Wert von 48,0 für das Versorgungsgebiet 3, in dem die Klägerin ihr Krankenhaus betreibe. Die Fachabteilung Frauenheilkunde liege mit 22,26 zwar unter dem Wert von 24,5 für das Versorgungsgebiet 3 bzw. 25,0 für Niedersachsen. Daraus folge aber nicht, dass ein geringer Versorgungsbedarf ursächlich für die Unterfinanzierung durch Fallpauschalen sei. Vielmehr ließen die im Landkreis bestehenden Wanderungsbewegungen der Patientinnen und Patienten erkennen, dass das Angebot des von der Klägerin betriebenen Krankenhauses nicht im zu erwartenden Umfang in Anspruch genommen werde. Es hätten nur rund 70 % der Bevölkerung, die eine chirurgische oder gynäkologisch-geburtshilfliche Versorgung in Anspruch genommen haben, diese im eigenen Kreis erbringen lassen. Etwa 30% der Patientinnen und Patienten seien hierfür in benachbarte Landkreise bzw. nach Hamburg oder Bremen ausgewichen. Dies deute darauf hin, dass es wettbewerbliche Gründe für die vorliegende Kostenunterdeckung bei der Klinik der Klägerin gebe. Der Sicherstellungszuschlag diene aber nicht dazu, der Klägerin den Wettbewerb anderer Kliniken zu ersparen. Für das Krankenhaus in E. sei ein örtlicher Einzugsbereich ermittelt worden, der im Wesentlichen die Stadt E. sowie die Orte M., N. und O. umfasse. Von diesen Ortschaften seien die in K., P. und L. liegenden Krankenhäuser in 28 bis 60 Minuten mit einem PKW zu erreichen. Die Erfahrungen in einem Flächenland wie Niedersachsen zeigten, dass Entfernungen zwischen 30 und 45 Minuten zumutbar seien und offenbar von der Bevölkerung des Landkreises F. auch in Kauf genommen würden. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass das chirurgische sowie das frauenheilkundlich-geburtshilfliche Angebot der Klinik in E. regelmäßig nur bei vergleichsweise leichten Behandlungsfällen in Anspruch genommen werde. Allein die geringe Inanspruchnahme einer Krankenhausabteilung könne aber nicht dazu führen, dass ein Sicherstellungszuschlag gewährt würde, weil dies zu einer Wiedereinführung des Selbstkostendeckungsprinzips führte und damit dem Sinn und Zweck des Krankenhausfinanzierungsrechts zuwiderliefe.
Am 7. Januar 2016 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, dass - entgegen der Auffassung des Beklagten - die Voraussetzungen für die Gewährung eines Sicherstellungszuschlages vorlägen. Das von ihr eingeholte Gutachten belege, dass die Fachabteilung Chirurgie deutlich unterdurchschnittlich ausgelastet sei und dass die Geburtshilfe viermal kleiner und deutlich schlechter ausgelastet sei als der Bundesdurchschnitt. Im nördlichen Teil des Landkreises F. liege die Besiedelungsdichte nur bei 72 Einwohnern pro Quadratkilometer. Es sei unzulässig, wenn der Beklagte mit dem Versorgungspotential des gesamten Landkreises argumentiere, weil nur das konkrete Patienteneinzugsgebiet betrachtet werden dürfe. Eine Analyse der Patientenherkunft habe ergeben, dass die zehn häufigsten Herkunftsorte 76 % der Patienten abdeckten, wobei die größten Patientenanteile aus der Umgebung der von der Klägerin betriebenen Klinik kämen. Die von der Beklagten aufgezeigte Inanspruchnahme von Leistungen anderer Krankenhäuser außerhalb des Landkreises durch 30 % der kreiseigenen Bevölkerung sei üblich und belege keine unzureichende Nachfrage der in E. vorgehaltenen Leistungen. Die umliegende „Krankenhaushäufigkeit“ spreche ebenfalls nicht gegen die Annahme eines geringen Versorgungsbedarfs im Einzugsgebiet der Klinik E.. Die bestehende Kostenunterdeckung habe sie, die Klägerin, ausreichend nachgewiesen. Der geringe Versorgungsbedarf sei hierfür auch ursächlich. Das von der Klägerin betriebene Krankenhaus sei zur Versorgung der Bevölkerung notwendig. Ein Verweis auf das Krankenhaus in I. sei unzulässig, weil dies für den Bereich Chirurgie ebenfalls einen Sicherstellungszuschlag beantragt habe, auf die Leistungserbringung durch andere Kliniken aber nur verwiesen werden dürfe, wenn diese ohne Zuschläge möglich sei. Die anderen Krankenhäuser seien zu weit entfernt, um eine adäquate Versorgung zu gewährleisten. Der Beklagte habe auch versäumt, allgemeine Kriterien zur Auslegung der unbestimmten Tatbestandsmerkmale des § 5 Abs. 2 Krankenhausentgeltgesetz zu formulieren. Unrichtig sei die Annahme des Beklagten, dass ein erhebliches ambulantes Potential bestünde. Der ermittelte CMI-Wert (Case-Mix-Index-Wert) von 1,032 im Jahr 2013 bzw. 0,907 im Jahr 2014 für den Bereich Chirurgie bestätige vielmehr, dass das von der Klägerin betriebene Krankenhaus den zugewiesenen Versorgungsauftrag erfülle. Für Kliniken der Grundversorgung seien CMI-Werte von 0,8 absolut üblich. Es sei auch nicht richtig, dass sie, die Klägerin, das Marktpotential unzureichend ausschöpfe. In der Rechtsprechung sei das bislang nur bei einem Marktanteil von 33 % bzw. 45 % so entschieden worden. Der Marktanteil des Krankenhauses in E. liege sowohl für die Chirurgie als auch für die Frauenheilkunde und Geburtshilfe klar über diesen Werten. Dass das G. -Gutachten die Kostendefizite für das Jahr 2013 beziffert habe, schade nicht. Im Kalenderjahr 2014 habe eine annähernd gleich große Kostenunterdeckung für die hier relevanten Fachabteilungen bestanden. Die Klägerin weist zudem darauf hin, dass die von ihr betriebene Klinik in E. die neueren Anforderungen des G-BA-Beschlusses vom 24. November 2016 erfülle, der aber erst ab dem Kalenderjahr 2017 gelte.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 1. Dezember 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten festzustellen, dass für die Vorhaltung von Krankenhausleistungen der Fachabteilung Chirurgie sowie der Fachabteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Q. Klinik E. für den Entgeltzeitraum des Kalenderjahres 2014 ein Sicherstellungszuschlag nach § 5 Absatz 2 des Krankenhausentgeltgesetzes zu vereinbaren oder von der Schiedsstelle festzusetzen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wendet ein, dass es für die Feststellung des Versorgungsbedarfs nicht auf die Größe einer Fachabteilung ankomme. Aus dem CMI-Index im Zeitraum 2010 bis 2014 für die Fachabteilung Chirurgie folge, dass diese Fachrichtung im Krankenhaus der Klägerin in E. höchstens als Grundversorgung einzuordnen sei. In Ansehung der eher geringen Fallschwere von vielen der erbrachten Leistungen sei von einem erheblichen ambulanten Potential auszugehen. Daher müsse man sich fragen, ob bei jeder stationären Aufnahme das Wirtschaftlichkeitsgebot ausreichend beachtet werde. Aus dem vorgelegten Gutachten gehe hervor, dass offensichtlich Leistungsbereiche bestünden, die nicht der stationären Krankenversorgung zuzurechnen seien. Außerdem fänden sich unter den „Top-Ten-DRG“ (Diagnosis Related Groups) kaum Leistungen, die der „echten“ Notfallversorgung zuzuordnen seien. Die überwiegende Zahl seien planbare Eingriffe geringen Schweregrades. Diese könnten auch durch andere Krankenhäuser ausgeführt werden, ohne dass medizinische Nachteile in Kauf genommen werden müssten. Ähnliches gelte mit Blick auf die Frauenheilkunde. Seit dem Jahr 2005 seien die Fallzahlen im Bereich Chirurgie und im Bereich Geburtshilfe relativ konstant, lediglich die durchschnittliche Verweildauer habe abgenommen. Daraus ergebe sich aber kein geringer Versorgungsbedarf. Im Bereich Frauenheilkunde hätten die Fallzahlen deutlich abgenommen. Es werde aber bezweifelt, dass dies an einem geringen Versorgungsbedarf liege. Vielmehr lasse die festzustellende Patientenwanderung eher darauf schließen, dass die von der Klägerin getragene Klinik im Wettbewerb mit anderen Kliniken an Image verloren habe. Die Datengrundlage für den von der Klägerin ermittelten Auslastungsgrad könne nicht nachvollzogen werden. Er, der Beklagte, komme auf der Basis der Planbetten auf andere Benutzungsgrade. Für die Fachrichtung Chirurgie lägen diese für die Jahre 2013 bei 58,7 % und 2014 bei 53,2 %, für die Fachrichtung Frauenheilkunde und Geburtshilfe für die Jahre 2013 bei 64,7 % und 2014 bei 69,8 %. Der Bettennutzungsgrad bilde aber nur die tatsächliche Nachfrage nach Leistung im Verhältnis zu den vorgehaltenen Betten ab; für den Versorgungsbedarf ergebe sich hieraus nichts Entscheidendes, weil wettbewerbliche Aspekte zu einer permanenten Veränderung der Patientenströme führten. Trotz der geringen Bevölkerungsdichte im Landkreis F. hätten die Akteure die vorhandenen Krankenhausstrukturen unter wirtschaftlichen Aspekten bislang nicht überdacht. Vielmehr würden weiter vier Krankenhäuser, davon drei mit chirurgischen Abteilungen und zwei mit gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilungen betrieben. Hinzu kämen weitere Krankenhäuser in benachbarten Landkreisen, deren jeweiliger Einzugsbereich in den Einzugsbereich des klägerischen Krankenhauses hineinreiche. Es reiche zur Darlegung der Voraussetzungen eines Sicherstellungszuschlages nicht aus, eine Kostenunterdeckung allein aus der Gegenüberstellung der Vorhaltekosten und der erzielten Erlöse herzuleiten. Das G. -Gutachten gehe selbst davon aus, dass ursächlich für die Kostenunterdeckung nicht der geringe Versorgungsbedarf, sondern die Abteilungsgröße und die Auslastung der hier zu betrachtenden Fachabteilungen seien. Auf der Basis der Diagnosestatistik des Jahres 2014 seien Patientinnen und Patienten mit Wohnorten in E., M., N. und O. in der Fachrichtung Chirurgie zu 51,4 % im Krankenhaus der Klägerin in E. versorgt worden. Die Inanspruchnahme liege damit deutlich unter dem Wert von rund 70 %, der für eine chirurgische Versorgung im eigenen Kreis stehe. Dies zeige, dass die Klinik in E. nicht in dem Maße von der Bevölkerung angenommen werde, wie dies für eine Eigenversorgung im Einzugsbereich zu erwarten wäre. Zudem folge aus den über die Jahre 2005 bis 2014 schwankenden Fallwerten zwischen 1.715 und 1.435 Fällen pro Jahr bei einem Mittelwert von 1.587 Fällen, dass durchaus ein höherer Versorgungsbedarf als von der Klägerin angenommen vorliege. Im Bereich Frauenheilkunde und Geburtshilfe werde zwar mit 64,2 % ein höherer Versorgungsgrad erzielt als im Bereich Chirurgie. Allerdings liege er immer noch unter dem Grad von 70 %, der für eine Eigenversorgung im Einzugsbereich zu erwarten wäre. Insgesamt wiesen die Zahlen darauf hin, dass das klägerische Krankenhaus in E. eher als „Notfallambulanz“ für Fälle mit geringem Schweregrad wahrgenommen werde, während die eigentliche stationäre Notfallversorgung durch umliegende andere Krankenhäuser sichergestellt werde, auch wenn dafür höhere Fahrzeiten in Kauf genommen werden müssten. Auch aus der im Landkreis F. durchaus landestypischen Krankenhaushäufigkeit lasse sich für einen geringen Versorgungsbedarf nichts herleiten. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei es nicht seine, des Beklagten, Aufgabe, die Ursächlichkeit des geringen Versorgungsbedarfs für die Kostenunterdeckung zu ermitteln. Vielmehr sei die Klägerin hier darlegungs- und nachweisbelastet. Die Darstellung der Klägerin lasse aber bei ihm, dem Beklagten, den Eindruck entstehen, dass eher ihre unternehmerische Entscheidungen als ein geringer Versorgungsbedarf zu der Kostenunterdeckung geführt hätten. Die von der Klägerin für maßgeblich gehaltene Entfernung von 15 - 20 km bis zum nächsten Krankenhaus trage den örtlichen Verhältnissen nicht hinreichend Rechnung. E. sei über die B71 und die B74 sehr gut an das Straßennetz angebunden. Bei einem Radius von 30 km seien nahezu alle Teile des Einzugsbereichs der Klinik in E. von den Krankenhäusern in R., L., F., K. und P. in die sich jeweils ergebenden „Kreise“ eingeschlossen.
Am 31. Mai 2017 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg, weil sie nicht im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO begründet ist. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 1. Dezember 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, dass mit ihr für den Entgeltzeitraum des Kalenderjahres 2014 ein Sicherstellungszuschlag nach § 5 Abs. 2 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) für die Vorhaltung von Leistungen in den Fachbereichen Chirurgie sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe zu vereinbaren ist bzw. durch die Schiedsstelle festzusetzen ist.
Die Anspruchsgrundlage für die Gewährung eines Sicherstellungszuschlages für das hier streitige Jahr 2014 ergibt sich aus § 5 Abs. 2 KHEntgG vom 23. April 2002 (BGBl. I S. 1412, 1422) in Verbindung mit § 17b Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886); beide Gesetzes sind maßgeblich durch das Gesetz vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1133) geändert worden. Maßgeblich ist die Rechtslage, wie sie für das Kalenderjahr, für das der Zuschlag beantragt worden ist, bestanden hat. Dies folgt aus dem materiellen Recht. § 17b Abs. 1 Satz 9 KHG bestimmt, dass die Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Sicherstellungszuschlag im Einzelfall vorliegen. Diese Prüfung bezieht sich notwendig auf einen bestimmten Zeitpunkt bzw. Zeitraum, für den der Zuschlag beantragt wird, so dass auch die Sach- und Rechtslage für diesen Zeitraum maßgeblich ist (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 32. EL, § 113 Rn. 66 Fn. 308, Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 221). Anhaltspunkte dafür, dass hierbei mögliche nachgelagerte Änderungen der Rechtslage zu Lasten oder zu Gunsten des Anspruchstellers durchschlagen sollen, bestehen nicht (vgl. VG Gießen, Urt. v. 1.3.2012 - 7 K 1593/09 -, zitiert nach juris; vgl. auch die Bezugnahme auf „KHEntgG a.F.“ in: BVerwG, Beschl. v. 12.10.2016 - 3 B 66/15 -, zitiert nach juris). Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die dieser auf der Grundlage des § 136c Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), der mit dem Gesetz vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2229) eingeführt worden ist, mit dem „Beschluss über die Erstfassung der Regelungen für die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 136c Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)“ vom 24. November 2016 (BAnz AT 21.12.2016 B3) mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 erlassen hat, sind damit für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts nicht maßgeblich.
§ 5 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG bestimmt, dass die Vertragsparteien nach § 11 für die Vorhaltung von Leistungen, die auf Grund des geringen Versorgungsbedarfs mit den Fallpauschalen nicht kostendeckend finanzierbar und zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung bei einem Krankenhaus notwendig ist, unter Anwendung der Maßstäbe und Einhaltung der Vorgaben nach § 17b Abs. 1 Satz 6 bis 8 KHG Sicherstellungszuschläge vereinbaren. Dabei haben sie gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 KHEntgG zu prüfen, ob die Leistung durch ein anderes geeignetes Krankenhaus, das diese Leistungsart bereits erbringt, ohne Zuschlag erbracht werden kann. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde, § 5 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG. Die Vertragsparteien nach § 11 vereinbaren die Höhe des Zuschlags, § 5 Abs. 2 Satz 4 KHEntgG.
Zuständig für die Entscheidung über die von der Klägerin begehrte Feststellung ist nach § 5 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG i. V. m. § 4 des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes (NKHG) vom 19. Januar 2012 (GVBl. S. 2) der Beklagte. Eine Einigung zwischen der Klägerin und den Sozialleistungsträgern, den Vertragsparteien nach § 11 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG i. V. m. § 18 Abs. 2 KHG, ist nicht zustande gekommen (s. E-Mail vom 4.7.2014, Blatt 025 ff. der Verwaltungsakte BA 001). Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 NKHG wird der Krankenhausplan vom Fachministerium aufgestellt und von der Landesregierung beschlossen. Das niedersächsische Landesrecht, nach dem sich die Zuständigkeit für die Feststellung der Gewährung eines Sicherstellungszuschlags gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG bestimmt, kennt damit zwei Behörden, die an der Krankenhausplanung beteiligt sind. Dabei ist das zuständige Fachministerium hauptsächlich mit der inhaltlichen Seite der Planung befasst, weil es den Krankenhausplan aufstellt und diesen gemäß § 4 Abs. 6 NKHG, insbesondere zur Anpassung an den tatsächlichen Bedarf, jährlich fortschreibt. Dies geschieht seit der Beschlussfassung über den Niedersächsischen Krankenhausplan im Jahr 1985 in der derzeit 32. Fortschreibung (Stand 1. Januar 2017). Daher ist es folgerichtig, wenn der Beklagte als zuständiges Fachministerium jedenfalls in den Jahren, in denen der Krankenhausplan lediglich fortgeschrieben und nicht neu aufgestellt wird, auch die Entscheidung über die Gewährung von Sicherstellungszuschlägen trifft. Denn diese reagieren - wie auch die Fortschreibung des Krankenhausplans - für einen abgrenzbaren Zeitraum auf spezifische Bedarfslagen. Eine Befassung der Landesregierung mit Anträgen auf Sicherstellungszuschläge wäre angesichts der in § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 NKHG vorgesehenen Zuständigkeitsaufteilung systemfremd. Weil im Jahr 2014, für welches die Klägerin einen Sicherstellungszuschlag begehrt, der Krankenhausplan nach § 4 Abs. 6 NKHG lediglich zum 29. Mal fortgeschrieben und nicht neu aufgestellt worden ist, fällt auch die Entscheidung über die Gewährung eines solches Zuschlages allein in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Innerhalb dieser Zuständigkeit prüft der Beklagte, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Sicherstellungszuschlages dem Grunde nach vorliegen. Diese Prüfung umfasst neben dem Vorliegen eines geringen Versorgungsbedarfs und der Notwendigkeit der vorgehaltenen Leistungen zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung auch die Kausalität des geringen Versorgungsbedarfs für die Kostenunterdeckung des den Sicherstellungszuschlag begehrenden Krankenhausträgers (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.10.2016 - 3 B 66.15 -, zitiert nach juris).
Die Kammer geht davon aus, dass es sich bei § 5 Abs. 2 KHEntgG um eine vollzugsfähige Vorschrift handelt (anders VG Greifswald, Urt. v. 25.9.2013 - 3 A 1246/11 -, zitiert nach juris). Zwar ist diese Norm, wie aus dem Verweis auf § 17b Abs. 1 Satz 6 bis 8 KHG deutlich wird, auf eine weitere Konkretisierung angelegt. Danach sind zur Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen, die auf Grund des geringen Versorgungsbedarfs mit den Entgelten nach Satz 1 nicht kostendeckend finanzierbar ist, bundeseinheitliche Empfehlungen für Maßstäbe zu vereinbaren, unter welchen Voraussetzungen der Tatbestand einer notwendigen Vorhaltung vorliegt sowie in welchem Umfang grundsätzlich zusätzliche Zahlungen zu leisten sind (§ 17b Absatz 1 Satz 6 KHG). Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung ergänzende oder abweichende Vorgaben zu den Voraussetzungen nach Satz 6 zu erlassen, insbesondere um die Vorhaltung der für die Versorgung notwendigen Leistungseinheiten zu gewährleisten; dabei sind die Interessen anderer Krankenhäuser zu berücksichtigen; die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf oberste Landesbehörden übertragen (§ 17b Abs. 1 Satz 7 KHG). Soweit das Land keine Vorgaben erlässt, sind die Empfehlungen nach Satz 6 verbindlich anzuwenden (§ 17b Abs. 1 Satz 8 KHG). Allerdings steht es einem Anspruch auf die Gewährung eines Sicherstellungszuschlages nicht entgegen, wenn - wie hier - für den einschlägigen Anspruchszeitraum Empfehlungen nicht erlassen worden sind. Denn die Untätigkeit der Bundesverbände in dieser Hinsicht darf nicht zu Lasten des Krankenhauses gehen, welches einen Sicherstellungszuschlag begehrt (OVG NRW, Urt. v. 25.5.2012 - 13 A 469/11 -, zitiert nach juris). Dies wäre vor allem mit Blick darauf, dass durch Sicherstellungszuschläge die Versorgung der Bevölkerung mit notwendigen Krankenhausleistungen garantiert werden soll, nicht zu rechtfertigen. § 5 Abs. 2 KHEntgG dient nämlich dazu, einer spezifischen Gefahrenlage zu begegnen und formt insofern das Sozialstaatsprinzip sowie die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz aus (vgl. Schleswig-Holst. VG, Urt. v. 18.6.2015 - 1 A 27/12 -, zitiert nach juris).
Ausgehend von der Vollzugsfähigkeit des § 5 Abs. 2 KHEntgG steht der Klägerin ein Anspruch auf die Gewährung eines Sicherstellungszuschlags im vorliegend zu prüfenden Anspruchszeitraum 2014 nicht zu.
Bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 2 KHEntgG ist zu beachten, dass die Ziele der Krankenhausfinanzierung, wie sie in § 1 Abs. 1 KHG niedergelegt sind, nicht unterlaufen werden. Danach ist Zweck dieses Gesetzes die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Der Sicherstellungszuschlag darf nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung zwischen Krankenhäusern führen (BVerwG, Beschl. v. 12.10.2016 - 3 B 66.15 -, zitiert nach juris) und nicht leistungsfähige Krankenhäuser nicht vor einem Ausscheiden aus dem Markt schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 - 3 C 35.07 -, zitiert nach juris). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die fehlenden bundeseinheitlichen Empfehlungen nach § 17b Abs. 1 Satz 6 KHG und die fehlenden Verordnungen auf Landesebene nach § 17b Abs. 1 Satz 7 KHG nicht dazu führen, dass die Verwaltungsgerichte die Rolle des „Ersatz-Empfehlungs- und Verordnungsgebers“ einnehmen und detaillierte Vorgaben zur Auslegung der in § 5 Abs. 2 KHEntgG genannten Kriterien machen dürfen. Vielmehr handelt es sich hier um unbestimmte Rechtsbegriffe, bei deren Konkretisierung der zuständigen Stelle - hier dem Beklagten - ein Beurteilungsspielraum zukommt (Schleswig-Holst. VG, Urt. v. 18.6.2015 - 1 A 27/12 -, zitiert nach juris; jetzt auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 25.4.2017 - 7 A 10602/16 -, zitiert nach juris). Bezogen auf den Anspruch auf Gewährung eines Sicherstellungszuschlags führt diese Rechtslage dazu, dass ein solcher nur angenommen werden kann, wenn keine Zweifel daran bestehen, dass die Vorhaltung von Leistungen gerade auf Grund des geringen Versorgungsbedarfs nicht kostendeckend finanzierbar ist und dass sie zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung bei einem Krankenhaus notwendig ist. Der Anspruchssteller, hier die Klägerin, ist insbesondere in Bezug auf das Vorliegen eines für die Kostenunterdeckung kausalen geringen Versorgungsbedarfs darlegungsbelastet (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 15.7.2015 - 5 A 1839/13 -, zitiert nach juris).
Gemessen daran erfüllt die von der Klägerin betriebene Klinik die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung eines Sicherstellungszuschlages für das Jahr 2014 nicht. Entscheidend für die Ablehnung eines Anspruchs auf Gewährung eines Sicherstellungszuschlages ist, dass keine überzeugenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein möglicherweise anzunehmender geringer Versorgungsbedarf auch ursächlich dafür ist, dass die Fachabteilungen Chirurgie sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe des von der Klägerin betriebenen Krankenhauses nicht kostendeckend finanzierbar sind. Die Prüfung der Kausalität eines geringen Versorgungsbedarfs für eine Kostenunterdeckung ist anhand der Gründe vorzunehmen, die zu den geringen Fallzahlen führen. Diese sind krankenhausbezogen zu ermitteln. Nur wenn die das Einnahmedefizit verursachenden geringen Fallzahlen in der Versorgungsstruktur des Einzugsgebiets (z. B. ländliches Gebiet) oder der Leistungsart (unregelmäßig oder selten auftretende Behandlungsfälle) begründet sind, kann ein Sicherstellungszuschlag gewährt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.10.2016 - 3 B 66.15 -; Hess. VGH, Urt. v. 15.7.2015 - 5 A 1839/13 -, beide a.a.O.).
Die Art der Leistungen, welche das Krankenhaus der Klägerin im Jahr 2014 erbracht hat und noch immer erbringt, ist nicht geeignet, einen Ursachenzusammenhang zwischen einem möglicherweise gegebenen geringen Versorgungsbedarf einerseits und der bei der Klägerin zu verzeichnenden Kostenunterdeckung andererseits zu begründen. Für den Fachbereich Chirurgie geht das von der Klägerin vorgelegte Gutachten der G. vom 6. November 2014 davon aus, dass das erbrachte Leistungsspektrum typisch für eine Chirurgie mit im Wesentlichen Grund- und Regelversorgungsleistungen ist (S. 25); für den Fachbereich Frauenheilkunde und Geburtshilfe nimmt das Gutachten ebenfalls „ein typisches Spektrum einer kleinen Frauenklinik mit geburtshilflichem Schwerpunkt und Grund- und Regelversorgungsleistungen“ an (S. 29).
Aus der Versorgungsstruktur im Einzugsgebiet der Klinik der Klägerin folgt eine Ursächlichkeit zwischen einem möglicherweise vorliegenden geringen Versorgungsbedarf und der dargelegten Kostenunterdeckung nicht. Dagegen sprechen bereits die von dem Beklagten dargelegten Zahlen zur Ausschöpfung des Marktpotentials im Einzugsbereich der Klinik für die hier relevanten Fachbereiche, denen die Klägerin nicht entgegengetreten ist. In seiner Klageerwiderung vom 27. Juli 2016 zeigt der Beklagte nachvollziehbar auf, dass im Haupteinzugsgebiet der klägerischen Klinik, welches die Orte E., M., N. und O. umfasst (G. -Gutachten, S. 12), in der Fachrichtung Chirurgie ein Versorgungsgrad von 51,4 % vorliegt. Auf die einzelnen Orte aufgeteilt ergeben sich Versorgungsgrade von 56,3 % (E.), 50,8 % (M.), 54,6 % (N.) und 23,0 % (O.). Auch für den Fachbereich Frauenheilkunde und Geburtshilfe legen die vom Beklagten vorgelegten Zahlen für das Jahr 2014 einen gemessen am Landkreis-Regelwert von 70 % immer noch unterdurchschnittlichen Versorgungsgrad von 64,2 % dar, der sich auf die einzelnen Orte wie folgt verteilt: 68,9 % (E.), 55,2 % (M.), 70,8 % (N.) und 56,3 % (O.). Dies bedeutet im Umkehrschluss gemessen an einem maximal möglichen Marktanteil von 100 % ein nicht ausgeschöpftes Marktpotential von nahe 50% im Fachbereich Chirurgie und von immerhin ca. 35 % im Fachbereich Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Das heißt, dass ein signifikanter Anteil potentieller Patientinnen und Patienten im Einzugsbereich der Klinik der Klägerin andere Krankenhäuser aufsucht, um Leistungen der entsprechenden Fachrichtungen in Anspruch zu nehmen. Selbst wenn diese Wanderungsbewegungen nach allgemeiner Lebenserfahrung teilweise damit zu erklären sind, dass vom klägerischen Krankenhaus nicht vorgehaltene Spezialisierungen benötigt werden, liegt doch gemessen an einem Durchschnittswert von rd. 70 % immer noch eine signifikant unterdurchschnittliche Marktausschöpfung vor, die sich nicht allein auf einen möglicherweise gegebenen geringen Versorgungsbedarf im Einzugsgebiet der Klinik zurückführen lässt, sondern vielmehr vermuten lässt, dass auch Gründe des Wettbewerbs vorliegen, die eine Kostenunterdeckung verursachen. Darauf weist der Beklagte in seinem Ablehnungsbescheid vom 1. Dezember 2015 auch hin. Ein weiteres Indiz für eine solche Annahme liefert die von der Klägerin in ihrem Gutachten aufgezeigte unterdurchschnittliche Schwere der behandelten Fälle (S. 17, 22 ff., 26 ff.).
Die Auslastungssituation der hier relevanten Fachabteilungen, wie sie sich aus dem G. -Gutachten ergibt, lässt ebenfalls nicht darauf schließen, dass die Kostenunterdeckung gerade auf einem möglicherweise vorliegenden geringen Versorgungsbedarf beruht. Dabei kann es dahinstehen, ob der Auslastungsgrad überhaupt ein geeigneter Parameter für die Begründung eines geringen Versorgungsbedarf sein kann (dagegen Schleswig-Holst. VG, Urt. v. 18.6.2015 - 1 A 27/12 -, zitiert nach juris). Die Auslastung der Fachabteilung Chirurgie wird im Gutachten mit 58,5 % als niedrig beschrieben. Dieser Befund soll die These eines geringen Versorgungsbedarfs weiter stützen (S. 12). Dies überzeugt aber schon deshalb nicht, weil das Gutachten im hinteren Teil den expliziten Hinweis darauf enthält, dass im klägerischen Krankenhaus auch Leistungen erbracht werden, die „nicht der Notfallversorgung und dem Spektrum der absoluten Grund- und Regelversorgung zugehörig sind“, und dass dies „vor dem Hintergrund des Gebots der Wirtschaftlichkeit auch zwingend geboten“ sei, um eine „verbesserte Auslastung der grundsätzlich in zu geringem Umfang in Anspruch genommenen Kapazitäten“ zu erreichen (S. 74). Hier drängt sich die Frage auf, wieso es dem klägerischen Krankenhaus trotz eines erweiterten Leistungsspektrums nicht gelingt, eine bessere Auslastung zu erreichen, zumal - wie aufgezeigt - das Marktpotential nicht ausgeschöpft ist. Die mit 75,2 % als überdurchschnittlich bezeichnete Auslastung der Geburtshilfe in E. wird im Gutachten dahingehend bewertet, dass „dies bei einer Abteilungsgröße, die gerade einmal ein(em) Viertel des bundesdeutschen Vergleichswertes entspricht, nicht verwundern“ kann (S. 12). Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem angenommenen geringen Versorgungsbedarf und der konkreten Kostenunterdeckung der klägerischen Klinik in E. wird im Gutachten allerdings nicht hergestellt. Auch aus der im niedersächsischen und bundesweiten Vergleich unterdurchschnittlichen Abteilungsgröße folgt für die Ursächlichkeit des angenommenen geringen Versorgungsbedarfs für die Kostenunterdeckung gerade des klägerischen Krankenhauses nichts, zumal sich aus dem vorgelegten Gutachten ergibt, dass auch kleinere Krankenhäuser (50-299 Betten), zu denen das klägerische Krankenhaus gehört, bundesweit betrachtet zu 6,9 % ein ausgeglichenes Ergebnis und zu 36,6 % einen Jahresüberschuss erzielen. Damit ist zwar dargelegt, dass es für kleinere Krankenhäuser relativ schwierig sein mag, zumindest ausgeglichen zu wirtschaften, weil dies nur einer Minderheit von 43,5 % gelingt. Gleichzeitig ist damit aber belegt, dass auch kleinere Krankenhäuser erfolgreich wirtschaften können. Über die konkrete Situation des klägerischen Krankenhauses sagen die Zahlen indessen nichts aus. Auch die weitere Darstellung in dem Gutachten, in dem diese Zahlen „sachgerecht bereinigt“ werden um Abteilungen reiner Fachkliniken, Belegabteilungen, abweichend vom Krankenhausplan vorgehaltene Abteilungen und um Abteilungen, deren geringe Größe allein auf eine „planerische Ausdifferenzierung verschiedener chirurgischer Schwerpunkte“ zurückzuführen ist (S. 10), lässt keine Rückschlüsse auf die konkrete Situation der klägerischen Klinik zu. Allerdings lassen die vorgelegten Vergleichszahlen darauf schließen, dass es der Klinik der Klägerin sicherlich leichter fallen würde kostendeckend zu wirtschaften, wenn sie größer wäre. Allein diese Erkenntnis ist in einem auf Wettbewerb angelegten Finanzierungssystem aber nicht ausreichend, um einen Anspruch auf einen Sicherstellungszuschlag zu begründen. Sie ist auch nicht ausreichend, um die anspruchsbegründende Ursächlichkeit eines möglicherweise gegebenen geringen Versorgungsbedarfs für eine Kostenunterdeckung darzutun.
Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Sicherstellungszuschlags gegeben sind, ist nach § 5 Abs. 2 Satz 2 KHEntgG auch zu prüfen, ob die Leistung durch ein anderes geeignetes Krankenhaus, das diese Leistungsart bereits erbringt, ohne Zuschlag erbracht werden kann. Die Eignung bemisst sich maßgeblich danach, ob das Alternativkrankenhaus aufgrund seiner örtlichen Lage die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich desjenigen Krankenhauses, welches den Sicherstellungszuschlag begehrt, sicherstellen kann. Vorliegend gibt es überzeugende Anhaltspunkte dafür, dass geeignete Alternativkrankenhäuser, die weder einen Sicherstellungszuschlag erhalten noch einen solchen beantragt haben, im zumutbar erreichbaren Umfeld der klägerischen Klinik vorhanden sind. Darauf verweist auch der Beklagte in seinem Ablehnungsbescheid und der Klageerwiderung vom 27. Juli 2016. Im Umfeld der Klinik in E. gibt es weitere Krankenhäuser (J. Klinikum K., Kreiskrankenhaus L., Klinikum R. und S. Diakonieklinikum F.), die Leistungen der Chirurgie sowie der Frauenheilkunde und Geburtshilfe zuschlagsfrei anbieten und in zumutbarer Entfernung liegen. Dabei geht die Kammer - wie auch das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht (Urt. v. 18.6.2015 - 1 A 27/12 -, zitiert nach juris) - nicht davon aus, dass sich „im Wege schlichter gerichtlicher Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs“ entnehmen lässt, welche räumlichen oder zeitlichen Parameter eine hinreichende Ortsnähe begründen. Vielmehr sind die konkreten Gegebenheiten vor Ort und die Besiedelungsstruktur zu berücksichtigen; in dünn besiedelten ländlichen Gebieten, zu denen der Einzugsbereich der klägerischen Klinik grundsätzlich gehören dürfte, sind andere Entfernungen und Fahrzeiten zumutbar als in Gebieten mit höherer Bevölkerungsdichte. Daran gemessen begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, wenn der Beklagte unter Verweis auf die unterdurchschnittliche Marktausschöpfung durch das Krankenhaus in E. und die offenbar bestehende Bereitschaft der umliegenden Bevölkerung, auch weiter entfernt liegende Kliniken aufzusuchen, davon ausgeht, dass das J. Klinikum K., das Kreiskrankenhaus L., das Klinikum R. und das S. Diakonieklinikum F. geeignete Krankenhäuser i. S. von § 5 Abs. 2 Satz 2 KHEntgG darstellen. Dass der Beklagte keine abstrakt-generellen Kriterien zur Bestimmung zumutbarer Entfernungen bzw. Fahrzeiten etwa im Krankenhausplan aufgestellt hat, schadet nicht. Denn dazu war der Beklagte nicht verpflichtet. Die von der Klägerin im schriftlichen Vorverfahren vorgelegte Simulation der Fahrzeiten im Falle einer Schließung der Q. Klinik E. steht der Annahme, dass es in zumutbarer Entfernung Alternativkrankenhäuser gibt, nicht entgegen. Daraus ist vielmehr ersichtlich, dass es nur einen verhältnismäßig kleinen, dort rot gekennzeichneten Bereich im Einzugsbereich der klägerischen Klinik gibt, von dem aus PKW-Fahrzeiten von über 40 Minuten zur nächstgelegenen Klinik zu bewältigen wären. Eine solche Situation ist im dünn besiedelten ländlichen Bereich nicht unzumutbar.
Weil der Anspruch der Klägerin bereits daran scheitert, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Vorhaltung von Leistungen in den Fachbereichen Chirurgie sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe gerade aufgrund eines geringen Versorgungsbedarfs mit den Fallpauschalen nicht kostendeckend finanzierbar ist, erübrigt sich eine weitere Prüfung. Ob die Vorhaltung von Leistungen dieser Fachrichtungen für die Versorgung der Bevölkerung bei einem Krankenhaus überhaupt notwendig i. S. von § 5 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG ist, braucht nicht entschieden zu werden. Ebenso wenig braucht entschieden zu werden, ob im Einzugsbereich der klägerischen Klinik aufgrund der geringen Einwohnerdichte tatsächlich von einem geringen Versorgungsbedarf i. S. des § 5 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG für die vorgehaltenen Leistungen auszugehen ist. Ohne dass es vorliegend darauf ankommt, weist die Kammer darauf hin, dass allein die Tatsache, dass die von der Klägerin betriebene Klinik mit den entsprechenden Fachabteilungen im Krankenhausplan aufgenommen ist, eine Versorgungsnotwendigkeit i. S. des § 5 Abs. 2 KHEntgG jedenfalls nicht begründet (OVG NRW, Urt. v. 25.5.2012 - 13 A 469/11 -, zitiert nach juris). Weiter weist die Kammer darauf hin, dass nach den am 1. Januar 2017 in Kraft getretenen Richtlinien des G-BA über die Regelungen für die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 136c Absatz 3 SGB V (s.o.) ausschließlich die Fachabteilungen Innere Medizin und eine chirurgische Fachabteilung, die zur Versorgung von Notfällen der Grund- und Regelversorgung geeignet sind, notwendige Vorhaltungen sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinien des G-BA). Nach diesem Maßstab, der im Jahr 2014 allerdings noch nicht galt, wäre ein Sicherstellungszuschlag für die Vorhaltung gynäkologischer Leistungen von vornherein ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i. V. m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor. Insbesondere ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache deshalb nicht anzunehmen, weil aufgrund der Regelungen des G-BA für die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 136c Absatz 3 SGB V mit dem 1. Januar 2017 eine neue Rechtslage gilt.