Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 19.04.2001, Az.: 4 A 78/98

Großeltern; Vollzeitpflege

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
19.04.2001
Aktenzeichen
4 A 78/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 40207
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Gewährung von Hilfe zur Erziehung.

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Die am 6. Mai 1996 geborene Tochter der Klägerin, S.  S. geb. P. , lebt seit ihrer Geburt bei ihren Großeltern väterlicherseits, den Eheleuten H. und G. S. und wird von ihrer Großmutter betreut und versorgt. Mit in dem Haus der Großeltern lebt außerdem deren Sohn, der Vater von S. , M. S. Sowohl der Vater M.  S. als auch die Mutter, die Klägerin, sind alkoholabhängig. Die Klägerin, die Sozialhilfe bezieht, hat das alleinige Sorgerecht für S. . Das Aufenthaltsbestimmungsrecht übt das Jugendamt des Beklagten aus.

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Mit Antrag vom 18. Juli 1998, der am 21. Juli 1998 bei dem Beklagten einging, beantragte die Klägerin die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege für ihre Tochter S.  vom Tag der Geburt an. Frau G.  S. gab an, dass sie S.  am 6. Mai 1996 in Pflege genommen habe und die Gewährung von wirtschaftlicher Erziehungshilfe beantrage.

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Nach einem Vermerk der zuständigen Mitarbeiterin des Sozialen Dienstes des Beklagten vom 19. August 1998 habe die Großmutter, Frau S., bisher keine Unterstützung in der Betreuung des Kindes S.  benötigt. Ein erzieherischer Bedarf sei daher nicht feststellbar. Nach Anhörung der Klägerin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. Oktober 1998 den Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung ab. Er gab zur Begründung an, dass in dem Haushalt der Großeltern auch der leibliche Vater von S.  lebe und damit die Versorgung und Betreuung nicht in einer anderen Familie als der Herkunftsfamilie stattfinde. Als Herkunfts- und Ursprungsfamilie sei auch ein alleinerziehender Elternteil anzusehen. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1998 legte die Klägerin, vertreten durch Frau S., Widerspruch gegen die ablehnende Entscheidung des Beklagten ein. Weder die Klägerin als leibliche Mutter noch der Vater von S.  seien dazu in der Lage, das Kind zu versorgen. Frau S. führte mit Schreiben vom 16. Februar 1999 in Vertretung der Klägerin ergänzend aus, dass der Vater von S.  zwar die Vaterschaft anerkannt, aber kein Sorgerecht beantragt habe. Dies würde er nach Auskunft des Jugendamtes auch nicht bekommen. Weder er noch die Klägerin seien aufgrund ihrer Alkoholabhängigkeit dazu in der Lage, das Kind allein zu betreuen. Dass der Vater mit in dem Haushalt lebe, ändere daran nichts, da er sowieso nie anwesend sei.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 1999 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Unter Vollzeitpflege werde die Unterbringung, Betreuung und Erziehung eines Kindes über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses (Herkunftsfamilie) in einer anderen Familie verstanden. Der Begriff "Herkunftsfamilie" beziehe sich allein auf die biologischen Eltern eines Kindes und gelte auch für einen alleinerziehenden Elternteil. Da S.  mit ihrem leiblichen Vater und ihren Großeltern in einem Haushalt zusammenlebe und sozialpädagogische Hilfe des Jugendamtes im Rahmen der Erziehungshilfe bisher nicht erforderlich gewesen sei, finde Hilfe zur Erziehung nicht statt.

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Die Klägerin hat am 16. April 1999, vertreten durch Frau S., Klage erhoben.

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Die Klägerin trägt vor, dass der erzieherische Bedarf auch bei einer von den Großeltern tatsächlich geleisteten Betreuung nicht als gedeckt angesehen werden könne, wenn die Großeltern durch einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung deutlich gemacht hätten, dass sie zur unentgeltlichen Pflege nicht bereit und auch nicht verpflichtet seien. Allein aus dem Umstand, dass Frau G.  S. Großmutter des Kindes sei, ergebe sich nicht die Verpflichtung, die tatsächliche Betreuung und Erziehung des Enkelkindes unentgeltlich zu übernehmen. Entscheidend sei, dass ein Betreuungsbedarf bestehe und die Großeltern zur Betreuung des Enkelkindes nur gegen Entgelt bereit seien. Der Anspruch sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der leibliche Vater des Kindes, M.  S., im selben Haus wie die Großeltern wohne. Das Kind werde ausschließlich von Frau G.  S. und nicht vom leiblichen Vater versorgt.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 13. Oktober 1998 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 16. März 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

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Weiter verweist er auf eine Stellungnahme seines Sozialen Dienstes vom 27. September 1999. Danach seien beide Kindeseltern nicht dazu in der Lage, das Kind S.  S. zu erziehen. Die Mutter sei ständig alkoholisiert und lebe wie eine Stadtstreicherin mit wechselnden Wohnungen und Männerbekanntschaften. Der Vater lebe mit in dem Haushalt der Großeltern S., sei aber auch stark alkoholabhängig und unzuverlässig. Meistens sei er arbeitslos oder arbeite in Gelegenheitsjobs. Das Kind S.  lebe von Geburt an in dem Haushalt der Großmutter und es bestehe eine enge Bindung, die für das Kindeswohl und die weitere Entwicklung von S.  förderlich sei.

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Nachdem im Laufe des Klageverfahrens zwischenzeitlich Frau S. als Klägerin benannt worden ist, die Ansprüche aus abgetretenem Recht der Frau P.  geltend gemacht hat, ist die Klage mit Schriftsatz vom 17. April 2001 wieder dahingehend geändert worden, dass Klägerin des Verfahrens Frau P.  ist.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und teilweise auch begründet.

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Nach § 27 Abs. 1 SGB VIII hat ein Personensorgeberechtigter bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Die Hilfe zur Erziehung wird nach § 27 Abs. 2 SGB VIII insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 - 35 SGB VIII gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Nach § 39 Abs. 1 SGB VIII ist im Rahmen dieser Hilfe auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen, der auch die Kosten der Erziehung umfasst. Der Klägerin steht danach ein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung ihres Kindes S.  in Vollzeitpflege und damit als Annex ein Anspruch auf wirtschaftliche Jugendhilfe nach § 39 Abs. 1 SGB VIII in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu.

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Dem Anspruch aus § 39 SGB VIII kann dabei nicht entgegen gehalten werden, dass der Beklagte tatsächlich keine Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 33 SGB VIII geleistet hat. Zwar setzt § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nach seinem Wortlaut voraus, dass Hilfe zur Erziehung nach den §§ 32 bis 35 gewährt wird. Dies kann jedoch nicht in den Fällen gelten, in denen der Träger der Jugendhilfe die Voraussetzungen für die Gewährung erzieherischer Hilfe verneint und mit Rücksicht darauf ein auf die Erziehung des Kindes gerichtetes Tätigwerden von vornherein ablehnt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist, wenn der Minderjährige die erforderliche erzieherische Hilfe von einem zur Tragung der hierbei anfallenden Kosten nicht bereiten Dritten erhalten hat, der zuständige Jugendhilfeträger verpflichtet, Jugendhilfe durch Übernahme der Kosten der Erziehungsmaßnahme und demzufolge auch wirtschaftliche Jugendhilfe zu leisten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung öffentlicher Jugendhilfe für die tatsächlich erhaltene Erziehung vorgelegen haben und diese Kosten nicht vom Minderjährigen oder seinen Eltern zu übernehmen sind (BVerwG, Urteil vom 12.9.1996 - BVerwG 5 C 31.95 -, FEVS 47, 433 = NJW 1997, 2831 mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

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Inhaber des Anspruchs auf Hilfe zur Erziehung nach § 27 SGB VIII ist der Personensorgeberechtigte, d.h. in der Regel sind dies die Eltern gemeinsam (§ 1626 Abs. 1 BGB). Da die Eltern von S. , die Klägerin und M.  S., bei der Geburt von S.  nicht miteinander verheiratet gewesen sind und auch keine gemeinsamen Sorgeerklärungen abgegeben oder später geheiratet haben, hat der Klägerin nach § 1626 a BGB das alleinige Sorgerecht zugestanden, so dass auch sie allein berechtigt gewesen ist, den Hilfeanspruch geltend zu machen.

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Von dem Zeitpunkt des Antrages an bestand auch ein erzieherischer Hilfebedarf.

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Dass die Klägerin selbst nicht dazu in der Lage gewesen ist, entsprechend des ihr als Personensorgeberechtigter obliegenden Erziehungsauftrages ihre Tochter zu pflegen, zu erziehen und zu beaufsichtigen, liegt auf der Hand und ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Nach dem Vermerk des Sozialen Dienstes des Beklagten vom 27. September 1999 ist die Klägerin ständig alkoholisiert gewesen und hat wie eine Stadtstreicherin mit wechselnden Wohnungen und Männerbekanntschaften gelebt.

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Der Umstand, dass ein Kind Eltern hat, die seinem Anspruch auf Pflege und Erziehung in eigener Person nicht gerecht werden, bewirkt allerdings nicht notwendig, dass sein erzieherischer Bedarf ohne Hilfe zur Erziehung ungedeckt ist. Die erforderliche Betreuung und Erziehung minderjähriger Kinder kann vielmehr auch ohne öffentliche Jugendhilfe z. B. durch einen Vormund oder einen Verwandten geleistet werden. Deckt ein Verwandter im Einvernehmen mit dem Personensorgeberechtigten den erzieherischen Bedarf des Kindes unentgeltlich, scheitert ein Anspruch des Personensorgeberechtigten auf öffentliche Jugendhilfe am fehlenden Bedarf; Hilfe zur Erziehung ist nicht notwendig im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB VIII (BVerwG, Urteil vom 15.12.1995 - BVerwG 5 C 2.94 -, BVerwGE 100, 178 = FEVS 47, 13; BVerwG, Urteil vom 12.9.1996 - BVerwG 5 C 31.95 -, FEVS 47, 433 = NJW 1997, 2831; Nds. OVG, Urteil vom 28.10.1998 - 4 L 3289/98 -).Erst wenn Verwandte das Kind nicht in Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht betreuen und auch nicht zur unentgeltlichen Pflege bereit sind, kann ein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung bestehen.

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S. s Großeltern, die Eheleute S., haben S.  nicht in Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht betreut. Sie sind zwar gegenüber ihrer Enkelin grundsätzlich unterhaltspflichtig gewesen (§§ 1601, 1602, 1615 a BGB), weil die vorrangig verpflichteten Eltern (§ 1606 Abs. 2, 1607 Abs. 1 BGB) ganz offensichtlich nicht leistungsfähig gewesen sind. Sie waren bzw. sind aber selbst wirtschaftlich nicht leistungsfähig. Die Großmutter ist Hausfrau und hat über eigene Einkünfte nicht verfügt. Der Großvater bezog ein Erwerbseinkommen in Höhe von rund 2.900,00 DM netto, dem Mietkosten in Höhe von ca. 612,00 DM sowie Kreditzahlungen in Höhe von 429,00 DM gegenüberstanden. Angesichts dieser wirtschaftlichen Verhältnisse konnte nicht erwartet werden, dass die Großeltern den erzieherischen Bedarf ihrer Enkeltochter unentgeltlich decken würden. Die monatlichen Pauschalbeträge (Pflegegeld) bei Vollzeitpflege für ein Kind bis zu sechs Jahren betrugen in dem hier maßgeblichen Zeitraum zunächst 1.106,00 DM sowie 1.115,00 DM ab dem 1. Januar 1999 (RdErl. d. MK v. 25.11.1997, Nds. MBl. 1997, 2006 und RdErl. d. MK v. 25.11.1998, Nds. MBl. 1998, 1410). Diese Pauschalbeträge sind nach der gesetzgeberischen Wertung in § 39 Abs. 1 SGB VIII erforderlich, um den notwendigen Unterhalt des Kindes außerhalb des Elternhauses sicherzustellen (Nds. OVG, Urteil vom 28.10.1998 - 4 L 3289/98 -). Aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse waren die Großeltern jedoch nicht dazu in der Lage, Beträge in Höhe von etwa 1.110,00 DM monatlich für die Erziehung von S.  zur Verfügung zu stellen. Da Herr und Frau S. selbst wirtschaftlich nicht hinreichend leistungsfähig waren, ist nicht mehr zu prüfen, ob sie zur unentgeltlichen Betreuung ihrer Enkelin bereit waren. Eine den Anspruch auf Jugendhilfe nach §§ 27, 33 SGB VIII ausschließende Bereitschaft zur unentgeltlichen Pflege im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann anzunehmen, wenn die Großeltern nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen den notwendigen Unterhalt ihres Enkelkindes sicherstellen können oder wenn sein Bedarf mit eigenen Mitteln oder von anderen, besonders von den Eltern, gedeckt wird (Nds. OVG, Urteil vom 28.10.1998 - 4 L 3289/98 -). Im Übrigen hat Frau S. durch ihre dem Antrag der Klägerin beigefügte Erklärung zum Ausdruck gebracht, wirtschaftliche Jugendhilfe für die Erziehung von S.  zu begehren und nicht mehr zur unentgeltlichen Betreuung bereit zu sein.

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Der damit bestehende Anspruch auf Hilfe zur Erziehung konnte, da andere Hilfearten nicht in Betracht kamen, nur durch Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII erfüllt werden. Zweifel daran, dass die Großeltern von S.  geeignet gewesen sind, eine entsprechende Erziehung zu gewährleisten, bestehen nicht. Auch das Jugendamt des Beklagten, das das Aufenthaltsbestimmungsrecht für S.  ausübt, hat keinen Anlass gesehen, S.  etwa in eine andere Pflegefamilie zu geben. Vielmehr wird in dem Bericht des Sozialen Dienstes vom 27. September 1999 ausdrücklich betont, dass die enge Bindung zu der Großmutter Frau S. für das Kindeswohl und die weitere Entwicklung von S.  förderlich sei.

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Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass in dem Haushalt der Großeltern auch der leibliche Vater von S. , M.  S., lebt. Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII setzt allerdings voraus, dass die Unterbringung außerhalb des Elternhauses in einer anderen Familie erfolgt. Die Formulierung " in einer anderen Familie" beschreibt nur den Ort der Fremdunterbringung (Pflegefamilie) und schließt nicht die Hilfe zur Erziehung in Verwandtenpflegestellen aus (Hauck/Haines, SGB VIII, Stand: August 2000, § 33 Rn. 6). Der Begriff der "anderen Familie" bildet somit den Gegenpol zu der "Herkunftsfamilie", deren unzureichende Erziehungsbedingungen Grund für die Erziehung in der "anderen Familie" sind (Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 2. Aufl., § 33 Rdnr. 21). Unter "Elternhaus" im Sinne einer Abgrenzung zwischen Herkunftsfamilie und Pflegefamilie ist der Ort anzusehen, an dem sich der Minderjährige zusammen mit seinen Eltern oder einem Elternteil aufhält und an dem sich Eltern-Kind-Beziehungen entwickeln können (siehe auch Nds. OVG, Urteil vom 10.3.1982 - 4 A 89/81 -, FEVS 32, 359). Als Herkunftsfamilie können daher nur die natürlichen Eltern angesehen werden (Mrozynski, Kinder- und Jugendhilfegesetz, SGB VIII, 3. Auflage, § 33 Rn. 7).Da die Klägerin in dem hier maßgebenden Zeitraum ab dem 21. Juli 1998 das Sorgerecht - mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts - alleine innehatte und sie auch nicht mit S. s Vater zusammenlebte, war ihr Aufenthaltsort als S. s "Elternhaus" anzusehen. Zwar hat auch die Klägerin, wie Frau S. in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, zunächst ebenso wie S.  und der nichteheliche Vater mit in dem Haushalt der Eheleute S. gelebt. Entscheidend ist jedoch, dass die Klägerin Ende Februar 1998 aus dem Haushalt der Eheleute S. ausgezogen ist und S.  dort zurückgelassen hat. Durch den Auszug der allein sorgeberechtigten Mutter, der Klägerin, lebte S.  von diesem Zeitpunkt an nicht mehr in ihrer "Herkunftsfamilie" sondern in einer anderen Familie im Sinne des § 33 SGB VIII, nämlich der ihrer Großeltern.

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Der Anspruch ist allerdings insoweit nicht begründet, als er rückwirkend für die Zeit ab der Geburt von S.  am 6. Mai 1996 geltend gemacht worden ist, sondern erst ab Antragstellung bei dem Beklagten mit dem am 21. Juli 1998 eingegangenen Antrag vom 18. Juli 1998. Da die Klägerin noch bis Ende Februar 1998 mit in der Wohnung der Eheleute S. gelebt hatte und S.  daher bis zu diesem Zeitpunkt nicht in einer anderen Familie untergebracht war, hätte der Anspruch ohnehin erst ab dem Auszug der Klägerin geltend gemacht werden können. Im Übrigen stellt sich, wenn sich der Personensorgeberechtigte die erzieherische Hilfe selbst durch Einschaltung eines Dritten beschafft, die Kostenübernahme gegenüber dem Jugendamt aber erst später geltend macht, bereits grundsätzlich die Frage, ob das Jugendamt auch rückwirkend Leistungen zu erbringen hat. Dies hat die Rechtsprechung unter Geltung des Jugendwohlfahrtgesetzes überwiegend angenommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.5.1993 - BVerwG 5 C 41.90 -, FEVS 44, 309). Dagegen spricht allerdings, dass der Anspruch nach § 27 SGB VIII auf die Erfüllung eines gegenwärtigen Erziehungsbedarfs gerichtet ist und daher nur mit Wirkung für die Zukunft entstehen kann. Der Jugendhilfeträger ist bei Vorliegen der Voraussetzungen verpflichtet, den Personensorgeberechtigten in seiner Erziehungsverantwortung entweder selbst oder durch Einbeziehung Dritter in der Form einer Dienstleistung zu unterstützen. Einen Anspruch auf Geldleistungen gewährt das Gesetz nach § 39 SGB VIII nur für den notwendigen Unterhalt als Annex der primär geschuldeten Dienstleistung (Hauck/Haines, SGB VIII, Stand: August 2000, § 27 Rn. 52 f.). Gerade wenn wie im vorliegenden Fall die Betreuung und Erziehung des Kindes von Verwandten durchgeführt wird und nach der oben genannten Rechtsprechung der Anspruch nach §§ 27, 33, 39 SGB VIII davon abhängt, ob die Verwandten zur unentgeltlichen Pflege des Kindes bereit sind, kann der Anspruch erst dann entstehen, wenn die fehlende Bereitschaft, das Kind unentgeltlich zu betreuen, gegenüber dem Jugendhilfeträger geltend gemacht wird. Denn hier ist es durchaus denkbar, dass eine zuerst vorhandene Bereitschaft, das Kind, unentgeltlich zu versorgen, dann wieder wegfällt und damit erst zu einem späteren Zeitpunkt die Anspruchsvoraussetzungen entstehen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.