Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 19.04.2001, Az.: 4 A 210/98

Deckelungsvorschrift; Pflegesatzvereinbarung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
19.04.2001
Aktenzeichen
4 A 210/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 40216
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung der Pflegesätze des Jahres 1997  für die von ihr betriebene Einrichtung.

2

Sie betreibt das Wohnheim für Behinderte Z. in H., das sie zum 1. Januar 1997 von dem früheren Betreiber, Herrn W. übernommen hat. Dieser vereinbarte mit dem Beigeladenen für das Jahr 1993 einen Pflegesatz in Höhe von 80,20 DM je Pflegetag. Für das Jahr 1994 begehrte er einen Pflegesatz in Höhe von 101,91 DM täglich. Der Beigeladene bot ihm einen Pflegesatz in Höhe von 77,30 DM an, weil er die Notwendigkeit einzelner geltend gemachter Kosten bzw. Aufwendungen nicht anerkannte. Im Einzelnen handelte es sich um die kalkulierten Personalkosten, die Höhe des Wirtschaftsbedarfs und des Verwaltungsbedarfs, die Aufwendungen für Steuern, Miete und Pacht, betrieblichen Aufwand, Zinsen und Abschreibungen sowie für kalkulatorische Ertragsausfälle. Im Wesentlichen bemängelte der Beigeladene dabei, dass die im Vergleich zum Vorjahr festzustellende Erhöhung der genannten Kostenpunkte nicht hinreichend begründet worden sei. Im Juni 1994 wandte sich der  Beigeladene an die Beklagte und beantragte die Festsetzung des Entgelts ab dem 1. Juli 1994 auf 77,30 DM. Im September 1994 beantragte der frühere Betreiber der Einrichtung seinerseits bei der Beklagten, das ab 1. Juli 1994 zu zahlende Entgelt auf 103,01 DM täglich festzusetzen. In der Folgezeit konnte auch über den Pflegesatz für das Jahr 1995 keine Einigung erzielt werden. Der frühere Betreiber der Einrichtung kalkulierte hier ein Entgelt in Höhe  119,39 DM je Tag, der Beigeladene bot ein Entgelt in Höhe von 79,50 DM an. Keiner der Beteiligten beantragte dabei eine Festsetzung der Pflegesätze für dieses Jahr durch die Beklagte. Für das Jahr 1996 kalkulierte der frühere Betreiber der Einrichtung einen Pflegesatz von 115,62 DM täglich und  beantragte insoweit im Januar 1996 eine Entscheidung der Beklagten.

3

Die Klägerin begehrte in ihrer Kalkulation vom Januar 1997 für dieses Jahr einen Pflegesatz in Höhe von 117,- DM täglich. Der Beigeladene bot einen Pflegesatz in Höhe von 83,34 DM an. Am 16. Juni 1997 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, den Pflegesatz für die Zeit vom 1. Januar 1997 an auf 117, -- DM täglich festzusetzen. Es sei hier § 93 Abs. 6 Satz 3 BSHG anzuwenden. Sie, die Klägerin, habe für die Einrichtung noch keine Pflegesatzvereinbarung abgeschlossen, weil sie den Betrieb erst am 1. Januar 1997 übernommen habe. § 93 Abs. 6 Satz 1 BSHG könne deswegen nicht angewendet werden. Vielmehr müsse ein äußerer Vergleich mit anderen Einrichtungen mit ähnlichen Leistungen stattfinden. Heimrechtlich sei durch die Übernahme der Einrichtung durch sie, die Klägerin, ein neuer Tatbestand geschaffen worden. Dies müsse auch im Rahmen des § 93 BSHG gelten. Es gelte deswegen auch das Rückwirkungsverbot des § 93 Abs. 4 BSHG nicht. Der von ihr kalkulierte Pflegesatz liege unter den Pflegesätzen vergleichbarer Einrichtungen. Die für das Jahr 1994 diskutierten Fragen stellten sich hier nicht mehr. Durch die Übernahme des Betriebes im Wege eines Betriebsüberlassungs- und Pachtvertrages hätten sich insbesondere die Rechtsgrundlagen für die Kalkulation eines Pachtzinses geändert.

4

Der Beigeladene trat dem entgegen. § 93 Abs. 6 Satz 3 BSHG sei nicht anwendbar, weil die Regelung auf Einrichtungen nicht aber auf Einrichtungsträger abstelle. Hier habe lediglich ein Trägerwechsel stattgefunden; die Struktur der Einrichtung sowie Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen hätten sich hingegen nicht geändert.

5

Aufgrund der Sitzung vom 13. Oktober 1998 setzte die Beklagte mit Entscheidung vom 30. November 1998 das Entgelt für die Einrichtung der Klägerin ab dem 23. September 1994 auf 84,70 DM pro Pflegetag fest. Den Antrag des früheren Betreibers auf Erhöhung für das Jahr 1996 lehnte sie ab, soweit ein höheres Entgelt als 84,70 DM verlangt wurde, weil keine substantiierten Gründe für sein Erhöhungsbegehren vorgetragen worden seien. Den Antrag der Klägerin lehnte sie ab, soweit er ein Entgelt von täglich 85,55 DM ab dem 16. Juni 1997 überstieg. Ein Wechsel in der Trägerschaft einer bestehenden Einrichtung sei keine "neue Einrichtung" im Sinne des § 93 Abs. 6 Satz 3 BSHG. Eine Änderung des Einrichtungszwecks sei nicht gegeben. Deswegen sei die Deckelungsvorschrift des § 93 Abs. 6 Satz 1 BSHG anzuwenden. Eine rückwirkende Festsetzung des Entgeltes, wie sie die Klägerin begehre,  sei nach § 93 Abs. 4 Satz 3 BSHG nicht möglich. Die Höhe des Entgeltes von 85,55 DM berücksichtige die Entscheidung für das Jahr 1994 zuzüglich 1 %. 

6

Die Klägerin hat am 16. Dezember 1998 Klage erhoben. Zur Begründung beruft sie sich auf die Entscheidungen des BVerwG vom 1. Dezember 1998 (5 C 17.97 und 5 C 29.97). Danach sei für die Angemessenheitskontrolle des vom Einrichtungsträger prospektiv kalkulierten Pflegesatzes unter Beachtung der unbestimmten Rechtsbegriffe der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit  ein Vergleich erforderlich, wobei im Vordergrund ein sog. äußerer Vergleich stehe, d.h. ein Vergleich der Pflegesätze mit denjenigen von Einrichtungen mit gleichen oder vergleichbaren Leistungen. Nur wenn dieser Vergleich nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führe, sei ein marktgerechter Preis zu ermitteln. Als Vergleichseinrichtungen kämen hier der Gutshof H., der Heidehort A. und die Wohnheime der Lebenshilfe Soltau, der Lobetal Arbeit e.V. in Celle, der Lebenshilfe Walsrode und der Rotenburger Werke in Betracht. Für diese Wohnheime seien in den Jahren von 1997 bis 2000 Pflegesätze in der Höhe von 98,74 DM bis zu 119, 64 DM vereinbart worden. Die Entscheidung der Beklagten für das Jahr 1994 beruhe demgegenüber auf der Kontrollmethode des inneren Vergleiches und verstoße damit gegen gesetzliche Vorgaben; sie halte sich nicht innerhalb der Einschätzungsprärogative der Beklagten. Die Entscheidung sei aber auch fehlerhaft, wenn man die Methode des inneren Vergleiches anwende. Dies gelte vor allem für die gestrichenen Positionen der fiktiven Pacht, bzw. der Eigentümeraufwendungen, der nur teilweise berücksichtigten betrieblichen Altersversorgung und der Position "Gewinn/Rücklagen". Die Klägerin trägt hierzu ergänzend vor. Weiter beruft sie sich auf das Urteil des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 7. März 2000 (4 L 3835/99) und das Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. Dezember 2000 ( B 3 P 18/00 R).

7

Die Klägerin beantragt,

8

die Entscheidung der Beklagten vom 30. November 1998 aufzuheben soweit sie den Zeitraum ab dem 16. Juni 1997 betrifft und die Beklagte zu verpflichten, über ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie trägt vor:

12

Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 1998 - 5 C 17.99 - sei zu entnehmen, dass von Ihrer Seite zunächst zu überprüfen sei, ob die Hilfe bedarfsgerecht sei, anschließend sei die Kalkulation des Pflegesatzes zu prüfen und danach sei eine Entscheidung zu treffen. Das Bundesverwaltungsgericht stelle externen Vergleich und internen Vergleich gleichwertig nebeneinander, ohne etwas zur Reihenfolge der Prüfung auszusagen. Vor einem externen Vergleich müsse zuvor festgestellt werden, welche Leistungen dem Pflegesatz unterworfen seien und ob sie der wirtschaftlichen und sparsamen Führung der Einrichtung entsprächen. Es sei zu unterscheiden zwischen der Beurteilung der Vergleichbarkeit der dem Pflegesatzangebot zu Grunde liegenden Leistungen in Form der Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle und der gerichtlichen Kontrolle der Schiedsstelle. Die Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle erstrecke sich auf die Kalkulation des einzelnen Pflegesatzes und betreffe die Feststellung, ob die Kalkulation den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entspreche. Die gerichtliche Kontrolle der Einschätzung der Schiedsstelle sei dann auf einen äußeren Vergleich beschränkt. Dieser dürfe sich nicht nur auf vergleichbare Einrichtungen im Bereich des Landkreises Soltau - Fallingbostel beziehen. Die Beklagte tritt auch dem weiteren Vorbringen des Klägers zu den einzelnen in der Kalkulation zu berücksichtigenden Positionen entgegen.

13

Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er tritt dem Vorbringen der Beklagten bei. Neben dem von der Klägerin benannten Wohnheim in Walsrode, das erst Mitte 1997 den Betrieb aufgenommen habe, gebe es im Landkreis Soltau  - Fallingbostel zwei weitere Wohnheime in privater Trägerschaft, die einen vergleichbaren Personenkreis betreuten. Dies seien der Gutshof Hudemühlen mit einem für das Jahr 1997 vereinbarten Entgelt von 101,10 DM und das Wohnheim "Wohngemeinschaft Heidehort" in Altenwahlingen mit einem Entgelt von 98,74 DM für das Jahr 1997.

14

Gegen die Festsetzungen der Entgelte ab September 1994 und ab Januar 1996 durch die Beklagte hat der ehemalige Betreiber des Heimes ebenfalls Klage erhoben. Mit Urteilen vom heutigen Tage (4 A 208/98 und 4 A 209/98) hat das Gericht den Klagen stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, insoweit über die Anträge des ehemaligen Heimbetreibers erneut zu entscheiden.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten und des Beigeladenen Bezug genommen. Es haben weiter die Gerichtsakten nebst Beiakten der Verfahren 4 A 208/98 und 4 A 209/98 vorgelegen, die die Pflegesätze für die Jahre 1994 und 1996 für die hier vorliegende Einrichtung betreffen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist zulässig und begründet.

17

Die Entscheidung der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Festsetzung des Pflegesatzes für den Zeitraum ab dem 16. Juni 1997 beruht auf der Entscheidung der Beklagten für die Zeit ab dem 23. September 1994, auf die sich die Beklagte ausdrücklich berufen hat und die die Kammer mit Urteil vom heutigen Tag  in dem Verfahren 4 A 208/98 aufgehoben hat. Dabei hat die Kammer u.a. ausgeführt:

18

"Die Entscheidung der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Rechtsgrundlage für die Entscheidung ist § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG in der Fassung, des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierung- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993 - 2. SKWPG - (BGBl. I S. 2374). Hiernach entscheidet die Schiedsstelle u.a. auf Antrag einer Partei über die Gegenstände, über die keine Einigung erzielt werden konnte, wenn innerhalb von sechs Wochen keine Vereinbarung über das für die Leistungen der Einrichtung zu entrichtende Entgelt zustande gekommen ist. Die Festsetzung der Pflegesätze durch die Schiedsstelle ist gerichtlich nur eingeschränkt zu überprüfen (BVerwG, Urt. v. 1.12.1998 - 5 C 17.97-, BVerwGE 108, 47, Nds.OVG, Urt. v. 30.11.1999 - 4 L 3515/99 -, NDV-RD 2000, 31). Die Überprüfung beschränkt sich auf die der Schiedsstelle gesetzten rechtlichen Vorgaben, wie sie vor allem aus § 93 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BSHG folgen. Danach müssen die Entgelte leistungsgerecht sein und einer Einrichtung bei sparsamer und wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, eine bedarfsgerechte Hilfe zu leisten. Die Vereinbarungen und die Übernahme der Aufwendungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen. Bei ihren Bewertungen und Beurteilungen im Rahmen dieser unbestimmten Rechtsbegriffe steht der Beklagten eine Einschätzungprärogative zu. Das Gericht hat sich bei der Überprüfung der dem Schiedsspruch zugrunde liegenden Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange darauf zu beschränken, festzustellen, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt, alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen und die Abwägung frei von Einseitigkeit in einem den gesetzlichen Vorgaben des § 94 Abs. 3 BSHG entsprechenden fairen und willkürfreien Verfahren, inhaltlich orientiert an den materiellrechtlichen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts, vorgenommen hat. Soweit es um die Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit geht, hat sich die gerichtliche Kontrolle auf die Nachprüfung zu beschränken, ob die Bewertungen der Schiedsstelle dem Sinngehalt dieser unbestimmten Gesetzesbegriffe gerecht werden und, gemessen daran, in Anbetracht des von der Schiedsstelle vollständig ermittelten Sachverhaltes vertretbar sind (zum Vorstehenden: BVerwG, Urt. v. 1.12.1998 - 5 C 17.97-, BVerwGE 108, 47).

19

Dies ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung der Beklagten beruht zunächst auf einer unzureichenden Ermittlung der für die erforderliche umfassende Abwägung notwendigen Tatsachengrundlage, auch hat die Beklagten den Umfang ihres Entscheidungsspielraumes verkannt.  Neben dem sogenannten internen Vergleich, das heißt der an dem Erfordernis einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung ausgerichteten Überprüfung der einzelnen Positionen der Kalkulation des Einrichtungsträgers, setzt die von der Schiedsstelle vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen einen Vergleich des beantragten Pflegesatzes mit den Entgelten voraus, wie sie andere Einrichtungen für vergleichbare Leistungen erheben (BVerwG, Urt. v. 1.12.1998 - 5 C 17.97- a.a.O.). Einen derartigen Vergleich hat die Beklagte nicht vorgenommen. Sie hat ihre Entscheidung maßgebend darauf gestützt, dass der Kläger einzelne der von ihm in die Kalkulation eingestellten Positionen nicht hinreichend plausibel dargestellt bzw. begründet habe. Sie hat hingegen weder ermittelt, ob und in welcher Höhe die vom Kläger kalkulierten Kostenpunkte auch von anderen Einrichtungen in Ansatz gebracht werden, die vergleichbare Leistungen erbringen, noch hat sie geprüft, wie sich die Höhe des vom Kläger geforderten Gesamtentgeltes zu den Pflegesätzen anderer vergleichbarer Wohnheime für Behinderte verhält. Dabei ist es dem Gericht verwehrt, eigene Aussagen zu einer Angemessenheit des von dem Kläger geforderten Entgeltes im Vergleich zu den von anderen Einrichtungen erhobenen Pflegesätzen zu treffen. Ein derartiger Vergleich setzt nämlich zunächst Feststellungen voraus, inwieweit die Leistungen der jeweiligen Einrichtungen vergleichbar sind. Gerade hier kommt aber die Einschätzungsprärogative der Beklagten zum Tragen (BVerwG, Urt. v. 1.12.1998 - 5 C 17.97 - a.a.O.).

20

Im Übrigen hat die Beklagte auch die Grenzen ihrer Einschätzungsprärogative verkannt; denn sie war sich offensichtlich des Umfangs ihrer sich aus § 93 BSHG ergebenden Regelungskompetenz nicht bewusst. Die Aufgabe der Schiedsstelle beschränkt sich nicht darauf, ein ihr von einer der Vertragsparteien unterbreitetes Angebot entweder abzulehnen oder mit Wirkung gegenüber dem anderen Vertragspartner gewissermaßen en bloc anzunehmen, sondern sie ist auch zu einer inhaltlichen Gestaltung der Vertragsbeziehungen befugt, die auf Grund einer Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange zu erfolgen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.12.1998 - 5 C 17.97 - a.a.O.). Weder dem Verlauf des Schiedsstellenverfahrens, noch aus den Gründen der Entscheidung der Beklagten lässt sich ersehen, dass eine derartige Abwägung und eigene Gestaltung hier überhaupt stattgefunden hat. Vielmehr spricht die Verfahrensweise der Beklagten dafür, dass sie den Umfang ihres Gestaltungsspielraumes nicht kannte. Die Beklagte hat den über das Angebot des Beigeladenen hinausgehenden Antrag des Klägers lediglich deswegen abgelehnt, weil er verschiedene Kostenpositionen nicht plausibel dargelegt und begründet habe. Eine eigene Entscheidung über die Höhe bzw. die Berechtigung der umstrittenen Kostenpositionen, insbesondere im Hinblick darauf, ob sie den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen hat sie - mit Ausnahme der Entscheidung über die geltend gemachten Beträge für Pacht - nicht getroffen."

21

Ist nach allem die Festsetzung der Entgelte für die Einrichtung der Klägerin ab September 1994 mit den rechtlichen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechtes nicht vereinbar, ist auch die hierauf aufbauende Entscheidung der Beklagten für den hier umstrittenen Zeitraum ab dem 16. Juni 1997 rechtswidrig. Bei einer erneuten Entscheidung über die Pflegesätze des Jahres 1997 wird die Beklagte dabei auch § 93 Abs. 6 Satz 1 BSHG (in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996, BGBl. I 1088) zu beachten haben, wonach die am 18. Juli 1995 vereinbarten oder durch die Schiedsstelle festgesetzten Pflegesätze bezogen auf das Jahr 1995 beginnend mit dem 1. April 1996 in den Jahren 1996, 1997 und 1998 jährlich nicht höher steigen dürfen, als 2 vom Hundert im Beitrittsgebiet und 1 vom Hundert im übrigen Bundesgebiet. Die Regelung des § 93 Abs. 6 Satz 3 BSHG greift nicht ein, weil diese Vorschrift ausdrücklich lediglich Fallgestaltungen betrifft, in denen nach dem 31. Dezember 1995 erstmals Vereinbarungen für Einrichtungen oder Teile von ihnen abgeschlossen werden. Der Wechsel des Einrichtungsträgers wird hiervon nicht erfasst. Hierüber waren sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auch einig, die Klägerin hat ihre ursprünglich abweichende Rechtsauffassung nicht mehr aufrechterhalten.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3, 188 Satz 2 VwGO. Dabei entsprach es billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht der unterliegenden Partei aufzuerlegen, weil der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko nicht eingegangen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.