Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 10.11.2011, Az.: 8 U 199/10
Anfechtbarkeit von Direktzahlungen des Auftraggebers an Nachunternehmer der Insolvenzschuldnerin
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 10.11.2011
- Aktenzeichen
- 8 U 199/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 37606
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2011:1110.8U199.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Göttingen - 07.12.2010 - AZ: 8 O 200/08
- nachfolgend
- BGH - 19.07.2012 - AZ: IX ZR 200/11
Rechtsgrundlagen
- § 133 Abs. 1 InsO
- § 185 BGB
- § 362 Abs. 2 BGB
- § 631 Abs. 1 BGB
Fundstellen
- BauR 2012, 1951-1955
- IBR 2012, 713
- NZI 2012, 7
Amtlicher Leitsatz
Eine zur Vorsatzanfechtung berechtigende Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO liegt vor, wenn der Auftraggeber aufgrund einer Vereinbarung mit der späteren Insolvenzschuldnerin in Kenntnis ihres Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes eine Direktzahlung an Nachunternehmer der Insolvenzschuldnerin leistet. Diesen kommt im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Insolvenzschuldnerin keine Erfüllungswirkung zu, wenn der Insolvenzverwalter die Direktzahlungsvereinbarung anficht. Auf die Frage, ob die Ausführung des Werkvertrages erst infolge der vom Auftraggeber geleisteten Direktzahlung möglich geworden ist, kommt es nicht an. Ein hypothetischer Kausalverlauf ist im Rahmen des Anfechtungsrechtes nicht zu berücksichtigen.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 07. Dezember 2010 - 8 O 200/08 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 79.792,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. November 2006 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsrechtszuges wird auf 79.792,99 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der I. M. GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Er nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Werklohnes aus der Schlussrechnung vom 08.08.2006 - Nr. 48/08-2006 - (Anlage K 4, Anlagenheft) in Anspruch.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Göttingen vom 07. Dezember 2010 - 8 O 200/08 -, Seite 2 bis 4 (Bl. 107 bis 109 d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Werklohnanspruch der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagte in Höhe von 79.792,99 EUR (als Teilbetrag der Schlussrechnungssumme) sei zwar entstanden, aber durch Erfüllung erloschen. Den Direktzahlungen der Beklagten an die G. ...GmbH (im Folgenden: G. GmbH), an die Großverzinkerei L. und weitere Nachunternehmer komme Erfüllungswirkung zu. Die Beklagte habe bewiesen, dass diese Direktzahlungen an die Nachunternehmer der Insolvenzschuldnerin mit deren Einverständnis vorgenommen worden seien, nachdem die Nachunternehmer ihre Leistungen erbracht hätten. Diese Direktzahlungsvereinbarung ist zwischen den Parteien nunmehr im Berufungsverfahren unstreitig geworden.
Weiter hat das Landgericht ausgeführt, die vom Kläger erklärte Anfechtung der Vereinbarung über die schuldbefreiende Direktzahlung an die Nachunternehmer gemäß § 133 Abs. 1 InsO greife nicht durch. Es fehle an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung. Zwar könne bei Vereinbarungen über schuldbefreiende Direktzahlungen eine Gläubigerbenachteiligung vorliegen, wenn mit solchen Zahlungen die übrigen Gläubiger geschädigt würden. Eine solche Schädigung sei vorliegend aber nicht eingetreten. Hätte die Beklagte die Zahlungen nicht geleistet, so wäre die Insolvenzschuldnerin verpflichtet gewesen, die Zahlungen an die Nachunternehmer selbst zu leisten. Sie habe daher keinen Vermögensgegenstand aufgegeben, der sonst den übrigen Gläubigern zur Verfügung gestanden hätte. Die Leistungen, auf die die Beklagte gezahlt habe, seien auch nicht von der Insolvenzschuldnerin, sondern von den jeweiligen Nachunternehmern erbracht worden. Dass die Insolvenzschuldnerin die Forderungen nicht ausgeglichen hätte, wenn die Beklagte nicht gezahlt hätte, sei vom Kläger nicht vorgetragen worden.
Gegen dieses dem Kläger am 10. Dezember 2010 zugestellte (Bl. 114 d.A.) Urteil hat dieser mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2010, bei dem Oberlandesgericht Braunschweig eingegangen am 21. Dezember 2010 (Bl. 121 d.A.), Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 27. Januar 2011, eingegangen am 02. Februar 2011 (Bl. 125 d.A.), begründet.
Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechts. Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass die Voraussetzungen einer Insolvenz-anfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO nicht erfüllt seien.
Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liege vor. Die Beklagte und die Insolvenzschuldnerin hätten sich darauf geeinigt, dass die Beklagte mit Zahlungen an Dritte eigene Verbindlichkeiten gegenüber der Insolvenzschuldnerin erfülle. Damit stünden diese Zahlungen der Gläubigergemeinschaft nicht mehr zur Verfügung. Das Ziel des Insolvenzrechts, eine Gleichbehandlung aller Gläubiger zu erreichen, werde verfehlt. Eine Gleichbehandlung finde nicht mehr statt, wenn die Forderungen einzelner Gläubiger voll ausgeglichen würden, während andere Gläubiger leer ausgingen. Es komme deshalb nicht darauf an, ob die Insolvenzschuldnerin die Zahlungen an die Nachunternehmer selbst hätte erbringen müssen, wenn die Beklagte nicht anstelle der Insolvenzschuldnerin gezahlt hätte.
Die Insolvenzschuldnerin habe auch mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt. Ein solcher Vorsatz sei der vereinbarten Direktzahlung an einzelne Nachunternehmer immanent. Die Benachteiligungsabsicht werde darüber hinaus vermutet. Es liege eine inkongruente Deckung im Sinne des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vor.
Die Beklagte habe Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der späteren Insolvenzschuldnerin gehabt. Der Zeuge N. habe als zuständiger Sachbearbeiter der Beklagten gewusst, dass die Direktzahlungen an einzelne Nachunternehmer diese gegenüber anderen Gläubigern begünstigten. Er habe die Direktzahlungen gerade deshalb vereinbart, weil er befürchtete, dass die G. GmbH von der Insolvenzschuldnerin für ihre Leistungen nicht (voll) bezahlt würde. Diese Kenntnis des Zeugen N. als ihres rechtsgeschäftlichen Vertreters müsse sich die Beklagte gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Vorliegend greife die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ein. Diese Vermutung habe die Beklagte nicht widerlegt.
Eine wirksame Zustimmung der Insolvenzschuldnerin zu den Direktzahlungen gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB liege wegen der erklärten Anfechtung nicht vor. Die Zahlungen der Beklagten an die Nachunternehmer könnten von der Schlussrechnungsforderung daher nicht in Abzug gebracht werden. Die Beklagte habe auch nicht bewiesen, dass es Direktzahlungen an Nachunternehmer gegeben habe. Dies sei erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten worden, ohne dass das Landgericht insoweit Beweis erhoben habe.
Der Kläger beantragt,
- wie erkannt -.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liege nicht vor. Die Beklagte habe keine Verbindlichkeiten der späteren Insolvenzschuldnerin beglichen, sondern eigene. Sie habe auf die von ihr selbst erteilten Aufträge an die (früheren) Nachunternehmer der Insolvenzschuldnerin aufgrund entsprechender Rechnungen gezahlt. Die Zeugen N. und P. - letzterer für die Insolvenzschuldnerin - hätten vereinbart, dass die zugehörigen Aufträge "umgestellt" würden. Die entsprechenden Nachweise seien als Anlagen B 4 bis B 17 (Anlagenheft) vorgelegt worden.
Die den Gläubigern zur Verfügung stehende Insolvenzmasse sei durch die Zahlungen der Beklagten nicht verkürzt worden. Durch die Zahlungen sei die spätere Insolvenzschuldnerin überhaupt erst in die Lage versetzt worden, gegenüber der Beklagten etwas abrechnen zu können. Die Beklagte habe nur an solche (ehemaligen) Auftragnehmer der späteren Insolvenzschuldnerin Zahlungen geleistet, die unmittelbar zur Verwirklichung des von der Insolvenzschuldnerin erteilten Auftrags beigetragen hätten. Für ein unfertiges Werk hätte die Beklagte keinen Werklohn zahlen müssen. Die Beklagte habe sich durch ihre Zahlungen daher nicht von irgendwelchen Verbindlichkeiten befreit. Hätte die Beklagte die Zahlungen nicht geleistet, so wäre der Auftrag der Insolvenzschuldnerin "geplatzt". Durch die Zahlungen der Beklagten sei die Vermögensmasse der Insolvenzschuldnerin mittelbar vermehrt worden, indem die Insolvenzschuldnerin Leistungen habe abrechnen können, für die sie sonst kein Geld erhalten hätte.
Die Zeugen N. und P. hätten auch nicht den Vorsatz gehabt, andere Gläubiger zu benachteiligen. Sie hätten nicht zuletzt im Interesse der Insolvenzschuldnerin versucht zu retten, was zu retten sei.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren bestreite, dass die Beklagte Zahlungen an Nachunternehmer der Insolvenzschuldnerin geleistet habe, stehe dies im Widerspruch zu den Feststellungen im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils. Vorsorglich bietet die Beklagte für die Zahlungen Beweis durch Vernehmung des Zeugen J. B. (Bl. 147 d.A.) an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B. Die zulässige Berufung ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 79.792,99 EUR aufgrund des zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten geschlossenen Werkvertrages vom 28. Februar / 06. März 2006 gemäß § 631 Abs. 1 BGB.
I. Die vertraglich geschuldeten Leistungen wurden von der Insolvenzschuldnerin erbracht. Der Werkerfolg ist eingetreten. Dabei ist unerheblich, ob die Insolvenzschuldnerin diese Leistungen selbst erbracht hat oder ob Dritte in die Leistungserbringung eingeschaltet waren, die im Auftrag der Insolvenzschuldnerin tätig geworden sind. Die Leistungen der von der Insolvenzschuldnerin beauftragten Nachunternehmer werden dieser zugerechnet.
Soweit die Beklagte demgegenüber behauptet, die Leistungen seien in ihrem eigenen Auftrag erbracht worden, indem "die Aufträge umgestellt" worden seien, hat sie diese Behauptung nicht bewiesen. Nach Aussage des Zeugen N. betrafen die Vereinbarungen mit dem Zeugen P. lediglich die Abrechnungspraxis, nicht aber die Auftragsvergabe. Dafür spricht die Handhabung der sogenannten Weiterberechnung der von den Nachunternehmern erbrachten und von der Beklagten vergüteten Leistungen gegenüber der Insolvenzschuldnerin, wie sie sich aus den Anlagen B 4 bis B 17 (Anlagenheft) ergibt. Wäre es zu einer (Teil-)Kündigung des der Insolvenzschuldnerin erteilten Auftrags gekommen, wie die Beklagte behauptet, dann wäre über die Leistungen der Nachunternehmer nur im Verhältnis zur Beklagten abgerechnet worden, nicht auch im Verhältnis zur Insolvenzschuldnerin. Hinsichtlich der Leistungen der Großverzinkerei L. hat der Zeuge N. folgerichtig von einem Auslösen der Stahlträger durch die Beklagte gesprochen. Selbst wenn die Beklagte den Nachunternehmern der Insolvenzschuldnerin eigene Aufträge erteilt haben sollte, so würde dies an dem bestehenden und ungekündigten Auftragsverhältnis der Beklagten zur Insolvenzschuldnerin nichts ändern. Dasselbe gilt für die Auftragsverhältnisse der Insolvenzschuldnerin zu ihren Nachunternehmern, die durch eine solche weitere Auftragserteilung ebenfalls unberührt blieben. Der Zeuge P. hat eine Änderung des Auftragsumfangs der Insolvenzschuldnerin generell in Abrede gestellt.
Die Leistungserbringung durch die Insolvenzschuldnerin aufgrund des ihr erteilten Auftrages der Beklagten, ist zudem Teil der unstreitigen tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil (vgl. LGU, Seite 2, Bl. 107 d.A.: "Die beauftragten Leistungen wurden bis August 2006 erbracht.") An diese Feststellungen ist der Senat gebunden (zur Bindungswirkung tatbestandlicher Feststellungen im angefochtenen Urteil vgl. BGH in BGHReport 2007, 572 f. [BGH 08.01.2007 - II ZR 334/04]).
II. Die Leistung der Insolvenzschuldnerin ist zumindest abnahmefähig, da die Beklagte keine Mängel eingewendet hat. Ob die Voraussetzungen einer fiktiven Abnahme gemäß § 12 Ziffer 5 VOB/B vorliegen, kann dahinstehen. Die Insolvenzschuldnerin hat auch prüffähig abgerechnet (§§ 14 Nr. 1, 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B). Der Werklohnanspruch des Klägers ist daher fällig.
III. Die Werklohnforderung ist in Höhe von mindestens 79.792,99 EUR aufgrund der geprüften Schlussrechnung der Insolvenzschuldnerin vom 08. August 2006 (Anlage K 4, Anlagenheft) im Berufungsverfahren unstreitig. Streitig ist zwischen den Parteien lediglich, ob Erfüllung eingetreten ist. Dies ist nicht der Fall.
1. Die Beklagte hat auf die Werklohnforderung an die G. GmbH 74.195,76 EUR und an die Großverzinkerei L. 13.388,26 EUR, insgesamt 87.584,02 EUR, gezahlt. Soweit der Kläger diese Zahlungen im Berufungsverfahren mit Nichtwissen bestreitet, ist er an die unstreitigen tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil (Seite 2, Bl. 107 d.A.) gebunden ("Die G. GmbH berechnete für ihre Arbeiten einen Betrag in Höhe von 74.195,76 Euro, die Großverzinkerei L. 13.388,26 Euro. Die Beklagte zahlte die Beträge direkt an die Nachunternehmen.").
2. Das Problem der Bestimmtheit der Teilklage stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Die Klageforderung besteht nicht aus mehreren unselbständigen Einzelforderungen, sondern aus einer einheitlichen Schlussrechnungsforderung, die ihrerseits aus unselbständigen Rechnungsposten besteht. Es handelt sich auch nicht um die Rückforderung einzelner Zahlungen an die Nachunternehmer, sondern um eine originäre Forderung der Insolvenzschuldnerin gegenüber der Beklagten, die der Kläger als Insolvenzverwalter im eigenen Namen geltend macht.
3. Der Kläger muss sich die Zahlungen der Beklagten an die Nachunternehmer der Insolvenzschuldnerin, die G. GmbH und die Großverzinkerei L., nicht gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB als Erfüllungshandlungen zurechnen lassen.
a) Wird - wie hier - an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so findet gemäß § 362 Abs. 2 BGB die Vorschrift des § 185 BGB Anwendung, das heißt die Erfüllungswirkung dieser Zahlung ist von der Zustimmung oder Genehmigung des Gläubigers abhängig. Wie im Berufungsverfahren zwischen den Parteien unstreitig geworden ist, sind die Direktzahlungen der Beklagten an die Nachunternehmer der späteren Insolvenzschuldnerin aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung zwischen dieser und der Beklagten geleistet worden. Eine solche Vereinbarung ist eine Zustimmung im Sinne der §§ 362 Abs. 2, 185 BGB.
b) Der Kläger hat diese Direktzahlungsvereinbarung gemäß § 133 Abs. 1 InsO wirksam angefochten. Nach § 133 Abs. 1 BGB ist anfechtbar eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
aa) Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der I. M. GmbH wurde am 29. Oktober 2007 gestellt. Die Leistungen der Insolvenzschuldnerin wurden im Jahr 2006 erbracht und von dieser schlussabgerechnet. Auch die Zahlungen der Beklagten an die Nachunternehmer, die G. GmbH und die Großverzinkerei L., erfolgten im Jahr 2006 aufgrund einer im März 2006 getroffenen Vereinbarung. Die Anfechtungserklärung (§ 129 Abs. 1 InsO) betreffend die Zustimmung der Insolvenzschuldnerin zu schuldbefreienden Direktzahlungen hat der Kläger spätestens mit Schriftsatz vom 25. Februar 2010 (Seite 7, Bl. 77 d.A.) abgegeben. Die Erklärung erfolgte fristgerecht.
bb) Eine objektive Gläubigerbenachteiligung ist gegeben.
(1) Eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften liegt vor, wenn eine Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert hat. Eine Verkürzung der Masse kann insbesondere dann eintreten, wenn eine dem Schuldner zustehende Forderung durch Zahlung an einen Dritten getilgt wird, weil der Schuldner für die Befriedigung des Zahlungsempfängers einen Vermögensgegenstand aufgibt, der andernfalls den Gläubigern insgesamt zur Verfügung gestanden hätte (vgl. BGH NJW-RR 2011, 630 f. [BGH 20.01.2011 - IX ZR 58/10][BGH 20.01.2011 - IX ZR 58/10]).
Durch die Zahlungen der Beklagten an die G. GmbH und die Großverzinkerei L. unter Umgehung der Insolvenzschuldnerin ist die Aktivmasse um die jeweiligen Zahlbeträge verkürzt worden, wenn man diese Zahlungen als Erfüllung auf die Forderung der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagte zur Anrechnung brächte. Die Zahlungen der Beklagten wären anderenfalls in das Schuldnervermögen geflossen und hätten dort allen Gläubigern zur gleichmäßigen Befriedigung zur Verfügung gestanden. Was einzelnen Gläubigern des Schuldners zugewendet wird, kann für die Befriedigung anderer Gläubiger nicht mehr eingesetzt werden.
(2) Ob zum Zeitpunkt des Abschlusses der Direktzahlungsvereinbarung und der darauf beruhenden Zahlungen der Beklagten bereits weitere Gläubiger der Insolvenzschuldnerin vorhanden waren, ist - entgegen des zunächst erteilten Hinweises des Senates vom 16. März 2011 (Bl. 149 d.A.) - unerheblich. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt weder die Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung noch des darauf gerichteten Vorsatzes des Schuldners voraus, dass zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung andere Gläubiger vorhanden waren, deren Forderungen durch die Zahlungen nicht mehr vollständig befriedigt werden konnten (vgl. BGH WM 2009, 1943 ff.[BGH 13.08.2009 - IX ZR 159/06] Rdn. 5). Für den auf eine solche Benachteiligung gerichteten Vorsatz des Schuldners ist es daher unerheblich, ob er sich gegen alle oder nur einzelne, gegen bestimmte oder unbestimmte, gegen schon vorhandene oder nur mögliche künftige Gläubiger richtet. Eine Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen noch gar keine Gläubiger hatte (vgl. BGH, aaO.).
(3) Eine Verkürzung der Masse ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Anspruch der Insolvenzschuldnerin auf Werklohnzahlung bei Abschluss der Direktzahlungsvereinbarung mangels Abnahme der Werkleistung und mangels Erteilung einer Schlussrechnung noch nicht fällig war. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liegt vor, weil Zahlungsansprüche der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagte aufgrund der Direktzahlungsvereinbarung aufgegeben worden sind. Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Direktzahlungsvereinbarung. Gemäß § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Dies war zum Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit der Schlussrechnungsforderung der Insolvenzschuldnerin der Fall.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 147/07 - (in: WM 2008, 2224[BGH 16.10.2008 - IX ZR 147/07] f.). Danach scheidet eine Gläubigerbenachteiligung aus, wenn ein Gläubiger mit Fremdmitteln, die nicht in das haftende Vermögen des Schuldners gelangt sind, befriedigt wird. In derselben Entscheidung (dort unter Randziffer 9) hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass dies nicht gilt, wenn eine sogenannte Anweisung auf Schuld vorliegt. Um eine solche handelt es sich hier. Bei der Anweisung auf Schuld führt die Zahlung durch den Angewiesenen (hier die Beklagte) zu einer Gläubigerbenachteiligung, weil der Schuldner (hier die I. M. GmbH) mit der Zahlung des Angewiesenen an den Dritten (hier die Nachunternehmer der Insolvenzschuldnerin) seine Forderung gegen den Angewiesenen (hier die Beklagte) verliert.
(4) Ob und in welcher Höhe die Insolvenzschuldnerin einen Werklohnanspruch gegen die Beklagte erlangt hätte, wenn die Nachunternehmer der Insolvenzschuldnerin von der Beklagten nicht direkt bezahlt worden wären, ist für das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung ohne Relevanz. Nicht entscheidungserheblich ist auch, ob sich die Krise der Insolvenzschuldnerin ohne die Direktzahlungsvereinbarung noch verschärft hätte. Der Eintritt einer objektiven Gläubigerbenachteiligung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs isoliert mit Bezug auf die konkrete Minderung des Aktivvermögens oder die Vermehrung der Passiva des Schuldners zu beurteilen. Dabei sind lediglich solche Folgen zu berücksichtigen, die an die angefochtene Rechtshandlung selbst anknüpfen. Eine "Vorteilsausgleichung" nach schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten findet im Anfechtungsrecht grundsätzlich nicht statt. Die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Rechtshandlung und der Gläubigerbenachteiligung ist vielmehr aufgrund des realen Geschehens zu beurteilen. Für hypothetische, nur gedachte Kausalverläufe ist insoweit kein Raum (vgl. BGH NJW-RR 2011, 630 f. [BGH 20.01.2011 - IX ZR 58/10] Rdn. 14 [BGH 20.01.2011 - IX ZR 58/10]).
cc) Der Beklagten war der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin bei Abschluss der Direktzahlungsvereinbarung auch bekannt.
Eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger nach § 133 Abs. 1 InsO setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Rechtshandlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kannte. Diese Kenntnis wird nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die jeweilige Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(1) drohende Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin
Der Kläger hat die drohende Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin bei Abschluss der Direktzahlungsvereinbarung auf den Hinweis des Senates vom 16. März 2011 (Bl. 149 d.A.) substantiiert dargelegt. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte OP-Liste per März 2006 (Anlage BK 5, Anlagenheft) und das Gutachten der C. Steuer- und Wirtschaftsberatungs GmbH vom 21. April 2011 (Anlage BK 6, Anlagenband) Bezug genommen. Der neue Sachvortrag des Klägers ist im Berufungsverfahren zu berücksichtigen, weil auf diesen Gesichtspunkt bereits in erster Instanz hätte hingewiesen werden müssen (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO).
Ausweislich des C.-Gutachtens (dort Seite 13 ff.) überstiegen die fälligen Zahlungsverpflichtungen der Insolvenzschuldnerin ihre liquiden Mittel bereits im Januar 2006 um mehr als 70 %. Ab dem 31. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 war nach diesem Gutachten die Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin gegeben. Im April 2006 lagen bereits (fällige) Rechnungen in einer Gesamthöhe von circa 118.900,00 EUR vor, welche die vorhandenen liquiden Mittel von circa 37.000,00 EUR um mehr als das Doppelte überstiegen. Die Liquiditätslücke der Insolvenzschuldnerin ab Mai 2006 von 73.900,00 EUR ist in den Folgemonaten monatlich um 18.000,00 EUR bis 70.000,00 EUR angewachsen. Zwar handelt es sich bei dem C.-Gutachten prozessual um bloßen Parteivortrag des Klägers. Dieser Vortrag ist jedoch als unstreitig zu behandeln, weil er von der Beklagten nur pauschal bestritten wurde. Vor dem Hintergrund, dass der Beklagten die Zahlungsschwierigkeiten der I. M. GmbH bei Abschluss der Direktzahlungsvereinbarung im März 2006 positiv bekannt waren, hätte es eines substantiierten Bestreitens der drohenden Zahlungsunfähigkeit bedurft. So hatte die Beklagte noch mit Schriftsatz vom 14. Januar 2010 (Seite 2, Bl. 53 d.A.) vorgetragen:
"Die diesbezüglichen Zahlungen (sc. an die G. GmbH und an die Großverzinkerei L.) erfolgten deshalb durch die Beklagte, weil sie die betreffenden Leistungen, die eigentlich zum Auftragsumfang der Insolvenzschuldnerin gehörten, direkt vergeben musste und deshalb die Rechnungen natürlich auch an sie adressiert waren. Die Insolvenzschuldnerin selbst war dazu schon damals nicht mehr in der Lage."
Vor diesem Hintergrund reicht das bloße Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nicht aus. Die drohende Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin bei Abschluss der Direktzahlungsvereinbarung ist daher als unstreitig zu behandeln. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin bei Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung bedarf es nicht.
(2) Kenntnis der Beklagten von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit
Die Beklagte hatte auch Kenntnis davon, dass der I. M. GmbH zumindest die Zahlungsunfähigkeit drohte. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (vgl. BGH WM 2009, 1943 ff.[BGH 13.08.2009 - IX ZR 159/06] Rdn. 8). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (vgl. BGH, aaO.). Vorliegend hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. Januar 2010 (Seite 2, Bl. 53 d.A.) eingeräumt, zu der "Direktvergabe" von Leistungen, die eigentlich zum Auftragsumfang der I. M. GmbH gehörten, deshalb gezwungen gewesen zu sein, weil die I. M. GmbH schon damals nicht mehr in der Lage gewesen sei, diese Leistungen abzurufen und zu bezahlen. Aus diesem Grund seien auch die entsprechenden Rechnungen an die Beklagte adressiert worden. Auch der Geschäftsführer des Ingenieurbüros I., der Zeuge K. P., habe von der späteren Insolvenzschuldnerin direkt keine Aufträge mehr angenommen, weil er Zweifel an deren Zahlungsfähigkeit gehabt habe (Seite 3, Bl. 54 d.A.). Darüber hinaus hat der Zeuge N. ausgesagt, die Thematik der Direktzahlung an die G. GmbH sei erst aufgekommen, nachdem die Lieferung der Stahlträger ins Stocken geraten sei. Dies sei schon nach den ersten Stahlträgern der Fall gewesen. Die Beklagte habe sodann die Verzinkungskosten in einer Größenordnung von 10.000,00 EUR übernommen und die Stahlträger ausgelöst. Da der Zeuge N. befürchtet habe, dass die Insolvenzschuldnerin die G. GmbH letztlich nicht bezahlen würde, sei im März 2006 die Direktzahlung durch die Beklagte vereinbart worden.
Diese Kenntnis muss sich die Beklagte zurechnen lassen, weil der Zeuge N. nicht nur Vertreter der G. GmbH, sondern auch ihr eigener Vertreter war (§ 166 Abs. 1 BGB). Dass die I. M. GmbH bei Abschluss der Direktzahlungsvereinbarung zahlungsunfähig war oder ihre Zahlungsunfähigkeit zumindest drohte, war für die Beklagte offensichtlich. Die spätere Insolvenzschuldnerin war trotz der Größe des Auftrags (Nettoauftragswert in Höhe von 125.000,00 EUR), der bereits begonnenen Produktion der Stahlträger und drohender Schadensersatzansprüche nicht in der Lage, der Produktion Fortgang zu geben. Dies sprach zwingend dafür, dass sich die Beklagte die notwendigen Mittel, auch durch Aufnahme eines Kredits, nicht mehr kurzfristig beschaffen konnte. Es lag aus Sicht der Beklagten daher fern, dass andere Gläubiger der I. M. GmbH - neben der Großverzinkerei L. - pünktlich und vollständig befriedigt werden konnten.
(3) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der I. M. GmbH
Ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz (vgl. BGH Z 174, 314 ff. Rdn. 32). Dessen Vorliegen ist jedoch schon dann zu vermuten, wenn der Schuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt (arg. e. § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Schuldner selbst keine strengeren Anforderungen gelten (vgl. BGH, aaO.).
Die I. M. GmbH war ausweislich des C.-Gutachtens, dessen Inhalt die Beklagte nicht wirksam bestritten hat, bereits seit dem 31. Januar 2006 zahlungsunfähig. Bereits im April 2006 standen fälligen Zahlungsverpflichtungen von circa 118.900,00 EUR liquide Mittel von lediglich circa 37.000,00 EUR gegenüber. Im März 2006 - vor Abschluss der Direktzahlungsvereinbarung - konnte die I. M. GmbH ihren Verpflichtungen gegenüber der Großverzinkerei L. nicht mehr nachkommen, die deswegen ein Zurückbehaltungsrecht geltend machte. Dass andere Gläubiger durch die Direktzahlungen der Beklagten benachteiligt würden, wurde von der späteren Insolvenzschuldnerin damit bewusst in Kauf genommen. Diesen standen die Direktzahlungen zur Befriedigung ihrer Forderungen nicht mehr zur Verfügung.
(4) Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin
Eine solche Kenntnis der Beklagten zum Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung liegt vor. Hierfür ist es zumindest erforderlich, dass der Anfechtungsgegner weiß, es mit einem unternehmerisch tätigen Schuldner zu tun zu haben, bei dem das Entstehen von Verbindlichkeiten, die er nicht im selben Maße bedienen kann (wobei künftige Verbindlichkeiten ebenfalls in Betracht kommen) auch gegenüber anderen Gläubigern unvermeidlich ist (vgl. BGH WM 2009, 1943 ff. Rdn. 14 [BGH 13.08.2009 - IX ZR 159/06]). Das ist hier der Fall. Die Beklagte musste damit rechnen und rechnete auch damit, dass es noch weitere Gläubiger gibt oder in Zukunft geben könnte, die nicht (vollständig) befriedigt werden können. Dies war Sinn und Zweck der Direktzahlungsvereinbarung. Es bestand die Sorge, dass Zahlungen der Beklagten an die spätere Insolvenzschuldnerin zugunsten anderer Gläubiger verwendet werden könnten und den Nachunternehmern, insbesondere der G. GmbH, damit nicht zur Verfügung stehen würden. Dies folgt aus der glaubhaften Aussage des Zeuge N.
dd) Der Kläger hat die Anfechtung auch gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner - hier der Beklagten - erklärt.
Veranlasst der spätere Insolvenzschuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz seinen Schuldner, unmittelbar an seinen Gläubiger zu zahlen, kommt die Vorsatzanfechtung auch gegenüber dem Angewiesenen in Betracht (vgl. BGH Z 174, 314 ff.). Anfechtungsgegner ist zwar immer derjenige, der infolge der anfechtbaren Handlung den Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners erhalten hat. Vermögensgegenstand kann aber jede vermögenswerte Position sein. Hierzu gehört auch die Befreiung von einer Verbindlichkeit durch Erfüllung derselben (vgl. BGH, aaO., Rdn. 23). Indem die Beklagte nach Abschluss der Direktzahlungsvereinbarung an die Nachunternehmer der I. M. GmbH zahlte, wäre sie ohne die Anfechtung des Klägers von ihren Verbindlichkeiten gegenüber der späteren Insolvenzschuldnerin frei geworden (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB). Sie hätte damit zu Lasten des Schuldnervermögens die Befreiung von einer Verbindlichkeit erlangt.
ee) Dass die Beklagte als Angewiesene für dieselbe Leistung zweimal zahlen muss, ist auch nicht unbillig gemäß § 242 BGB. Dieses Ergebnis ist vom Gesetzgeber gewollt und gebilligt. Wer in kritischer Zeit und in inkongruenter Art und Weise Vermögensgegenstände des späteren Insolvenzschuldners erwirbt, muss sie, obwohl der Kaufpreis bezahlt wurde, zur Masse zurückgewähren (vgl. BGH Z 174, 314 ff. Rdn. 24). Nichts anderes gilt für die Befreiung von einer Verbindlichkeit zu Lasten des Schuldnervermögens. Hier kommt noch hinzu, dass die Beklagte in Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der späteren Insolvenz-schuldnerin geleistet hat. Wer aber letztlich kollusiv mit dem Schuldner zusammenwirkt, um die Insolvenzgläubiger zu benachteiligen, ist nicht schutzwürdig (vgl. BGH, aaO.).
ff) Der gegen die Beklagte gerichteten Anfechtung steht nicht entgegen, dass dem Kläger auch gegen die Subunternehmer der Insolvenzschuldnerin ein Anspruch aus § 133 InsO zustehen kann. Die gegen den Angewiesenen und den Zuwendungsempfänger gerichteten Anfechtungsansprüche stehen gleichstufig nebeneinander; es liegt eine Gesamtschuld vor (vgl. BGH Z 174, 314 ff. Rdn. 25). Es schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (§ 426 Abs. 1 BGB). Es stand dem Kläger daher frei zu entscheiden, wem gegenüber er die Anfechtung erklärt.
gg) Gemäß § 143 Abs. 1 InsO muss dasjenige, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist, zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Da der Kläger die schuldbefreiende Direktzahlungsvereinbarung der I. M. GmbH mit der Beklagten wirksam angefochten hat, muss sich die Beklagte so behandeln lassen, als sei die Erfüllung ihrer Verbindlichkeit gegenüber der Insolvenzschuldnerin nicht eingetreten. Die Beklagte kann sich auf das Erlöschen ihrer Schuld nicht berufen.
IV. Die Zinsforderung des Klägers als Nebenforderung ist gemäß §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 2 BGB begründet. Mit ihrem Schreiben vom 29. November 2006 (Anlage K 5, Anlagenheft) hat die Beklagte die Erfüllung der Schlussrechnungsforderung der Insolvenzschuldnerin ernsthaft und endgültig verweigert, indem sie eine Überzahlung geltend gemacht hat. Sie befindet sich daher seit dem 30. November 2011 mit der Bezahlung dieser Rechnung im Verzug. Die Höhe des Verzugszinses beträgt 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, da an dem Rechtsgeschäft auf beiden Seiten ein Verbraucher nicht beteiligt ist und es sich um eine Entgeltforderung handelt.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Der Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren liegt § 3 ZPO zugrunde.