Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 29.11.2023, Az.: L 3 KA 12/21

Vereitelung der notwendigen Genehmigung einer Heilmittelversorgung außerhalb des Regelfalls durch die Krankenkasse durch einen Vetragsarzt; Kennzeichnung der Verordnungen lediglich als Folgeverordnung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
29.11.2023
Aktenzeichen
L 3 KA 12/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 47176
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2023:1129.3KA12.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 13.01.2021 - AZ: S 20 KA 34/17

Amtlicher Leitsatz

Ein Vertragsarzt, der die notwendige Genehmigung einer Heilmittelversorgung außerhalb des Regelfalls durch die Krankenkasse vereitelt hat, weil er die Verordnungen lediglich als Folgeverordnung gekennzeichnet hat, muss der Kasse den Schaden ersetzen, der sich aus der unberechtigten Bezahlung der Heilmittelerbringer ergibt.

In dem Rechtsstreit
B.
- Kläger und Berufungskläger -
gegen
C.
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
beigeladen:
1. D.
2. E.
hat der 3. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2023 in Celle durch die Richter F. - Vorsitzender -, Dr. G. und H. sowie die ehrenamtliche Richterin I. und den ehrenamtlichen Richter J. für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 13. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 10.173,75 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines gegen den Kläger verhängten Regresses wegen der Verordnung von Heilmitteln in den Quartalen I bis IV/2011.

Der Kläger ist Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-(HNO-)Heilkunde und nimmt mit Praxissitz in K. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Im Jahr 2011 stellte er für seine bei der Beigeladenen zu 2. versicherten Patienten L. M.. (Diagnose: Zustand nach Apoplex) und N. O.. (Apoplex mit motorischer Aphasie) je sieben Verordnungen über jeweils 10 Maßnahmen der Sprechtherapie aus. Für die Versicherten der Beigeladenen zu 2. P. Q.. (Zustand nach Apoplex) und R. S.. (Diagnose: frühkindlicher Hirnschaden) erfolgten 2011 jeweils vier Verordnungen über je 10 Maßnahmen der Sprachtherapie. In allen Verordnungen war das Feld "Folgeverordnung" angekreuzt, eine medizinische Begründung der Verordnungen war nicht beigefügt. Für L. M.. und N. O.. hatte der Kläger jeweils im Jahr 2010 in sieben Verordnungen insgesamt schon 70 Maßnahmen der Sprechtherapie verordnet. Für P. Q.. und R. S.. hatte er im selben Jahr jeweils mit sechs Verordnungen bereits insgesamt 60 Maßnahmen der Sprachtherapie veranlasst.

Alle verordneten Heilmittel wurden von entsprechenden Leistungserbringern erbracht und mit der Beigeladenen zu 2. abgerechnet. Ausgenommen war die Versicherte L. M.., die im September 2011 verstorben war und deshalb auf die Verordnung vom 23. August 2011 nur sechs der verordneten Sprechtherapie-Maßnahmen erhalten konnte.

Am 30. Januar 2013 beantragte die Beigeladene zu 2. bei der Prüfungsstelle Niedersachsen gegen den Kläger die Festsetzung eines Schadens iHv 10.173,75 Euro. Zur Begründung machte sie geltend, bei dem jeweils angegebenen Indikationsschlüssel sei die Höchstverordnungsmenge innerhalb des Regelfalls überschritten worden, die Verordnung sei deshalb außerhalb des Regelfalls ausgestellt worden und hätte von der Krankenkasse genehmigt werden müssen. Bei einigen Verordnungen seien Änderungen und Ergänzungen ohne erneute Arztunterschrift mit Datumsangabe erfolgt bzw der Indikationsschlüssel stehe nicht in Übereinstimmung mit der angegebenen Diagnose.

Der Kläger gab in seiner Stellungnahme vom 21. März 2013 an, bei allen Verordnungen habe es sich "selbstverständlich um Verordnungen ,außerhalb des Regelfalls'" gehandelt und es sei vergessen worden, das Kreuz bei dieser Rubrik zu setzen. Außerdem sei ihm mit Schreiben der Beigeladenen zu 2. vom 19. Dezember 2012 mitgeteilt worden, dass diese seit dem 1. Juli 2004 das Genehmigungsverfahren für Verordnungen außerhalb des Regelfalls nicht mehr als erforderlich ansehe.

Die Prüfungsstelle setzte mit Bescheid vom 6. Mai 2014 den beantragten Regress fest und bejahte zur Begründung alle von der Beigeladenen zu 2. geltend gemachten Verstöße gegen die Heilmittel-Richtlinie (HeilM-RL).

Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21. Mai 2014 Klage erhoben, die am 26. Mai 2014 beim Sozialgericht (SG) Hannover eingegangen ist. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil die medizinische Indikation und die zwingende Notwendigkeit der verordneten Heilmittel nach Ausschöpfen der für den Regelfall vorgesehenen Verordnungsmenge unstreitig gegeben gewesen seien. Ein angebliches Fehlen der Möglichkeit der Krankenkasse, die Verordnungen zu prüfen, könne deshalb nicht als Argument für einen Regress herangezogen werden. Selbst wenn er das Kreuz an der Stelle "außerhalb des Regelfalls" gesetzt hätte, wäre die Krankenkasse nach Prüfung der Verordnung zwingend zum Schluss gekommen, dass die Folgeverordnung genehmigt werde. Es sei unverhältnismäßig, dass der Vertragsarzt wegen eines Formverstoßes Schadensersatz an die Krankenkasse zahlen müsse, obwohl tatsächlich kein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. Inhaltlich handele es sich bei der Verordnung für den Patienten P. Q.. nicht um Sprachtherapie, sondern um Sprechtherapie. Soweit in Hinblick auf die handschriftlichen Eintragungen und den angegebenen Diagnoseschlüssel ein formelles Versehen vorgelegen habe, die Diagnose allerdings die Verordnung des Heilmittels rechtfertige, sei ein Regress nicht gerechtfertigt.

Das SG hat das Klageverfahren zwischenzeitlich bis zur Entscheidung des Beklagten über den Widerspruch des Klägers ausgesetzt (Beschluss vom 15. Juli 2015). Mit - an den Kläger adressierten - Bescheid vom 7. Februar 2017 hat der Beklagte den Regress iHv 10.173,75 Euro bestätigt. Der Kläger habe mit den streitbefangenen Verordnungen die HeilM-RL verletzt. Denn es verstoße gegen diese Richtlinie, wenn im Jahr 2010 bereits die für den jeweiligen Indikationsschlüssel maßgebliche Gesamtverordnungsmenge erbracht worden sei und für 2011 weitere entsprechende Heilmittel ohne besondere Kennzeichnung, medizinische Begründung und Genehmigung durch die Krankenkasse veranlasst worden seien. Bei einzelnen Verordnungen sei außerdem nicht berücksichtigt worden, dass erst ein behandlungsfreies Intervall von zwölf Wochen einen neuen Regelfall auslösen könne. Bei einzelnen Verordnungen seien ferner handschriftliche Veränderungen vorgenommen worden, ohne dass erneut der Arztstempel sowie die Arztunterschrift mit Datumsangabe aufgebracht worden seien. Schließlich passten angegebene Diagnosen nicht zum in der Verordnung aufgeführten Indikationsschlüssel. Eine Möglichkeit, formfehlerfreie Heilmittelverordnungen nachzureichen, bestehe nicht, weil dies mit dem Sinn und Zweck der Dokumentationspflichten des verordnenden Arztes nicht zu vereinbaren sei. Ein Schaden sei vorliegend bereits durch die Verletzung des formellen Rechts in Höhe der getätigten Verordnungen entstanden. Ein rechtmäßiges Alternativverhalten spiele nach der Rspr des Bundessozialgerichts (BSG) keine Rolle. Eine Verordnungsfähigkeit aufgrund der vom Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (Az: 1 BvR 347/98) aufgestellten Kriterien komme mangels Vorliegens der erforderlichen Voraussetzungen nicht in Betracht.

Der Kläger hat seine Klage im Anschluss allein gegen den Bescheid vom 7. Februar 2017 gerichtet und ergänzend vorgetragen, er könne nicht Adressat dieses Bescheides sein, weil die Praxis im Jahr 2011 faktisch von der (bis Ende 2011 bestehenden) T. (U.) GmbH betrieben worden und er nur scheinselbstständig gewesen sei. Hintergrund hierfür sei, dass er sich von 1999 bis Anfang 2011 in Insolvenz befunden habe (Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. März 1999, Beendigung am 2. Februar 2011), sodass sich die Forderungen gegen die Insolvenzmasse richten müssten. Außerdem sei im Jahr 2013 eine Restschuldbefreiung erteilt worden, sodass Forderungen für 2011 zumindest nicht mehr vollstreckbar seien. Der Regressbescheid sei außerdem unverhältnismäßig und ihm müsse Gelegenheit gegeben werden zu beweisen, dass der Krankenkasse kein Schaden entstanden sei, auch indem ihm die Möglichkeit zur Korrektur der bisherigen formalen Fehler und die Darlegung der medizinischen Begründung für die außerhalb des Regelfalls liegenden Verordnungen gegeben werde. Das Vorliegen einer langfristigen Erkrankung der Versicherten R. S.. sei der beigeladenen Krankenkasse im Übrigen seit 2012 bekannt gewesen. Wenn die Krankenkasse die rechtzeitige Anmeldung ihrer Forderungen im Insolvenzverfahren versäumt habe, trage sie hierfür selbst die Verantwortung. Schließlich hat der Kläger die Verletzung der Grundsätze des fairen Verfahrens und der Gewährung rechtlichen Gehörs sowie der Begründungspflicht für belastende Bescheide gerügt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13. Januar 2021 abgewiesen. Für die beanstandeten Verordnungen habe keine Leistungspflicht der Krankenkasse bestanden. Denn der Kläger habe damit gegen die Vorgaben der HeilM-RL verstoßen. Auf ein Verschulden des Arztes komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Der Kläger könne auch nicht einwenden, dass die Verordnungen von den Prüfgremien inhaltlich nicht geprüft worden seien, er also davon ausgehen könne, dass die Verordnungen in der Sache berechtigt gewesen seien und der antragstellenden Krankenkasse auch bei Einhaltung der formalen Vorgaben der HeilM-RL entsprechende Kosten entstanden wären. Denn nach der Rspr des BSG liege ein zur Festsetzung eines Regresses berechtigender Schaden schon immer dann vor, wenn durch die Pflichtverletzung des Arztes im konkreten Einzelfall Kosten entstanden seien. Es sei auch kein Raum, einen Verstoß gegen Gebote und Verbote, die nicht bloße Ordnungsvorschriften betreffen, durch Berücksichtigung eines hypothetischen alternativen Geschehensablaufs als unbeachtlich anzusehen. Einem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag in Hinblick auf die Rspr des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98) sei deshalb nicht weiter nachzugehen gewesen. Der Kläger könne der angegriffenen Entscheidung auch nicht mit Erfolg das durchgeführte Insolvenzverfahren entgegenhalten, weil Arzneikostenregresse gegen einen Vertragsarzt aus einer Zeit, in der der Arzt die Praxis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Billigung des Insolvenzverwalters fortgeführt habe, nach der Rspr des BSG (Hinweis auf Urteil vom 15. Juli 2015 - B 6 KA 30/14 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 50) keine Masseverbindlichkeiten seien. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der streitigen Verordnungen auch zulässiger Leistungserbringer und nicht bloß angestellter Arzt gewesen. Eine von ihm vorgetragene Teilnahme einer GmbH an der vertragsärztlichen Versorgung sei zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen.

Gegen das an ihn am 15. Januar 2021 abgesandte (und ihm am 25. Februar 2021 zugestellte) Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 9. Februar 2021 Berufung eingelegt, die am 11. Februar 2021 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingegangen ist. Er ist weiterhin der Auffassung, dass die von ihm ausgestellten Verordnungen angesichts der schweren Erkrankungen bzw Behinderungen der betroffenen Patienten erforderlich gewesen seien. Er habe bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem SG darauf verwiesen, dass bei der besonderen Schwere der Krankheitslage der Patienten deren Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit einen höheren Stellenwert einnehme als ein Verstoß gegen Formvorschriften. Seinem sich darauf und auf die entsprechende BVerfG-Rspr beziehenden Beweisantrag sei das SG zu Unrecht nicht nachgegangen. Die Frage der Notwendigkeit von Verordnungen könne ausschließlich vom Arzt beantwortet werden, mangels Fachkenntnissen aber nicht vom Beklagten, der Krankenkasse oder dem Gericht. Die hier betroffenen Formvorschriften der HeilM-RL hätten keine Gesetzeskraft, sondern basierten auf untergesetzlichen Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), dessen demokratische Legitimation insoweit zu hinterfragen sei. Im Übrigen beträfen die ihm vorgeworfenen Versäumnisse bloße Ordnungsvorschriften, deren Verletzung keine Regressansprüche begründeten. Die vom SG herangezogene BSG-Rspr zu § 35 Abs 2 und 3 Insolvenzordnung (InsO) sei nach der Änderung dieser Vorschriften im Jahr 2007 nicht mehr einschlägig. Wenn das SG schließlich zur früheren Betreibergesellschafterpraxis darauf verwiesen habe, dass die Teilnahme einer GmbH an der vertragsärztlichen Versorgung erst aufgrund eines Ende 2006 eingeführten Gesetzes möglich gewesen sei, verkenne es, dass bereits seit dem Jahr 2000 eine GmbH (die bis 2005 bestehende Pro-Vita-Medici <PVM> GmbH) in seiner Praxis tätig gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 13. Januar 2021 und den Bescheid des Beklagten vom 7. Februar 2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Die Beigeladene zu 1. vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer ausnahmsweise gegebenen Leistungspflicht in Fällen schwerwiegender Erkrankungen nach der Rspr des BVerfG nicht gegeben seien. Die Vertragsärzte seien zur Beachtung der Vorgaben der HeilM-RL verpflichtet. Wenn der GBA diese Richtlinien beschlossen habe, stehe dessen Legitimation zur Ausgestaltung der Leistungsansprüche der Versicherten nicht infrage. Informationen zu einer Betreibergesellschafterpraxis lägen nicht vor; vielmehr sei der Kläger gegenüber der Beigeladenen zu 1. immer selbst als Inhaber einer Einzelpraxis aufgetreten. Da reine Formfehler auf der Verordnung einen Regress nach sich ziehen könnten, bestehe allerdings ein nachvollziehbares und legitimes Interesse, dass verordnende Ärzte vor der späten Einleitung von Prüfverfahren von Seiten der Krankenkasse einen entsprechenden Hinweis erhielten.

Die Beigeladene zu 2. schließt sich der Auffassung des Beklagten an und verweist darauf, dass streitgegenständlich die formalen Verstöße des Klägers gegen Vorgaben der HeilM-RL bei Ausstellung der Verordnungen seien, nicht aber die medizinische Notwendigkeit der Verordnungen oder das Leistungsrecht der Krankenkasse gegenüber ihren Versicherten. Hinsichtlich der Legitimation des GBA zum Erlass von Richtlinien und der Qualität dieser Richtlinien werde auf die einschlägige BSG-Rspr verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

A. Das Rechtsmittel ist zulässig. Es konnte insbesondere - am 11. Februar 2021 - schon vor Beginn der Berufungsfrist eingelegt werden, die gemäß § 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erst mit der Zustellung des Urteils durch Postzustellungsurkunde vom 25. Februar 2021 in Lauf gesetzt worden ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 151 Rn 9).

B. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage vom 21. Mai 2014 zu Recht abgewiesen.

I. Ursprünglicher Klagegegenstand war zwar der Bescheid der Prüfungsstelle vom 6. Mai 2014. Nachdem der Beklagte jedoch im Verlauf des Klageverfahrens über den - in der Klage liegenden - Widerspruch des Klägers hiergegen mit Bescheid vom 7. Februar 2017 entschieden hat, ist dieser Bescheid nach § 95 SGG zum alleinigen Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl BSG, Urteil vom 11. Mai 2011 - B 6 KA 13/10 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 32). Dem hat der Kläger zutreffend dadurch Rechnung getragen, dass er mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 14. Februar 2017 die Klage geändert und wegen des genannten Bescheids ausschließlich gegen den Beklagten gerichtet hat.

II. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

III. Sie ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 7. Februar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Formalrechtlich ist der Bescheid nicht zu beanstanden. Insbesondere ist er zu Recht an den Kläger adressiert worden. Soweit der Kläger demgegenüber Bedenken in Hinblick auf das früher durchgeführte Insolvenzverfahren geltend gemacht hat, können diese nicht nachvollzogen werden. Denn eine Verpflichtung des Beklagten, den vorliegenden Bescheid vom 7. Februar 2017 (auf der Grundlage von § 80 Abs 1 InsO) an den Insolvenzverwalter zu richten, bestand schon deshalb nicht, weil das Insolvenzverfahren nach dem eigenen Vorbringen des Klägers bereits am 2. Februar 2011 beendet worden ist. Auch die U. GmbH kommt als Adressat des Bescheids unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht, weil sie - ebenfalls nach den Angaben des Klägers - ihren Geschäftsbetrieb schon zum 31. Dezember 2011 eingestellt hatte.

2. Auch in der Sache ist der Bescheid rechtmäßig. Die Entscheidung des Beklagten, gegen den Kläger einen Regress iHv 10.173,75 Euro festzusetzen, entspricht der Rechtslage.

a) Rechtsgrundlage hierfür ist § 106 Abs 2 S 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)(idF des GKV-Modernisierungsgesetzes <GMG> vom 14. November 2003 <BGBl I 2109>), wonach die Verbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄVen) über die in S 1 vorgesehenen Auffälligkeits- und Zufälligkeitsprüfungen hinaus Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungen vereinbaren können. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob der Vertragsarzt im Einzelfall gegen Richtlinien des GBA gemäß § 92 SGB V - hier: HeilM-RL gemäß § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V - verstoßen hat (BSG, Urteil vom 13. August 2014 - B 6 KA 38/13 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 47). Dass die Prüfgremien in Niedersachsen derartige Einzelfallprüfungen durchzuführen haben, ergibt sich für den hier fraglichen Verordnungszeitraum aus § 33 S 1 der niedersächsischen "Vereinbarung zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 106 SGB V ab dem Jahr 2010" (PrüfV), wonach die Prüfungsstelle auf Antrag einer Krankenkasse oder eines Vertragspartners in begründeten Fällen prüft, ob der Vertragsarzt unwirtschaftliche Arznei- bzw Heilmittelanwendungen veranlasst hat. Unwirtschaftliche Arznei- bzw Heilmittelanwendungen sind dabei - nach der überzeugenden ständigen Rspr des BSG (Urteil vom 6. Mai 2009 - B 6 KA 3/08 R, juris; Urteil vom 3. Februar 2010 - B 6 KA 37/08 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 26; Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 6 KA 2/13 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 43) - auch solche, auf die der Versicherte keinen Anspruch hat, weil die hierauf gerichteten Verordnungen nach dem Gesetz oder den aufgrund von § 92 SGB V erlassenen Richtlinien unzulässig sind.

b) Die in § 33 S 2 PrüfV vorgesehene Antragsfrist von zwei Jahren nach Ablauf des Verordnungsquartals ist mit dem am 30. Januar 2013 gestellten Antrag der Beigeladenen zu 2. für alle hier betroffenen Quartale gewahrt, nachdem das erste Verordnungsquartal I/2011 am 31. März 2011 abgelaufen ist.

c) Die streitbefangenen Verordnungen sind auch unzulässig. Der Kläger hat in den Quartalen I bis IV/2011 Heilmittel (Maßnahmen der Sprech- und Sprachtherapie) im Wert von 10.173,75 Euro verordnet, auf die die betroffenen Patienten keinen Anspruch hatten.

aa) Der Anspruch auf Heilmittel ist in § 32 SGB V nur im Sinne eines Rahmenrechts geregelt, das - insbesondere in Hinblick auf die Art und die Menge der zu beanspruchenden Heilmittel - noch durch weitere Normen konkretisiert werden muss (BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92, SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 17 ff). Hierzu gehören insbesondere die HeilM-RL, die auf der Grundlage von § 92 Abs 1 Nr 6 und Abs 6 SGB V vom GBA zu beschließen sind und auf die § 32 Abs 1 S 2 SGB V ausdrücklich verweist. Die in den Richtlinien enthaltenen Regelungen sind gemäß § 91 Abs 6 SGB V für Kassen, Versicherte und Leistungserbringer (wie Vertragsärzte) verbindlich. Soweit der Kläger Zweifel daran äußert, dass der GBA für eine derartige verbindliche Normsetzung demokratisch legitimiert ist, kann dem mit der überzeugenden Rspr des BSG nicht beigepflichtet werden. Das BSG hat die diesbezügliche demokratische Legitimation des GBA grundsätzlich im Urteil vom 20. März 1996 (6 RKa 62/94, SozR 3-2500 § 92 Nr 6) bejaht und dies aktuell gerade in Hinblick auf die HeilM-RL bestätigt (Urteil vom 16. März 2017 - B 3 KR 24/15 R, SozR 4-2500 § 125 Nr 9, auch in Hinblick auf den Beschluss des BVerfG vom 10. November 2015 - 1 BvR 2056/12, BVerfGE 140, 229).

bb) (1) Nach dem Ersten Teil der im Jahr 2011 geltenden HeilM-RL war jeder der im Zweiten Teil (Heilmittelkatalog) festgelegten Diagnosengruppen eine bestimmte Gesamtverordnungsmenge je Heilmittel zugeordnet, die - als Versorgung für den Regelfall - die Anzahl der Anwendungen begrenzte, die der behandelnde Vertragsarzt nach den allein von ihm zu beurteilenden Erfordernissen des Einzelfalls - als Erst- und sodann als Folgeverordnung - verordnen konnte (für die Quartale I und II/2011: Nr 11 der Heilmittel-Richtlinien idF vom 1. Dezember 2003 bzw 16. März 2004, BAnz 2004 Nr 106a, zuletzt geändert am 21. Dezember 2004, BAnz 2005, S 4995 <HeilM-RL aF>; für die Quartale III und IV/2011: § 7 HeilM-RL idF vom 20. Januar 2011 bzw 19. Mai 2011, BAnz 2011, S 2247 <HeilM-RL nF>). Ließ sich die Behandlung mit der nach Maßgabe des Heilmittelkatalogs bestimmten Gesamtverordnungsmenge nicht abschließen, waren weitere Verordnungen (als Verordnungen außerhalb des Regelfalls) möglich. Diese bedurften jedoch einer besonderen Begründung mit prognostischer Einschätzung. Außerdem hatte der Vertragsarzt störungsbildabhängig eine weiterführende Diagnostik durchzuführen, um auf der Basis des festgestellten Therapiebedarfs, der Therapiefähigkeit, der Therapieprognose und des Therapieziels die Heilmitteltherapie fortzuführen oder andere Maßnahmen einzuleiten (Nr 11.3 und 11.4 HeilM-RL aF; § 8 Abs 1 und Abs 3 HeilM-RL nF). Die begründungspflichtigen Verordnungen waren der zuständigen Krankenkasse vor Fortsetzung der Therapie zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, diese hatte auf die Vorlage verzichtet (Nr 11.5 HeilM-RL aF; § 8 Abs 4 HeilM-RL nF). Aus dem Zusammenhang dieser Regelungen folgt, dass der Versicherte bei einer Versorgung außerhalb des Regelfalls eine weitere Heilmittelbehandlung nur beanspruchen konnte, wenn diese von der Krankenkasse genehmigt worden war (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2013 - L 4 KR 2784/13, juris; vgl auch näher SG Düsseldorf, Urteil vom 5. März 2008 - S 2 KA 62/07, juris). Heilmittelverordnungen außerhalb des Regelfalls waren bis auf die in den Richtlinien genannten Ausnahmen demnach nicht zulässig (BSG, Urteil vom 13. September 2011 - B 1 KR 23/10 R, SozR 4-2500 § 125 Nr 7).

Diese Rechtslage hat sich grundlegend erst mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 6. Mai 2019 (BGBl I 646) mit Wirkung vom 11. Mai 2019 geändert. § 32 Abs 1b SGB V sieht nunmehr vor, dass Verordnungen, die über die in der HeilM-RL geregelten orientierende Behandlungsmenge hinausgehen, keiner Genehmigung durch die Krankenkasse mehr bedürfen. Stattdessen regelt § 32 Abs 1a SGB V(idF des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes <GKV-VSG> vom 16. Juli 2015 <BGBl I 1211>), dass der GBA die Einzelheiten eines Genehmigungsverfahrens für einen langfristigen Heilmittelbedarf zu regeln hat.

(2) Der Kläger hat mit den streitbefangenen Verordnungen die genannten Vorgaben der HeilM-RL verletzt.

Der Heilmittelkatalog sah nach den HeilM-RL aF und nF für die vom Kläger im Fall der Patienten P. Q.. und R. S.. angeführten Diagnosengruppen SP1 und SP5 für Sprachtherapie-Anwendungen eine Regelversorgung von bis zu 60 Einheiten vor. Diese Gesamtverordnungsmenge hatte der Kläger für beide Patienten unstreitig aber bereits im Jahr 2010 ausgeschöpft. Für die Patienten L. M.. und N. O.. war der Kläger von der Diagnosengruppe SP5 ausgegangen und hat Maßnahmen der Sprechtherapie verordnet. Dies widersprach dem Heilmittelkatalog bereits deshalb, weil dieser für die Gruppe SP5 als Heilmittel lediglich die Sprachtherapie vorsieht. Unabhängig davon beträgt die entsprechende Gesamtverordnungsmenge für den Regelfall maximal 60 Behandlungseinheiten. Diesen Umfang hatte der Kläger bereits im Jahr 2010 überschritten, indem er jeweils insgesamt 70 Behandlungseinheiten verordnet hat.

Nach den oa Regelungen der HeilM-RL hätte der Kläger bei den auch im Jahr 2011 weiterhin ausgestellten Verordnungen für Sprech- bzw Sprachtherapie deshalb die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalls" ankreuzen und den Verordnungen außerdem eine medizinische Begründung für die Erforderlichkeit der Therapiefortsetzung beifügen müssen. Stattdessen hat er die Verordnungen als "Folgeverordnung" innerhalb des Regelfalls gekennzeichnet und eine Begründung für weitere Verordnungen unterlassen.

Diese unrichtige Bearbeitungsweise kann er nicht damit rechtfertigen, dass die Beigeladene zu 2. das Genehmigungsverfahren für Verordnungen außerhalb des Regelfalls als nicht mehr erforderlich angesehen habe. Eine entsprechende Praxis der Beigeladenen zu 2. hat sich ausweislich des vom Kläger der Prüfungsstelle vorgelegten Schreibens der Krankenkasse vom 19. Dezember 2012 frühestens auf das Jahr 2012 bezogen, sodass sich an der Erforderlichkeit einer Genehmigung für das Jahr 2011 noch nichts geändert hatte.

d) aa) Infolge der unrichtigen Kennzeichnung der Verordnung als "Folgeverordnungen" - dh als Verordnungen im Regelfall - und des Unterlassens einer besonderen Begründung mit prognostischer Einschätzung ist die Einholung der Genehmigung der zu 2. beigeladenen Krankenkasse unterblieben. Zugunsten der vier Patienten des Klägers sind deshalb logopädische Behandlungsmaßnahmen auf Kosten der Beigeladenen zu 2. erbracht worden, auf die die Versicherten keinen Anspruch hatten und zu deren Erbringung als Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) die Beigeladene zu 2. nicht verpflichtet gewesen ist. Der ihr hierdurch entstandene Vermögensnachteil ist Gegenstand der vorliegenden Regressverpflichtung des Klägers.

bb) In diesem Zusammenhang muss der Senat nicht näher auf die Rspr des LSG Berlin-Brandenburg eingehen, nach dessen Auffassung die Prüfgremien in Fällen der vorliegenden Art trotz fehlender Genehmigung der Krankenkasse in der Sache zu prüfen haben, ob der verordnende Vertragsarzt die Voraussetzungen eines Heilmittelanspruchs außerhalb des Regelfalls ausreichend begründen kann (LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 28. November 2018 - L 7 KA 29/15 und L 7 KA 63/16, jeweils juris). Denn auch das LSG Berlin-Brandenburg geht (aaO) davon aus, dass eine derartige Prüfung auf das Verwaltungsverfahren vor der Prüfungsstelle bzw dem Beschwerdeausschuss beschränkt sein muss und es dem Vertragsarzt verwehrt ist, erst im Gerichtsverfahren nähere Darlegungen zu den Gründen der fortdauernden Behandlungsnotwendigkeit zu machen. Eine nähere Begründung dafür, dass im Fall der vier Patienten eine Versorgung außerhalb des Regelfalls erforderlich gewesen ist, hat der Kläger aber zu keinem Zeitpunkt nachgeholt. Vielmehr hat er noch in der Klagebegründung - die im Rahmen der Nachholung des Vorverfahrens noch als Vorbringen gegenüber dem beklagten Beschwerdeausschuss zu sehen ist - lediglich ausgeführt, die medizinische Indikation und die "daher gegebene zwingende Notwendigkeit der Heilmittel" sei "unstreitig gegeben".

cc) Angesichts dessen, dass der Kläger aus den angeführten Gründen das notwendige Genehmigungsverfahren vereitelt hat und der Beigeladenen zu 2. hierdurch ein Schaden entstanden ist, muss der Senat nicht mehr entscheiden, ob auch die weiteren von ihr gerügten Fehler (Änderungen und Ergänzungen von Heilmittelverordnungen bzw Angabe eines falschen Indikationsschlüssels) vorliegen und ebenfalls zur Vermögensnachteilen bei der Beigeladenen zu 2. geführt haben.

e) Dadurch, dass durch das Verhalten des Klägers die Einholung der erforderlichen Genehmigung für die streitbefangenen Heilmittel vereitelt worden ist, kommt es auch nicht darauf an, ob die Voraussetzungen der BVerfG-Rspr zur grundrechtsorientierten Leistungsauslegung (Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 29 ff; sogenannter Nikolausbeschluss) vorliegen. Selbst wenn man dieser Rechtsprechung entnehmen wollte, dass auch quantitative Leistungsbegrenzungen in der Gestalt zusätzlicher Genehmigungserfordernisse das durch Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) geschützte Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzen können, liegen die Voraussetzungen für einen aus Gründen des Grundrechtschutzes folgenden Wegfall der Genehmigungspflicht nicht vor. Denn hierfür wäre in jedem Fall erforderlich, dass der jeweilige Versicherte an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung leidet (BVerfG aaO). Wertungsmäßig vergleichbar mit einer solchen Erkrankung ist der wahrscheinlich drohende Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen körperlichen Funktion innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraums (BSG, Urteil vom 19. März 2020 - B 1 KR 22/18 R, juris; Urteil vom 24. Januar 2023 - B 1 KR 7/22 R, juris). Vorliegend fehlt es aber an einem derartigen lebensbedrohlichen Krankheitsbild, weil bei den Versicherten P. Q.., N. O.. und L. M.. ein Zustand nach Apoplex und bei der Patientin R. S.. ein frühkindlicher Hirnschaden diagnostiziert worden war, ohne dass sich hieraus Anzeichen für eine akute Lebensgefährdung ergeben. Auch dafür, dass ohne die hier verordneten Heilmittel außerhalb des Regelfalls ein drohender Verlust der Sprech- oder Sprachfähigkeit drohte, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Weitere Prüfungen oder Ermittlungen zu den Voraussetzungen nach dem sogenannten Nikolaus-Beschluss sind deshalb nicht veranlasst und vom erstinstanzlichen Gericht zu Recht abgelehnt worden.

f) Ob dem Kläger in Hinblick auf die festgestellten Falschverordnungen ein Verschulden trifft, ist rechtlich unerheblich. Denn ein Verschuldenserfordernis besteht im Rahmen von Verordnungsregressen gemäß § 106 SGB V nach st Rspr des BSG (Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 19/00 R, SozR 3-2500 § 106 Nr 52; Urteil vom 6. Mai 2009 - B 6 KA 3/08 R, juris) nicht.

g) aa) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, der Beigeladenen zu 2. sei kein Schaden entstanden, weil sie die weiteren Verordnungen für die Quartale I bis IV/2011 hätte genehmigen müssen, wenn das Genehmigungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre. Bereits das SG hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass der durch unrechtmäßige ärztliche Verordnungen eingetretene Schaden nicht dadurch infrage gestellt wird, dass der Krankenkasse der Versicherten bei einer rechtmäßigen Verordnung unter Umständen dieselben oder gar höhere Kosten entstanden wären. Auf die diesbezüglichen Gründe des erstinstanzlichen Urteils (vgl S 11 des Urteilsumdrucks) weist der Senat ausdrücklich hin, macht sich diese Darlegungen zu eigen und sieht insoweit gemäß § 153 Abs 2 SGG von einer weiteren Begründung ab.

bb) Der Regressverpflichtung des Klägers könnte im Übrigen auch nicht entgegengehalten werden, dass die Beigeladene zu 2. die ihr von den Leistungserbringern in Rechnung gestellten Kosten für die erbrachten Sprech- bzw Sprachtherapien nicht hätten zahlen müssen. Ein Vergütungsanspruch der Leistungserbringer (hier: der Logopäden) gegenüber der Krankenkasse könnte nur ausgeschlossen sein, wenn die Leistungserbringer eine offenkundige Fehlerhaftigkeit (wegen Unvollständigkeit oder fehlender Plausibilität) der zugrunde liegenden ärztlichen Verordnungen hätten erkennen können, etwa weil die Zahl der in den einzelnen Verordnungen angegebenen Behandlungsmaßnahmen nicht der im Heilmittelkatalog vorgesehenen Mengengrenze entspricht (BSG, Urteil vom 13. September 2011 - B 1 KR 23/10 R, SozR 4-2500 § 125 Nr 7). Denn nur in diesem Umfang wird vom Leistungserbringer eine Überprüfung der vertragsärztlichen Verordnung erwartet (BSG, Urteil vom 13. September 2011, aaO Rn 15 aE; Senatsurteil vom 28. September 2022 - L 3 KA 2/18, juris). Die unrichtige Einstufung einer Verordnung durch den Vertragsarzt als Regelfall statt als Ausnahmefall - die sich durch das unrichtige Ankreuzen durch den Kläger ergibt - berührt die Gültigkeit der Verordnung dagegen nicht (BSG, Urteil vom 15. November 2007 - B 3 KR 4/07 R, SozR 4-2500 § 125 Nr 4). Dies gilt umso mehr, als die Zahl der schon früher vom Kläger ausgestellten Verordnungen anhand der hier streitbefangenen Verordnungen des Jahres 2011 nicht erkennbar gewesen ist.

3. Zu Unrecht meint der Kläger, seine Haftung für die fehlerhaft erstellten Verordnungen sei durch Besonderheiten im Zusammenhang mit einem früheren Insolvenzverfahren ausgeschlossen.

a) Sein Einwand, er selbst hafte nicht für die Verordnungen des Jahres 2011, weil er in diesem Zeitraum lediglich scheinselbstständig in der Praxis tätig gewesen sei, während in Wirklichkeit die U. GmbH Eigentümerin, Betreiberin und "kaufmännische Entscheiderin" der Praxis gewesen sei, trifft nicht zu. Hierauf kommt es schon deshalb nicht an, weil nicht diese GmbH, sondern allein er Inhaber der vertragsärztlichen Zulassung für den Praxissitz in K. gewesen ist. Eine derartige Statusentscheidung nach § 95 SGB V entfaltet Tatbestandswirkung in dem Sinne, dass Behörden und Gerichte die dort getroffenen Regelungen als verbindlich hinzunehmen und ohne Prüfung der Rechtmäßigkeit ihren Entscheidungen zugrunde zu legen haben (BSG, Urteil vom 26. Januar 2022 - B 6 KA 2/21 R, SozR 4-2500 § 103 Nr 33). Hieraus folgt, dass er nicht nur medizinisch für die Entscheidung über Heilmittelverordnungen zuständig war, sondern als Inhaber der Zulassung auch rechtlich für die Folgen fehlerhafter Verordnungen einzustehen hat.

b) Auch insolvenzrechtliche Vorschriften entlasten ihn nicht von der Regresspflicht. Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens könnte insoweit allenfalls noch die ihm im Oktober 2013 erteilte Restschuldbefreiung (§ 301 InsO) von Bedeutung sein. Die Restschuldbefreiung befreit den Kläger aber nur von solchen Schulden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, nicht dagegen von nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens - hier: im Jahr 1999 - begründeten Neuverbindlichkeiten (Riedel in: BeckOK Insolvenzrecht, 31. Edition, Stand: 15. April 2023, § 301 InsO Rn 1.1; Stephan in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl 2020, § 301 Rn 13). Dies gilt auch für Masseverbindlichkeiten (Bundesfinanzhof <BFH>, Urteil vom 28. November 2017 - VII R 1/16, BFHE 260, 26). Darauf, ob die Regressverpflichtungen gemäß § 55 Abs 1 Nr 1 Alt 2 InsO Masseverbindlichkeiten geworden sind, weil sie im Rahmen einer freiberuflichen Praxis entstanden sind, die mit Einverständnis des Insolvenzverwalters, aber ohne Freigabe nach § 35 Abs 2 InsO fortgeführt worden ist (vgl hierzu BSG, Urteil vom 15. Juli 2015 - B 6 KA 30/14 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 50), kommt es deshalb ebenfalls nicht an.

4. Schließlich greifen auch die sonstigen vom Kläger gegen die Regressforderung erhobenen Einwände nicht durch.

a) Die Festsetzung des Regresses verletzt nicht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Denn Regressfestsetzungen im Falle unrichtiger Verordnungen, die zu Vermögensnachteilen bei einer Krankenkasse geführt haben, sind geeignet und erforderlich, um diese Schäden auszugleichen und den Vertragsarzt zur künftigen Beachtung des vertragsarztrechtlichen Regelwerks anzuhalten. Mildere Mittel wie die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen wären schon zur entsprechenden Anleitung des Vertragsarztes nicht geeignet, weil diese sich gerade bei erstmaligen Verletzungen der HeilM-RL auf die niedrigschwelligen Sanktionen des § 81 Abs 5 SGB V (Verwarnung, Verweis, Geldbuße iHv maximal 10.000 Euro) beschränken müssten und außerdem den entstandenen Schaden nicht ausgleichen könnten. Auch das BSG hat schließlich eine Unverhältnismäßigkeit der Verhängung eines Regresses bei unzulässiger Verordnungsweise verneint (Urteil vom 3. Februar 2010 - B 6 KA 37/08 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 26).

b) Warum der Beklagte die sich aus § 35 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ergebende Pflicht zur Begründung seines Bescheids verletzt haben soll, kann angesichts der umfänglichen Darlegungen in Abschnitt 2 des Verwaltungsakts vom 7. Februar 2017 nicht nachvollzogen werden.

c) Weiterhin ist dem Kläger - mit der Stellungnahme gegenüber der Prüfungsstelle vom 21. Februar 2013 und der Klagebegründung, die vorliegend der Begründung des Widerspruchs gegenüber dem Beschwerdeausschuss entspricht - auch ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Warum sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden sein soll, ist deshalb nicht erkennbar, zumal er sich erstinstanzlich auch anwaltlicher Hilfe bedient hat und damit rechtskundig vertreten gewesen ist.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG i.V.m. §§ 154 Abs 2, Abs 3 und 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), sind nicht erkennbar.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren folgt aus der Anwendung des § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs 1, 52 Abs 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG).---