Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 17.07.2009, Az.: 2 B 63/09

Baugenehmigung; Nachbaranfechtung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
17.07.2009
Aktenzeichen
2 B 63/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 44442
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2009:0717.2B63.09.0A

Fundstelle

  • BauR 2009, 1938

Gründe

1

I.

Die Antragsteller wenden sich als Nachbarn gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Möbelmarkts.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer des zweigeschossigen Hauses C. straße in D., Ortsteil. Das Grundstück liegt innerhalb des Bebauungsplans Nr. 13, der für diesen Bereich allgemeines Wohngebiet festsetzt. Auf der gegenüberliegenden Seite der C. straße liegt ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel, das durch den Bebauungsplan Nr. 128 "E.F." überplant ist. Mit der 2. Änderung dieses Bebauungsplans, die der Rat der Antragsgegnerin am 26. März 2009 als Satzung beschlossen hat, wurde eine bisher unbebaute Fläche des Plangebietes um ein Sondergebiet erweitert, das die Errichtung eines Möbel-Abhol-Marktes ermöglicht. Dieser Bebauungsplan ist am 24. Juni 2009 bekannt gemacht worden und damit in Kraft getreten.

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Auf Ihren Bauantrag vom 31. Januar 2008 erteilte die Antragsgegnerin am 31. März 2009 der Beigeladenen eine Baugenehmigung für den "Neubau eines Möbelmarktes mit Verkaufshalle, Handlingzone und Hochregallager, Errichtung einer PKW-Stellplatzanlage". Bestandteil der Baugenehmigung sind die Anlagen Nr. 1 - 25 vom 30. März 2009. Anlage Nr. 24 ist der "Schalltechnische Bericht" der Firma G. vom 23. März 2009 "über die Geräuschsituation in der Nachbarschaft des geplanten Roller Marktes an der C. straße" in D.. Nach Ziffer 4 der Hinweise zur Baugenehmigung wird die Genehmigung nach § 33 BauGB erteilt, da das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht entgegensteht. Diese Baugenehmigung wurde den Antragstellern, die im Baugenehmigungsverfahren Akteneinsicht genommen hatten, nicht zugestellt.

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Gegen die Baugenehmigung legten die Antragsteller am 14. April 2009 Widerspruch ein und beantragten am 9. Juni 2009 einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz, nachdem mit vorbereitenden Bauarbeiten auf dem Gelände begonnen worden war. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass die Genehmigung nach § 33 BauGB nicht hätte erteilt werden dürfen, da der Bebauungsplan abwägungsfehlerhaft sei und sie durch die Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt würden. Es fehle bereits an einer eindeutigen Festsetzung der Zweckbestimmung der Planänderung, auch entspreche der Planentwurf nicht den Zielen der Raumordnung. Der Möbelmarkt führe zu einem Verdrängungswettbewerb und habe schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche. § 33 BauGB könne auch deshalb keine taugliche Rechtsgrundlage sein, weil der verzögerte Ablauf des Plangenehmigungsverfahrens zeige, dass eine Baugenehmigung nach dem Planungsstand nur deshalb erteilt worden sei, um den Nachbarn die Möglichkeit eines effektiven Rechtsschutzes durch ein Normenkontroll-Eilverfahren zu nehmen. Von dem Bauvorhaben werden unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen ausgehen. Der schalltechnische Bericht sei fehlerhaft. Er gehe bereits von einer zu geringen Besucherzahl des Möbelzentrums aus und weiche bei der Berechnung des von dem Parkplatz ausgehenden Lärms zu Lasten der Nachbarn von der Bayerischen Parkplatzlärmstudie ab. Abgesehen davon ergäbe sich aus dem schalltechnischen Bericht, dass die Immissionen am Immissionsort IP 3b (gemeint ist wohl IP 3a, da es IP 3b laut Gutachten nicht gibt) im 2. OG ihres Hauses nicht den maßgeblichen Immissionsrichtwert um die notwendigen 6 dB(A) unterschreite. Dort befände sich ihr ruhebedürftiger Schlafraum. Auch sei der angefochtenen Baugenehmigung nicht zu entnehmen, dass die in dem schalltechnischen Bericht beschriebenen Lärmschutzmaßnahmen auch ausgeführt werden müssten. Schließlich sei auch die erforderliche Anzahl von Stellplätzen nicht nachgewiesen. Zwar werde § 47 NBauO grundsätzlich nicht als nachbarschützend angesehen, doch gelte dieses dann nicht, wenn - wie vorliegend - auf Grund der deutlich zu gering angesetzten Anzahl notwendiger Stellplätze davon auszugehen sei, dass es in erheblichem Umfang zu einem Park-Such-Verkehr und zu einem Zuparken der Telefunkenstraße durch Besucher des Möbelhauses kommen werde.

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Die Antragsgegnerin und die Beigeladene sind diesem Vorbringen entgegengetreten und haben die Baugenehmigung verteidigt.

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II.

Der Antrag hat - abgesehen von den aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlichen Maßgaben - keinen Erfolg.

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Der gemäß den §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Möbelmarkts ist im Wesentlichen unbegründet. Die von den Antragstellern gegen die angefochtene Baugenehmigung erhobenen Einwände rechtfertigen nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des hiergegen erhobenen Widerspruchs. In Ausübung des ihr durch die §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO eingeräumten Ermessens hält die Kammer den Sofortvollzug der Baugenehmigung mit den aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlichen Maßgaben aufrecht. Denn sie misst dem Interesse der Antragsteller an einer vorherigen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung im Hauptsacheverfahren keinen Vorrang vor dem Interesse der Beigeladenen an einer einstweiligen Ausnutzbarkeit der ihr erteilten Baugenehmigung bei. Maßgebend ist hierfür, dass der Widerspruch der Antragsteller bei der derzeitigen Sachlage voraussichtlich nur zu nachträglichen Auflagen führen wird, nicht aber zur Suspendierung der Baugenehmigung, soweit dieses im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung beurteilt werden kann.

8

Bei der Überprüfung der von den Antragstellern angefochtenen Baugenehmigung ist das Gericht auf die Prüfung nachbarschützender Vorschriften beschränkt. Für eine erfolgreiche Nachbarklage genügt nicht eine erkannte Rechtswidrigkeit der erteilten Baugenehmigung, sondern es muss hinzukommen, dass die getroffene Entscheidung eine Vorschrift verletzt, die dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht verleiht (vgl. dazu Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl 2007., § 31 BauGB Rdnr. 56 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

9

Maßgeblich für die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens der Beigeladenen ist § 33 BauGB i.V.m. mit den Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs zur 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 128 - "E.F. " -, den die Antragsgegnerin am 26. März 2009 als Satzung beschlossen und am 24. Juni 2009 bekannt gemacht und damit in Kraft gesetzt hat (Amtsblatt für den Landkreis Celle, S. 147). Die 2. Änderung des Bebauungsplans setzt für den hier im Streit befindlichen Bereich ein Sondergebiet nach § 11 BauNVO fest und erweitert die Palette der zulässigen Nutzungen der Textlichen Festsetzung I.1. um die Nutzung "Möbel-Abhol-Markt" mit einer maximalen Gesamtverkaufsfläche von 6 500 m2. Auf Grund dieser in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanänderung erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen am 31. März 2009 nach § 33 BauGB - "Planreife" - die hier im Streit befindliche Baugenehmigung. Ob in der Erteilung der Baugenehmigung nach § 33 BauGB überhaupt wegen einer missbräuchlichen Verzögerung der Inkraftsetzung eine Nachbarrechtsverletzung gesehen werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2001 - 4 BN 48/01 -, NVwZ-RR 2002, S. 256f), bedarf keiner weiteren Erörterung, weil die Voraussetzungen angesichts des oben wiedergegebenen zeitlichen Ablaufs nicht gegeben sind

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Ob das Bauvorhaben alle Bestimmungen des Bebauungsplans einhält und ob der Bebauungsplanentwurf rechtmäßig zustande gekommen ist und in allen Punkten dem materiellen Baurecht entspricht - was von dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller unter verschiedenen Gesichtspunkten angegriffen wird -, kann vorliegend offen bleiben. Denn aufgrund eines von einem Nachbarn eingelegten Rechtsmittels ist die dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung nicht umfassend auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern lediglich darauf, ob gerade eine Verletzung des Nachbarn in eigenen, auch ihn persönlich schützenden Rechten festzustellen ist. Zu Recht verweist der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach auch bei einer Baugenehmigung nach § 33 BauGB eine Nachbarklage nur bei einer Verletzung nachbarschützender Normen Erfolg haben kann ( Beschluss vom 28.7.1994 - 4 B 94/94 -, NVwZ 1995, S. 598). Eines weiteren Eingehens auf die von dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vorgetragenen Bedenken gegen die 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 128 bedarf es daher im Rahmen dieses Verfahrens nicht. Die Klärung dieser - objektiven - Bedenken bleibt einem evtl. Normenkontrollverfahren vorbehalten. Maßgeblich für die Entscheidung des vorliegenden Verfahrens ist allein, ob die Antragsteller durch die Baugenehmigung in subjektiv geschützten Rechtspositionen verletzt werden. Dazu im Einzelnen:

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Das Bauvorhaben der Beigeladenen, das in diesem Sondergebiet grundsätzlich zulässig ist, verstößt nicht in einer Weise gegen das allein in Betracht kommende aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO abzuleitende nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme, die eine Suspendierung der Baugenehmigung rechtfertigt. Nach diesem Maßstab sind die in den Baugebieten jeweils generell zulässigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls folglich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten, andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist ( BVerwG, Urteil vom 28.10.1993 - 4 C 5/93 -BauR 1994, S. 354 ff). Diese Abwägung ergibt, dass die Auswirkungen des Möbel-Abhol-Marktes gegenüber den Antragstellern vorliegend grundsätzlich nicht rücksichtslos im baurechtlichen Sinne sind und ihnen daher zuzumuten sind. Insbesondere ist die aufschiebende Wirkung des gegen die Baugenehmigung erhobenen Widerspruchs nicht deshalb anzuordnen, weil - wie der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller vorträgt - die zulässigen Lärmwerte überschritten würden - insoweit ist die Erteilung von Maßgaben ausreichend - (1.) und die erforderliche Anzahl von Stellplätzen nicht nachgewiesen sei (2.).

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1. Die Kammer legt bei der Beurteilung der den Antragstellern zumutbaren Lärmwerte den schalltechnischen Bericht der Firma G. vom 23. März 2009 und die hierzu mit Schreiben vom 19. Juni 2009 gegebenen Erläuterungen zu Grunde. Im Gegensatz zur Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller sind die Aussagen und Feststellungen dieses Gutachtens verbindlich. Denn es wird in der angefochtenen Baugenehmigung vom 31. März 2009 als Anlage 24 ausdrücklich zum Bestandteil dieser Genehmigung erklärt. Nach den Aussagen der Gutachterin ist Voraussetzung für die Nichtberücksichtigung der Lärmvorbelastung der bereits vorhandenen Märkte (Obi, Lidl, Edeka ...), dass die zulässigen Immissionsrichtwerte tags von 55d(B)A um mindestens 6d(B)A unterschritten werden. Diese Unterschreitung wiederum kann nach den Aussagen des Gutachtens nur dann erreicht werden, wenn die in Abschnitt 7 des Gutachtens angegebenen Lärmschutzmaßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Dabei handelt es sich um die Erhöhung eines bereits vorhandenen Walls im Bereich des Parkplatzes von derzeit ca. 90 cm über dem Niveau der Telefunkenstraße auf 1,90 m über Straßenniveau. Allerdings wird dadurch entgegen der textlichen Aussage des Gutachtens unter 7. auch an dem "kritischen" Immissionspunkt 3a - 2. Obergeschoss des Hauses der Antragsteller - der Wert von mindestens 6d(B)A unter dem Richtwert von 55d(B)A nicht erreicht (laut Gutachten 49,3d(B)A). Jedenfalls ist die Beigeladene aber bereits auf Grund der von ihr insoweit nicht angegriffenen Baugenehmigung verpflichtet, einen entsprechend hohen Wall zu errichten. Auf die Ausführungen ihres Prozessbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 9. Juli 2009, wegen einer "außergebietlichen Störung" eines WA-Gebietes sei ohnehin von geringeren Werten auszugehen und Grenze sei die Gesundheitsgefährdung, kann es wegen der Bindungswirkung der Baugenehmigung vorliegend nicht ankommen.

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Unabhängig von den obigen Erwägungen folgt die Kammer auch aus weiteren Gründen der Auffassung der Antragsteller, dass durch den Wall in der derzeit verbindlich festgeschriebenen Höhe von 1,90 m der den Antragstellern zustehende Lärmschutz, der im Wesentlichen von PkW-Bewegungen ausgeht, nicht gewährleistet werden kann. Dabei bestehen gegen den Ausgangspunkt der Berechnungen, nämlich die Bayerische Parkplatzlärmstudie, keine grundsätzlichen Bedenken. Die Kammer hat auch keine Bedenken, dass bei der Ermittlung eines vergleichbaren Möbelmarktes nicht die Werte eines großstädtischen (München) oder eines kleinstädtischen Möbelhauses, sondern die Werte eines Möbelfachmarktes einer vergleichbar großen Stadt (Rosenheim mit ca. 60 000 Einwohnern und Celle mit ca. 70 000 Einwohnern) zu Grunde gelegt worden sind. Den wesentlichen Einwendungen der Antragsteller, es seien den Berechungen eine zu geringe Zahl von Besuchern - nämlich täglichen 950 - und damit zusammenhängend zu wenig PkW-Bewegungen - nämlich täglich 1 266 - zu Grunde gelegt worden, ist die Gutachterin in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 19. Juni 2009 nachgekommen und hat nunmehr 1000 Besucher pro Tag und 1 613 tägliche PkW-Bewegungen zu Grunde gelegt. Allerdings führe diese Neuberechnung zu einem 1,1d(B)A höheren Immissionswert. Um auch an dem "kritischen" Immissionspunkt 3a die Unterschreitung der Richtwerte um 6d(B)A sicherzustellen, sei daher eine Erhöhung des Walles von 1,90 m auf 2,50 m erforderlich. Eine nähere Begründung bzw. rechnerische Darstellung dieser Auffassung ist nicht vorgelegt worden. Daher war die Beigeladene - wie aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlich - zu verpflichten, eine entsprechende gutachterliche Berechnung vorzulegen, aus der zu entnehmen ist, bei welcher Höhe des Walles eine sichere Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte an dem "kritischen" IP 3a gewährleistet werden kann. Weiterhin war auch die Antragsgegnerin zu verpflichten, eine entsprechende nachträgliche Umsetzung in der Baugenehmigung vorzunehmen. Im Rahmen der von der Kammer zu treffenden Ermessensentscheidung erscheinen diese Anordnungen ausreichend, um einen für das vorläufige Rechtsschutzverfahren ausreichenden Schutz der Antragsteller sicherzustellen. Die geringe Überschreitung der Lärmschutzrichtwerte rechtfertigt es nicht, die Vollziehung der Baugenehmigung insgesamt auszusetzen. Dieses würde voraussetzen, das von einer generellen Nachbarunverträglichkeit eines Möbel-Abhol-Marktes an diesem Standortes auszugehen wäre, was nicht der Fall ist.

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2. Die Antragsteller können sich auch nicht darauf berufen, dass das Vorhaben möglicherweise nicht genügend Stellplätze aufweist. Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Verpflichtung zur Errichtung der für eine ordnungsgemäße Nutzung notwendigen Stellplätze sind grundsätzlich nicht nachbarschützend, sondern dienen ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Entlastung öffentlicher Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr (Große-Suchsdorf/ Lindorf/ Schmaltz/ Wiechert, Nds. Bauordnung, Komm. 8. Aufl. 2006, § 47 Rdn. 6). Die Genehmigung eines Vorhabens ohne die erforderlichen Stellplätze kann allerdings im Einzelfall gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Ein Verstoß liegt vor, wenn der Mangel an Stellplätzen zu Beeinträchtigungen führt, die dem Nachbarn - auch unter Berücksichtigung einer Vorbelastung seines Grundstücks - bei Abwägung aller Umstände unzumutbar sind (vgl. dazu Nds. OVG, Beschluss vom 14.3.1997 - 1 M 6589/96 -BauR 1997, 983f; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.01.2008 - 3 S 2773/07 -NVwZ-RR 2008, S. 600f). Auf einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann sich der Nachbar etwa dann berufen, wenn der Stellplatzmangel geeignet ist, die bestimmungsgemäße Nutzung seines eigenen Grundstücks zu beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung liegt - jedenfalls solange der freie Zugang zum Grundstück möglich ist - allerdings nicht schon darin, dass - verbunden mit einem Parkplatz-Suchverkehr - die angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Nutzern der baulichen Anlage zum Parken in Anspruch genommen werden und dem Nachbarn nur noch mit den daraus folgenden Einschränkungen zur Verfügung stehen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 18.03.1998 - 1 B 33/98 -, GewArch 1998, S. 254f). Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts zu regeln (vgl. für den ruhenden Verkehr etwa die Anwohnerparkregelung in § 45 Abs. 1b Satz 2 StVO). Vorliegend gibt es keine Erkenntnisse, die erwarten lassen, dass den Antragstellern durch den Parkverkehr des neuen Bauvorhabens der freie Zugang zu ihrem Grundstück verwehrt werden könnte.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

Streitwertbeschluss:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.