Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 01.07.1994, Az.: 9 W 55/94

Erfordernis der Zeichnung auch der Firma der Komplementär-GmbH bei Anmeldung der Firma einer GmbH & Co. KG zur Eintragung in das Handelsregister; Anforderungen des § 108 Abs. 2 HGB ; Auslegungsfähigkeit von Handelsregisteranmeldungen; Umfang der Zeichnungspflicht

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
01.07.1994
Aktenzeichen
9 W 55/94
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1994, 15805
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1994:0701.9W55.94.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 10.05.1994 - AZ: 11 T 3/94

Fundstellen

  • DB 1994, 1771-1772 (Volltext)
  • GmbHR 1994, 554-555 (Volltext mit red. LS)
  • MDR 1994, 998 (red. Leitsatz)
  • NJW-RR 1995, 294-295 (Volltext mit red. LS)

In der Handelsregistersache
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgericht Celle
auf die weitere Beschwerde der Gesellschaft vom 2. Juni 1994
gegen den Beschluß der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hildesheim vom 10. Mai 1994
in der Sitzung vom 1. Juli 1994
beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Das Registergericht darf von der Beschwerdeführerin nicht verlangen, daß der Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin neben der Firma der Beschwerdeführerin noch die Firma der persönlich haftenden Gesellschafterin zeichnet.

Gründe

1

Die Beschwerde ist begründet.

2

Der seinerzeit zuständige hiesige 1. Zivilsenat hat in einem Beschluß vom 3. Mai 1979 (BB 1980, 223) entschieden, die Vorschrift, bei Anmeldung einer Offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister deren Firma zu zeichnen (§§ 161 Abs. 2, 108 Abs. 2 HGB), könne nicht dahin interpretiert werden, daß bei der Zeichnung der Firma einer GmbH & Co. KG auch die Firma der Komplementär-GmbH gezeichnet werden müsse. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, daß die Firma der Komplementär-GmbH nicht Bestandteil der Firma der GmbH & Co. KG sei. § 108 Abs. 2 HGB könne auch nicht so ausgelegt werden, daß die zu hinterlegende Unterschrift in der Weise zu zeichnen sei, daß dabei die Firma der GmbH zu erwähnen sei. Nach § 35 Abs. 2 GmbHG müsse zwar der Geschäftsführer einer GmbH der Firma der Gesellschaft seine Namensunterschrift beifügen. Indessen gelte diese Vorschrift nur für die Zeichnung im Geschäftsverkehr. Zur Hinterlegung beim Registergericht müßten die Geschäftsführer nach § 8 Abs. 5 GmbHG dagegen nur ihre Unterschrift, nicht auch die Firma der GmbH zeichnen. Wolle man § 35 Abs. 3 GmbHG auf die GmbH & Co entsprechend anwenden, so könne das sinnvollerweise nur so geschehen, daß die Geschäftsführer der GmbH die für die Kommanditgesellschaft abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärungen mit ihrer Unterschrift und der Firma derjenigen Gesellschaft zu zeichnen haben, die die Rechtswirkungen der jeweiligen Erklärung treffen. Das sei nur die GmbH & Co. Dann könne aber für die beim Registergericht zu hinterlegende Zeichnung nichts anders gelten. Es sei wenig sinnvoll zu verlangen, daß die Firma beim Gericht in anderer Form hinterlegt wird, als sie im Geschäftsverkehr tunlichst verwendet werden sollte. Für alle Arten der Kapitalgesellschaften schreibe das Gesetz nur vor, daß die zur Vertretung berufenen Personen ihre Unterschriften, nicht auch, daß sie die Firma zur Aufbewahrung beim Registergericht handschriftlich zeichnen (§ 8 Abs. 5 GmbHG. § 37 Abs. 5 AktG und § 11 Abs. 4 GenG). Das lege es nahe, die in § 108 Abs. 2 HGB für die Personengesellschaften des Handelsrechts enthaltene Regelung eher restriktiv als extensiv anzuwenden. Auch deshalb sei es nicht geboten, für die GmbH & Co. zu verlangen, daß neben der Firma der Kommanditgesellschaft auch die der Komplementär-GmbH handschriftlich gezeichnet werde.

3

Nach wohl noch herrschender Auffassung haben im Gegensatz zu dem vom seinerzeit zuständigen 1. Zivilsenat vertretenen Standpunkt bei einer GmbH & Co. KG die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zu zeichnen: zunächst die Firma der GmbH & Co. KG, dann die Firma der Komplementär-GmbH und zuletzt ihre eigenen Unterschriften (vgl. zuletzt BayObLG NJW 1988, 2051 mit umfassenden Nachweisen). Zur Begründung wird darauf hingewiesen, die Einsicht in das Handelsregister sowie in die zum Handelsregister eingereichten Schriftstücke sei jedem gestattet (§ 9 Abs. 1 HGB). Diese ermögliche demnach auch die Nachprüfung der Firmenzeichnung. Die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH könnten aber im Handelsverkehr wahlweise mit der Firma der GmbH & Co. KG und mit derjenigen der GmbH zeichnen. Durch die beim Registergericht hinterlegte Firmenzeichnung müsse gewährleistet sein, daß Auskunft über sämtliche Möglichkeiten der Firmenzeichnung durch die dazu berufenen Personen erlangt werden könne (BayObLG a.a.O.).

4

Der jetzt zuständige 9. Zivilsenat hält an der Rechtsprechung des 1. Zivilsenats im Hinblick auf eine praxisgerechte Ausgestaltung des Anmeldeverfahrens fest. Die §§ 161 Abs. 2, 108 Abs. 2 HGB enthalten keine ausdrückliche Regelung für die Zeichnung einer GmbH & Co KG. Denn sie sind geschaffen worden, bevor die generelle Zulässigkeit dieser Gesellschaftsform durch das Reichsgericht (RGZ 105, 101) festgestellt wurde. Hält man sich an den bloßen Wortlaut des § 108 Abs. 2 HGB, so genügt es, wenn die Firma der KG handschriftlich gezeichnet wird und wenn außerdem die Unterschriften der diese Gesellschaft vertretenden natürlichen Personen zur Aufbewahrung bei Gericht gezeichnet werden. Da die Firma der persönlich haftenden GmbH von der Firma der Kommanditgesellschaft zu unterscheiden ist, muß sie nach dem Wortlaut des § 108 Abs. 2 HGB nicht gezeichnet werden. Auch aus § 35 Abs. 3 GmbHG ergibt sich nichts Gegenteiliges.

5

Diese Vorschrift betrifft (lediglich) die Offenlegung des Handelns für die GmbH im Rechtsverkehr.

6

Danach könnte sich das Erfordernis, daß die Firma der GmbH - handschriftlich - zu zeichnen ist, nur noch aus dem Zweck des § 108 Abs. 2 HGB ergeben. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Zeichnung der Unterschrift soll dazu dienen, den am Rechtsverkehr beteiligten Personen eine möglichst sichere Grundlage für die im Handelsverkehr häufig erforderliche Prüfung der Echtheit von Unterschriften zu gewährleisten (RGZ 54, 168, 171). Dafür genügt es - das hat der hiesige 1. Zivilsenat (a.a.O.) überzeugend dargelegt -, wenn lediglich die handschriftlich gezeichnete Firma der Kommanditgesellschaft und die Unterschriften der für die GmbH vertretungsberechtigten Personen bei Gericht hinterlegt sind. Der Zweck des § 108 Abs. 2 HGB fordert keine darüber hinausgehende - handschriftliche - Zeichnung (ebenso Ulmer in Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 108 Rn. 21; Baumbach-Hueck, GmbHG, 15. Aufl., § 8 Rdnr. 16).

7

§ 108 Abs. 2 HGB verlangt danach nur, daß die Firma der einzutragenden Gesellschaft und die Unterschriften der vertretungsberechtigten Personen zur Aufbewahrung bei Gericht zu zeichnen sind. Aus der Anmeldung muß sich lediglich ergeben, daß sie auch namens der persönlich haftenden GmbH bewirkt wird. Wie dies zu geschehen hat, ist nicht näher geregelt. Es genügt, da auch Handelsregisteranmeldungen auslegungsfähig sind, jede Formulierung, die den Willen, (auch) für die Komplementär-GmbH zu handeln, erkennen läßt (Baumgart, DNotZ 1979, 761 ff.).

8

Der Senat hat ebenso wie seinerzeit der hiesige 1. Zivilsenat keine Möglichkeit, dem Bundesgerichtshof die Rechtsfrage gemäß § 28 Abs. 2 FGG zur abschließenden Klärung vorzulegen, weil die bisher im Rahmen der Anmeldung einer GmbH & Co. KG ergangenen obergerichtlichen Entscheidungen sich in erster Linie mit anderen Rechtsfragen beschäftigen, also nicht auf der Beantwortung der Frage nach dem Umfang der Zeichnungspflicht beruhen. Das wäre aber für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof erforderlich (vgl. Keidel-Kuntze-Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 13. Aufl., § 28 Rn 18). Auch das BayObLG (a.a.O.) und das Oberlandesgericht Hamm (OLGZ 1983, 257) haben ihre abweichenden Rechtsauffassungen lediglich im Rahmen von Hinweisen für das weitere Verfahren des Registergerichts geäußert.