Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 01.02.2005, Az.: 11 A 2783/03

Rückforderung der nach der vereinfachten Regelung für Kleinerzeuger gewährten Agrarförderung auf Grund der fehlerhaften Angabe von Getreideflächen; Unterlassung des Anbaus von Getreide auf dem betroffenen Flurstück als offensichtlicher Fehler ; Unanwendbarkeit von Kürzungen und Ausschlüssen der Agrarförderung bei nicht durch den Betriebsinhaber verschuldeten Unregelmäßigkeiten; Zeitpunkt des Beginns der Verjährungsfrist für die Rückzahlung von auf Grund von Kürzungen und Ausschlüssen zurückzuzahlenden Beträgen

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
01.02.2005
Aktenzeichen
11 A 2783/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 32139
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2005:0201.11A2783.03.0A

Verfahrensgegenstand

Agrarförderung 1993-2000

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 11. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2005
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Simon
für Recht erkannt:

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die zurückgeforderten Förderungsleistungen den Betrag von 3.265,10 zuzüglich Zinsen in Höhe von EUR 1.220,12 übersteigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Landwirt und beantragte am 06.05.1993 erstmalig die Gewährung von Agrarförderung nach der vereinfachten Regelung für Kleinerzeuger. Im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis gab der Kläger die von ihm insgesamt landwirtschaftlich genutzten Flächen mit 7,7 ha an, von denen sich 3,7 ha auf dem - im Eigentum des Klägers befindlichen - Flurstück C. /Gemarkung D. Flur 6 Flurstück 34/0 und 4 ha auf dem - zugepachteten - Flurstück E. /Gemarkung D. -E. Flur 8, Flurstück 34/0 befinden sollten. Die mit Getreide bebaute Ackerfläche des eigenen Flurstücks wurde mit 2,75 ha und diejenige des Pachtgrundstücks mit 1,5 ha angegeben; bei den restlichen Flächen sollte es sich um Grünland handeln. Antragsgemäß gewährte das Amt für Agrarstruktur Sulingen dem Kläger Ausgleichszahlungen in Höhe von 1.268,16 DM für das Jahr 1993.

2

In den Folgejahren wiederholte der Kläger unter Beibehaltung der Flächenangaben seinen Antrag. Durch Bescheid vom 18.11.1994 gewährte ihm das Amt für Agrarstruktur für das Wirtschaftsjahr 1994 1.775,43 DM, durch Bescheid vom 30.11.1995 für das Wirtschaftsjahr 1995 2.282,86 DM, durch Bescheid vom 21.11.1996 für das Wirtschaftsjahr 1996 2.282,76 DM, durch Bescheid vom 19.11.1997 für das Wirtschaftsjahr 1997 2.280,49 DM, durch Bescheid vom 30.11.1998 für das Wirtschaftsjahr 1998 2.268,67 DM, durch Bescheid vom 30.11.1999 für das Wirtschaftsjahr 1999 2.276,80 DM und durch Bescheid vom 30.11.2000 für das Wirtschaftsjahr 2000 2.513,78 DM.

3

Im April 2001 führte die Beklagte eine Flächenkontrolle durch Fernerkundung und Vor-Ort- Kontrolle ergaben, dass der Kläger ein nicht im Antrag angegebenes Flurstück, nämlich das Flurstück 49 der Flur 9 der Gemarkung D., mit Wintergerste bestellt hatte und sich auf der zugepachteten Fläche der Gemarkung D. -E. ausschließlich Grünflächen befanden, von denen lediglich 1,0677 ha als Dauergrünland genutzt werden konnten. Auf dem Flurstück 34/0 der Flur 6 des Klägers wurde eine nutzbare Ackerfläche von 3,4796 ha festgestellt; hiervon hatte der Kläger 0,7296 ha zur Bodendränierung abgeteilt. Insgesamt befanden sich damit auf den beiden im Flächennachweis enthaltenen Flurstücken des Klägers dem Getreideanbau dienende Ackerflächen im Umfang von 2,75 ha sowie Grünland im Umfang von 1,7973 ha, zusammen 4,5473 ha. Auf Grund dieser Feststellungen lehnte das Amt für Agrarstruktur den Förderungsantrag für das Wirtschaftsjahr 2001 durch Bescheid vom 20.11.2001 ab; der Bescheid wurde unanfechtbar.

4

Durch Bescheid vom 26.04.2002 nahm das Amt für Agrarstruktur die für die vorausgegangenen Jahre erteilten Bewilligungsbescheide in voller Höhe zurück und forderte den Kläger zur Rückforderung des Gesamtbetrages von - umgerechnet - 8.665,78 EUR nebst Zinsen auf. Die bis zum 26.05.2002 fällige Zinsforderung setzte das Amt für Agrarstruktur auf 2.750,92 EUR fest. Zur Begründung ist ausgeführt, die angegebenen Getreideflächen überstiegen die tatsächlich bewirtschafteten um mehr als 20%, nämlich 54,55%, so dass nach der Sanktionsregelung des Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 keinerlei Beihilfe hätte gezahlt werden dürfen. Gem. § 10 Abs. 1 und 3 MOG i.V.m. Art. 14 der VO (EWG) Nr. 3887 /92 müssten die Förderungsbeträge daher einschließlich Zinsen erstattet werden. Der Zinssatz betrage 3% über dem jeweiligen Diskontsatz bzw. Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank.

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Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 06.05.2002 Widerspruch. Mit Schriftsätzen vom 08.07.2002 führte er zur Begründung des Widerspruchs aus, die Rückförderung von Beihilfen sei unzulässig, soweit hiervon die Jahre 1993 bis 1997 betroffen seien. Evtl. Forderungen seien verjährt, da nach Art. 49 Abs. 6 der VO (EG) Nr. 2419/2001 für Beiträge, die auf Grund von Sanktionen zurückzuzahlen seien, eine Verjährungsfrist von vier Jahren gelte. Diese Frist sei verstrichen. Die VO (EG) Nr. 2419/2001 sei nach der Rechtsprechung des EuGH auch rückwirkend anwendbar. Der Rückforderungsbetrag sei daher in Höhe von 3.272,02 EUR nebst anteiligen Zinsen in Höhe von 1.227,63 EUR zu reduzieren. Die verbleibende Rückforderung in Höhe von 6.917,05 EUR werde umgehend beglichen. Im Übrigen sei der Europäischen Union kein Schaden entstanden, da tatsächlichen Flächen in der beantragten Größe mit den angegebenen Früchten bewirtschaftet worden sei.

6

Die Bezirksregierung Hannover wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 24.06.2003 zurück und führte zur Begründung aus, die VO (EG) Nr. 2419/2001 sei entgegen der Ansicht des Klägers nicht anwendbar, wie sich aus einem entsprechenden Erlass des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums ergebe. Maßgeblich sei die Regelung nach Art. 3 Abs. 1 S. 1 der VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 wonach eine Verjährung bei fortlaufenden und andauernden Unregelmäßigkeiten erst zum Zeitpunkt der letztmaligen Bewilligung zu laufen beginne. Da die Agrarförderung flächenbezogen gewährt werde, müssten Flächen außer Betracht bleiben, die nicht im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis aufgeführt seien, auch wenn sie tatsächlich vom jeweiligen Antragsteller landwirtschaftlich genützt würden.

7

Mit der am 04.07.2003 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und macht geltend: Bei der Antragstellung sei er einen Irrtum erlegen. Er habe angenommen, das Flurstück 49 der Flur 9 der Gemarkung D. - E., das sein Vater und er seit den 50er-Jahren bewirtschafteten, werde von dem Flurstück 34/0 der Flur 8 erfasst. Die Gemeinde E., die Eigentümerin beider Flurstücke sei, habe dem Vater des Klägers seinerzeit lediglich die letztere Flurstücksbezeichnung mitgeteilt. Er habe daher nicht gewusst, dass sich die im Antrag angegebene Getreideanbaufläche von 1,5 ha nicht auf diesem Flurstück, sondern auf dem Flurstück 49 befunden habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei eine Rückforderung für die Jahre 1993 bis 1997 wegen Verjährung nicht möglich. Dies ergebe sich aus der Begünstigungsklausel in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der VO (EG,EURATOM) Nr. 2988/95, die auch spätere Verjährungsregelungen bezüglich einer verhängten Sanktion erfasse, und Art. 49 Abs. 6 der VO (EG) Nr. 2419/2001. Selbst bei Anwendung der Verjährungsregelung des Art. 3 Abs. 1 der VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 wäre die Sanktionierung der Unregelmäßigkeiten für das Antragsjahr 1993 verjährt. Da nach Art. 3 Abs. 1 S. 7 dieser VO trete die Verjährung spätestens zu dem Zeitpunkt ein, zu dem eine Frist, die doppelt so lang ist in die Verjährungsfrist, abläuft, ohne das die zuständige Behörde eine Sanktion verhängt habe. Der Fehler bei der Antragstellung sei darüber hinaus offensichtlich gewesen, so dass die auf dem Flurstück 49 befindliche Ackerfläche in der Größe von 1,3236 ha habe Berücksichtigung finden müsse.

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Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Amtes für Agrarstruktur vom 26.04.2003 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 24.06.2003 im Umfang eines Betrages von EUR 3.265,10 zuzüglich anteiliger Zinsen aufzuheben.

9

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Sie erwidert: Nach der Rechtssprechung des EuGH sei lediglich Art. 44 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2419/2001, nicht aber die Verjährungsregelung nach Art. 49 Abs. 6 dieser Verordnung rückwirkend anwendbar. Art. 44 Abs. 1 stehe der Rückforderung nicht entgegen, da die fehlerhaften Angaben in den Flächennachweisen des Klägers auf Fahrlässigkeit beruhten. Sofern der Kläger den Fehler nicht gekannt habe, habe er ihn jedenfalls kennen müssen. Er habe sich in keiner Weise - wie vorgeschrieben - ausreichend über die Größe und Nutzung des bewirtschafteten Grundstücks informiert. Ein offensichtlicher Fehler im Sinne des Art. 5 a der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 bzw. des Art. 12 der VO (EG) Nr. 2419/2001 liege nicht vor. Zwar habe das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass ein Fehler sogar dann offensichtlich sein könne, wenn er bei einer vor Ortkontrolle ohne Weiteres ersichtlich sei, d.h. für einen unvoreingenommenen urteilsfähigen aufgeschlossenen und mit den näheren Umständen vertrauten Durchschnittsbetrachter beim Abgleich der Angaben im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis mit den Unterlagen mit der Örtlichkeit vorgefundenen und bewirtschafteten Fläche ohne Weiteres erkennbar sei. Dies setze jedoch ein die Falschangabe rechtfertigendes bzw. entschuldbares Verhalten des Betriebsinhabers voraus. Hieran fehle es. Der Kläger habe in keiner Weise darlegen können, dass er die üblichen Sorgfaltspflichten erfüllt habe. Schon die Abweichungen bzgl. des im Eigentum des Klägers stehenden Flurstückes sei nicht entschuldbar. Der Kläger habe aber nicht einmal die einschlägigen Katasterunterlagen eingesehen, zu deren Vorlage er verpflichtet gewesen sei. Eine Verwechslung sei auf Grund der sehr unterschiedlichen Nutzungen und Größen der in Betracht kommenden Flurstücke ausgeschlossen.

11

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der in seinen wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Das Verfahren ist gem. § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit der Kläger die zunächst uneingeschränkt erhobene Klage auf einen Rückforderungsbetrag von EUR 3.265,10 begrenzt hat.

13

Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nicht begründet. Soweit der angefochtene Widerrufs- und Rückforderungsbescheid des Amtes für Agrarstruktur vom 26.04.2002 nicht bereits wegen der Beschränkung des Widerspruchs auf den Zeitraum von 1993 bis 1997 Bestandskraft erlangt hat, ist er rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten § 113 Abs. 1 VwGO). Eine solche ausdrückliche Beschränkung enthalten die zur Begründung des Widerspruchs eingereichten Schriftsätze des Klägers vom 08.07.2002, indem dort u.a. nur ein streitiger Betrag von EUR 4.499,65 zuzüglich Zinsen genannt ist. Der für die Jahre 1998 bis 2000 ausgesprochene Widerruf der Agrarförderung ist daher nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung. Dass sich der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 24.06.2003 auf die Bewilligungsbescheide vom 30.11.1998, 30.11.1999 und 30.11 2000 erstreckt, ist insoweit ohne Bedeutung, zumal die Klage weiter auf den Betrag von EUR 3.265,10 beschränkt worden ist.

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Der Rückforderung der Agrarförderung der Jahre 1993 bis 1997 stehen weder die Begünstigungsklausel des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG,EURATOM) Nr. 2988/95 des Rates vom 18.12.1995 - ABl. Nr. 1 312/1- noch die Verjährungsregelungen dieser Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11.12.2001 -ABl. Nr. 1 327/11 - entgegen. Dabei geht die Kammer von folgendem aus:

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Ausweislich der Luftbild- und Vor-Ort Kontrolle hat der Kläger von den im Antrag angegebenen Flächen lediglich auf dem ihm gehörenden Flurstück D. Flur 6 Flurstück 34/0 Getreide angebaut, und zwar im Umfang von 2.75 ha. Nur für diese Teilfläche konnte er gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23.12.1992 -Abl. Nr. 1 391/36 - (gleichlautend auch Art. 31 Abs. 2 VO (EG) Nr. 2419/01) überhaupt eine Beihilfe beanspruchen. Zwar hat der Kläger nach seinen Angaben und dem Ergebnis der Vor-Ort Kontrolle auch das Flurstück 49 der Flur 9 im Umfang von 1,3236 ha zum Getreideanbau genutzt. Diese Fläche muss aber unberücksichtigt bleiben, weil sie nicht -wie erforderlich - im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis des Beihilfeantrages aufgeführt ist.

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Entgegen der Ansicht des Klägers kann diese Unterlassung nicht als offensichtlicher Fehler bewertet werden, der gemäß Art 5 a der VO (EWG) Nr. 3887/92 eine jederzeitige nachträgliche Anpassung der Antragsunterlagen ermöglichen würde. Die Nutzungsverhältnisse an landwirtschaftlichen Grundstücken sind regelmäßig nicht offenkundig, sondern bedürfen des Nachweises unter Mitwirkung des Berechtigten. Es liegt auch keine Verwechselung mit dem angepachteten Flurstück 34/ der Flur 8 vor, da beide Flurstücke vom Kläger genutzt worden sind und daher hätten angeführt werden müssen. Nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg liegt ein offensichtlicher Fehler über die in den - hier nicht einschlägigen - Arbeitsunterlagen der Europäischen Kommission vom 18.01.1999 auch dann vor, wenn der Fehler unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles bei der Bearbeitung des Antrages ohne weiteres klar erkennbar ist und sich die Fehlerhaftigkeit der Angaben einem aufmerksamen und verständigen Durchschnittsbetrachter ohne weiteres aufdrängt (vgl. Urteile vom 11.06.2003 -10 LB 27/03, 10 LB 221/02 und 10 LB 196/01- RdL 2003 S. 329 ff.) Als Beispiele werden widersprüchliche Angaben im Antrag, die falsche Angabe der Flurstücksnummer aufgrund eines Zahlendrehers, die Angabe der Nummer der Nachbarparzelle aufgrund eines Lesefehlers auf der Karte, wenn nachgewiesen werden kann, dass die fehlerhaft bezeichnete Parzelle tatsächlich in der angegebenen Größe und Nutzung besteht, und die auf einem Irrtum des Betriebsinhabers beruhende fehlerhafte Angabe der Kulturpflanzen und Verwechselung der Nutzung zweier Parzellen sowie die bei einer Vor-Ort Kontrolle ohne weiteres ersichtliche, auf einem offensichtlichen Versehen oder die Falschangabe rechtfertigenden bzw. entschuldbaren Verhalten des Betriebsinhabers beruhenden Fehler beruht. Keine dieser Fallgestaltungen ist feststellbar.

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Soweit sich die Rückforderung auf die dem Flurstück 34/0 der Flur 8 zugeordnete, als Grünland genutzte Anbaufläche bezieht, handelt es sich nicht um eine Sanktion im Sinne der VO (EG,EURATOM) Nr. 2988/95 ("Kürzungen und Ausschlüsse" gemäß Art. 32 bis 35 der VO (EG) Nr. 2419/01); die Verpflichtung zur Rückerstattung und Verzinsung des erlangten Vorteils ergibt sich insoweit unmittelbar aus Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung (Art. 4 Abs. 4 a.a.O.). Eine Gegenrechnung des der Europäischen Gemeinschaft entstandenen Schadens mit Ansprüchen des Klägers, die er im Falle der rechtzeitigen Einbeziehung des Flurstücks 49 der Flur 9 in das Antragsverfahren gehabt hätte, findet nicht statt.

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Dieser Rechtslage hat der Kläger dadurch Rechnung getragen, dass er die Klage auf den Teil des Rückforderungsbescheides beschränkt hat, der sich auf die Förderung des Getreideanbaus auf seinem Flurstück 34/0 der Flur 6 im Umfang von 2,75 ha und die Jahre 1993 bis 1997 bezieht. Ungeachtet der verfügten Sanktion nach Art 9 Abs. 2 Satz 3 der VO(EWG) Nr. 3887/92 hätte der Kläger nämlich insoweit in den einzelnen Jahren DM 820,75 (1993), DM 1148,81 (1994), DM 1477,03 (1995), DM 1477,08 (1996) und DM 1462,31 (1997), zusammen DM 6.385.98 (gleich - umgerechnet - 3.265,10 EURO), beanspruchen können. Der Kläger ist aber auch insoweit zu Recht zur Rückzahlung der Agrar-Beihilfe verpflichtet worden. Da die festgestellte Differenz zwischen der beantragten und der ermittelten Fläche mehr als 20% beträgt, hätte ihm nach Art. 2 Abs. 2 Satz 3 VO (EWG) Nr. 3887/99 keine Beihilfe gewährt werden dürfen.

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Allerdings sind auf die Sanktionen des Art. 9 VO (EWG) Nr. 3887/92 gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 rückwirkend die weniger strengen Bestimmungen der VO (EG) Nr. 2419/01 anzuwenden (EuGH, U. v. 01.07.2004 - Rechtssache C-295/02). Diese regeln in Art. 44 Abs. 1, dass Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung finden, wenn der Betriebsinhaber belegen kann, dass ihn keine Schuld an der Unregelmäßigkeit trifft. Hierauf kann sich der Kläger aber nicht mit Erfolg berufen. Er hat die fehlerhafte Angabe von Getreideflächen auf dem Flurstück 34/0 der Flur 8 vielmehr zu vertreten. Das ist bereits bei der Frage nach der Offensichtlichkeit des Fehlers angesprochen und gilt auch hier. Eine Verwechselung des Flurstücks mit dem Flurstück 49 der Flur 9 erscheint aufgrund des Vorliegens schriftlicher Pachtverträge mit der Gemeinde als Eigentümerin sowie der unterschiedlichen Lage und Größe beider Flurstücke ausgeschlossen. Wegen der Kleinerzeugerregelung war der Kläger auch verpflichtet, beide Flurstücke in den Nachweis aufzunehmen; es bleibt unverständlich und allein dem Kläger zurechen-bar, dass dies nicht geschehen ist.

20

Gemäß § 10 Abs. 1 MOG sind die streitigen Bewilligungsbescheide des Amtes für Agrarstruktur damit zu Recht in vollem Umfang zurückgenommen worden. Vertrauensschutz im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG kann dem Kläger nicht zuerkannt werden, weil er die Umstände, die seine Ansprüche ausschließen, kannte oder zumindest kennen musste. Er hat die Förderung teils durch Angaben Sinne des § 48 Abs.2 Satz 3 Ziffer 2 VwVfG erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig waren, und die Rechtswidrigkeit der Bewilligung im Sinne der Ziffer 3 dieser Vorschrift allenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Mangels guten Glaubens kommt dem Kläger auch Art. 14 Abs. 4 Unterabsatz 1 der VO (EWG) Nr. 3887/92 nicht zugute.

21

Aufgrund der wirksamen Rücknahme der für die Jahre 1993 bis 1997 ergangenen Bewilligungsbescheide ist der Kläger zur Rückzahlung und Verzinsung der durch sie erhaltenen Leistungen verpflichtet. Ein Ermessen steht der Behörde insoweit nicht zu. Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Rückforderungsanspruch der Beklagten auch nicht verjährt. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der VO (EG,EURATOM) Nr. 2988/95 beträgt die allgemeine Verjährungsfrist für die Verfolgung von Unregelmäßigkeiten zwar vier Jahre ab Begehung. Diese Frist beginnt gemäß Satz 2 der Vorschrift bei andauernden oder wiederholten Unregelmäßigkeiten aber erst an dem Tag zu laufen, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird. Um einen solchen Fall handelt es sich, weil der Kläger bis zur Vor-Ort Kontrolle im Jahre 2001 durchgehend die gleichen unrichtigen Angaben bezüglich der Nutzung des Flurstücks 34/0 der Flur 8 gemacht hat. Auch Satz 4 der Vorschrift führt nicht zu einer -teilweisen - Verjährung. Die hier geregelte Begrenzung der Verjährungsfrist auf 8 Jahre berücksichtigt eine eventuelle Unterbrechung des Fristablaufs und setzt den in Satz 2 geregelten Beginn voraus.

22

Der Kläger kann sich auch nicht mit dem Argument, die Bestimmung enthalte günstigere Verjährungsvorschriften, auf Art. 49 der VO (EG) Nr. 2419/01 stützen. Die VO (EG,EURATOM) Nr. 2988/95 des Rates ist unverändert gültig und anwendbar (vgl. EuGH a.a.O.). Die VO (EG) Nr. 2419/01 der Kommission regelt demgegenüber lediglich die Durchführung des Kontrollsystems einer anderen Ratsverordnung. Die Begünstigungsklausel in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der VO (EG,EURATOM) Nr. 2988/95 bezieht sich auch nur auf "in einer Gemeinschaftsregelung enthaltene Bestimmungen über verwaltungsrechtliche Sanktionen". Hierunter ist gemäß Art. 4 Abs. 4 dieser VO nicht der Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils durch Rückerstattung des erhaltenen Geldbetrages zuzüglich Zinsen zu verstehen; Gleiches muss für die Verjährung dieses Rückerstattungsanspruchs gelten.

23

Auch die VO (EG) Nr. 2419/01 unterscheidet in Art. 31 Abs. 2 und Art. 49 Abs. 5 und 6 zwischen einerseits Rückzahlungsverpflichtungen und andererseits Sanktionen, die dort unter Bezugnahme auf die Art. 32 bis 35 "Kürzungen und Ausschlüsse" genannt sind. Die Verpflichtung zur Rückzahlung soll nach Absatz 5 -1. Unterabsatz - "nicht gelten", wenn zwischen dem Tag der Zahlung der Beihilfe und dem Tag, an dem der Begünstigte von der zuständigen Behörde erfahren hat, dass die Beihilfe zu Unrecht gewährt wurde, mehr als zehn Jahre vergangen sind. Diese Frist ist zweifellos nicht erreicht. Auch die in Unterabsatz 2 vorgesehene Kürzung dieser Frist auf vier Jahre greift nicht, weil sie - schutzwürdigen - guten Glauben voraussetzt (vgl. hierzu oben). Allerdings gilt gem. Art. 49 Abs. 6 der VO für die Rückzahlung von Beträgen, die aufgrund von Kürzungen und Ausschlüssen zurückgezahlt werden müssen, "eine Verjährungsfrist von vier Jahren". Hierum handelt es sich bei dem noch streitigen Teilbetrag. Die Vorschrift sagt - anders als Absatz 5 -über den Beginn des Fristablaufs jedoch nichts. Da die Verjährungsfrist derjenigen der Art. 3 Abs. 1 der VO (EG,EURATOM) Nr. 2988/95 entspricht, ist die Lücke nach Auffassung der Kammer entsprechend der dortigen Regelung auszufüllen. Sollte nach dem Willen der Kommission indes bezüglich des Fristbeginns insoweit nicht mehr auf die Begehung der Unregelmäßigkeit, sondern in Anlehnung an § 49 Abs. 5 VO(EG) Nr. 2419/01 nur noch auf den jeweiligen Zeitpunkt des - sanktionierten - Beihilfeerhalts abzustellen sein, wäre jedenfalls eine rückwirkende Anwendung nicht möglich, so dass die Frage letztlich keiner Entscheidung bedarf.

24

Schließlich ist auch die Zinsforderung in Höhe von 3 v. H. über dem jeweiligen Diskontsatz bzw. Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank nicht zu beanstanden. Sie beruht auf § 14 Abs. 1 MOG i.V.m. Art. 14 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3887/92. Bedenken gegen die Berechnung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Beschränkung der Verzinsungspflicht auf den Zeitraum zwischen der Übermittlung des Rückforderungsbescheides an den Betriebsinhaber und der tatsächlichen Rückzahlung nach Art. 49 Abs. 3 VO (EG) Nr. 2419/01 ist aus den vorstehenden Gründen auf Zeiträume vor 1997 nicht anwendbar; vielmehr bleibt es insoweit bei den Bestimmungen der VO (EWG) Nr. 3887/92 (Art.53 Abs. 1 Satz 2 VO(EG) Nr. 2419/01).

25

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

26

Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage der Verjährung der streitigen Rückforderungsansprüche grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 124 Abs. 2 Ziffer 3 VwGO hat (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird bezüglich der Klage auf EUR 8.665,78 und bezüglich des Urteils auf EUR 3.265,10 festgesetzt.

Gründe:

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 25, 13 Abs. 2 GKG a.F.. Die zunächst unbeschränkt erhobene Klage ist in der mündlichen Verhandlung teilweise zurückgenommen worden. Die Zinsen bleiben gem. § 22 Abs. 1 GKG a.F. unberücksichtigt.

Dr. Simon