Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 24.01.2008, Az.: 3 A 55/07

auflösende Bedingung; Bestandteil des Zuwendungsbescheides; Erstattung; Gesamtausgaben; gestiegene Personalkosten; Kosten der Sachmittel; Landeszuwendung; Nebenbestimmungen; Personalkosten; Projektförderung; Rückforderung einer Zuwendung; Sachkosten; Sachmittelausgaben; Sachmittelzuwendung; tatsächliche Ausgaben; Vertrauensschutz; Verzinsung der Rückforderung; Zinsanspruch im Rückforderungsfalle; Zuwendung; Zuwendungfähigkeit von Ausgaben; Zuwendungsbescheid; Zuwendungsbetrag; Zuwendungsfähigkeit; Zuwendungshöchstbeträge; Zuwendungsmittel; Zuwendungsrichtlinien; Zuwendungszweck

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
24.01.2008
Aktenzeichen
3 A 55/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 55076
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Werden in einem Zuwendungsbescheid und den zugehörigen Zuwendungsrichtlinien Personal- und Sachkosten getrennt ausgewiesen, so ist auch bei der Frage, ob nach Ablauf eines Abrechnungsjahres die tatsächlichen Ausgaben geringer waren als der gewährte Zuwendungsbetrag, zwischen Personal- und Sachausgaben zu differenzieren und nicht auf die Höhe der Gesamtausgaben abzustellen.

Tatbestand:

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Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung eines Zuwendungsteilbetrages in Höhe von 4.989,07 EUR für das Haushaltsjahr 2004.

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Unter dem 27. Februar 2002 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Gewährung von Zuwendungen zu Ausgaben für die Durchführung von Maßnahmen im Rahmen des Präventions- und Integrationsprogramms des Landes Niedersachsen (PRINT). Mit Bescheid vom 9. Dezember 2004 bewilligte der Beklagte ihr daraufhin eine nicht rückzahlbare Zuwendung für die Haushaltsjahre 2002 bis 2006 in Höhe von insgesamt 183.800,00 EUR. Die Zuwendung wurde ausdrücklich als Festbetragsfinanzierung gewährt. Neben den inhaltlichen Anforderungen des PRINT-Projektes, wie sie im Runderlass des Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales (RdErl. des MFAS und des MK vom 20.12.2001) niedergelegt sind, wurden auch die allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gebietskörperschaften und entsprechende Zusammenschlüsse (ANBest-GK) zu § 44 der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung (LHO) ausdrücklich zum Bestandteil des Zuwendungsbescheides geklärt. Die Höhe der Bewilligung für die einzelnen Förderungsjahre war dem Bescheid als Anlagen 1 bis 4 beigefügt. Der Bescheid enthielt weiterhin folgende auflösende Bedingung i. S. v. § 32 Abs. 2 SGB X:

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"Sind nach Ablauf des Abrechnungsjahres die tatsächlichen Ausgaben geringer als der Betrag der Zuwendung, so entfällt der Rechtsgrund für die Zuwendung des Landes in Höhe des Differenzbetrages (auflösende Bedingung im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X). Bereits zu Unrecht ausgezahlte Zuwendungsbeträge sind umgehend zu erstatten."

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Für den hier streitigen Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 gewährte der Beklagte der Klägerin einen Förderungsbetrag von insgesamt 45.950,00 EUR. Von dieser Zuwendung waren gemäß Anlage 2 des Zuwendungsbescheids 37.750,00 EUR zur teilweisen Deckung von Personalausgaben und ein Betrag von 10.200,00 EUR für Sachausgaben bestimmt. Die Klägerin selbst hatte in ihrem ebenfalls in Anlage 2 des Zuwendungsbescheids ausgewiesenen Ausgabenplan die zuwendungsfähigen Ausgaben auf insgesamt 51.900,00 EUR angegeben, davon Personalausgaben in Höhe von 41.700,00 EUR sowie Sachausgaben in Höhe von 10.200,00 EUR.

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Per Verwendungsnachweis vom 27. Januar 2005 wies die Klägerin für das abgelaufene Haushaltsjahr 2004 Gesamtausgaben in Höhe von 50.227,43 EUR nach, davon Personalausgaben in Höhe von 45.016,50 EUR und Sachkosten in Höhe von 5.210,93 EUR.

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Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 7. Februar 2007 forderte der Beklagte daraufhin von der Klägerin einen Zuwendungsteilbetrag in Höhe von 4.989,07 EUR für das Haushaltsjahr 2004 zurück. Der Bescheid wurde damit begründet, dass im Verwendungsnachweis der Klägerin vom 27. Januar 2005 die Summe der tatsächlich zuwendungsfähigen Sachausgaben im Jahr 2004 mit 5.210,93 EUR angegeben worden sei. Die zuwendungsfähigen Sachausgaben wären somit laut des Finanzierungsplans in Anlage 2 zum Zuwendungsbescheid unter die bewilligte Zuwendung von 10.200,00 EUR gesunken. Gemäß Ziffer 2.1.3 ANBest-GK ermäßige sich deshalb die Zuwendung um den vollen in Betracht kommenden Betrag, da die zuwendungsfähigen Ausgaben unter den Betrag der bewilligten Zuwendung abfielen. Es sei deshalb die gemäß rechtskräftigem Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember 2002 festgelegte auflösende Bedingung nach § 32 Abs. 2 SGB X eingetreten, sodass die zuviel gezahlte Landeszuwendung zurückzufordern und mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen sei.

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Gegen diesen Rückforderungsbescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer am 16. Februar 2007 erhobenen Klage.

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Zur Begründung trägt sie vor, sie habe per Verwendungsnachweis vom 27. Januar 2005 Gesamtausgaben in Höhe von 50.227,43 EUR nachgewiesen. Die Gesamtausgaben hätten deshalb 4.277,43 EUR über der von der Beklagten gewährten Zuwendung gelegen. Die Rückforderung sei unbegründet, weil die auflösende Bedingung im Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember 2002 nicht eingetreten sei. Denn danach entfalle der Rechtsgrund der Zuwendung in Höhe des Differenzbetrages nur dann, wenn nach Ablauf eines Anrechnungsjahres die tatsächlichen Ausgaben geringer seien als der Betrag der Zuwendung. Dabei sei nicht zwischen Sach- und Personalkosten zu unterscheiden. Dies ergebe sich weder aus dem Bewilligungsbescheid noch aus den als Bestandteil des Bescheids beigefügten ANBest-GK. Vielmehr ermäßige sich gemäß Teilziffer 2 der ANBest-GK die Zuwendung nur dann, wenn sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Verwendungszweck ermäßigten. Dies sei hier aber gerade nicht der Fall. Obgleich die Sachkosten unterhalb des ursprünglich veranschlagten Betrages gelegen hätten, seien die Personalkosten höher gewesen, sodass die Gesamtausgaben über der Zuwendung gelegen hätten. Eine Rückforderung sei deshalb nicht möglich. Im Übrigen könne ein Erstattungsanspruch gemäß Ziffer 7.4 der ANBest-GK ohnehin nur mit 3 % über dem Basiszinssatz verzinst werden. Die Rückerstattung eines Zuwendungsteilbetrags zzgl. Zinsen auf einen vorangegangen Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 18. März 2004 sei nur erfolgt, weil in dem betreffenden Jahr 2003 die aufgewendeten Projektausgaben insgesamt um den erstatteten Betrag von 6.360,93 EUR unterhalb der gewährten Zuwendung gelegen hätten.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 7. Februar 2007 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und führt zur Begründung wie folgt aus:

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Die Prüfung des von der Klägerin vorgelegten Verwendungsnachweises habe ergeben, dass für Sachausgaben eine Landeszuwendung von 10.200,00 EUR gewährt worden sei, tatsächlich aber nur 5.210,93 EUR zuwendungsfähig anzuerkennen gewesen seien. Damit sei die auflösende Bedingung gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X eingetreten und die Zuwendung reduziere sich gemäß Ziffer 2.1.3 der ANBest-GK in voller Höhe der Ausgabenermäßigung, mithin um den zurückgeforderten Betrag von 4.989,07 EUR. Für eine Bewilligung und die Möglichkeit der Verwendung der Zuwendungsmittel als „Gesamtausgaben“, wie sie von der Klägerin vorgetragen sei, gebe es keine Anhaltspunkte. Sowohl in den Förderrichtlinien (Ziffer 5.2) als auch im Ausgabenplan, der als Anlage dem Zuwendungsbescheid beigefügt worden sei, werde bei der Förderung dem Grunde und der Höhe nach zwischen Personal- und Sachkosten differenziert, diese seien auch getrennt ausgewiesen worden. Durch den Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember 2002 sei der von der Klägerin aufgestellte Finanzierungsplan für verbindlich erklärt worden. Dieser Finanzierungsplan entspreche auch den Vorgaben, die die PRINT-Förderrichtlinien vorsähen, nämlich eine Trennung zwischen Personal- und Sachausgaben. Diese Trennung setze sich durch das Projekt fort und erfordere differenzierte Angaben zu den Ausgaben für Personal- und Sachaufwendungen im Verwendungsnachweis. Diesen Vorgaben sei die Klägerin in ihren Verwendungsnachweisen vom 30. Januar 2004 und 27. Januar 2005 auch stets nachgekommen.

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Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Verfahrensakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Der Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 7. Februar 2007 ist - abgesehen von der Höhe der Zinsforderung - rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten.

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Gemäß Ziff. 8.1 der VV zu § 44 LHO richten sich Unwirksamkeit, Rücknahme oder Widerruf von Zuwendungsbescheiden sowie die Erstattung der Zuwendungen und die Verzinsung des Erstattungsanspruchs nach Verwaltungsverfahrensrecht, insbesondere nach den §§ 48, 49 VwVfG und §§ 45, 47, 50 SGB X. Rechtsgrundlage für den Rückforderungsbescheid im vorliegenden Fall ist § 50 Abs. 2 SGB X, da der Klägerin die Zuwendung ausschließlich zu dem Zweck gewährt wurde, Maßnahmen im Rahmen des sog. PRINT - Programms mit dem Ziel durchzuführen, die Entwicklungsmöglichkeiten gefährdeter junger Menschen zu verbessern und ihre gesellschaftliche Integration zu erreichen.

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Gemäß § 50 Abs. 2 SGB X sind gewährte Leistungen zu erstatten, soweit sie ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind. Steht ein Zuwendungsbescheid unter auflösender Bedingung gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X, lässt der Eintritt des zur Bedingung gemachten Ereignisses die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes diesbezüglich entfallen, so dass bei rückschauender Betrachtung die Zuwendung insoweit ohne Verwaltungsakt erbracht worden ist (vgl. Freischmidt , in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, Stand 09/2007, 2. Band, K § 50 Rn. 14). Dies ist hier im Hinblick auf den streitigen Differenzbetrag von 4.989,07 EUR für das Jahr 2004 der Fall.

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Entgegen der Ansicht der Klägerin ist für das hier streitige Jahr 2004 die im Zuwendungsbescheid verbindlich festgelegte auflösende Bedingung nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X eingetreten. Denn nach dem Sinn und Zweck des Zuwendungsbescheids in Verbindung mit dem Ausgabenplan für 2004 (Anlage 2), den ANBest-GK sowie dem RdErl. des MFAS und des MK vom 20.12.2001 ist bei der Frage, ob nach Ablauf des Abrechnungsjahres die tatsächlichen Ausgaben geringer sind als der Betrag der Zuwendung, zwischen Personal- und Sachausgaben zu differenzieren. Zwar ist zutreffend, dass nach Ziff. 2.1 der ANBest-GK eine Ermäßigung der Zuwendung für den Fall vorgesehen ist, in dem sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck ermäßigen. Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei den ANBest-Gk um allgemeine, auf eine Vielzahl von Zuwendungsfällen anwendbare Nebenbestimmungen handelt, die mit Blick auf den jeweiligen Zuwendungszweck im Einzelfall auszulegen sind. Im vorliegenden Fall ist deshalb für den Begriff der Zuwendung maßgeblich auf den RdErl. des MFAS und des MK vom 20.12.2001 sowie die dem Zuwendungsbescheid als Anlagen beigefügten Ausgabenpläne abzustellen. Ziff. 5. des RdErl. des MFAS und des MK vom 20.12.2001 regelt Art und Umfang und Höhe der Zuwendung. In Teilziff. 5.2 wird dabei ausdrücklich zwischen einer Förderung von Personalausgaben und Kosten der Sachmittel differenziert. Auch der - von der Klägerin selbst vorgelegte - Ausgabenplan in Anlage 2 (Anrechnungsjahr 2004) des Zuwendungsbescheids unterscheidet ausdrücklich zwischen Personal- und Sachausgaben. Für eine solche Unterscheidung sprechen zudem die in Teilziff. 5.2 des RdErl. des MFAS und des MK vom 20.12.2001 festgelegten, unterschiedlichen Zuwendungshöchstbeträge für Personalausgaben (35.750,00 EUR) und Sachausgaben (10.200,00 EUR). Die von der Klägerin beabsichtigte Verwendung gewährter Sachmittelzuwendungen für erhöhte Personalausgaben widerspricht dieser ausdrücklichen Festsetzung von Zuwendungshöchstbeträgen, die sich auch in den Anlagen 1 - 4 zum Zuwendungsbescheid findet. Dem Argument der Klägerin, der Rechtsgrund für den hier streitigen Zuwendungsdifferenzbetrag i. H. v. 4.989,07 EUR sei nicht entfallen, weil sich trotz geringerer Sachausgaben die Gesamtausgaben wegen der gestiegenen Personalkosten nicht ermäßigt hätten, kann deshalb nicht gefolgt werden.

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Die Rückforderung des Differenzbetrages ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu Gunsten der Klägerin ausgeschlossen (§§ 45 und 48 SGB X). Da die an den Eintritt der auflösenden Bedingung geknüpften Voraussetzungen in Zuwendungsbescheid ausdrücklich geregelt sind, kommt ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin auf den Bestand des Zuwendungsbescheids und das Behaltendürfen der (gesamten) Zuwendung nicht in Betracht.

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Der Beklagte hat den Erstattungsanspruch gemäß § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X durch den hier angefochtenen Rückforderungsbescheid festgesetzt. Für eine Verjährung des Anspruchs nach Maßgabe des § 50 Abs. 4 SGB X bestehen keinerlei Anhaltspunkte.

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Bedenken bestehen lediglich gegen die Verzinsung des Rückforderungsforderungsanspruchs mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Der Beklagte gründet seinen Zinsanspruch auf § 50 Abs. 2a SGB X. Gemäß Teilziff. 7.4 der ANBest-GK ist ein Rückforderungsanspruch jedoch lediglich mit 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die ANBest-GK sind Bestandteil des von dem Beklagten erlassenen Zuwendungsbescheids geworden. Durch den Erlass dieses Bescheids ist der Beklagte selbst in rechtsverbindlicher Weise von der für ihn günstigeren gesetzlichen Regelung abgewichen, so dass er sich im Hinblick auf den Zinsanspruch im Rückforderungsfalle nicht mehr auf § 50 Abs. 2a SGB X berufen kann.

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Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ergibt sich aus der Anwendung der §§ 155 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, weil es sich nicht um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen Sozialleistungsträgern nach Maßgabe der §§ 102 ff. SGB X handelt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 162 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.