Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 03.12.2009, Az.: 1 Ws 643/09
Verfahrensgebühr im Verfallsverfahren als reine Wertgebühr nach Maßgabe der zum Zeitpunkt der Beratung erkennbaren Anhaltspunkte in der Verfahrensakte
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 03.12.2009
- Aktenzeichen
- 1 Ws 643/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 46935
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2009:1203.1WS643.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 04.11.2009 - AZ: 10 KLs 14/09
Rechtsgrundlagen
- Nr. 4142 RVG-VV
- § 442 StPO
Fundstellen
- AGS 2010, 128-129
- NJW 2010, 884-885
- RVG prof 2010, 29-30
- RVGreport 2010, 303
- StRR 2010, 356-357 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- StraFo 2010, 132
Amtlicher Leitsatz
Die Beratung des Angeklagten bezüglich eines in der Anklageschrift beantragten Verfalls löst die Gebühr nachNr. 4142 VV RVG aus, die als reine Wertgebühr unabhängig vom Umfang der entfalteten Bemühungen des Rechtsanwalts ist. Die für die Wertfestsetzung maßgebende Höhe des Verfalls richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Beratung gegebenen Anhaltspunkten. Dass die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussantrag einen Verfall in geringerer Höhe beantragt und das Gericht dem folgt, ist für den festzusetzenden Wert unerheblich.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts B. wird der Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 04.11.2009 geändert.
Der Gegenstandswert für das Verfahren bezüglich des Verfalls wird auf 13.025 ? festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 600 ? festgesetzt.
Gründe
Der Beschwerdeführer war dem Angeklagten in einem beim Landgericht anhängigen Verfahren als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Außerdem wurde der Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.500 ? angeordnet.
Der Beschwerdeführer hat eine Vergütung nach VV-RVG Nr. 4142 (Verfahrensgebühr für Verfall) in Höhe von 649,74 Euro geltend gemacht. Das Landgericht hat den Gegenstandswert hierfür auf 2.500 Euro festgesetzt mit der Begründung, durch das Urteil sei der Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.500 ? angeordnet worden. deshalb sei von diesem Gegenstandswert, jedenfalls von keinem höheren, auszugehen.
Die hiergegen eingelegte befristete Beschwerde (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) des Rechtsanwalts hat Erfolg.
Das Rechtsmittel erreicht den nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG für seine Zulässigkeit erforderlichen Beschwerdewert, denn der Beschwerdeführer erstrebt eine mehr als 200 Euro höhere Gebühr, als sie sich aufgrund der Wertfestsetzung des Landgerichts ergäbe.
Die Beratung des Angeklagten bezüglich des in der Anklageschrift beantragten Verfalls (600 ?) und des Verfalls von Wertersatz (12.405 ?) löste die Gebühr nach Nr. 4142 VV-RVG aus. Eine solche Verfahrensgebühr entsteht für eine rechtsanwaltliche Tätigkeit, die sich auf die Einziehung oder ihr gleichstehende Rechtsfolgen i. S. v. § 442 StPO bezieht. Sie findet ihren Sinn darin, dass der besondere Einsatz des Rechtsanwalts mit dem Ziel der Bewahrung des Eigentums des Mandanten wegen der sich häufig aufwendig und umfangreich gestaltenden Tätigkeit abgegolten werden soll. Die Gebühr ist - unabhängig vom Umfang der entfalteten Bemühungen des Rechtsanwalts - als reine Wertgebühr ausgestaltet, die sich für den Pflichtverteidiger nach §§ 44 ff. RVG bemisst. Die Beratung des Beschwerdeführers, wie sich der Angeklagte gegen die Anordnung des Verfalls verteidigen könne, löste die Gebühr aus. Die Beratung war hier nach Aktenlage geboten, denn es musste mit einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gerechnet werden.
Die für die Wertgebühr maßgebende Höhe des Verfalls richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Beratung erkennbaren Anhaltspunkten in der Verfahrensakte, nicht nach dem in der Hauptverhandlung später gestellten Schlussantrag der Staatsanwaltschaft bzw. danach, in welcher Höhe letztlich das Gericht den Verfall von Wertersatz festgesetzt hat. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Anwaltstätigkeit (vgl. OLG Karlsruhe NStZ-RR 2007, 683. KG NStZ-RR 2005, 358).
Der Senat hat als Beschwerdegericht den Wert deshalb in Hinblick auf die in der Anklageschrift genannten Beträge auf 13.025 Euro festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.