Abschnitt 1 VV Nds. SÜG - Erster Abschnitt
Allgemeine Vorschriften
Bibliographie
- Titel
- Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Ausführung des Niedersächsischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (VV Nds. SÜG)
- Amtliche Abkürzung
- VV Nds. SÜG
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 20480000003020
Zu § 1 Abs. 1:
Der Anwendungsbereich des Gesetzes erstreckt sich auf sicherheitsempfindliche Tätigkeiten, mit denen eine Person durch das Land oder durch eine der Aufsicht des Landes unterliegende öffentlich-rechtliche Körperschaft betraut werden soll. Das Gesetz gilt somit für alle Behörden und Dienststellen der Landesverwaltung, für die der Aufsicht des Landes unterliegenden Gemeinden und Landkreise sowie für nichtöffentliche Stellen. Erfasst werden dabei nicht nur Angehörige des öffentlichen Dienstes und der nichtöffentlichen Stellen, sondern auch Bewerberinnen und Bewerber.
Der Begriff "betraut" wird als Oberbegriff verwendet und umfaßt die Ermächtigung zum Zugang zu Verschlußsachen gemäß § 15 Abs. 1 der Verschlußsachenanweisung (VS-Anweisung/VSA), die Zulassung für eine Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 VSA und die förmliche Verpflichtung zur Geheimhaltung von Verschlußsachen gemäß § 49 Abs. 2 VSA.
Die Person, die eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausüben soll, wird als "betroffene Person" bezeichnet. Die Sicherheitsüberprüfung muß grundsätzlich abgeschlossen sein, bevor die betroffene Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut wird. Nur unter den Voraussetzungen des § 12 kommt die vorläufige Zuweisung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit in Betracht.
Hat die betroffene Person ihren Wohnsitz in einem anderen Bundesland, hat die mitwirkende Behörde das Einvernehmen mit dem Bundesland des Wohnortes herzustellen, wenn sie dort im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung tätig wird, vgl. § 2 Abs. 3 NVerfSchG. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Abfrage von Dateien (bei der einfachen Sicherheitsüberprüfung - im folgenden: Ü 1) kein Tätigwerden einer Verfassungsschutzbehörde in einem anderen Bundesland darstellt, so dass in diesen Fällen das Einverständnis des Bundeslandes des Wohnortes entbehrlich ist (so Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 23.7.1996 - IS 1-601 025-1/4 -).
Die für die an der Sicherheitsüberprüfung mitwirkende Behörde geltenden Vorschriften sind auch anzuwenden auf Sicherheitsüberprüfungen, die im Weg der Amtshilfe für den Bund oder ein anderes Bundesland durchgeführt werden, vgl. § 7 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).
Zu § 1 Abs. 2:
Zentraler Anknüpfungspunkt für eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ist die Verschlußsache, die in § 3 näher definiert wird. Das Gesetz bezieht sich auf alle Verschlußsachen, und zwar sowohl auf die, die originär vom Land hergestellt wurden als auch auf die, die dem Land übersandt worden sind, z.B. Verschlusssachen aus anderen Bundesländern oder vom Bund.
Der materielle Umgang mit Verschlusssachen ist in der VSA geregelt.
Zu § 1 Abs. 2 Nr. 1:
"Zugang zu Verschlusssachen" haben Personen, die inhaltlich von einer Verschlusssache Kenntnis nehmen sollen, vgl. § 15 Abs. 1 VSA. Auf die Art der Kenntnisnahme, d.h. Sehen oder Hören, kommt es nicht an.
"Zugang sich auf Grund seiner dienstlichen oder beruflichen Tätigkeit verschaffen können" erfasst Tätigkeiten, die zwar keine inhaltliche Kenntnisnahme vorsehen, diese aber ermöglichen. Die naheliegende Möglichkeit, dass Personen auch Kenntnis von der Verschlusssache bekommen können, macht ihre Tätigkeit zur sicherheitsempfindlichen Tätigkeit; vgl. § 15 Abs. 2 VSA. Daher muss der Kurier, die Botin oder der Bote, der oder dem Verschlusssachen zum Transport anvertraut werden, ebenso auf ihre oder seine Zuverlässigkeit überprüft sein wie die Person, die inhaltlich Kenntnis von der Verschlusssache erhält. Gleiches gilt für Personen, die informationstechnische Einrichtungen instandsetzen, die der Übertragung, Verarbeitung oder Sicherung von Verschlußsachen dienen, vgl. Nr. 1.9 i.V.m. Nr. 4.2 der Richtlinie für Überfall- und Einbruchmeldeanlagen mit Anschluss an die Polizei, RdErl. vom 8.4.1987 (Nds. MBl. S. 354).
Zu § 1 Abs. 2 Nr. 2:
Für Verschlusssachen überstaatlicher Einrichtungen und Stellen gilt das Gesetz nur dann, wenn sich der Bund oder das Land ausdrücklich zum Verschlusssachenschutz verpflichtet hat.
Zu § 1 Abs. 2 Nr. 3:
Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt auch aus, wer, ohne Zugang zu Verschlusssachen zu haben, in einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle des Landes oder in einem Teil von ihr tätig ist, die auf Grund des Umfangs und der Bedeutung dort anfallender Verschlusssachen zum Sicherheitsbereich erklärt worden ist, vgl. § 6 Abs. 4.
Zu § 1 Abs. 3:
Die Formulierung "gilt nicht" bedeutet, dass keine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt werden muss, bevor der in den Nrn. 1 bis 4 genannte Personenkreis Zugang zu Verschlusssachen erhält. Auf freiwilliger Basis ist jedoch eine Überprüfung möglich.
Soweit der in Absatz 3 genannte Personenkreis allerdings Zugang zu Verschlußsachen der NATO oder der WEU hat, ist dies nach den geltenden völkerrechtlich bindenden Bestimmungen dieser Organisationen nur dann möglich, wenn zuvor eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt wird.
Zu § 1 Abs. 3 Nrn. 1 und 2:
Die verfassungsrechtliche Stellung der Mitglieder des LT und der LReg sowie der Judikative lassen es geboten erscheinen, diesen Personenkreis vom Anwendungsbereich des Gesetzes auszunehmen. Bei Richterinnen und Richtern könnte z.B. der aus Artikel 103 Abs. 1 des Grundgesetzes abgeleitete Anspruch auf die gesetzliche Richterin oder den gesetzlichen Richter verletzt werden, wenn eine Richterin oder ein Richter wegen eines negativen Ergebnisses der Sicherheitsüberprüfung abgelehnt werden müsste. Übergeordnete Geheimhaltungsinteressen können durch das Land bei der Abwägung berücksichtigt werden, ob der Inhalt der Verschlusssachen in den Prozess eingebracht wird oder nicht (vgl. § 96 der Strafprozessordnung - StPO - und § 99 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Sofern Richterinnen und Richter allerdings Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und dabei Zugang zu Verschlusssachen haben, sind sie einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen.
Zu § 1 Abs. 3 Nr. 3:
Das Gesetz findet gemäß Nr. 3 keine Anwendung für ausländische Staatsangehörige, die in der Bundesrepublik Deutschland im Interesse zwischenstaatlicher Einrichtungen und Stellen eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nach Absatz 2 Nr. 2 ausüben sollen. Nach den bestehenden internationalen Absprachen führt in diesen Fällen der Heimatstaat die Sicherheitsüberprüfung für seine Staatsbürger durch, und die Entscheidung des Heimatstaates über die Zulassung zur sicherheitsempfindlichen Tätigkeit hat der Aufenthaltsstaat zu akzeptieren.
Sollen ausländische Staatsangehörige allerdings allein in Interesse des Landes eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausüben, d.h. Zugang zu deutschen Verschlusssachen erhalten, so werden sie nach den Bestimmungen dieses Gesetzes überprüft, es sei denn, in bi- oder multilateralen Abkommen ist etwas anderes bestimmt.
Zu § 1 Abs. 3 Nr. 4:
Die Privilegierung nach Nr. 4 begründet sich in der besonderen Stellung, die dieser Personenkreis auf Grund seine Wahl und der damit erlangten verfassungsrechtlich begründeten Unabhängigkeit genießt. Sie gilt für
- die Datenschutzbeauftragte oder den Datenschutzbeauftragten,
- die Präsidentin oder den Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofs sowie die Stellvertreterin oder den Stellvertreter und
- für nach der NGO n.F. direkt gewählte hauptamtliche Bürgermeisterinnen und hauptamtliche Bürgermeister und nach der NLO n.F. direkt gewählte hauptamtliche Landrätinnen und hauptamtlichen Landräte sowie die nach § 62 Abs. 4 NGO n.F. und § 57 Abs. 5 NLO n.F. zu unterrichtenden Stellvertreterinnen und Stellvertreter. Auf eine förmliche Ermächtigung des in Nr. 4 genannten Personenkreises zum Zugang zu Verschlusssachen bis zum Geheimhaltungsgrad GEHEIM nach § 16 VSA kann dagegen nicht verzichtet werden, da eine Belehrung über die Geheimschutzpflichten für erforderlich gehalten wird.
Solange die alte Kommunalverfassung noch als Übergangsregelung gültig ist, gilt für die nach altem Recht gewählten Personen folgendes:
Aus Gründen der Gleichbehandlung ist auf eine Sicherheitsüberprüfung ferner zu verzichten:
- a)bei Landrätinnen oder Landräten und Bürgermeisterinnen oder Bürgermeistern, die auf Grund der Übergangsregelungen (Artikel 11) des Gesetzes zur Reform des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts vom 1.4.1996 (Nds. GVBl. S. 82) nach den Vorschriften der NLO a.F. und NGO a.F. von den kommunalen Vertretungen gewählt werden,
- b)bei Oberkreisdirektorinnen oder Oberkreisdirektoren und Gemeindedirektorinnen oder Gemeindedirektoren, die erstmals nach Nr. 14 i.V.m. Nr. 7 oder nur nach Nr. 7 der oben genannten Übergangsregelungen gewählt werden.
Zu § 1 Abs. 4:
Um Mehrfachüberprüfungen zu vermeiden, kann auf eine erneute Sicherheitsüberprufung, z.B. nach einem Dienstherrnwechsel, verzichtet werden, wenn bereits eine gleich- oder höherwertige Sicherheitsüberprüfung beim Bund oder beim Land durchgeführt worden ist, und die Unterlagen verfügbar sind. Unterlagen i.S. dieser Vorschrift sind sowohl die Sicherheits- als auch die Sicherheitsüberprüfungsakte, die vollständig sein müssen. Der Verzicht auf die Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung steht im Ermessen der zuständigen Stelle.
Zu § 2:
Bei den beiden höchsten Überprüfungsarten soll der Ehegatte, die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner, in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden. Der Grund für die Einbeziehung beruht auf der Erkenntnis, dass Sicherheitsrisiken, die in der Person des Ehegatten, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners liegen, sich auf Grund er engen persönlichen Beziehung auf die betroffene Person auswirken. In der Vergangenheit sind fremde Agentinnen und Agenten wiederholt mit "Zielpersonen" Ehen oder Lebenspartnerschaften eingegangen. Aber auch andere beim Ehegatten, der Lebenspartnerin oder dem Lebenspartner gegebene Umstände (z.B. Sachverhalte, die sich für eine Erpressung durch einen fremden Nachrichtendienst eignen, oder Betätigungen im extremistischen Bereich) können für die sicherheitsmäßige Beurteilung der betroffenen Person von erheblicher Bedeutung sein.
Die Voraussetzungen einer Lebenspartnerschaft sind mit denen der eheähnlichen Gemeinschaft deckungsgleich und orientieren sich daher an der Rechtsprechung zur eheähnlichen Gemeinschaft. Im Unterschied zur eheähnlichen Gemeinschaft erfasst die Lebenspartnerschaft allerdings auch die Gemeinschaft von zwei Personen desselben Geschlechts, was hier gewollt ist.
Eine "eheähnliche Gemeinschaft" war nach früherer Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn zwischen einer Frau und einem Mann oder bei gleichgeschlechtlichen Partnern eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 87, 234, 265) müssen an das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft folgende Anforderungen gestellt werden: Danach sind rechtlich nicht geregelte Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau nur dann mit nicht getrennt lebenden Ehegatten gleichzusetzen, wenn die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann, zwischen ihnen also eine Verantwortungs- und Einstehungsgemeinschaft besteht. Als Hinweistatsachen kommen folgende Indizien in Betracht:
- die Wohngemeinschaft und die Dauer des Zusammenlebens als gewichtigstes Indiz,
- die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushall,
- die Befugnis, über Einkommens- und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen.
Die Hinweistatsachen müssen weder abschließend sein noch kumulativ vorliegen. Entscheidend ist vielmehr das Gesamtbild der feststellbaren Indizien.
Die Einbeziehung ist als Sollvorschrift formuliert und deshalb grundsätzlich durchzuführen. In Ausnahmefällen kann die zuständige Stelle allerdings von der Einbeziehung absehen. Eine praktische Fallgestaltung für die Ausnahme sind getrennt lebende Ehepartner, bei denen keine enge persönliche Beziehung mehr besteht. Grund für die Einbeziehung ist die enge persönliche Beziehung; fehlt diese, so ist eine Einbeziehung nicht erforderlich. Eine Ausnahme kann auch vorliegen, wenn der Ehegatte, die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner bereits mehrmals in Sicherheitsüberprüfungen einbezogen worden ist und erst bei der aktuellen Wiederholungsüberprüfung die Einwilligung zur Einbeziehung verweigert, im übrigen aber mit der Angabe ihrer oder seiner Daten in der Sicherheitserklärung einverstanden ist. Bei einer derartigen Sachlage hat die oder der Geheimschutzbeauftragte an Hand des Einzelfalles zu entscheiden, ob ausnahmsweise auf die Einbeziehung verzichtet werden kann. Wesentlich für die Entscheidung über eine Ausnahme dürften die Gründe sein, warum der Ehegatte, die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner die Einwilligung verweigert.
Die Einbeziehung bedeutet, dass der Ehegatte, die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner auf Grund der Maßnahmen nach § 9 Abs. 1, 3 und 5 überprüft wird.
Geht die betroffene Person die Ehe oder Lebenspartnerschaft während oder erst nach erfolgter Sicherheitsüberprüfung ein, so besteht eine Unterrichtungspflicht gegenüber der zuständigen Stelle. Auf diese Unterrichtungspflicht wird in den "Erläuterungen zum Ausfüllen der Sicherheitserklärung" (Anlage 5) hingewiesen.
Zu § 3 Abs. 1:
Die Definition der Verschlusssache entspricht der in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes und § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 NVerfSchG verwendeten Umschreibung; sie gilt unabhängig von der Darstellungsform. Erfasst werden somit z.B. Schriftstücke, Zeichnungen, Karten, Fotokopien, Lichtmaterial, Lochstreifen, Magnetspeicher und elektrische Signale, Bauwerke, Geräte und technische Einrichtungen sowie das gesprochene Wort. Voraussetzung ist, dass die Einstufung in einen der in Absatz 2 aufgeführten Verschlusssachengrade kenntlich gemacht ist.
Die Einstufung kann nur von einer öffentlichen Institution vorgenommen werden oder auf deren Veranlassung auch von nichtöffentlichen Stellen, weil es sich um Informationen handelt, die im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftig sein müssen.
Zu § 3 Abs. 2:
Definiert werden nur die drei Geheimhaltungsgrade der Verschlusssachen, die eine Sicherheitsüberprüfung erfordern. Zur Definition der Geheimhaltungsstufe VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH und zu Einzelheiten der VS-Einstufung vgl. §§ 7 bis 9 VSA.
Zu § 4 Abs. 1:
Absatz 1 definiert als Obersatz, wann ein Sicherheitsrisiko vorliegt. Für die Annahme eines Sicherheitsrisikos müssen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, und zwar bezogen auf den Einzelfall (so die ständige Rechtsprechung des BVerwG, NJW 1995 740, 741 m.w. Nachweisen). Abstrakte Möglichkeiten oder vage Vermutungen reichen zur Begründung eines Sicherheitsrisikos nicht aus.
Zu § 4 Abs. 2:
Die in Absatz 2 aufgezählten Beispielsfälle sind nicht abschließend, was aus dem Wort "insbesondere" deutlich wird. Die Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit müssen nicht auf einem vorwerfbaren Verhalten beruhen. Denkbar ist auch das Vorliegen eines unverschuldeten Sicherheitsrisikos, z.B. nahe Angehörige in einem Staat, in dem besondere Sicherheitsrisiken für die mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit befassten Personen zu befürchten sind, vgl. Nr. 2.
Zu § 4 Abs. 2 Nr. 1:
Zweifel an der Zuverlässigkeit können sich aus allgemeinen Verhaltensweisen der betroffenen Person ergeben. Es können beispielsweise strafrechtliche Verfahren - insbesondere Verurteilungen -, Verstöße gegen Dienstpflichten, übermäßiger Alkoholgenuss, Einnahme von bewusstseinsändernden Drogen oder Medikamenten, ernste geistige oder seelische Störungen, mangelnde Verschwiegenheit oder Überschuldung sein. Zum Alkoholmissbrauch verweise ich auf den Beschluss des BVerwG vom 27.11.1996 - ZBR 1997, 155, 156 -, wonach die abstrakte Rückfallgefahr für die Annahme eines Sicherheitsrisikos nicht ausreicht, wenn ärztliche Prognosen die Gefahr eines Rückfalles gering einschätzen.
Auch das unvollständige Ausfüllen einer Sicherheitserklärung reicht für sich allein genommen nicht aus, um Zweifel an der Zuverlässigkeit zu begründen.
Zu § 4 Abs. 2 Nr. 2:
Das Sicherheitsrisiko in Nr. 2 beruht auf den langjährigen Erfahrungen der Spionageabwehr. Fremde Nachrichtendienste nutzen persönliche Schwächen aus, um Personen unter Druck zu setzen und zur nachrichtendienstlichen Tätigkeit zu zwingen. Diese Schwächen können z. B. Überschuldung, Spielsucht und Verhaltensweisen sein, die die betroffene Person unbedingt verborgen halten will.
Als Druckmittel ausgenutzt werden auch verwandtschaftliche Beziehungen in Staaten, für die besondere Sicherheitsregelungen (vgl. § 26) gelten. Auch häufige Reisen in diese Staaten können die betroffene Person einer besonderen Gefährdung durch gegnerische Nachrichtendienste aussetzen.
Zu § 4 Abs. 2 Nr. 3:
Ein Sicherheitsrisiko liegt regelmäßig bei Zweifeln am jederzeitigen Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung vor. Verschlusssachen dürfen nicht denjenigen Personen anvertraut werden, von denen man weiß oder auf Grund von tatsächlichen Anhaltspunkten annehmen muss, dass sie nicht jederzeit für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eintreten. Die fundamentalen Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sind in § 4 Abs. 3 NVerfSchG aufgezählt.
Zu § 4 Abs. 3:
Ein Sicherheitsrisiko bei der betroffenen Person kann sich auch ergeben, wenn sicherheitserhebliche Erkenntnisse zur Person des Ehegatten, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners vorliegen. So können sich beispielsweise Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit der betroffenen Person ergeben, wenn der Ehegatte, die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner strafrechtlich erheblich in Erscheinung getreten ist oder kriminellen oder gewalttätig orientierten extremistischen Gruppierungen angehört oder sie unterstützt. Die Zweifel ergeben sich aus der Frage, ob die betroffene Person, die enge persönliche Beziehungen zu solchen Personen unterhält, mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden kann. Mit der Formulierung "kann" soll verhindert werden, daß besondere Gefährdungserkenntnisse zum Ehegatten, zur Lebenspartnerin oder zum Lebenspartner zwingend ein Sicherheitsrisiko bei der betroffenen Person sind. Es kommt auf die jeweiligen Einzelfeststellungen an.
Obwohl im Gesetz nicht genannt, kann sich ein Sicherheitsrisiko bei der betroffenen Person auch ergeben aus sicherheitserheblichen Erkenntnissen zu sonstigen nahestehenden Personen, z.B. zu Eltern oder Geschwistern.
Zu § 4 Abs. 4:
Die Definition der sicherheitserheblichen Erkenntnis ist erforderlich, weil sie als Vorstufe zu möglichen Sicherheitsrisiken Maßnahmen auslöst, wie z. B. Mitteilungspflichten und Prüfmaßnahmen, die als Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht gesetzlich festgelegt werden (vgl. § 10 Abs. 1, § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 2). Im Unterschied zu den Voraussetzungen für ein Sicherheitsrisiko ist hier nicht erforderlich, dass der Anhaltspunkt "tatsächlich" ist. So reicht z.B. ein substantiierter Hinweis auf einen sicherheitsrelevanten Sachverhalt aus, der - wenn er durch Ermittlungen bestätigt würde - als Sicherheitsrisiko anzusehen wäre.
Zu § 5 Abs. 1:
Die betroffene Person ist umfassend vor Beginn der Sicherheitsüberprüfung zu unterrichten über
- die Art der bei ihr vorgesehenen Sicherheitsüberprüfung,
- das Erfordernis der Einwilligung,
- die Überprüfungsmaßnahmen, wozu ab der erweiterten Sicherheitsüberprüfung - im folgenden: Ü 2 - auch die Einbeziehung des Ehegatten, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners gehört,
- Speicherung, Zweckbindung und Übermittlung der personenbezogenen Daten,
- Vernichtungs- und Löschungsfristen,
- Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht,
- das Widerspruchsrecht nach § 24 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 Buchst. c des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG - (siehe Gem. RdErl. der StK, des MI und der übr. Min. vom 15.9.1993, Nds. MBl. S. 1156).
Des weiteren hat eine Belehrung über das Angabeverweigerungsrecht nach § 5 Abs. 3 zu erfolgen.
Die Unterrichtung über die Befragung geeigneter Auskunftspersonen und sonstiger geeigneter Stellen nach § 9 Abs. 4 Satz 2 und § 10 Abs. 3 Satz 1 erfolgt nicht adressatenbezogen, sondern erstreckt sich nur auf die Maßnahme als solche.
Zu § 5 Abs. 2:
Die Einwilligung als Voraussetzung für die Sicherheitsüberprüfung stellt sicher, dass niemand zwangsweise überprüft wird. Es ist i.S. eines wirksamen Geheimschutzes, wenn keine Personen in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit beschäftigt werden, die gegen ihren Willen sicherheitsüberprüft wurden. Die Zuverlässigkeit solcher Personen beim Umgang mit Verschlusssachen wäre eher fraglich. Konsequenterweise kann die Einwilligung daher auch jederzeit widerrufen werden.
Wird die Einwilligung von der betroffenen oder der einbezogenen Person verweigert, so ist die Sicherheitsüberprüfung undurchführbar mit der Konsequenz, dass die betroffene Person keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausüben darf, vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2. Disziplinarische oder arbeitsrechtliche Konsequenzen hat die Verweigerung der Einwilligung nicht. Das Ausbleiben einer Beförderung oder einer Höhergruppierung, die mit der Übertragung der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit verbunden wäre, muss die betroffene Person jedoch in Kauf nehmen. Übt die betroffene Person bereits eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aus und verweigert z.B. die Einwilligung zur Wiederholungsüberprüfung, so muss sie von der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit entbunden werden.
Verweigert der Ehegatte, die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner das Einverständnis zur Datenangabe gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2, so ist die Sicherheitsüberprüfung ebenfalls nicht durchführbar.
Wird die Einwilligung der einbezogenen Person nur unter der Maßgabe erteilt, dass ihre personenbezogenen Daten nicht in einem elektronischen Datenverarbeitungssystem erfasst und gespeichert werden, so steht dies allein der Durchführung der Sicherheitsüberprüfung der betroffenen Person nicht entgegen, vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1997, 105 ff.
Ergeben sich bei einer Sicherheitsüberprüfung sicherheitserhebliche Erkenntnisse, die nur durch Maßnahmen nach § 10 Abs. 3 Satz 1 geklärt werden können, so ist die Einwilligung der betroffenen oder der einbezogenen Person und natürlich auch eine vorherige Unterrichtung nicht erforderlich. Werden dagegen Maßnahmen nach §10 Abs. 3 Satz 2 für erforderlich gehalten, so muss eine Unterrichtung der betroffenen Person erfolgen und ihre Einwilligung vorliegen. Bestehen z.B. nach dem Ergebnis einer durchgeführten Ü 1 Zweifel an der Identität, so ist die Identitätsprüfung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 ohne Einwilligung der betroffenen Person zulässig. Wird dagegen noch die Einbeziehung des Ehegatten, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners für erforderlich gehalten, so muss sowohl die Einwilligung der betroffenen als auch die der einbezogenen Person vorliegen.
Zu § 5 Abs. 3:
Absatz 3 übernimmt den Grundsatz aus dem deutschen Strafrecht, dass man Angaben verweigern kann, mit denen man sich selbst belastet. Dieser Grundsatz wird ausgedehnt auf die Lebenspartnerin oder den Lebenspartner sowie auf die in § 52 Abs. 1 StPO genannten nahen Angehörigen:
- den Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht,
- die Verlobte oder den Verlobten,
- Verwandte oder Verschwägerte in gerader Linie, Verwandte in der Seitenlinie bis zum dritten Grad, Verschwägerte bis zum zweiten Grad.
Das Angabeverweigerungsrecht stellt im Umkehrschluss klar, dass, wenn Angaben gemacht werden, diese vollständig und wahrheitsgemäß zu machen sind und dass kein Recht zu unwahren Angaben eingeräumt wird. Welche Folgerungen aus der Verweigerung der Angaben zu ziehen sind, entscheidet die oder der Geheimschutzbeauftragte, ggf. unter Beteiligung des NLfV. Unter Umständen kann die Sicherheitsüberprüfung nicht abgeschlossen werden mit der Folge, dass die betroffene Person nicht mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden kann, vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2.
Zu § 5 Abs. 4:
Während die Unterrichtung der betroffenen Person in der Regel persönlich durch die oder den Geheimschutzbeauftragten erfolgt, wird der Ehegatte, die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner über die "Erläuterungen zum Ausfüllen der Sicherheitserklärung" unterrichtet (Anlage 5).