Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 07.04.2010, Az.: StO 1/10

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
07.04.2010
Aktenzeichen
StO 1/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 39876
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2010:0407.STO1.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 30.11.2009

Fundstellen

  • DStR 2010, 1862
  • DStRE 2010, 1088-1090
  • GRUR-Prax 2010, 489
  • KP 2010, 202-203
  • NWB 2010, 2592
  • NWB direkt 2010, 862
  • StX 2010, 655

In dem berufsgerichtlichen Verfahren

wegen Berufspflichtverletzung

hat der Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen beim Oberlandesgericht Celle auf die Berufung des Steuerberaters gegen das Urteil der Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen beim Landgericht Hannover vom 30. November 2009 in der Sitzung vom 07. April 2010, an der teilgenommen haben:

...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Das Urteil des Landgerichts Hannover - Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen - vom 30. November 2009 wird aufgehoben.

    Der Angeschuldigte wird freigesprochen.

    Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten trägt die Steuerberaterkammer Niedersachsen.

    Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen hat dem Angeschuldigten wegen schuldhafter Verletzung seiner beruflichen Pflichten einen Verweis erteilt und ihn zur Zahlung einer Geldbuße von 3.000,- € verurteilt (§§ 89 Abs. 1, 90 Abs. 1 Nr. 2 und 2, Abs. 2 StBerG). Hiergegen richtet sich die Berufung des Steuerberaters. Das Rechtsmittel führt zum Freispruch des Steuerberaters.

2

II.

Der am 21. Juni 1971 in Hannover geborene Steuerberater absolvierte von 1988 bis 1991 eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten und war bis 2003 als Steuerfachangestellter bei verschiedenen Steuerberatern tätig. Am 06. März 2003 wurde er seitens der Steuerberaterkammer Niedersachsen zum Steuerberater bestellt. Er war sodann in einer Einzelpraxis von Mai 2003 bis Juni 2004 selbständig tätig, bevor er in der am 01. Juli 2004 von ihm mitbegründeten H., S. Partner (HSP) Steuerberatungsgesellschaft als Steuerberater arbeitete. Im Jahre 2006 wurde unter Mitwirkung des angeschuldigten Steuerberaters die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH gegründet, an der die HSP beteiligt ist. Zweck der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH sollte hauptsächlich die Erstellung von Steuererklärungen sein. Geschäftsführer sind der angeschuldigte Steuerberater, die Steuerberaterin Kiene und der Rechtsanwalt Heine. Die Haupttätigkeit des Angeschuldigten liegt in der Geschäftsführung der HSP.

3

Der Steuerberater übt außerdem eine Vortragstätigkeit für die D. e.G. zu den Themen Qualitätssicherung, Marketing, IT-Lösungen und Dokumentenmanagement sowie seit 2003 eine Qualitätssicherungstätigkeit zur Erhöhung der Berechnungsgenauigkeit von Steuersoftware für drei große Consumer-Steuersoftware-Hersteller Deutschlands aus.

4

Der Steuerberater ist als einer der Geschäftsführer der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH für diese berufsrechtlich verantwortlich.

5

In einem Markenlizenzvertrag aus dem Jahre 2006 gewährte die D. K. Verlagsgruppe der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH das Recht, die Marke "K." als Firmenbezeichnung zu verwenden. Die D. K.Verlagsgruppe gab das vor Jahren von einem Steuerfachmann gegründete Buch "K., 1000 ganz legale Steuertricks" heraus. An der Erstellung dieses Ratgebers waren die K.Steuerberatungsgesellschaft und auch der Angeschuldigte persönlich in keiner Weise beteiligt. Die Nutzung des Namens "K." wurde der Steuerberaterkammer mitgeteilt, die keine Bedenken äußerte.

6

Die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH, vertreten durch den angeschuldigten Steuerberater, die D. K.GmbH & Co. KG, vertreten durch den Geschäftsführer Müller, und die G. C. GmbH vereinbarten im Jahre 2006 einen gemeinsamen Auftritt im Internet, in dem ein Tochterunternehmen der D. K.GmbH & Co. KG, die i-lab GmbH, und die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH seitdem ihre jeweiligen Dienstleistungen anbieten. In einem Hostingvertrag der drei Firmen vom Mai 2006 verpflichtete sich die G. C. GmbH zur Konzeption, redaktionellen Gestaltung, Realisierung und Betrieb der Website, einschließlich des Hosting und das Web-Design. Die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH hat jedoch ein Vetorecht hinsichtlich der Gestaltung der Website soweit es um berufsrechtliche Fragen geht. Die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH bietet den Besuchern der Website die Erstellung ihrer Einkommenssteuererklärung und ein Online-Interview an. Über die Website können die Besucher außerdem mit der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH ein Mandatsverhältnis zum Zwecke der weitergehenden Steuerberatung abschließen. Zuvor kann ein Interessent sich das Steuerberaterhonorar anhand seiner eigenen Einkünfte, die er einzugeben hat, ausrechnen lassen. Auf diese Weise hat die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH etwa 110 Mandanten gewonnen, die bisher nicht von anderen Steuerberatern betreut worden waren.

7

Im Juni 2007 schlossen die K.Steuerberatergesellschaft, die G. C. GmbH und die D. K.GmbH & Co. KG einen weiteren Dienstleistungsvertrag, in dem sich die G. C. zur Neugestaltung der Programmierung und D. K.zur Bewerbung des Portals verpflichteten. Verantwortlich für das Design der Website und für die Programmierung sollte ausschließlich die G. C. GmbH sein, die dafür eine monatliche Pflegepauschale und eine prozentuale Beteiligung an den Verkaufserlösen der K.-Produkte von der D. K.GmbH & Co. KG erhalten sollte. Die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH verpflichtete sich, das Interview auf der Website neu zu gestalten und für die Qualitätssicherung verantwortlich zu sein, z.B. durch Erstellen und Prüfen von Musterfällen. Der Dienstleistungsvertrag wurde tatsächlich nicht durchgeführt. Das Interview wurde von der K.Steuerberatungsgesellschaft nicht neu erstellt.

8

Der gemeinsame Internet-Auftritt unter der Adresse www.k.de gestaltet sich wie folgt:

9

Dabei handelt es sich um die gemeinsame Plattform für Leistungen der K.Steuerberatungsgesellschaft und der Tochterfirma der D. K.GmbH & Co. KG, der i-lab GmbH. Auf der 1. Internetseite wird in der oberen Hälfte für den Kauf des "K.Infopaket", des Buches: "K., 1000 ganz legale Steuertricks", der "K.Steuersoftware" als Download-Version und der "K.Steuersoftware" als Box mit Arbeitsbuch geworben. Dies alles sind Produkte der i-lab GmbH, nicht der K.Steuerberatungsgesellschaft. Gleichzeitig werden die Artikel online zum Kauf angeboten. In der oberen Menüleiste der Startseite befand sich neben dem Stichwort "Shop" an zweiter Stelle das Stichwort "Steuerberatung". Klickte der Benutzer das Stichwort "Steuerberatung" an, erschien die Präsentation der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH. Kernkompetenz, Philosophie und Beratungsansätze wurden vorgestellt, Service-Nummern bzw. Hotline-Nummern (2,99 € je Minute aus dem Festnetz) wurden genannt. In der unteren Leiste befanden sich weiterhin die Hinweise auf die Produkte: K.Steuersoftware, K.Bücher, K.eBooks und K.Infopakete, die jeweils von der i-lab GmbH herausgegeben werden. Unter dem Stichwort "Impressum" wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Internet-Angebot unter www.k..de um einen Gemeinschaftsauftritt der i-lab GmbH sowie der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH handele. Es hieß dort: "Die Verantwortlichkeiten für die Inhalte obliegen auf allen Seiten, die im Menü unter "Steuerberatung" liegen, der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH sowie auf allen anderen Seiten sowie den Seiten, die über die linke Navigationsleiste auch von den Seiten unter "Steuerberatung" zu erreichen sind, der i-lab GmbH. Die jeweils gültigen Nutzungs- und Vertragsbedingungen entnehmen Sie bitte den nachfolgenden Impressumsangaben der beiden Unternehmen". Es folgten getrennt die Impressumsangaben der i-lab GmbH und der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH.

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Da die Website laufend angepasst wird, werden die Leistungen der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH zwischenzeitlich nur noch unter dem Stichwort "Steuererklärung" angeboten, welcher sich ganz links auf der oberen Menüleiste der Website neben dem Stichwort "Steuerberatung" befindet. Das Stichwort "Shop" befindet sich weiter rechts. Unter dem Stichwort "Steuererklärung" befinden sich im Einzelnen die Stichworte "K.Online-Steuererklärung", "K.Steuersoftware" und "K.48 - Ihre Steuererklärung in 48 Stunden". Außer der "K.Steuersoftware" werden diese Produkte von der K.Steuerberatungsgesellschaft angeboten.

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Klickt man das Stichwort "K.48 - Ihre Steuererklärung in 48 Stunden" an, so bleibt die Internetseite im oberen Teil bis zur Menüleiste beginnend mit dem Stichwort "Steuererklärung" unverändert. Im Übrigen enthält die aufgerufene Seite ausschließlich Angaben betreffend der "K.Steuerberatungsgesellschaft mbH", wobei die Gesellschaft vorgestellt und die Möglichkeit erläutert und geschaffen wird, nach einer Registrierung die Einkommenssteuererklärung online bei der "K.Steuerberatungsgesellschaft mbH" in Auftrag zu geben.

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Das "Impressum" ist ebenfalls angepasst worden. Neben dem Hinweis, dass es sich bei dem Internet-Angebot unter www.k.de um einen Gemeinschaftsauftritt der i-l. GmbH, der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH und der Firma Q. aus H. handelt, wird darauf hingewiesen, dass die Verantwortlichkeiten und Nutzungsbedingungen für die einzelnen Bereiche der Internetseite den nachfolgenden Impressumsangaben der beteiligten Unternehmen zu entnehmen seien. Es folgen weiterhin getrennt die Impressumsangaben der i-l. GmbH, der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH, der Q. GmbH und der G. C. GmbH. Die Q. GmbH ist seit etwa einem halben Jahr mit auf der Internetseite. Sie bietet dort im Menüpunkt "Steuerberatung" u.a. die Dienste "FragEinSteuerprofi", eine Steuerberater-Direktanfrage und Telefonberatung durch Steuerberater und Rechtsanwälte an. Die K.Steuerberatungsgesellschaft hat keine Kontakte zur Q..

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Die K.-Steuersoftware wurde von einer Drittfirma erstellt. Die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH hat in den Jahren 2007 und 2008 die in der K.-Steuersoftware enthaltenen Berechnungen gutachterlich überprüft und jeweils einen Abschlussbericht geschrieben. Auf den Inhalt der K.-Steuersoftware hatte die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH keinen Einfluss. Für ihre Tätigkeit erhielt die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH im Jahre 2006 eine einmalige Grundvergütung in Höhe von 50.000,- €. Da die Vertragsparteien sich nicht auf eine höhere, von der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH zunächst geforderte, Festvergütung einigen konnten, einigte man sich darauf, dass die K.

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Steuerberatungsgesellschaft mbH zusätzlich zur genannten Grundvergütung eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 0,20 € je verkaufter CD erhalten sollte. Das umsatzabhängige Honorar betrug für das Jahr 2007 1.855,20 € und für das Jahr 2008 1.262,80 €.

15

IV.

Diese Feststellungen beruhen auf den glaubhaften Angaben des angeschuldigten Steuerberaters.

16

V.

Der angeschuldigte Steuerberater hat sich keiner Berufspflichtverletzung nach den §§ 56, 57 Abs. 2 und Abs. 4 Nr. 1 StBerG, §§ 5 Abs. 2, 41, 52 BOStB schuldig gemacht und war daher freizusprechen.

17

1.

Der Steuerberater hat als verantwortlicher Geschäftsführer der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH weder eine berufsrechtlich unzulässige Kooperation mit einer gewerbetreibenden Firma, der i-l. GmbH, durch den gemeinsamen Internet-Auftritt gebildet, noch eine unzulässige gewerbliche Tätigkeit ausgeübt.

18

Die berufsrechtlichen Regelungen zur Zusammenarbeit werden in § 56 StBerG aufgeführt. Gemäß § 56 Abs. 1 StBerG dürfen Steuerberater und Steuerbevollmächtigte mit anderen Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern, vereidigten Buchprüfern, Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer eine Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung eingehen. Nach § 56 Abs. 5 StBerG dürfen Steuerberater und Steuerbevollmächtigte eine auf einen Einzelfall oder auf Dauer angelegte berufliche Zusammenarbeit, der nicht die Annahme gemeinschaftlicher Aufträge zugrunde liegt, auch mit Angehörigen freier Berufe i.S. d. § 1 Abs. 2 Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes sowie von diesen gebildeten Berufsausübungsgemeinschaften eingehen (Kooperation). Sie sind verpflichtet, sicherzustellen, dass bei der Kooperation ihre Berufspflichten eingehalten werden, anderenfalls muss die Kooperation unverzüglich beendet werden. Danach kann ein Steuerberater unter bestimmten Umständen auch Kooperationen mit Angehörigen freier Berufe eingehen. Eine Kooperation mit einem Gewerbetreibenden ist jedoch unzulässig, da einem Steuerberater eine gewerbliche Tätigkeit gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG untersagt ist. Die berufliche Zusammenarbeit mit Gewerbetreibenden stellt stets eine gewerbliche Tätigkeit dar (Gehre/Koslowski, Stuerberatungsgesetz, 6. Aufl., 2009, § 56 Rdn. 37).

19

Bei der i-lab GmbH handelt es sich zwar um eine gewerbetreibende Firma im Sinne des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG. Dennoch handelt es sich bei dem gemeinsamen Internetauftritt auf der Seitwww.k...de weder um eine Kooperation im Sinne des § 56 Abs. 5 StBerG noch um eine gewerbliche Tätigkeit der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH.

20

Der vom Gesetz aufgezählte Kreis der partnerschaftsfähigen Berufe ist abschließend geregelt; ein Zusammenschluss eines Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten mit anderen Berufen, die keiner Berufskammer angehören und damit keinen Berufspflichten und keiner Berufsaufsicht unterliegen, ist danach nicht zulässig. Durch eine solche Zusammenarbeit würden im Hinblick auf den Berufsangehörigen die Grenzen zur unerlaubten gewerblichen Tätigkeit verwischt (BGH NJW-RR 1997, 761f. [BGH 17.06.1996 - AnwZ (B) 1/96]) Unter Zusammenschluss im Sinne des § 56 StBerG sind jedoch nur Sozietäten, Partnerschaftsgesellschaften und Bürogemeinschaften zu verstehen (vgl. Gehre/Koslowski, Steuerberatergesetzt, 6. Aufl., § 56 Rz. 5ff.). Als ein Zusammenschluss der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH mit der i-lab GmbH im Sinne des § 56 Abs. 1 StBerG ist der gemeinsame Internetauftritt demnach nicht anzusehen.

21

Bei einer Kooperation im Sinne der §§ 56 Abs. 5 StBerG, 52 BOStB handelt es sich um die - mehr oder weniger lose - Zusammenarbeit (vgl. Mittelsteiner/Gilgan/Späth, Berufsordnung der Steuerberater, § 52 Rz. 1). Ob ein gemeinsamer Internetauftritt dazu gehört, ist in Rechtsprechung - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden und in Literatur noch nicht diskutiert worden. Der Bundesgerichtshof hat lediglich insoweit Position bezogen, als er klargestellt hat, dass nicht jede Form der Zusammenarbeit eines Steuerberaters/Steuerbevollmächtigten mit einem Gewerbetreibenden ein Umschlagen zulässiger Werbung in gewerbliche Tätigkeit bedeutet (BGH a.a.O.). Dann kann aber auch nicht jegliche Form der Zusammenarbeit eine "Kooperation" im Sinne des § 56 Abs. 5 StBerG darstellen.

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Die gemeinsame Internetseite stellt eine Werbeplattform dar, die den Zweck erfüllt, die Leistungen und Produkte der an ihr beteiligten Firmen anzubieten. Der Bundesgerichtshof versteht unter Werbung ein Verhalten, das darauf abzielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistungen der Kanzlei zu gewinnen (BGH NJW 2005, 2659f). Genau das ist das Ziel des streitgegenständlichen Internetauftritts.

23

Nach § 57a StBerG ist dem Steuerberater Werbung erlaubt, soweit sie in Form und Inhalt über die berufliche Tätigkeit sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Die Bestimmung wird inhaltlich teilweise konkretisiert durch § 10 BOStB. Danach darf der Steuerberater über seine berufliche Tätigkeit informieren, soweit die Unerrichtung sachlich zutreffend, objektiv nachprüfbar und nicht reklamehaft ist (BGH WM 2010, 528ff. [BGH 29.07.2009 - I ZR 77/07]). Dass die Internetseite www.k.de diese Voraussetzungen erfüllt, soweit sie sich auf die angebotenen Leistungen der K.Steuerberagungsgesellschaft mbH bezieht, steht außer Frage. Die Vorschrift des § 57a StBerG eröffnet aber nicht eine ansonsten verschlossene Werbemöglichkeit, sondern konkretisiert die verfassungsrechtlich garantierte Werbefreiheit. Deshalb bedarf nicht die Gestattung der Steuerberaterwerbung der Rechtfertigung, sondern ihre Einschränkung. Sie ist nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie im Einzelfall durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (BGH a.a.O. mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Das Verbot der berufswidrigen Werbung steht in einem losen Zusammenhang mit den eigentlichen Berufspflichten des Steuerberaters, die das Vertrauensverhältnis zwischen Steuerberater und Mandanten formen. Als wesentliche Grundlage des zur Wahrung der Gemeinwohlbelange essentiellen Vertrauensverhältnisses nennt § 57 Abs. 1 StBerG insbesondere die unabhängige, eigenverantwortliche, gewissenhafte und verschwiegene Aufgabenerfüllung. Diese wird durch Werbung als solche nicht beeinträchtigt (vgl. Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, 8. Senat , vom 08. Dezember 2005, 8 LB 50/03, zitiert nach juris). Auch das Verbot der gewerblichen Tätigkeit eines Steuerberaters ist vor dem Hintergrund einer möglichen Interessenkollision gerechtfertigt. Denn schon die Möglichkeit, Kenntnisse und Informationen aus der steuerberatenden Tätigkeit im Rahmen des eigenen Gewerbes zum eigenen Nutzen und zum Nachteil des Mandanten umzusetzen, könnte die vom Gesetzgeber gewollte Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Beraters gegenüber seinem Auftrageber sowie das Vertrauensverhältnis zwischen diesen beeinträchtigen. Es bestände die Möglichkeit, dass der Steuerberater bei seiner steuerberatenden Tätigkeit erworbene Kenntnisse in seinem eigenen Gewerbebetrieb verwertet und dem Gewerbetreibenden, den er berät, Konkurrenz macht (BVerfGE 21, 173; BGH NJW 1996, 1833ff.). Aus dieser Rechtsprechung ist ersichtlich, dass hohe Anforderungen an die Feststellungen einer Berufspflichtverletzung eines Steuerberaters zu stellen sind. So hat der Bundesgerichtshof es auch ausdrücklich offen gelassen, ob eine uneingeschränkte Anwendung des § 57 Abs. 1 Nr. 1 StBerG auch auf Sachverhalte, bei denen eine Interessenkollision auszuschließen ist, verfassungsrechtlich unbedenklich wäre (BGH NJW 1996, 1833ff. [BGH 04.03.1996 - StbSt (R) 4/95]). Entsprechend hohe Anforderungen sind dann aber auch an die Feststellung einer unzulässigen beruflichen Kooperation im Sinne des § 56 Abs. 5 StBerG zu stellen.

24

Keine Berufspflichtverletzung hat der Bundesgerichtshof daher auch in einem Fall feststellen können, in dem die dortige Beklagte (eine gewerbetreibende Firma) einen Telefonanschluss beworben hatte, über den Interessenten gegen Entgelt eine steuerliche Beratung erhalten konnten, die über eine 0190er-Telefonnummer bei ihr eingehenden Anrufe unmittelbar an mit ihr vertraglich verbundene Steuerberater weitergeleitet hat. Die Beklagte des dortigen Verfahrens erhielt von der Telekom einen Teil der eingezogenen Telefongebühren, leitete diese jeweils an den Steuerberater weiter, von dem sie ihrerseits eine pauschale monatliche Teilnahmegebühr sowie eine zeitabhängige Nutzungsgebühr erhielt (vgl. BGH MDR 2005, 1020 [BGH 30.09.2004 - I ZR 89/02]). Auch in diesem Fall fand eine vom StBerG in verfassungskonformer Auslegung nicht sanktionierte "Zusammenarbeit" auf längere Zeit zwischen Steuerberatern und Gewerbetreibenden statt.

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Nichts anderes kann dann auch für die dauerhafte Werbung der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH und der i-lab GmbH auf einer gemeinsamen Internetseite gelten. Auf der Internetseite ist zu erkennen, dass die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH auf der Internetseite nur werbend tätig wird. Dabei kann es keine Rolle spielen, dass die Außendarstellung der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH allein von einem gewerblichen Unternehmen, hier der im Auftrag der D. K.GmbH & Co.KG handelnden G. C. GmbH, bestimmt wird, zumal die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH ein Vetorecht hinsichtlich des Inhalts Website besitzt, soweit es um die Vereinbarkeit mit dem Steuerberatungsgesetz geht. Denn weder haben oder hatten die i-lab GmbH noch die D. K.GmbH & Co.KG, die G. C. GmbH oder die QNC GmbH die Möglichkeit, Einfluss auf den Inhalt der Tätigkeit der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH zu nehmen, noch umgekehrt. Die K.Steuerberatungsgesellschaf mbH gewinnt durch den gemeinsamen Internetauftritt keine Informationen und Kenntnisse über die an dem Auftritt beteiligten Firmen, so dass auch die Gefahr der Interessenkollision nicht besteht. Sie begibt sich auch nicht in eine mit dem Berufstand des Steuerberaters nicht vereinbare Abhängigkeit zu einem Gewerbetreibenden.

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Schließlich stellt das Betreiben einer gemeinsamen Internetseite für die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH mit einem Gewerbetreibenden auch nicht deswegen eine gewerbliche Tätigkeit dar, weil der gemeinsame Auftritt auch dazu dienen kann und soll, die Vermarktung der Leistungen der i-lab GmbH zu fördern. Zutreffend geht das Landgericht zwar davon aus, dass der BGH die nicht vereinbare gewerbliche Tätigkeit im Sinne von § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG als selbständiges, gleichmäßiges fortgesetztes und maßgebend von erwerbswirtschaftlichen Streben nach Gewinn bestimmtes Handeln definiert, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Steuerberater im eigenen oder im fremden wirtschaftlichen Interesse handelt und in welcher Rechtsform die gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. Allerdings stellt der BGH auch klar, dass die Erwartung mittelbarer Gewinne kein Kriterium für das Vorliegen gewerblicher Tätigkeit sein kann. So trage insbesondere nicht der vom Oberlandesgericht (hiesiger Senat) in dem vom BGH entschiedenen Fall für wesentlich erachtete Gesichtspunkt, dass für die Steuerberater die mittelbare Gewinnerwartung im Vordergrund gestanden habe, indem sie gehandelt hätten, um schon vorhandene Kunden zu erhalten und neue Kunden zu gewinnen, um auch zukünftig aus dem so betreuten Kundenstamm gewinnbringende Einnahmen zu erzielen. Die damit beschriebene Absicht mittelbarer Gewinnerzielung sei nichts anderes als das Motiv jeder Werbung. In diesem Motiv ein Indiz, gar eine hinreichende Voraussetzung für das Vorliegen einer gewerblichen Tätigkeit zu finden, hieße, aus Werbung auf gewerbliche Tätigkeit zu schließen. Dies widerspräche dem Verhältnis der Regelungen in § 57a StBerG einerseits und § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG anderseits (vgl. BGH NJW 2003, 1540f. [BGH 25.02.2003 - StbSt (R) 2/02]). Es kann daher nicht darauf ankommen, ob der gemeinsame Internetauftritt den Zweck verfolgte, den Verkauf der K.-Produkte durch die i-l. GmbH zu fördern. Denn der Internet-Auftritt selbst diente nicht der unmittelbaren Gewinnerzielung.

27

Nichts anderes kann auch deswegen gelten, weil die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH an den Verkaufserlösen des Produktes "K.-Steuersoftware" zwei Jahre lang unmittelbar finanziell beteiligt worden ist. Denn auch insofern handelt es sich lediglich um eine mittelbare Gewinnerzielung. Der Senat hat darüber hinaus entschieden, dass das Vorliegen eines Gewinnabführungsvertrages einer gewerblich tätigen Tochtergesellschaft an eine Steuerberatungsgesellschaft mbH keine gewerbliche Tätigkeit der Steuerberatungsgesellschaft darstellt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 12.12.2000, StO 2/00, zitiert nach juris). Nichts anderes kann dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Umsatzbeteiligung an den Verkaufserlösen für die K.-Steuersoftware nur deshalb vereinbart worden ist, weil die Vertragparteien sich nicht auf ein Festhonorar in der Größenordnung einigen konnten, wie ursprünglich von der K.Steuerberatungsgesellschaft mbH für die gutachterliche Überprüfung der K.-Steuersoftware verlangt worden war.

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2.

Die gutachterliche Überprüfung der K.-Steuersoftware und Erstellung jeweils eines Abschlussberichts durch die K.Steuerberatungsgesellschaft mbH in den Jahren 2007 und 2008 stellt eine gutachterliche Tätigkeit im Sinne des § 57 Nr. 3 StBerG dar und ist daher mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar.

29

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 StBerG.

30

Die Zulassung der Revision folgt aus §§ 129 Abs. 1 Nr. 3, 129 Abs. 2 StBerG.