Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.01.2022, Az.: 8 K 203/20

Fax; Wiedereinsetzung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
18.01.2022
Aktenzeichen
8 K 203/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 67569
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2022:0118.8K203.20.00

Amtlicher Leitsatz

Zur Frage der Wiedereinsetzung bei defektem Faxgerät

Nutzt ein Kläger zum Übersenden fristwahrender Schriftsätze kurz vor Fristablauf ein Faxgerät, handelt er fahrlässig und damit nicht ohne Verschulden i.S.d. § 56 Abs. 1 FGO, wenn er sich nicht hinreichend mit grundlegenden Funktionen seines Faxgerätes vertraut gemacht hat.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010, 2011 und 2014 - 2016.

Der Kläger war in den Streitjahren freiberuflich ... tätig. Zunächst wohnte der Kläger in A, X-Straße, während er nach eigenen Angaben seine Räumlichkeiten im Jahr 2010 in A, Y-Straße unterhielt.

Seine letzte Einkommensteuererklärung gab der Kläger für das Jahr 2009 ab. Darin erklärte er Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... €. Aufgrund von Verschiebungen bei Umsatzsteuerzahlungen berücksichtigte das Finanzamt A1 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von ... € und legte diese in dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 zugrunde. Nach Durchführung eines Einspruchsverfahrens berücksichtigte das Finanzamt in beiderseitigem Einvernehmen Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... €.

In den Folgejahren gab der Kläger keine Einkommensteuererklärungen mehr ab. Für die Jahre 2010 und 2011 erließ das Finanzamt A1 auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Einkommensteuerbescheide. Darin legte das Finanzamt für das Jahr 2010 u.a. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von ... € zugrunde und setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom ... 2012 in Höhe von ... € und einen Verspätungszuschlag in Höhe von ... € fest. Für das Jahr 2011 schätzte das Finanzamt Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... € und setzte mit Bescheid vom ... 2013 die Einkommensteuer in Höhe von ... € sowie einen Verspätungszuschlag in Höhe von ... € fest. Gegen diese Bescheide legte der Kläger jeweils Einsprüche ein, die er jedoch nicht begründete. Das Finanzamt A1 wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen vom ... 2013 (für 2010) und vom ... 2013 (für 2011) als unbegründet zurück.

Für die Jahre 2014 - 2016 gab der Kläger ebenfalls keine Einkommensteuererklärungen ab. Nach der Übernahme des Steuerfalles durch den Beklagten erließ dieser am ... 2016 einen auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhenden Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014. Darin wurde der Kläger mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt. Für das Jahr 2015 erließ der Beklagte am ... 2017 wiederum einen auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhenden Einkommensteuerbescheid für den Kläger und setzte darin die Einkommensteuer in Höhe von ... € und einen Verspätungszuschlag in Höhe von ... € fest. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hob der Beklagte in einem Klageverfahren vor dem Niedersächsischen Finanzgericht den Zusammenveranlagungsbescheid für das Jahr 2014 auf. Der Bescheid über Einkommensteuer und Verspätungszuschlag 2015 wurde ohne Änderung bestandskräftig, nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom ... 2017 das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Zwischenzeitlich wurde gegen den Kläger in der Zeit von Dezember 2016 bis Mai 2020 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt. Nach dem Fahndungsbericht vom ... 2018 ergaben sich für den Kläger Betriebseinnahmen für das Jahr 2010 in Höhe von ... €, für das Jahr 2011 in Höhe von ... €, für das Jahr 2014 in Höhe von ... €, für das Jahr 2015 in Höhe von ... € und für das Jahr 2016 in Höhe von ... €. Daraus ergaben sich gegenüber den bisher geschätzten Besteuerungsgrundlagen höhere Gewinne des Klägers aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2010 um ... €, für das Jahr 2011 um ... €, für das Jahr 2014 um ... €, für das Jahr 2015 um ... € und für das Jahr 2016 um ... €.

Nach der Aufhebung des Bescheides mit der bis dahin bestehenden Zusammenveranlagung erließ der Beklagte gegen den Kläger am ... 2020 einen erneuten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014, in dem der Kläger einzeln veranlagt wurde. Dabei berücksichtigte der Beklagte das Ergebnis aus dem Fahndungsbericht vom ... 2018 und legte Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... € zugrunde. Weiter erließ der Beklagte am ... 2020 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011 und legte darin ebenfalls die Ergebnisse aus dem Fahndungsbericht zugrunde. Für das Jahr 2010 berücksichtigte der Beklagte Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... € und für das Jahr 2011 in Höhe von ... €. Für die Jahre 2015 und 2016 erließ der Beklagte auch am ... 2020 gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide und legte darin ebenfalls die Ergebnisse der Fahndungsprüfung zugrunde. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit berücksichtigte der Beklagte für das Jahr 2015 in Höhe von ... € und für das Jahr 2016 in Höhe von ... €.

Gegen die Änderungsbescheide über Einkommensteuer 2010, 2011, 2014, 2015 und 2016 vom ... 2020 legte der Kläger Einsprüche ein, die er jedoch nicht begründete. Der Beklagte wies die Einsprüche jeweils mit Einspruchsentscheidung vom ... 2020 als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger Klage erhoben, die er zunächst nicht begründete. Vielmehr kündigte der Kläger an, dass Anträge und die Klagebegründung mit gesondertem Schriftsatz erfolgen würden. Mit Verfügung des Berichterstatters vom 4. Januar 2021 hat das Gericht dem Kläger aufgegeben, den Gegenstand des Klagebegehrens bis zum 5. Februar 2021 zu bezeichnen. Die Verfügung mit dem Schreiben an den Kläger, in dem er darauf hingewiesen wurde, dass die Klage bei nicht fristgerechter Bezeichnung des Klagebegehrens unzulässig werde, wurde in der Verfügung von dem Berichterstatter elektronisch signiert. Nach dem Transfervermerk vom 5. Januar 2020 wurde die Signatur als gültig eingestuft. Mit Schreiben vom 5. Februar 2021, eingegangen bei Gericht am 6. Februar 2021 um 0:06 Uhr stellte der Kläger einen Antrag auf Fristverlängerung bis zum 15. Februar 2021 mit der Begründung, dass er bis zum 5. Februar arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Hierzu legte der Kläger zwei ärztliche Atteste vom 19. Januar 2021 und vom 4. Februar 2021 vor.

Auf den Hinweis des Gerichts vom 9. Februar 2021, dass der Fristverlängerungsantrag verspätet bei Gericht eingegangen sei, stellte der Kläger am 22. Februar 2021 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung, dass er am 5. Februar noch mehrere fristgebundene Schriftsätze habe versenden müssen. Allerdings sei um 23:15 Uhr die seitliche Klappe des Einzelblatteinzugs seines Faxgerätes abgebrochen. Eine notdürftige Reparatur habe dazu geführt, dass der Schriftsatz erst um 0:06 Uhr habe abgesandt werden können. Die Reparatur des Einzelblatteinzugs sei erforderlich gewesen, da die Nutzung seines Multifunktionsgerätes der Marke Olivetti d-Color MF 280 als Faxgerät nur über den Einzelblatteinzug möglich sei. Die zur Glaubhaftmachung angekündigte Fotodokumentation der Beschädigung des Faxgerätes reichte der Kläger nicht ein. Zur Bezeichnung des Klagebegehrens gab der Kläger an, er beantrage unter Aufhebung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide die Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschläge für 2010, 2011, 2014 - 2016, die Zinsen gemäß § 233 a AO und die Verspätungszuschläge zur Einkommensteuer auf ... € herabzusetzen. Weitere Angaben machte der Kläger nicht und legte auch keine Steuererklärungen vor.

Mit Gerichtsbescheid vom 22. Juni 2021, zugestellt am 29. Juni 2021 hat das Gericht die Klage des Klägers abgewiesen, da der Kläger das Klagebegehren nicht rechtzeitig bezeichnet habe. Dagegen beantragte der Kläger am 29. Juli 2021 die Durchführung der mündlichen Verhandlung. Zur Begründung führte der Kläger aus, das Gericht habe die Klage zu Unrecht durch Gerichtsbescheid als unzulässig abgewiesen. Der Kläger habe in seinem Wiedereinsetzungsantrag einen bestimmten Klageantrag gestellt, der auch die Mindestanforderungen an die Bezeichnung des Klagegegenstandes und des Klagebegehrens erfülle. Auf die fehlende Begründetheit und Schlüssigkeit des Klageantrages komme es insoweit nicht an. Einer Zurückweisung der Klage durch Prozessurteil stehe zudem entgegen, dass die Verfügung über die Ausschlussfrist nicht eigenhändig vom Berichterstatters unterschrieben worden sei. Daher sei die Fristsetzung unwirksam. Zudem sei die Ausschlussfrist rechtsfehlerhaft zu kurz gewesen, da der Kläger seine Buchhaltungsunterlagen, die seit ... 2017 beschlagnahmt gewesen seien, erst am ... 2020 von der Steuerfahndung zurückerhalten habe. Es sei für ihn daher unmöglich gewesen, die Unterlagen bis zum 5. Februar 2021 auszuwerten und die Klage entsprechend zu begründen.

Der Kläger ist weiter der Auffassung, die angefochtenen Bescheide wegen Einkommensteuer 2010, 2014 und 2015 hätten nicht erlassen werden dürfen. In diesen Jahren sei das jeweilige Wohnsitzfinanzamt nicht auch für den Betriebssitz zuständig gewesen. Für das Jahr 2010 sei für den Sitz das Finanzamt A 2 zuständig gewesen. Erst im Jahr 2011 habe er seinen Sitz aus diesem Bereich nach A in die Y-Straße verlegt. Während der Kläger in der Folgezeit weiter unter dieser Adresse wohnhaft gewesen sei, habe er seinen Sitz nach B verlegt. Erst im Jahr 2016 habe er seinen Sitz nach C verlegt. Daher hätten die Verfahren wegen Einkommensteuer ausgesetzt werden müssen, bis die jeweils für den Sitz zuständigen Finanzämter Bescheide über die gesonderte Gewinnfeststellung erlassen hätten. Für das Jahr 2011 seien die Feststellungen der Steuerfahndung in sich widersprüchlich, da für Zwecke der Umsatzsteuer von steuerpflichtigen Umsätzen in Höhe von netto ... € ausgegangen worden sei. Da der Kläger jedoch keine umsatzsteuerfreien Einkünfte erzielt habe, sei der berücksichtigte zu versteuernde Gewinn in Höhe von ... € nicht nachvollziehbar. Zudem hätte für die private Kfz-Nutzung die 1%-Regel für das Jahr 2011 nicht angewendet werden dürfen, da das zugrunde gelegte Fahrzeug erst im Jahr 2013 ausgeliefert worden sei. Für die Jahre 2015 und 2016 habe die Steuerfahndung zu Unrecht sämtliche Ausgangsrechnungen in voller Höhe als Einnahmen zugrunde gelegt. Dabei sei nicht berücksichtigt worden, dass gegen wichtige Kunden des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden bzw. mangels Masse abgelehnt worden sei. Zudem seien bei der Schätzung des Gewinns Umsatzsteuerzahlungen falsch berücksichtigt worden. Letztlich seien auch die Beiträge des Klägers zur privaten Krankenversicherung bei der Veranlagung unberücksichtigt geblieben.

Der Kläger beantragt,

das Verfahren gegen die Einkommensteuerbescheide für 2010, 2014 und 2015 auszusetzen, bis die Einkünfte des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit durch das jeweils zuständige Betriebsstätten-Finanzamt gesondert festgestellt worden sind, den Bescheid über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2011 unter Berücksichtigung von Einnahmen i.H.v. .... €, Betriebsausgaben i.H.v. ... € sowie Versorgeaufwendungen i.H.v. ... € neu festzusetzen und die Bescheide über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2015 und 2016 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer auf ... € herabgesetzt wird, sowie die festgesetzten Verspätungszuschläge und Zinsen entsprechend aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei mit Ablauf der Ausschlussfrist unzulässig geworden. Der Kläger könne den Defekt des Faxgerätes nicht mit Erfolg als Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend machen. Der Kläger hätte seinen Antrag auf Fristverlängerung auch per E-Mail an das Finanzgericht stellen können.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Soweit sich der Kläger gegen die Bescheide über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Zinsen für die Jahre 2010, 2011 und 2014 - 2016 wendet, ist die Klage unzulässig, da der Kläger sein Klagebegehren nicht innerhalb der ihm gesetzten Ausschlussfrist bezeichnet hat.

a) Mit Verfügung des Berichterstatters vom 4. Januar 2021 hat das Gericht dem Kläger wirksam eine Ausschlussfrist für die Bezeichnung des Klagebegehrens bis zum 5. Februar 2021 gesetzt.

aa) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss ein Kläger den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Dazu gehört, dass auch das Ziel der Klage hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht wird (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 26. November 1979 GrS 1/78, BStBl II 1980, 99); denn das Gericht kann dem aus § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO sich ergebenden Verbot, über das Klagebegehren hinauszugehen, nur entsprechen, wenn der Kläger den Umfang des begehrten Rechtsschutzes bestimmt hat. Für eine ausreichende Bezeichnung des Streitgegenstandes ist es daher erforderlich, dass der Kläger substantiiert darlegt, inwiefern der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig sei und ihn in seinen Rechten verletze.

Welche Angaben hiernach für eine Bezeichnung des Klagebegehrens i.S. des § 65 Abs. 1 FGO ausreichen, bestimmt sich zwar immer nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Jedenfalls gilt aber, dass die bloße Ankündigung eines Sachvortrags hierfür ebenso wenig ausreicht wie der allgemeine Hinweis, die Besteuerungsgrundlagen seien zu hoch geschätzt worden. Dasselbe muss indessen dann gelten, wenn der Kläger in einem Schätzungsfall eine "Aufhebung" der Schätzungsbescheide beantragt, in der Sache aber erkennbar eine Herabsetzung der Steuer nach Maßgabe von noch abzugebenden Steuererklärungen begehrt (BFH-Urteil vom 8. Juli 1998 I R 23/97, BStBl II 1998, 628 m.w.N.).

bb) Diese Anforderungen an eine Bezeichnung des Klagebegehrens hat der Kläger nicht erfüllt. Der Kläger hatte für die Jahre 2010, 2011, 2014 und 2015 keine Steuererklärungen abgegeben. Den für diese Jahre erlassenen Einkommensteuerbescheiden lagen sogenannte Vollschätzungen zugrunde. Daran ändert auch die Auswertung des Berichts der Steuerfahndung vom ... 2018 nichts. Insoweit hat der Beklagte im Rahmen der Schätzung lediglich die Einkünfte aus selbständiger Arbeit den Ergebnissen der Fahndungsprüfung angepasst und einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 erlassen. Eine substantiierte Darlegung, inwiefern die angefochtenen Einkommensteuerbescheide rechtswidrig seien und den Kläger in seinen Rechten verletzten, ist jedoch nicht erfolgt. Der Kläger hat weder seinen Einspruch begründet noch mit seiner Klageschrift einen konkreten Antrag gestellt. Das Gericht war daher gem. § 65 Abs. 2 S. 2 FGO berechtigt, dem Kläger für die Bezeichnung des Klagebegehrens eine Frist mit ausschließender Wirkung zu setzen.

cc) Die Ausschlussfrist ist mit Verfügung des Berichterstatters vom 4. Januar 2021 wirksam gesetzt worden. Insbesondere ist die Fristsetzung ordnungsgemäß unterschrieben worden.

Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Wirksamkeit einer Ausschlussfristsetzung nach § 65 Abs. 2 FGO, dass die eine Frist anordnende Verfügung des Vorsitzenden oder des Berichterstatters (§ 79 FGO) eigenhändig unterschrieben worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 23. Mai 2000 VIII R 20/99, BFH/NV 2000, 1359). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, da die Unterschrift entsprechend den Anforderungen des § 52a Abs. 7 FGO durch eine elektronische Unterschrift ersetzt worden ist. Die Fristsetzung vom 4. Januar 2021 wurde am selben Tag vom zuständigen Berichterstatter ordnungsgemäß mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur unterschrieben.

dd) Die bis zum 5. Februar 2021 gesetzte Ausschlussfrist war auch nicht zu kurz bemessen. Das Schreiben über die mit Verfügung vom 4. Januar 2021 ist dem Kläger mit Zustellungsurkunde am Freitag, den 8. Januar 2021 zugestellt worden. Die bis zum Freitag, den 5. Februar 2021 bemessene Frist betrug daher vier Wochen. Die Bemessung einer solchen Frist ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ausreichend und nicht ermessensfehlerhaft (BFH-Beschluss vom 22. November 1995 IV B 50/95, BFH/NV 1996, 348).

Entgegen der Auffassung des Klägers hindert die Wirksamkeit der Fristsetzung auch der Umstand nicht, dass der Kläger nach eigenen Angaben seine seit dem Jahr 2017 beschlagnahmten Unterlagen erst am ... 2020 zurückerhalten habe. Insoweit kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf den von ihm zitierten BFH-Beschluss vom 27. Dezember 2019 (X B 6/18, BFH/NV 2020, 769) berufen. Im dortigen Fall ging der BFH davon aus, dass dem Kläger ohne eigenes Verschulden die zur weiteren Klagebegründung erforderlichen Unterlagen gefehlt hätten, da die Steuerfahndung bis zum Setzen der Ausschlussfrist beantragte Kopien der Geschäftsunterlagen nicht übersandt habe. Dadurch sei es dem Kläger unmöglich gewesen, die Frist einzuhalten.

Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger weder vorgetragen noch ist dies sonst aus den Akten ersichtlich, dass sich der Kläger überhaupt bemüht hätte, Einsicht in die beschlagnahmten Unterlagen zu erlangen und anhand von Kopien daraus seine Steuererklärungen zu erstellen oder das Klagebegehren zu bezeichnen. Allein der Umstand, dass seine Geschäftsunterlagen beschlagnahmt worden seien, entbindet den Kläger nicht von der Verpflichtung, Steuererklärungen abzugeben oder im finanzgerichtlichen Verfahren das Klagebegehren zu bezeichnen. Denn klagt ein Steuerpflichtiger gegen Steuerbescheide mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen, so muss er zwecks Bezeichnung des Klagebegehrens zumindest substantiiert darlegen, weshalb die geschätzten Besteuerungsgrundlagen zu hoch angesetzt wurden. Soweit wegen fehlender Unterlagen genaue Angaben nicht möglich sind, muss er anhand der ihm zugänglichen Erkenntnisquellen zumindest eine substantiierte Schätzung vornehmen, solange er nicht aufzeigt, dass ihm jeglicher Zugang zu den für die sachgerechte Bezeichnung des Klagebegehrens nötigen Informationen verwehrt war (BFH-Beschluss vom 30. September 2014 I B 164/13, BFH/NV 2015, 216). Dies hat der Kläger jedoch innerhalb der ihm gesetzten Ausschlussfrist nicht getan.

b) Die mit Verfügung vom 4. Januar 2021 bis zum 5. Februar 2021 gesetzte Frist hat der Kläger nicht eingehalten.

aa) Der Schriftsatz, mit dem der Kläger beantragt hat, die Einkommensteuer für die Streitjahre unter Aufhebung der angefochtenen Steuerbescheide auf 0 € herabzusetzen, ist erst am 6. Februar 2021 um 0:06 Uhr und damit nach Fristablauf per Fax bei Gericht eingegangen.

bb) Dem Kläger war wegen der Fristversäumung auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

aaa) Gemäß § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind glaubhaft zu machen (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO). Schon einfache Fahrlässigkeit steht dabei der Annahme entgegen, ein Beteiligter sei "ohne Verschulden" an der Fristwahrung gehindert gewesen (BFH-Beschluss vom 21. Juli 2021 X B 126/20, BFH/NV 2021, 1364). Der Beteiligte darf nicht die Sorgfalt außer Acht lassen, die für einen gewissenhaften Beteiligten nach den Umständen des Einzelfalls geboten und zumutbar war, um die Frist einzuhalten (BFH-Urteil vom 24. September 2014 V R 11/14, BFH/NV 2015, 528).

bbb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen der Senat folgt, hat der Kläger die Ausschlussfrist schuldhaft nicht eingehalten.

(1) Dabei war auch zu berücksichtigen, dass der Kläger erst kurz vor Fristablauf versucht hat, den Schriftsatz an das Gericht zu übermitteln. Zwar dürfen Fristen bis zuletzt ausgeschöpft werden und die technischen Risiken der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze durch Telefax dürfen nicht auf den Nutzer des Mediums abgewälzt werden, wenn die technische Störung im Bereich des Telefaxempfangsgerätes liegt. Anders liegt der Fall jedoch, wenn die technische Störung der Telefaxverbindung auf Seiten des Klägers und daher in dessen Sphäre liegt. Verlässt sich ein Prozessbevollmächtigter bei der Fertigstellung und Übersendung fristwahrender Schriftstücke an das Gericht quasi in letzter Minute auf ein Telefaxgerät, so muss er dessen Funktionieren so rechtzeitig sicherstellen, dass er bei einer eventuellen Störung der Telefaxverbindung andere noch mögliche und zumutbare Maßnahmen für einen sicheren Zugang des fristwahrenden Schriftsatzes beim zuständigen Gericht ergreifen kann. Dasselbe gilt, wenn am letzten Tag der Frist ein fristwahrendes Schriftstück per Telefax übermittelt wird und aufgrund des Fehlens einer Sendebestätigung die Vermutung naheliegt, dass die Übermittlung fehlgeschlagen sein könnte. Auch in diesem Fall sind erhöhte Sorgfaltsanforderungen an den Prozessbevollmächtigten zu stellen (BFH-Urteil vom 24. September 2014 V R 11/14, BFH/NV 2015, 528).

(2) Vorliegend hat sich der Kläger für den Übertragungsweg per Telefax entschieden, ohne Vorkehrungen für eine rechtzeitige Übermittlung für den Fall einer Störung seines Gerätes zu treffen. Bereits dies stellt ein Verschulden i.S.d. der Rechtsprechung dar und steht einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegen. Hinzu kommt, dass der Kläger zwar vorgetragen hat, dass an seinem Multifunktionsgerät eine Beschädigung aufgetreten sei. Die zur Glaubhaftmachung der Beschädigung angekündigte Fotodokumentation hat der Kläger jedoch bis zur mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt. Entscheidend kommt es im vorliegenden Verfahren jedoch darauf an, dass es dem Kläger auch trotz der vom ihm vorgetragenen Beschädigung des Einzelblatteinzugs möglich gewesen wäre, den fristwahrenden Schriftsatz rechtzeitig per Fax zu versenden. Das von dem Kläger genutzte Multifunktionsgerät der Marke Olivetti d-Color MF 280 verfügt neben dem Einzelblatteinzug über eine Scanfunktion, bei der durch Anheben des oberen Aufbaus Schriftstücke direkt auf die Glasplatte gelegt und gescannt werden können. Diese Methode kann nach der Bedienungsanleitung des Herstellers unter Ziffer 3 in Abschnitt "2.3 Fax" auch für den Fax-Betrieb verwendet werden. Hätte der Kläger bei dem von ihm vorgetragenen Eintritt der Beschädigung gegen 23:30 Uhr diese Methode zum Übersenden der Schriftsätze per Telefax genutzt, hätte er die gesetzte Frist einhalten können. Der Kläger kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm diese Funktion unbekannt gewesen sei. Gerade wenn der Kläger ein Faxgerät zum Übersenden fristwahrender Schriftsätze kurz vor Fristablauf nutzt, handelt er fahrlässig und damit nicht ohne Verschulden i.S.d. § 56 Abs. 1 FGO, wenn er sich nicht hinreichend mit derart grundlegenden Funktionen seines Faxgerätes vertraut gemacht hat.

2. Soweit sich der Kläger gegen die Änderungsbescheide vom ... 2020 wegen der Festsetzung von Verspätungszuschlägen für die Jahre 2010, 2011 und 2015 wendet, hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg.

Durch diese Änderungsbescheide wurden keine neuen Verspätungszuschläge festgesetzt, durch die der Kläger beschwert wäre. Die genannten Bescheide enthalten lediglich noch abzurechnende Verspätungszuschläge, die für das Jahr 2010 mit Bescheid vom ... 2012 in Höhe von ... €, für das Jahr 2011 mit Bescheid vom ... 2013 in Höhe von ... € und für das Jahr 2015 mit Bescheid vom ... 2017 in Höhe von ... € bestandskräftig festgesetzt worden waren. Durch den Ausweis als noch abzurechnende Beträge ist keine neuerliche Festsetzung erfolgt, gegen die sich der Kläger mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs oder nachfolgend mit einer Klage hätte wenden können.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.