Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 05.07.2007, Az.: 3 A 87/03
Anabolika; Auswahl; Beprobung; Bestätigungsuntersuchung; Clenbuterol; Clenbuterolverwendung; Probe; Probematrix; Probennahme; Routinemethode; Rückstandskontrolle; Schlachtverbot; Screeningmatrix; Screeningmethode; Screeninguntersuchung; Sippenhaft; Tier; Tierbestand; Tierhaar; Tierhalter; Tieruntersuchung; Wahlrecht
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 05.07.2007
- Aktenzeichen
- 3 A 87/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71824
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs 2 S 1 FlBG
- Art 23 Abs 3 EGRL 23/96
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die sog. "Rückstandskontrollrichtlinie" 96/23/EG entfaltete seit dem 1.7.1997 unmittelbare Wirkung bis zu ihrer Umsetzung mit Inkrafttreten "Gesetz zur Änderung des Fleischhygienegesetzes, des Geflügelfleischhygienegesetzes, des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes und sonstiger Vorschriften" vom 13.5.2004 (BGBl. I. S. 934).
Unter Geltung dieser Richtlinie war für die sog. "Sippenhaft" des Bestandes gemäß § 7 Abs. 2 FlHG a.F. kein Raum. Der Nachweis von Rückständen musste entsprechend der Regelungen der Richtlinie erfolgen, insbesondere durch Beprobung einer richtlinienkonformen Auswahl von Tieren des Bestands unter Beachtung eines evtl. Wahlrechts des Tierhalters gemäß Art. 23 Abs. 3 RL.
Für den Nachweis von Rückständen einer Clenbuterolverwendung eignen sich Tierhaare lediglich als Screeningmatrix. Die Ergebnisse solcher Screeninguntersuchungen bedürfen der hinreichend zeitnahen Überprüfung durch Bestätigungsmethoden anhand einer geeigneten Probematrix (z.B.: Retina).
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen fleischhygienerechtliche Verfügungen betreffend 9 Rinder.
Nachdem im August 2001 bei der Untersuchung eines vom Kläger veräußerten Schlachtrinds Clenbuterol nachgewiesen worden war, veranlasste der Beklagte die Probenahme- und -untersuchung u.a. bei den Rindern des Bestandes des Klägers. Bezüglich der Untersuchungsbefunde wird auf die in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen des Beklagten befindliche tabellarische Aufstellung (Band I, Blatt 345) Bezug genommen.
In der Zeit vom 28.9. - 1.10.2001 erteilte der Beklagte dem Kläger Schlachterlaubnisse mit Untersuchungsauflage (Retina) für 8 Rinder des Bestandes; die Untersuchungsergebnisse waren negativ (ohne Befund). Gleichartige Schlachterlaubnisse wurden am 10./11.10. sowie 5./7.12.2001 für weitere 7 Rinder erteilt; die Untersuchungsergebnisse waren ebenfalls negativ (ohne Befund). Auf die Schlachterlaubnisse und die Untersuchungsbefundmitteilungen wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 17.01.2002 ordnete der Antragsgegner unter Bezugnahme auf § 7 Abs. 2 Fleischhygienegesetz (FlHG) u.a. bezüglich der in Rede stehenden 9 Rinder des Antragstellers an, dass diese „der amtlichen Aufsicht unterliegen“. Auf dessen Widerspruch vom 18.2.2002 entschied die Bezirksregierung Weser-Ems mit Bescheid vom 7.4.2003, dass dem Antragsteller die Abgabe und Beförderung dieser Rinder untersagt sei und eine solche Maßnahme nur mit Zustimmung des Antragsgegners unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 3 FlHG erfolgen dürfe. Am 9.5.2003 hat der Antragsteller bezüglich dieser Bescheide Klage erhoben (3 A 87/03).
Zuvor hatte der Antragsgegner mit Bescheid vom 19.2.2002 für 2 Rinder abermals Schlachterlaubnisse unter der Auflage der Untersuchung von Retina und Leber erteilt, diese jedoch auf Weisung der Bezirksregierung mit Bescheid vom 22.2.2002 zurück genommen. Gegen beide Bescheide richtet sich der Widerspruch des Antragstellers vom 19.3.2002. Auf diese Bescheide wird Bezug genommen.
Mit weiterem Bescheid vom 16.4.2002 ordnete der Antragsgegner in Umsetzung einer Weisung der Bezirksregierung Weser-Ems vom 22.3.2002 unter Ziffer 1 für die in Rede stehenden 9 Rinder, ein absolutes Schlachtverbot an. Hiergegen erhob der Antragsteller unter dem 14.5.2002 Widerspruch. Seinem Antrag auf Freigabe dieser Tiere zur Schlachtung, hilfsweise gegen Durchführung einer Untersuchung der Retina, hat der Antragsgegner nicht entsprochen.
Der Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 28.3. (8 Rinder), 19.4. (1 Rind) und unter dem 5./6.12.2002 (1 Rind) weitere Schlachterlaubnisse mit Untersuchungsauflage; sämtliche Untersuchungen waren negativ (ohne Befund). Auf die Schlachterlaubnisse und die Untersuchungsbefundmitteilungen wird Bezug genommen.
Der Kläger hat am 9.5.2003 (3 A 87/03) und 29.1.2004 (3 A 34/04) Klagen erhoben, die zu vorstehendem Verfahren verbunden wurden.
Zur Begründung macht der Kläger unter näherer Darlegung im Wesentlichen geltend, die Untersuchungen seien grob fehlerhaft durchgeführt worden; die praktizierte Untersuchung von Haarproben sei wissenschaftlich nicht haltbar. - Er habe die Tiere nicht selbst als Mäster herangezogen; aus den Begleitpapieren ergebe sich, dass er die Tiere erst wenige Tage zuvor erworben habe, um sie der Schlachtung zuzuführen. Es gebe daher keinen logischen, nachvollziehbaren Grund für den Einsatz eines wachstumsfördernden Mittels. Einstichmarken seien nicht festgestellt worden. - Das Schlachtverbot verstoße gegen europäisches Recht. Ein zuverlässiger Schluss auf Rückstände im Sinn des § 7 Abs. 1 FlHG sei nicht gegeben. Die Grenzziehung zwischen freigegebenen und gesperrten Tieren im Bescheid vom 16.4.2002 sei willkürlich.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 17.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2003 sowie den Bescheid des Beklagten vom 16.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2003 jeweils insoweit aufzuheben, als sie die in der Tabelle gem. gerichtlicher Verfügung vom 16.03.2007 aufgeführten Rinder betreffen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Hinweis auf ihm erteilte Weisungen der Bezirksregierung Weser-Ems verteidigt der Beklagte die angegriffenen Regelungen seiner Bescheide und tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.
Der Berichterstatter entscheidet im Einverständnis der Beteiligten als Einzelrichter.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Die angegriffenen Bescheide sind im Umfang des Klagebegehrens rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Zwar waren die in §§ 9, 7 Abs. 2 FlHG bundesrechtlich normierten Voraussetzungen einer Abgabe oder Beförderung der Rinder (sog. "Bestandssperre") sowie einer Versagung der Schlachterlaubnisse (sog. "Schlachtverbot") gegeben (dazu 1.; vgl. auch die Rechtsausführungen im Beschluss des Gerichts vom 4.6.2003 im Verfahren 3 B 10/03), doch waren diese Bestimmungen aufgrund vorrangigen, unmittelbare Geltung beanspruchenden EG-Rechts mangels rechtzeitiger Umsetzung der sog. "Rückstandskontroll-Richtlinie" 96/23/EG vom 29.4.1996 nicht anwendbar (dazu 2.). Die europarechtlichen Voraussetzungen eines Nachweises der Anwendung verbotener Stoffe mit pharmakologischer Wirkung gemäß der Richtlinie 96/23/EG liegen hinsichtlich der streitbefangenen 9 Rinder nicht vor (dazu 3.).
(1.) Gemäß den bundesrechtlichen Bestimmungen der §§ 9, 7 Abs. 2 FlHG stünde der Erteilung einer Schlachterlaubnis entgegen, dass einem Erzeugerbetrieb bereits die Abgabe und Beförderung von der Schlachttieruntersuchung unterliegenden Tieren zu untersagen ist, wenn Tatsachen bekannt sind, die zuverlässig darauf schließen lassen, dass bei Tieren - nicht notwendig den streitgegenständlichen Tieren - aus diesen Erzeugerbetrieben (sog. "Sippenhaft" des Bestandes) Stoffe mit pharmakologischer Wirkung, deren Anwendung verboten ist, angewendet, insbesondere Rückstände i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 17 FlHG festgestellt worden sind (§ 7 Abs. 2 Satz 1 FlHG); dies wäre vorliegend jedenfalls hinsichtlich der im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren (auch) seitens des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit "positiv", d.h. mit Befund, untersuchten Rinder der Fall. Soweit ein Abgabe- und Beförderungsverbots i.S.d. § 7 Abs. 2 FlHG gerechtfertigt ist, ist bereits die Durchführung der Schlachttieruntersuchung nicht geboten, weil ein dieses Verbot begründender Sachverhalt zugleich einen Grund zur Beanstandung der Schlachtung im Sinn des § 9 Abs. 1 FlHG darstellt.
Clenbuterol ist ein „Stoff mit pharmakologischer Wirkung“, dessen Anwendung verboten ist. Bei Clenbuterol handelt es sich in chemischer Hinsicht um einen sog. ß-Agonisten mit anaboler Wirkung im Sinne der Ziffer 7 der Anlage 1 zu § 1 der Verordnung über Stoffe mit pharmakologischer Wirkung (eingefügt durch Artikel 1 Nr. 6 der zweiten Verordnung zur Änderung tierarzneirechtlicher Vorschriften vom 10.6.1997, BGBl. I, 1354). Das Verbot bezieht sich auf alle Tiere, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, und erfasst bezüglich der Rinder alle Anwendungsgebiete ausgenommen zur Induktion der Tokolyse; für die Annahme letzterer Ausnahme fehlen vorliegend jegliche Anhaltspunkte. Aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 4 der Verordnung über Stoffe mit pharmakologischer Wirkung steht nicht in Frage, dass es sich bei Clenbuterol um eine einschlägige Substanz handelt. Gemäß § 3 Abs. 1 FlHG dürfen aus derartigen Tieren gewonnene Lebensmittel nicht in den Verkehr gebracht werden, unterliegen somit einem uneingeschränkten Verkehrsverbot.
Bei dem Betrieb des Antragstellers handelt es sich um den „Erzeugerbetrieb“ im Sinne des § 7 Abs. 2 FlHG. Dies ist ausweislich der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 Nr. 16 FlHG der Betrieb, aus dem Tiere zur Schlachtung abgegeben werden. Somit könnte dahingestellt bleiben, ob die Tiere - wie der Kläger geltend macht - nicht aus eigener Zucht stammen, sondern von ihm zugekauft wurden; ebenso unerheblich wäre, durch wen auf welche Weise den Rindern Clenbuterol zugeführt wurde.
(2.) Für die rechtliche Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der angegriffenen Regelungen des Beklagten maßgebend sind die Bestimmungen der sog. "Rückstandskontroll-Richtlinie" 96/23/EG.
Der Kläger kann sich auf die bezüglich des Nachweises von Rückständen von Clenbuterol bei lebenden Tieren zum Nachweis einer vorschriftswidrigen Behandlung einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 96/23/EG gegenüber dem Beklagten als staatlichen Hoheitsträger berufen. Unmittelbare Wirkung entfaltet eine europarechtliche Richtlinie gegenüber den staatlichen Hoheitsträgern dann, wenn sie bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist nicht vollständig umgesetzt ist, sie eine unbedingte Reglung enthält, also weder an Bedingungen geknüpft ist noch von einer konstitutiven Entscheidung eines EG-Organs oder des Mitgliedsstaats abhängt, und die Verpflichtungen, die sich aus der Richtlinie ergeben, klar und hinreichend bestimmt umschrieben sind (vgl. BVerwG, U. v. 25.5.2005, 2 C 14/04., juris = NVwZ 2005, 1080; U. v. 25.1.1996, 4 C 5/95, juris = E 100, 238; NdsOVG, U. v. 18.6.2007, 5 LC 225/04, juris = http://www.dbovg.niedersachsen.de). Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Die Richtlinie 96/23/EG ist am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft getreten (Art. 38). Gemäß Art. 37 RL 96/23/EG waren die Mitgliedsstaaten verpflichtet, die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis zum 1.7.1997 zu erlassen, um dieser Richtlinie nachzukommen. Dies ist jedoch erst durch das "Gesetz zur Änderung des Fleischhygienegesetzes, des Geflügelfleischhygienegesetzes, des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes und sonstiger Vorschriften" vom 13.5.2004 (BGBl. I. S. 934) erfolgt (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drucksache 15/2293, unter "A." sowie "Begründung Teil B zu Nummer 6"). - Die Bestimmungen der Richtlinie 96/23/EG, insbesondere Kapitel IV "Amtliche Kontrollen" und Kapitel V "Maßnahmen bei Feststellung von Verstößen" enthalten voraussetzungslos unmittelbar anwendbare, klar und hinreichend bestimmte Regelungen bezüglich der Durchführung von Rückstandsuntersuchungen, der Voraussetzungen des Nachweises verbotener Stoffe und ihrer Rückstände sowie hiermit einhergehender und hieran anknüpfender hoheitlicher Maßnahmen. Dies wird durch Art und Weise der Umsetzung der Richtlinie unter Neufassung des § 7 FlHG durch das Änderungsgesetz vom 13.5.2004 sowie die o.g. Gesetzesbegründung bestätigt.
(3.) Der Anwendungsbereich der Richtlinie 96/23/EG umfasst ausdrücklich Clenbuterol. Wie ausgeführt handelt es sich bei Clenbuterol um einen sog. ß-Agonisten mit anaboler Wirkung. Derartige Substanzen unterfallen gemäß Art. 1 i.V.m. Anhang I, Gruppe A Ziffer 5 der Richtlinie dem Anwendungsbereich.
Für die staatlichen Hoheitsträger regelt die Richtlinie, dass "bei Betrugsverdacht oder im Fall eines positiven Befundes aufgrund einer Kontrolle nach Art. 11 Abs. 1 die Artikel 16 bis 19 sowie die Maßnahmen nach Kapitel V anzuwenden sind (Art. 11 Abs. 3). Bei Verdacht auf vorschriftswidrige Behandlung verlangt die zuständige Behörde die Vorlage aller Nachweise, die die Art der Behandlung rechtfertigen können (Art. 13 lit. a) und führt bei Bestätigung des Verdachts einer vorschriftswidrigen Behandlung oder im Fall der Verwendung bzw. bei begründetem Verdacht der Verwendung Stichprobenkontrollen an Tieren in den Ursprungs- oder Herkunftsbetrieben durch (Art. 13 lit. B). Gemäß Art. 15 Abs. 1 erfolgen die amtlichen Probenahmen gemäß den Anhängen III und IV der Richtlinie für die Prüfung durch zugelassene Laboratorien unter Anwendung der Vorgaben für Entnahme der Proben sowie Routine- und Referenzmethoden. Ergeben sich bei der Anwendung einer Routinemethode statt einer Referenzmethode positive Ergebnisse, so sind sie im Fall der Stoffe der Gruppe A - wie Clenbuterol - von einem zugelassenen Laboratorium mittels der nach Abs. 1 festgelegten Referenzmethode zu bestätigen (Art. 15 Abs. 2 S. 1).
Wird eine vorschriftswidrige Behandlung festgestellt, überzeugt sich die zuständige Behörde u.a. davon, dass alle betroffenen Tiere gekennzeichnet werden und dass "zunächst bei einer statistisch repräsentativen, nach international anerkannten wissenschaftlichen Normen bestimmten Auswahl von Tieren amtliche Proben entnommen werden (Art. 17 S. 2). Nach Maßgabe der Ermittlungsergebnisse ergreift die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Gesundheit, wobei auch verfügt werden kann, dass die Tiere die betreffenden Betriebe während einer bestimmten Zeit nicht verlassen dürfen (Art. 18 Abs. 1 S. 2).Bestätigt sich der Verdacht einer vorschriftswidrigen Behandlung, so werden "positive" Tiere unverzüglich getötet oder zu diesem Zweck unmittelbar in den Schlacht- oder Abdeckbetrieb gebracht (Art. 23 Abs. 2 S. 1). Außerdem sind sodann von allen "Sendungen von Tieren, die zu dem kontrollierten Betrieb gehören und verdächtig sein könnten, Proben zu nehmen" (Art. 23 Abs. 2 S. 3). Ergibt sich jedoch bei mindestens der Hälfte der gemäß Art. 17 an einer repräsentativen Anzahl von Tieren genommenen Proben ein positiver Befund, so hat der Tierhalter die Wahl, ob er alle im Betrieb befindlichen Tiere, die verdächtig sein könnten, kontrollieren lassen oder töten lassen will (Art. 23 Abs. 3).
Diesen Bestimmungen entsprach die Vorgehensweise des Beklagten nicht. Aufgrund der vor dem Hintergrund ihrer schriftlichen Ausführungen gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem erkennenden Gericht erfolgenden Erläuterungen der sachverständigen Mitarbeiterin des zum staatlichen Referenzlabor berufenen Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in der mündlichen Verhandlung, die sich das Gericht zu eigen macht, sind lediglich hinsichtlich der im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren beprobten Rinder neben im Ergebnis als "Screening" zu qualifizierenden Routinemethoden hinreichend aussagekräftige Bestätigungsmethoden an geeigneter Untersuchungsmatrix zum Einsatz gekommen. Diese Einzelfälle hätte der Beklagte richtlinienkonform zum Anlass nehmen müssen, dass bei einer statistisch repräsentativen, nach international anerkannten wissenschaftlichen Normen bestimmten Auswahl von Tieren amtliche Proben entnommen werden (Art. 17 S. 2). Diesbezüglich ausreichender Sachverstand war ausweislich der - in Umsetzung der Richtlinie 96/23/EG - ergangenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der amtlichen Überwachung nach dem Fleischhygienegesetz und dem Geflügelfleischhygienegesetz (AVVFlH) vom 19.2.2002 - wenn nicht bereits normiert, so doch bei nationalen Behörden abrufbar - vorhanden. Bei der anstelle dessen vorgenommenen Beprobung nahezu des gesamten Bestands wurde maßgeblich - auch insoweit macht sich das Gericht die Ausführungen der sachverständigen Mitarbeiterin des Bundesamts zu eigen - auf die für die gebotenen aussagekräftigen Referenz- und Bestätigungsuntersuchungen ungeeignete "Screeningmatrix" Tierhaare zurückgegriffen, ohne diese Untersuchungen durch weitere Bestätigungsuntersuchungen insbesondere der Retina im gebotenen Umfang vorgenannter Stichprobe zu tötender Tieren hinreichend abzusichern. Darüber hinaus hat der Beklagte dem Kläger durch die gewählte Vorgehensweise die Wahlmöglichkeit des Art. 23 Abs. 3 der Richtlinie genommen, bezüglich des weiteren Tierbestands das wirtschaftliche Risiko der Untersuchungskosten zu übernehmen, um in Abhängigkeit des Resultats die Tiere verwerten können oder entsorgen zu lassen. Die zunächst seitens des Beklagten gewählte Verfahrensweise, dem Kläger unter der Auflage einer Retinauntersuchung Schlachterlaubnisse zu erteilen und die Verwertung des Rindes vom Ergebnis einer diesbezüglichen (Bestätigungs-)Untersuchung abhängig zu machen, kam den Vorgaben der Richtlinie vor diesem Hintergrund noch am nächsten. Indes wäre es ausweislich der Angaben der sachverständigen Mitarbeiterin des Bundesamts zur temporären Nachweisbarkeit von Clenbuterol in der Retina geboten gewesen, diesbezüglich abschließende Entscheidungen (auch) des Klägers jedenfalls noch im Jahr 2001 herbeizuführen, da spätere Untersuchungen keinerlei naturwissenschaftlich begründete Aussagekraft mehr beizumessen war. Die Regelungen der Richtlinie geben hingegen keine Ermächtigungsgrundlage für die streitbefangenen Maßnahmen des Beklagten bezüglich des gesamten Tierbestands bzw. der streitbefangenen 9 Rinder aus Gründen des im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren geführten Clenbuterolnachweises bei anderen, dem Bestand entstammenden Rindern; der Gesichtspunkt der sog. "Sippenhaft" ist der Richtlinie fremd und vom nationalen Gesetzgeber bei Umsetzung der Richtlinie unter Neufassung des § 7 FlHG dementsprechend zu recht aufgegeben worden.
Neben der insoweit als abschließend zu verstehenden spezialgesetzlichen Regelung durch die Richtlinie 96/23/EG vermochte der Beklagte nicht auf ordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlagen zur allgemeinen Gefahrenabwehr (landesrechtliche "Generalklausel") zurückgreifen. Fehlt es mithin bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Regelungen an einem rechtlichen Maßstäben genügenden Nachweis von Clenbuterol bezüglich der streitbefangenen Rinder und war ein solcher Nachweis naturwissenschaftlich auch nicht mehr zu führen, vermögen auch Gesichtspunkte eines möglicherweise verbleibenden Gefahrverdachts mangels tragfähiger Ermächtigungsgrundlage den Eingriff in das Eigentumsrecht des Klägers nicht zu rechtfertigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor. Angesichts der erfolgten Umsetzung der Richtlinie 96/23/EG betreffen die tragenden rechtlichen Erwägungen lediglich einen Übergangszeitraum, so dass der Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.